Der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 15. Juni 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4015 6. Wahlperiode 16.06.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verjährungsfristen der Inanspruchnahme der involvierten Gesellschaften und anderer Beteiligten infolge der Insolvenz der P+S Werften GmbH und ANTWORT der Landesregierung Trotz intensiver Prüfung durch die involvierten Wirtschaftsprüfungs- unternehmen haben die P+S Werften im August 2012 die Insolvenz anmelden müssen. Zur Geltendmachung von etwaigen Schadenersatz- ansprüchen gegen die KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus ein Gutachten der Bera- tungsgesellschaft Moore Stephens zum Sanierungsgutachten der KPMG erstellen lassen, welches als Grundlage für etwaige Schadenersatz- ansprüche des Landes Mecklenburg-Vorpommern gegen die KPMG-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dienen soll. In die Werftensanierung involviert waren ferner das Bankenkonsortium bestehend aus der Nord/LB und der KfW-IPEX Bank GmbH, das Ingenieurbüro Ingo Schlüter als Schiffbausachverständiger, der Landes- mandatar PwC, die QBE Insurance (Europe) Ltd. und die VHV Allge- meine Versicherung AG. Auch bei diesen Gesellschaften stellt sich die Frage nach der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch das Land. Diese Ansprüche drohen allerdings zu verjähren. Drucksache 6/4015 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Von welchen Verjährungsfristen geht die Landesregierung in Bezug auf die o. g. Gesellschaften (KPMG, Bankenkonsortium, Schiffbau- sachverständiger, PwC, QBE, VHV) aus (bitte für jede Gesellschaft einzeln das entsprechende kalendarische Datum benennen)? Hinsichtlich vertraglicher Schadensersatzansprüche nach § 280 Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), insbesondere einer Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte (§§ 280 Absatz 1, 328 analog BGB) geht die Landesregierung von der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB aus. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Absatz 1 BGB, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den diesen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die den jeweiligen Verjährungsbeginn bestimmenden Umstände werden von der Landesregierung beachtet. Erforderlichenfalls werden Verjährungseinredeverzichtserklärungen eingeholt. Hinzu kommt hinsichtlich des bis zum 30.09.2014 bestehenden Beherrschungsvertrages der KPMG LLP London über die KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AG der einer sechsmonatigen Verjährungsfrist unterliegende Gläubigerschutzanspruch aus § 303 Absatz 1 Aktiengesetz (AktG). Die Aufhebung des Beherrschungsvertrages ist erst am 30.09.2014 im Handelsregister nach § 10 Handelsgesetzbuch (HGB) durch Eintragung bekanntgemacht worden. Dieser Gläubigerschutzanspruch ist fristgerecht gegenüber KPMG LLP, London, erhoben worden. 2. Hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um eine drohende Verjährung zu unterbinden? a) Welche Maßnahmen wurden ergriffen (bitte für jede Gesellschaft einzeln benennen)? b) Wann verjähren demnach etwaige Schadenersatzansprüche (bitte für jede Gesellschaft einzeln das entsprechende kalendarische Datum benennen)? Zu 2, a) und b) Von den oben benannten Gesellschaften (mit Ausnahme des Bankenkonsortiums und der QBE sowie der VHV) sind Verjährungseinredeverzichtserklärungen eingeholt worden, die am 31.12.2015 (Schlüter Marine Solutions GmbH am 31.12.2016) auslaufen. In Bezug auf das Bankenkonsortium sind eventuelle Pflichtverletzungen der Banken im Rahmen der Ausfallprüfung zu klären. Diese dauert jedoch noch an. Sollten sich Anhalts- punkte für Pflichtverletzungen ergeben, würde dies zu einer Reduzierung des Anspruchs aus den Bürgschaften führen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4015 3 Bei den bisher an die Banken geleisteten Zahlungen handelte es sich insofern nur um Abschlagszahlungen. Im Verhältnis zu den Versicherern QBE und VHV wurde in der Bürgschaft ein anderer Pflichtenkreis statuiert. Ob Schadensersatzansprüche aus den Obliegenheiten der Versicherer für das Land resultieren und gegebenenfalls gegen wen, wird derzeit geprüft. Grundsätzlich verjähren Schadensersatzansprüche gegen die oben benannten Gesellschaften innerhalb der vorgenannten Fristen. Diese Fristen werden hinsichtlich der Einreichung von Klagen beachtet. Erforderlichenfalls werden weitere Verlängerungen der Verjährungseinrede- verzichtserklärungen abgefordert. 3. Gibt es neben den genannten Gesellschaften weitere Beteiligte, gegen die Schadenersatzansprüche des Landes in Betracht kommen? a) Hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um eine drohende Verjährung zu unterbinden? b) Welche Maßnahmen wurden ergriffen (bitte für jeden weitere Beteiligte einzeln benennen)? c) Wann verjähren demnach etwaige Schadenersatzansprüche (bitte für jeden weitere Beteiligte einzeln das entsprechende kalen- darische Datum benennen)? Zu 3, a), b) und c) Es könnten Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder der damaligen Geschäftsführung in Betracht kommen. Ein direkter sondergesetzlicher Anspruch aus § 43 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) besteht zugunsten des Landes nicht, da dieser nur die Gesellschaft selbst schützt. Diesbezügliche etwaige Ansprüche werden vom Insolvenz- verwalter der P+S Werften geprüft und geltend gemacht. Im Falle ihrer erfolgreichen Geltendmachung würde das Land als Insolvenzgläubiger an Einnahmen der Insolvenzmasse entsprechend seiner Insolvenzquote beteiligt. Ob darüber hinaus deliktische Anspruchsgrundlagen des Landes in Betracht kommen, wird zurzeit durch Rechtsanwälte geprüft. Nach deren vorläufiger Einschätzung kommen solche Ansprüche nicht in Betracht. Für Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen (zum Beispiel Deliktsrecht) gilt grundsätzlich die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, deren Beginn gemäß § 199 Absatz 1 BGB von der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von den diesen Anspruch begründenden Umständen abhängt. Auf Grund der laufenden Prüfung kann gegenwärtig kein kalendarisches Datum für die Verjährung genannt werden kann. Drucksache 6/4015 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Haben die genannten Gesellschaften und weitere Beteiligte etwaige Schadenersatzansprüche des Landes vertraglich oder auf andere Weise ausgeschlossen oder begrenzt (bitte für jede Gesellschaft und jeden weiteren Beteiligten einzeln angeben)? Wirtschaftsprüfungsgesellschaften begrenzen regelmäßig in ihren AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) ihre Haftung für Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit den sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden gemäß § 54 Absatz 1 Wirtschaftsprüferordnung (WPO) in Verbindung mi § 323 Absatz 2 Satz 2 HGB. Hinsichtlich PwC gilt dies nicht für den mit dem Land geschlossenen Mandatarvertrag, sondern nur für über diesen Vertrag hinausgehende zusätzliche Leistungen von PwC, die sich im Laufe der Sanierungsbemühungen aus Sicht der Landesregierung als erforderlich herausgestellt hatten. 5. In welcher Höhe wurden etwaige Schadenersatzansprüche des Landes durch die genannten Gesellschaften und weitere Beteiligte begrenzt (bitte für jede Gesellschaft und jeden weitere Beteiligte einzeln ange- ben)? Aus den unter Frage 4 genannten Paragraphen ergibt sich die Verpflichtung für Wirtschaft- prüfungsgesellschaften zur Aufrechterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestsumme in Höhe von 4 Mio. Euro. Auf diesen Betrag ist die Haftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften regelmäßig in ihren AGB begrenzt. Hinsichtlich PwC gilt dies nicht für den mit dem Land geschlossenen Mandatarvertrag, sondern nur für über diesen Vertrag hinausgehende zusätzliche Leistungen von PwC, die sich im Laufe der Sanierungsbemühungen aus Sicht der Landesregierung als erforderlich herausgestellt hatten. 6. Haben die genannten Gesellschaften und weitere Beteiligte etwaige Schadenersatzansprüche der beteiligten Banken und Kautions- versicherer (QBE und VHV) vertraglich oder auf andere Weise aus- geschlossen oder begrenzt (bitte für jede Gesellschaft und jeden weitere Beteiligte einzeln angeben)? Die Schlüter Marine Solutions GmbH & Co. KG, vormals das Ingenieurbüro für Schiffs- technik Ingo Schlüter GmbH & Co. KG, hat ihre Haftung gegenüber der Nord/LB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4015 5 7. In welcher Höhe wurden etwaige Schadensersatzansprüche der betei- ligten Banken und Kautionsversicherer (QBE und VHV) durch die genannten Gesellschaften und weitere Beteiligte begrenzt (bitte für jede Gesellschaft und jeden weitere Beteiligte einzeln angeben)? Die Haftung der Schlüter Marine Solutions GmbH & Co. KG, vormals das Ingenieurbüro für Schiffstechnik Ingo Schlüter GmbH & Co. KG, gegenüber der Nord/LB ist betragsmäßig auf 1 Mio. Euro beschränkt.