Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. März 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/429 6. Wahlperiode 28.03.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mindestkörpergröße von Beamtinnen und Beamten im Polizeivollzugsdienst und ANTWORT der Landesregierung Laut § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Polizeivollzugsbeamten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (PolLaufbVO M-V) vom 15.02.2011 ist eine Mindestkörpergröße von 165 cm Voraussetzung für eine Einstellung in eine Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. Das Innenministerium kann in begründeten Fällen Ausnahmen von der geforderten Mindestkörpergröße zulassen. Laut eines Presseartikels (Norddeutsche Neueste Nachrichten vom 29.02.2012) begründet das Innenministerium diese Regelung mit den besonderen Anforderungen, welche der Dienst in der Landespolizei an die Beamtinnen und Beamte stelle. Diesen Anforderungen werde u. a. durch einen Sporttest bei der Bewerberauswahl Rechnung getragen. 1. Wie definiert die Landesregierung die „besonderen Anforderungen“, welche der Dienst in der Landespolizei an die Beamtinnen und Beamte stellt? a) Inwiefern können nach Auffassung der Landesregierung diese "besonderen Anforderungen" nicht von Beamtinnen und Beamten mit einer Körpergröße von unter 165 cm erfüllt werden? b) Inwiefern besteht für die Landesregierung ein Zusammenhang zwischen der Körpergröße einer Beamtin/eines Beamten und deren/dessen sportlicher Eignung für den Polizeivollzugsdienst? Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte müssen sowohl körperlich als auch geistig jederzeit in der Lage sein, polizeiliche Aufgaben - Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Strafverfolgung - störungsfrei wahrzunehmen. Drucksache 6/429 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu a) Diesen besonderen Anforderungen, die der Polizeivollzugsdienst an seine Beschäftigten stellt, können die Beamtinnen und Beamten mit einer Körpergröße unter 165 Zentimetern aus folgenden Gründen nicht ohne Beeinträchtigungen gerecht werden: Die sichere Anwendung von Eingriffstechniken kann bei fehlenden körperlichen Voraussetzungen nicht gewährleistet werden. Der Ausgleich körperlicher Unterlegenheit ist zwar bis zu einem gewissen Maß durch das Erlernen spezieller Techniken möglich, aber eine zu hohe Differenz zur Körpergröße des Störers lässt viele Eingriffstechniken wirkungslos werden, da es bei deren Anwendung oft auf die Hebelwirkung bei der Kraftübertragung ankommt. Das Gewicht der Körperschutzausstattung beträgt zwischen 20 Kilogramm (ohne Schutzschild) und 25 kg (mit Schutzschild). Darüber hinaus verlangt die Verwendung und Funktionsfähigkeit der Schutzausstattung bestimmte körperliche Voraussetzungen. Bei länger andauernden Einsätzen, die das Tragen der Körperschutzausstattung erfordern (zum Beispiel Fußballeinsätze, Demonstrationen), sind beziehungsweise wären Beamtinnen bzw. Beamte mit kleiner Körpergröße und damit geringerem Körpergewicht nur kurzfristig und eingeschränkt einsetzbar. Gleiches gilt beim Transport der Feuerlöscher oder der 2 x 2 Meter großen Feuerlöschdecke. Bei letzterer besteht zudem ein erhöhtes Sturzrisiko. Unabhängig davon kann es beim Transport jedweder Personen zu unkontrollierten Stürzen kommen, wenn aufgrund der Hebelwirkungen die Last der transportierten Person nicht gehalten werden kann. Die Verwendung von Beamtinnen und Beamten mit einer Körpergröße unter 165 Zentimetern in solchen Situationen ist beziehungsweise wäre arbeitsmedizinisch bedenklich. Zu b) Angaben über einen Zusammenhang zwischen Körpergröße und sportlicher Eignung für den Polizeivollzugsdienst liegen nicht vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/429 3 2. In welchen konkreten Fällen lässt das Innenministerium Ausnahmen von der geforderten Mindestkörpergröße als Einstellungskriterium zu? Wann gilt ein Fall als begründet? Das Ministerium für Inneres und Sport lässt Ausnahmen von der geforderten Mindestkörpergröße zu, wenn die Bewerberin oder der Bewerber eine für die Polizei förderliche Lebensoder Berufserfahrung nachweisen kann. Ein begründeter Ausnahmefall wäre zum Beispiel, wenn die Bewerberin oder der Bewerber spezielle Kenntnisse besäße, die zum Beispiel für die Bekämpfung der Computerkriminalität beziehungsweise Wirtschaftskriminalität von Nutzen sein könnten. Denkbar wäre auch die Zulassung von Ausnahmen für den Bereich der Wasserschutzpolizei, um ausgebildete Pilotinnen beziehungsweise Piloten, Technikerinnen und Techniker sowie Inhaberinnen und Inhaber von Schifffahrtspatenten für die Landespolizei zu gewinnen. 3. Für welche Laufbahnen, Ämter und Dienstzweige des Polizeivollzugsdienstes ist die Mindestkörpergröße von 165 cm ein zwingendes Einstellungskriterium ? a) Ist die genannte Mindestkörpergröße auch Voraussetzung für Beamtinnen und Beamte, die ausschließlich im Innendienst der Landespolizei eingesetzt werden? b) Für welche Dienste bei der Landespolizei wird keine Mindestkörpergröße vorausgesetzt? Für alle Laufbahnen, Ämter und Dienstzweige des Polizeivollzugsdienstes (Schutzpolizeivollzugsdienst , Kriminalpolizeivollzugsdienst und Wasserschutzpolizeivollzugsdienst) wird bei einer Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf die Mindestkörpergröße von 165 Zentimetern vorausgesetzt. Zu a) Eine ausschließliche Verwendung im Innendienst der Landespolizei ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Zu b) Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Drucksache 6/429 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Inwiefern ist die Mindestgröße als zwingendes Einstellungskriterium vor allem der Personalausstattung bei der Polizei geschuldet? Wäre das genannte Einstellungskriterium bei besserer Personalaus- stattung entbehrlich? Ein Zusammenhang zwischen der Personalausstattung und der Forderung der Mindestkörpergröße ist nicht gegeben. Dieses Einstellungskriterium ist aus Fürsorgeaspekten und einsatzbedingten Gründen eingeführt worden (siehe Antwort zu Frage 1). 5. Setzt der Einsatz in der Kriminalpolizei zwingend den vorherigen Dienst in der Bereitschafts- und/oder Schutzpolizei voraus? Inwiefern entspricht das angebliche Erfordernis des vorherigen Dienstes in der Bereitschafts- und/oder Schutzpolizei von zukünftigen Kriminalbeamten dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen)? Bei der Einstellung besteht aus Personalentwicklungsgründen noch keine Festlegung über die zukünftige Verwendung einer Polizeivollzugsbeamtin oder eines Polizeivollzugsbeamten. Sowohl personalplanerische Gründe als auch die spezifischen Neigungen und die Eignung der Beamtin oder des Beamten führen im Berufsleben zu der Entscheidung über die Verwendung in den jeweiligen Dienstzweigen. Im Hinblick auf die Anforderungen, die an kriminalpolizeiliche Tätigkeiten gestellt werden, dient die vorherige Verwendung in anderen Dienstzweigen der Erweiterung des Erfahrungswissens. Im Übrigen werden in der polizeilichen Praxis bei besonderen polizeilichen Lagen (Fußballeinsätzen, Demonstrationen) Beamtinnen und Beamte aller Dienstzweige zu geschlossenen Einsätzen herangezogen. 6. Wie viele Beamte sind bei der Landespolizei zurzeit kleiner als 165 cm (wenn möglich nach Geschlecht getrennt angeben)? Hierzu liegen keine Angaben vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/429 5 7. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass durch eine Mindestkörper- größe von 165 cm als Einstellungskriterium und unter Betrachtung der statistischen Durchschnittsgröße von Männern und Frauen eher Frauen oder eher Männer von einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ausgeschlossen werden? Vor dem Hintergrund der Antworten zu den Fragen 1 bis 5 werden Frauen und Männer bei der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst gleichbehandelt. 8. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Polizei des Landes durch eine vorausgesetzte Mindestkörpergröße ein gewisses Potenzial an anderweitig gut qualifizierten Bewerbern verloren geht? Es wird insbesondere auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 9. Inwiefern könnte das Einstellungskriterium Mindestkörpergröße vor dem Hintergrund, dass laut diverser Statistiken fast die Hälfte aller deutschen Frauen kleiner als 165 cm sind, gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie verstoßen? Eine Diskriminierung von Frauen und Männern liegt nicht vor, da die Mindestkörpergröße durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. 10. Gibt es für andere Stellen in der Landesverwaltung ähnliche Einstellungskriterien , die auf die Körpergröße der Bewerberinnen und Bewerber abstellen (falls ja, bitte die entsprechenden Stellen auflisten und die jeweilige sachliche Begründung für die Erfordernis des Einstellungskriteriums angeben)? Nein.