Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. August 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4138 6. Wahlperiode 04.08.2015 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Fritz Tack, Fraktion DIE LINKE Gefährdung von Tierbeständen durch Jakobskreuzkraut (Senecio jakobaea) und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) ist eine heimische Pflanzenart. Es entwickelt im ersten Jahr eine Rosette, im zweiten Jahr erreicht es eine Höhe von 60 - 100 cm und blüht etwa von Mitte Juni bis September, bei warmen Frühjahren auch zeitiger. Die Pflanze bildet sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe (Pyrrolizidinalkaloide), die giftig sind und die Tiergesundheit gefährden können. Neben einer akuten Vergiftung mit Todesfolge kann auch eine fortlaufende (chronische) Aufnahme des Jakobskreuzkrauts zu gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod des Tieres führen (Leberschädigung). In den vergangenen zwei bis drei Jahren musste eine deutlich zunehmende Ausbreitung des Jakobskreuzkrautes auch in MecklenburgVorpommern festgestellt werden. 1. Wie hoch ist der Anteil des betroffenen Grünlandes bzw. von Brachflächen in Mecklenburg-Vorpommern und welche Regionen sind vor allem beteiligt? Allgemein ist anzumerken, dass das Jakobskreuzkraut vor allem trockenere Standorte besiedelt und sich auf Brachflächen, wenig gepflegtem Grünland und extensiv bewirtschafteten Grünlandflächen rasant ausbreiten kann. Es gibt keine Erhebungen zur Verbreitung des Jakobskreuzkrauts. Angaben zum Anteil betroffener Flächen oder zu stärker betroffenen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern können daher nicht gemacht werden. Drucksache 6/4138 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Tierarten bzw. -gruppen sind bei Weidehaltung bzw. Verfütterung von kontaminierten Konservaten besonders gefährdet? Die einzelnen Nutztierarten reagieren sehr unterschiedlich auf die in der Pflanze enthaltenen Giftstoffe. Bei Pferden beispielsweise gelten bereits 40 bis 80 Gramm Jakobskreuzkraut (Frischgewicht) pro Kilogramm Körpergewicht als tödlich. Bei Kühen liegt die tödliche Aufnahmemenge bei 140 Gramm Jakobskreuzkraut (Frischgewicht) pro Kilogramm Körpergewicht. Dies entspricht bei einer 700 kg schweren Kuh einer Menge von knapp 100 kg Jakobskreuzkraut (Frischgewicht). Schafe und Ziege sind unempfindlicher, die tödliche Wirkung der Pflanze tritt bei ihnen erst bei rund 4 kg Jakobskreuzkraut (Frischgewicht ) pro Kilogramm Körpergewicht ein. Kreuzkrautarten sind jedoch auch gefährlich, wenn die Tiere über längere Zeit geringere Mengen davon fressen, da sich die Giftstoffe im Körper ansammeln und zu einer schleichenden Vergiftung führen. Bei der Beweidung meiden erfahrene Tiere die Pflanze aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe. Problematisch kann es werden, wenn auf einer Weide starker Futtermangel herrscht, die Pflanze in größeren Beständen auftritt oder wenn Tiere mit dem Weidegang sehr unerfahren sind (z. B. Jungtiere). In Heu und Silagen ist es für Tiere allerdings kaum möglich, die Pflanzen zu selektieren, sodass es durch kontaminiertes Heu und Silagen eher zu Vergiftungen kommen kann. 3. Welcher Einfluss kann durch das Weidemanagement auf die Eindämmung des Jakobskreuzkrautes genommen werden? Das Weidemanagement hat eine besondere Bedeutung bei der Eindämmung. Die Ansiedlung von Jakobskreuzkraut wird am wirkungsvollsten durch eine regelmäßige Pflege der Grünlandnarbe verhindert (Nachsaat, Schleppen, Walzen, Nachmähen, angepasste Düngung und Tierhaltung). Flächen sollten häufig beobachtet werden, um Rosettenstadien rechtzeitig zu erkennen. Standweiden sollten auf Sandstandorten wegen Gefahr der Überweidung möglichst vermieden werden, ebenso wie eine sehr späte erste Schnittnutzung auf leichten Standorten. Der regelmäßige Wechsel von Weide- und Schnittnutzung wird empfohlen. Eine gut genutzte, dichte Grünlandnarbe mit hoher Konkurrenzkraft ist besonders widerstandsfähig gegenüber Jakobskreuzkraut. Lücken in der Grasnarbe sollten durch Nachsaaten geschlossen werden. Auch der Anbau von Leguminosen stärkt die Konkurrenzkraft der Gräser. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4138 3 4. Wie kann eine weitere Ausbreitung des Jakobskreuzkrautes verhindert werden? Alle Flächeneigentümer und -nutzer sind gefordert, die Bestände von Jakobskreuzkraut zu dezimieren und einer weiteren Verbreitung entgegenzuwirken. Dies ist durch geeignete Bewirtschaftungs- und Bekämpfungsmaßnahmen im Rahmen der guten landwirtschaftlichen Praxis umsetzbar. Es wird auf die Empfehlungen des Pflanzenschutzdienstes Mecklenburg-Vorpommern verwiesen (siehe auch http://www.lallf.de/fileadmin/media/PDF/ps/themen/Jokobskreuzkraut.pdf). Auf konventionellen landwirtschaftlichen Flächen ist die Bekämpfung mit zugelassenen Herbiziden möglich. Eine einmalige chemische Bekämpfung kann jedoch nicht dauerhaft das Unkraut beseitigen. Da das Jakobskreuzkraut einen offenen Boden zum Keimen benötigt, ist eine gründliche Weide-/Wiesenpflege von großer Bedeutung. Vorbeugende mechanische Bekämpfungsmaßnahmen sind besonders wichtig. Einwandernde Einzelpflanzen sollten vor dem Aussamen konsequent entfernt werden. 5. Welche Maßnahmen sind bei der extensiven Grünlandnutzung zur Eindämmung des Jakobskreuzkrautes möglich? Die Bekämpfung auf extensiven Grünlandflächen und Flächen, die ökologisch bewirtschaftet werden, ist problematisch, weil dort der Herbizideinsatz ausgeschlossen ist. Diese Flächen müssen daher ebenfalls intensiv gepflegt werden. Ein konsequentes Ausstechen erster Einzelpflanzen ist bereits bei geringem Besatz notwendig, um ein Aussamen und die weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Pflanzenreste sollten entfernt werden, weil diese immer noch giftig sind beziehungsweise Samen nachreifen können. Die frühe Nutzung der Flächen vor der Blüte des Jakobskreuzkrauts verhindert die weitere Samenbildung. Wiederholte Mahd und Nachsaat tragen auch zur Eindämmung der unerwünschten Pflanzenart bei. 6. Welche Gefahren gehen von Brach-, Ausgleichsflächen und Straßenbegleitgrün aus und wie ist deren Bewirtschaftung zu gestalten? Auf den genannten Flächen breitet sich Jakobskreuzkraut schneller aus als auf gut bewirtschafteten Grünlandflächen. Außerdem gelangen die Pflanzen dort zur Samenreife und sind somit Quelle der Besiedlung angrenzender Flächen. Hier hilft nur die Mahd der Flächen spätestens zu Blühbeginn des Jakobskreuzkrauts. Das Risiko der Ansiedlung des Jakobskreuzkrauts auf benachbarten Weide-/Futterflächen steigt in Abhängigkeit der Entfernung dieser Flächen zu bereits vorhandenen Jakobskreuzkrautpflanzen (< 50 Meter = hohes Risiko, > 100 Meter = geringes Risiko). Drucksache 6/4138 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Ist eine Nutzung des Aufwuchses in Biogas-Anlagen sinnvoll bzw. wie sollte das Mähgut verwertet werden? Eine weitere landwirtschaftliche Verwertung des Mähguts scheidet aufgrund der toxischen Wirkung aus. Die Nutzung des Aufwuchses in Biogasanlagen ist möglich. Probleme sind der Landesregierung in diesem Zusammenhang nicht bekannt. Zu anderweitigen Nutzungsmöglichkeiten liegen keine Erkenntnisse vor. 8. Welche Besonderheiten sind beim Management der Flächen in Schutzgebieten zu beachten? Maßnahmen innerhalb von Schutzgebieten sind im konkreten Einzelfall mit Blick auf den jeweiligen Schutzzweck und die jeweiligen Ver- und Gebotstatbestände zu beurteilen und daran auszurichten.