Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 22. März 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/428 6. Wahlperiode 26.03.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Richtlinien für Erstaufnahmeeinrichtungen und Landesgemeinschaftsunterkünfte und ANTWORT der Landesregierung Die Verordnungen über Mindestanforderungen an Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften gelten jeweils nur für kommunale Gemeinschaftsunterkünfte. Dazu gehören die Gemeinschaftsunterkunftsverordnung GUVO M-V, die Richtlinie für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Bewohner, sowie der Rahmen-Hygieneplan gemäß § 36 InfektionsschutzgesetzGemeinschaftsunterkünfte für Erwachsene in den Kreisen, Städten und Gemeinden für Asylbewerber, Spätaussiedler, Flüchtlinge und Obdachlose . 1. Nach welchen Richtlinien und Verordnungen verfährt das Land bei der Vergabe und bei der Aufsicht des Betriebes der Erstaufnahmeeinrichtung und der Landesgemeinschaftsunterkunft? § 44 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) verpflichtet das Land MecklenburgVorpommern , für die Unterbringung Asylbegehrender eine Aufnahmeeinrichtung zu schaffen und zu unterhalten. Für die Betreibung der Aufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst bedient sich das Land eines Dritten (gegenwärtig die MW Malteser Werke gemeinnützige GmbH). Dies gilt auch für die Landesgemeinschaftsunterkunft. Grundlage ist ein Ausschreibungsverfahren des Landesamtes für innere Verwaltung. Drucksache 6/428 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Anders als bei den gegenwärtig zehn kommunalen Gemeinschaftsunterkünften, für die nach § 4 Absatz 2 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes die Landkreise und kreisfreien Städte Träger sind und für die es aus Gründen eines einheitlichen Qualitätsstandards verbindliche Vorgaben wie zum Beispiel die Gemeinschaftsunterkunftsverordnung und Betreuungsrichtlinie gibt, bedarf es für die Aufnahmeeinrichtung und Gemeinschaftsunterkunft des Landes in NostorfHorst , die unmittelbar der Aufsicht des Ministeriums für Inneres und Sport unterliegen, keiner gesonderten Richtlinien oder Verordnungen. Dies entspricht im Übrigen auch der Praxis der anderen Bundesländer. Der Qualitätsstandard der Landeseinrichtungen entspricht gleichwohl dem der kommunalen Einrichtungen. Eine vertragsgerechte Betreuung ist darüber hinaus auch deshalb sichergestellt, weil die Aufnahmeeinrichtung, die Landesgemeinschaftsunterkunft und auch das Aufsicht führende Amt für Migration und Flüchtlingsangelegenheiten am gleichen Ort, in Nostorf-Horst, untergebracht sind. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Ungleichbehandlung von Flüchtlingen in Mecklenburg-Vorpommern, z. B. bei der Anwendung des Sachleistungsprinzips, der Art der Unterbringung, der Möglichkeit der freien Arztwahl oder den Möglichkeiten selbst zu kochen? Die die Lebensumstände der Flüchtlinge bestimmenden Rahmenbedingungen verändern sich im Laufe des Verfahrens. Zu Beginn des Aufenthalts steht die Einleitung und Durchführung des Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und eine Vielzahl weiterer Maßnahmen (beispielsweise Registrierung, Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylVfG) im Vordergrund . Während dieses Zeitraums muss die kurzfristige Erreichbarkeit der Flüchtlinge sichergestellt sein. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 47 Absatz 1 AsylVfG einen bis zu drei Monate dauernden Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung verbindlich vorgeschrieben. Auch der Aufenthalt in der Landesgemeinschaftsunterkunft ist auf maximal drei Monate begrenzt. Die zentrale Unterbringung in einer Sammelunterkunft (zum Beispiel Aufnahmeeinrichtung , Studentenwohnheim, Krankenhaus, Altenheim) bringt naturgemäß Einschränkungen mit sich, gewährt aber im Fall einer Aufnahmeeinrichtung den Flüchtlingen auch Vorzüge (höhere Betreuerdichte, mehr Sicherheitspersonal, Ausruhen nach der Flucht beziehungsweise Ausreise und Gewöhnung an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland in einem gesicherten und überschaubaren Bereich). Darüber hinaus steht den Asylbewerbern vor Ort arbeitstäglich (montags bis freitags) ein medizinischer Dienst zur Verfügung. In der Zeit ihres Aufenthaltes in den Landkreisen und kreisfreien Städten werden die Asylbewerber in kommunalen Gemeinschaftsunterkünften oder dezentral untergebracht. In dieser Zeit stehen das Warten auf einen bestands- beziehungsweise rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sowie gegebenenfalls die Vorbereitung der Durchsetzung der Ausreisepflicht (Fortsetzung der Identitätsfeststellung, Passersatzbeschaffung usw.) im Vordergrund. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/428 3 Da diese Aufenthaltsphase je nach Fallgestaltung und Verhalten über Monate oder Jahre andauern kann, sind Perspektiven, die Möglichkeiten zu einem eigenständigen und selbstbestimmten Leben eröffnen (zum Beispiel Einschränkung des Sachleistungsprinzips, selbständiges Zubereiten der Mahlzeiten, gegebenenfalls Aufnahme einer Beschäftigung), zu schaffen. Im Übrigen gibt es zahlreiche Rechtsvorschriften, die das Leben der Flüchtlinge - von bestimmten Umständen abhängig - unterschiedlich regeln. So ist für in Aufnahmeeinrichtungen untergebrachte Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) die Deckung des notwendigen Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen grundsätzlich rechtlich bindend und damit für die zuständige Behörde zwingend vorgeschrieben; eine Ausnahme lässt § 3 Absatz 1 Satz 2 AsylbLG lediglich für die Bedarfsposition „Kleidung“ zu. Dies ergibt sich zum Einen unmittelbar aus dem Wortlaut des § 3 Absatz Satz 1 („wird durch Sachleistungen gedeckt“), und zum Anderen durch die in § 3 Absatz 2 Satz 1 AsylbLG eröffnete Möglichkeit des Abweichens vom Sachleistungsgebot außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen.