Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4442 6. Wahlperiode 13.10.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski und Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fischsterben in der Peene und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Beantwortung bezieht sich auf die Erkenntnisse, die der Landesregierung mit Stand 02.10.2015 vorlagen. Nach Medienberichten kam es in den letzten Augusttagen 2015 zu einem massiven Fischsterben in der Peene (OZ/Nordkurier; 01.09.2015). Die Suche nach möglichen Ursachen wurde durch die Umweltbehörden des Landkreises Vorpommern-Greifwald insbesondere in Anklam durchgeführt . 1. Welche Erkenntnisse besitzen die Umweltbehörden des Landes Mecklenburg-Vorpommern über den Umfang und die Ursachen des Fischsterbens? a) Welche Menge an verendetem Fisch sind schätzungsweise aufgetreten und welche Arten sind betroffen? b) Wurden die getöteten Fische teilweise oder vollständig geborgen? Zu 1, a) und b) Nach Angaben der zuständigen Unteren Wasserbehörde (UWB) des Landkreises Vorpommern-Greifswald wurden bis zum 14.09.2015 ca. 4.320 kg Fisch aufgenommen und ordnungsgemäß entsorgt. Drucksache 6/4442 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Es ist nicht auszuschließen, dass nach diesem Zeitpunkt auch noch weitere tote Fische gefunden und entsorgt wurden. Es ist ferner nicht auszuschließen, dass alle im Schadensgebiet lebenden Fischarten betroffen waren. Als Ursache des Fischsterbens wird vorbehaltlich weiterer Ermittlungsergebnisse die Einleitung von Bioethanol während des Zeitraums von vier Tagen (29.08. bis 01.09.2015) über den Galgenberggraben in die Peene vermutet. Zudem kam es aufgrund eines natürlicherweise eingeschränkten Peeneabflusses in die Ostsee während des betreffenden Zeitraums zu einem vergleichsweise geringen Wasseraustausch, was zu einer Verstärkung des Sauerstoffdefizits in dem betroffenen Bereich des Fischsterbens geführt haben dürfte (nähere Erläuterungen hierzu in der Antwort zu Frage 5). 2. Wurden in den getöteten Fischen toxische Stoffe festgestellt? Können fischfressende Tiere (z. B. Fischadler) durch den Verzehr der getöteten Fische geschädigt werden? In den verendeten Fischen stellte das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock einen Alkoholwert von bis 3,02 Promille fest. Zu dem Gefahrenpotenzial für fischfressende Tiere im Verzehr toter Fische mit diesem Gehalt an Ethanol liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Ist die Schadensverursacherin/der Schadensverursacher bereits ermittelt ? Wenn ja, gegen welche technische Regeln bzw. gesetzliche Vorschriften hat sie bzw. er verstoßen? Hierzu teilte die UWB mit, dass Bioethanol aus dem Werk der Anklamer Bioethanol GmbH stammt. Da die Untersuchungen und Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, können weitere Angaben derzeit nicht gemacht werden. 4. Sind neben den Fischen weitere Arten (z. B. Amphibien) durch das Schadereignis getötet worden? Befinden sich unter diesen geschädigten Arten besonders bzw. streng geschützte Arten? Hierzu wurden entsprechende Untersuchungen in Auftrag gegeben. Der zuständige UWB liegen jedoch noch keine Ergebnisse vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4442 3 5. Welche Umweltmedien wurden nach der Kenntnisnahme des Fischsterbens , wann, mit welcher Zielstellung und mit welcher Methode untersucht (bitte jeweils Art und Weise der Probenahme und Untersuchungsmethode angeben)? Sind fortlaufende Untersuchungen geplant? a) Wenn Umweltmedien (Wasser, Boden etc.) untersucht wurden, wo wurden die entsprechenden Proben entnommen? b) Welche Messwerte wurden dabei ermittelt? c) In welchem Maße überschritten bzw. überschreiten diese Messwerte entsprechende Grenzwerte? Zu 5, 5 a) bis c) Es wurden von der zuständigen UWB, der Wasserschutzpolizei, aber auch von Privatpersonen Wasserproben zur Erstermittlung von physikalischen und chemischen Parametern entnommen . Weitere physikalische, chemische und biologische Untersuchungen sind laut Mitteilung der UWB in Auftrag gegeben worden. Die Probenahme erfolgte sowohl in der Peene als auch im Galgenberggraben. Da ein vollständiger Ergebnisbericht noch nicht vorliegt, können derzeit seitens der UWB keine weiteren Aussagen getroffen werden. Im Rahmen seiner gewässerkundlichen Untersuchungen zieht das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (StALU VP) zweimal monatlich in der Peene am Messestandort Anklam Hafen Proben und bestimmt die allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten, wie zum Beispiel Wassertemperatur, pH-Wert, Sauerstoff, Phosphor, Stickstoff, etc. Die Beprobung am 18.08.2015 zeigte keine Besonderheiten, hingegen zeigte die Auswertung der Beprobung vom 01.09.2015 gravierende Auffälligkeiten beim Sauerstoffgehalt in der Peene. Er lag an diesem Tag mit 1,1 mg/l deutlich unter dem fischkritischen Wert von 4,0 mg/l. Zur Abflusssituation der Peene in der Havariezeit hat das StALU VP festgestellt, dass am 29. und 30.08.2015 die Abflüsse des Peenewassers bei ca. 16 bzw. 13 m 3 /s lagen. Dem folgte am 31.08. und 01.09.2015 eine natürlicherweise vorkommende Umkehrung der Fließrichtung der Peene, nämlich ein Einstrom leicht salzhaltigen Wassers aus dem Peenestrom (Ostsee) von 7 bzw. 13 m 3 /s. Über den Havariezeitraum betrug der Abfluss im Mittel ca. 2 m 3 /s (rd. 18.000 m 3 /d). Damit war der Wasseraustausch in dem betreffenden Zeitraum vergleichsweise gering, was zu einer Verstärkung des Sauerstoffdefizits in dem betroffenen Bereich des Fischsterbens geführt haben dürfte. Drucksache 6/4442 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um die Folgen des Schadereignisses zu mindern? Nach Angaben der für Immissionsschutz zuständigen Behörde (StALU VP) hat der Betreiber die Anlage sofort nach Bekanntwerden der Freisetzung vollständig außer Betrieb genommen und einen Sachverständigen mit der Schadensaufklärung beauftragt. Die Rohrleitung zum Galgenberggraben wurde mittels Gummiblase abgedichtet. Durch die Zuckerfabrik Anklam wurde ein Wachposten mit Traktor und Saugwagen an der Schadstelle positioniert, um gegebenenfalls noch anfallende Flüssigkeiten abzusaugen. Der beauftragte Sachverständige stellte am 04.09.2015 vor Wiederinbetriebnahme der Anlage fest, dass seine Empfehlungen und alle erforderlichen Maßnahmen vollständig umgesetzt wurden. 7. Wie erfolgt die Schadensregulierung der wirtschaftlichen und ökologischen Schäden? a) Welche Kosten sind der öffentlichen Hand entstanden und welche Kosten sind noch zu erwarten? b) Welche Sanktionen bzw. ordnungsrechtliche Schritte ergreifen die Kontroll- und Aufsichtsbehörden im konkreten Fall? c) Inwieweit kommen bei behördlichen Bearbeitung der Havarie der § 19 Bundesnaturschutzgesetz „Schäden an bestimmten Arten und natürlichen Lebensräumen“, der § 90 Wasserhaushaltsgesetz „Sanierung von Gewässerschäden“, der § 4 Absatz 3 Bundesbodenschutzgesetzes und die Regelungen des Umweltschadensgesetzes zur Anwendung? Zu 7, a) bis c) Die Kosten sind nach Mitteilung der zuständigen UWB derzeit nicht quantifizierbar, da zum Beispiel weitere Gewässeruntersuchungen vorgesehen sind und noch nicht alle Rechnungen vorliegen. Schadenersatzansprüche und ordnungsbehördliche Maßnahmen werden noch geprüft. Darüber hinaus müssen die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abgewartet werden. Sobald die Untersuchungs- und Ermittlungsergebnisse vorliegen, wird über einzuleitende Verfahren entschieden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4442 5 8. Wann und in welcher Form wurde die örtliche Bevölkerung über das Fischsterben informiert? a) Mit welchen Einschränkungen war und ist das Schadereignis für die örtliche Bevölkerung verbunden? b) Welche weiteren Vorsorgemaßnahmen, wie z. B. ein Angelverbot, wurden ergriffen und wie werden diese kontrolliert? Zu 8, a) und b) Die zuständige UWB teilte zu dieser Frage mit, dass die Medien (Zeitung, Rundfunk und Fernsehen) über das Ereignis berichtet haben. Für die örtliche Bevölkerung war das Schadereignis mit keinen erkennbaren Einschränkungen verbunden. Nach Prüfung hat die UWB entschieden, dass die behördliche Anordnung eines Angelverbots beziehungsweise Badeverbots nicht notwendig war. 9. Welche ordnungsrechtlichen Schritte haben die Behörden bisher gegen eventuell bereits festgestellte Verursacher des Schadereignisses eingeleitet? Haben die Behörden Strafanzeige gegen Unbekannt bzw. gegen die Verursacherin/den Verursacher des Fischsterbens erlassen? Der für Immissionsschutz zuständigen Behörde (StALU VP) liegen derzeit keine Anhaltspunkte für eine Straftat vor. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Das Ergebnis muss abgewartet werden.