Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. August 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4180 6. Wahlperiode 04.08.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jürgen Suhr und Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechtliche Grenzen für Dublin-III-Überstellungen und ANTWORT der Landesregierung Die Überstellung eines Asylbewerbers in einen anderen Mitgliedstaat ist nach Artikel 3 Absatz 2 der Dublin-III-Verordnung [Verordnung (EU) Nr. 604/213] unzulässig, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in dem betreffenden Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen. Dennoch wurden im vergangenen Jahr bundesweit über die Hälfte der einer Überstellung vorausgehenden Übernahmeersuchen an Länder gerichtet, in denen aus verwaltungsgerichtlicher Sicht genau dies der Fall ist. Dabei handelte es sich um die Länder Italien (25, 9 Prozent aller Übernahmeersuchen ), Bulgarien (12,5 Prozent), Ungarn (11,1 Prozent), Malta (0,9 Prozent), Rumänien (0,6 Prozent) und Zypern (0,2 Prozent). 1. In welche Länder erfolgten in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 wie viele Dublin-II- bzw. Dublin-III-Überstellungen aus Mecklenburg -Vorpommern? Auf die nachfolgenden Übersichten wird verwiesen. Drucksache 6/4180 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2011 Land Anzahl Überstellungen Dänemark 1 Finnland 1 Frankreich 7 Großbritannien 1 Italien 12 Malta 2 Niederlande 4 Norwegen 8 Österreich 1 Polen 10 Schweden 1 Tschechische Republik 1 Ungarn 1 Gesamt 50 2012 Land Anzahl Überstellungen Dänemark 1 Frankreich 6 Großbritannien 1 Italien 7 Norwegen 2 Polen 12 Schweden 10 Schweiz 2 Spanien 3 Gesamt 44 2013 Land Anzahl Überstellungen Belgien 1 Dänemark 2 Italien 11 Niederlande 1 Norwegen 1 Österreich 2 Polen 163 Rumänien 1 Schweden 6 Gesamt 188 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4180 3 2014 Land Anzahl Überstellungen Belgien 32 Bulgarien 2 Dänemark 8 Finnland 8 Frankreich 5 Italien 32 Norwegen 2 Österreich 2 Polen 126 Portugal 1 Schweden 3 Schweiz 6 Slowakei 1 Spanien 4 Ungarn 12 Gesamt 244 2. Hält die Landesregierung angesichts der oben dargestellten Statistik an ihrer Praxis fest, die von ihr bzw. den ihr nachgeordneten Behörden zu vollziehenden Überstellungsanordnungen des Bundesamtes für Migration auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und wenn ja, warum? Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Bundesamtes obliegt lediglich den Verwaltungsgerichten in einem entsprechenden Verfahren. Die für den Vollzug der Maßnahme zuständigen Ausländerbehörden sind grundsätzlich an die Entscheidungen des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts gebunden. Drucksache 6/4180 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Was spricht aus Sicht der Landesregierung gegen eine Aussetzung der Überstellungen in solche Länder, in denen es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass Asylverfahren und Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 604/213 aufweisen? Es obliegt dem Bundesminister des Innern, gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweisen, bei bestehenden systemischen Mängeln keine Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuche nach der sogenannten Dublin-Verordnung an einen bestimmten Mitgliedstaat zu richten. Einen derartigen Überstellungsstopp gibt es derzeit lediglich in Bezug auf Griechenland. Im Übrigen obliegt die Feststellung systemischer Mängel zunächst grundsätzlich den Verwaltungsgerichten im jeweiligen Einzelfall. 4. Wird sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Aussetzung der Überstellungen in solche Länder einsetzen und wenn nicht, warum nicht? Wie in der Antwort zu Frage 3 dargestellt, obliegt es dem Bundesminister des Innern, gegebenenfalls gegenüber dem für die Asylverfahren zuständigem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Überstellungsstopp anzuordnen. Die Landesregierung wird sich deshalb auf Bundesebene nicht für eine Aussetzung der Überstellung in bestimmte Mitgliedstaaten einsetzen, da zum einen Entscheidungen über etwaige systemische Mängel bisher nur in Einzelfällen getroffen worden sind und nicht einfach generalisiert werden können. Außerdem bestehen die Mängel in der Regel nicht flächendeckend, sondern beziehen sich oftmals nur auf bestimmte Regionen. Zum anderen werden bei der in Rede stehenden Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung nach der DublinVerordnung in erster Linie geltende europäische Rechtsvorschriften vollzogen.