Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. März 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/400 6. Wahlperiode 23.03.2012 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt und Dr. Hikmat Al-Sabty, Fraktion DIE LINKE Minderjährige Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele Minderjährige befinden sich unter den derzeit in Mecklenburg -Vorpommern aufhältigen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern , unter den ehemaligen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern mit Duldung sowie unter den aufhältigen Ausländerinnen und Ausländern? Nach Angaben des Ausländerzentralregisters zum Stichtag 31.01.2012 wird auf die nachfolgende Übersicht verwiesen: Personengruppe Anzahl insgesamt davon im Alter unter 18 Jahre Aufhältige Ausländerinnen und Ausländer 31.545 4.715 Aufhältige Asylantragstellerinnen und Asylantragsteller 1.527 503 Aufhältige ehemalige Asylantragstellerinnen und Asylantragsteller mit Duldung 879 212 Drucksache 6/400 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie sind die minderjährigen Flüchtlinge in Mecklenburg- Vorpommern untergebracht (bitte prozentuale und absolute Zahlen angeben und nach Gemeinschaftsunterkünften, dezentraler Unterbringung in Wohnungen und sonstigen Wohnformen unterscheiden)? Hierzu liegen der Landesregierung keine statistischen Angaben vor. 3. Plant die Landesregierung Initiativen, um auf eine Anpassung der asyl-, asylbewerberleistungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen an die UN-Kinderrechtskonvention hinzuwirken? Nein. Das Bundeskabinett hat am 3. Mai 2010 die Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen. 4. Wie viele Flüchtlingskinder in Mecklenburg-Vorpommern machen von ihrem Anspruch auf einen Kindergartenplatz Gebrauch (bitte prozentuale und absolute Zahlen für die Landkreise und kreisfreien Städte angeben)? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Ist der Schulbesuch aller in Mecklenburg-Vorpommern aufhältigen Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, sichergestellt? Ja. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/400 3 6. Welche Möglichkeiten werden den Mädchen und Jungen mit Migra- tionshintergrund zum Erlernen der deutschen Sprache gegeben (bitte einzeln für die allgemein bildenden Schulen sowie nach Umfang der Förderung auflisten)? Die Möglichkeiten zum Erwerb der deutschen Sprache sind in der Verwaltungsvorschrift „Bestimmungen zur Eingliederung und zum Schulbesuch von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in Schulen Mecklenburg-Vorpommerns“ vom 1. August 2011 dargelegt. Die Förderung des Personenkreises erfolgt individuell nach entsprechender Sprachdiagnostik und fortgeführten Sprachstanderhebungen. Daten für die Einzelfälle werden zentral nicht erfasst. 7. Wie viele minderjährige Flüchtlinge haben bislang das Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch genommen? Hierzu liegen der Landesregierung keine statistischen Angaben vor. 8. Wie ist der Zugang zu Kinderärztinnen und Kinderärzten und Psychologinnen und Psychologen für minderjährige Flüchtlinge geregelt und wie wird ein unmittelbarer Zugang zu den Fachärztinnen und Fachärzten sichergestellt? Handelt es sich bei den Minderjährigen um Familienversicherte im Sinne von § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), übernimmt die Krankenbehandlung - wie bei Einheimischen auch - die gesetzliche Krankenkasse, in der der Familienangehörige Mitglied ist. Die Krankenbehandlung von minderjährigen Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), von Empfängerinnen und Empfängern von laufenden Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) und von Empfängerinnen und Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII), die nicht versichert sind, wird auf der Grundlage des § 264 Absatz 2 bis 7 SGB V ebenfalls von den Krankenkassen übernommen. Abweichend davon stellt die zuständige Sozialbehörde gemäß § 4 Absatz 3 AsylbLG die ärztliche Versorgung derjenigen Minderjährigen sicher, die Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 4 in Verbindung mit § 6 AsylbLG haben. In diesen Fällen erhalten die minderjährigen Flüchtlinge einen Krankenbehandlungsschein, der auch zum Besuch von Kinderärztinnen und Kinderärzten berechtigt. Drucksache 6/400 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Erhält der Minderjährige einen Überweisungsschein zur Weiterbehandlung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt oder eine Psychologin beziehungsweise einen Psychologen, überprüft die zuständige Sozialbehörde die Überweisung auf ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit. Bestehen Zweifel, holt die zuständige Sozialbehörde die Stellungnahme des Gesundheitsamtes ein. 9. Mit welchen Mitteln und Methoden und durch wen wird in Mecklenburg -Vorpommern die Altersfeststellung bei Flüchtlingen durchgeführt ? Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die sich direkt in der Aufnahmeeinrichtung des Landes in Nostorf-Horst melden, erfolgt die Altersfeststellung durch das Amt für Migration und Flüchtlingsangelegenheiten (AMF) im Landesamt für innere Verwaltung, soweit Zweifel über das Lebensalter bestehen. Das Alter wird in diesen Fällen anhand des äußeren Erscheinungsbildes, des Auftretens und der körperlichen Konstitution beurteilt. Die Beurteilung erfolgt durch erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bereiche Aufnahme und Soziales im AMF sowie eine Ärztin oder einen Arzt des Medizinischen Dienstes in der Aufnahmeeinrichtung und gegebenenfalls zusätzlich durch eine erfahrene Mitarbeiterin beziehungsweise einen erfahrenen Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Stellt der unbegleitet minderjährige Flüchtling einen Asylantrag, obliegt es gemäß § 12 des Asylverfahrensgesetzes dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Handlungsfähigkeit festzustellen. Auf der Grundlage einer Bund-Länder-Absprache legt das BAMF bei der Bearbeitung von Asylanträgen regelmäßig das vom AMF festgelegte fiktive Alter zugrunde, das gegebenenfalls vom Betroffenen selbst zu widerlegen ist. Eine Ausnahme von dieser Verfahrensweise kommt dann in Betracht, wenn die Altersbestimmung nicht offenkundig möglich ist und deshalb Zweifel an der Verfahrensfähigkeit des Jugendlichen nicht ausgeräumt werden können. In diesen Fällen kann auch eine abweichende Alterseinschätzung vom BAMF vorgenommen werden. Bei der Landesbehörde eventuell vorhandene ärztliche Gutachten und sonstige Erkenntnisse werden jedoch in die Bewertung mit einbezogen. In den übrigen Fällen obliegt die Zuständigkeit für die Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen den Jugendämtern. Bei den kommunalen Ausländerbehörden liegen hinsichtlich des Altersfeststellungsverfahrens keine Erfahrungen vor. Lediglich der Landkreis Ludwigslust-Parchim sah in einem Fall wegen begründeter Zweifel an der Altersangabe eine Untersuchung zur Altersbestimmung vor. Diese wurde wegen eines parallel anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens jedoch durch die Staatsanwaltschaft angeordnet und durch das Institut für Rechtsmedizin Hamburg durchgeführt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/400 5 10. Wie beurteilt die Landesregierung das Einsetzen der Verfahrensmün- digkeit für Kinder im deutschen Asyl- und Aufenthaltsrecht ab einem Alter von 16 Jahren? Die Verfahrensmündigkeit ab 16 Jahren ist nicht zu beanstanden, zumal diese bundesgesetzlichen Bestimmungen auch nach Auffassung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/3938) nicht im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention stehen. Auch unter besonderer Beachtung dieser Konvention wird es für zulässig erachtet, diesen Jugendlichen im deutschen Asyl- und Aufenthaltsrecht mehr Rechte als jüngeren Kindern zu gewähren, dies gilt auch für das Recht im eigenen Namen einen Asylantrag zu stellen oder Verfahrenshandlungen nach dem Aufenthaltsgesetz vorzunehmen. Weiterhin werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gemäß § 42 des VIII Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) durch die Jugendhilfe in Obhut genommen und betreut.