Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4554 6. Wahlperiode 21.10.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN HIV-Diagnosen und ANTWORT der Landesregierung Das Epidemiologische Bulletin Nr. 27 des Robert-Koch-Instituts vom 6. Juli 2015 weist in einem Bericht zu HIV-Diagnosen und Aids-Erkrankungen in Deutschland für das Jahr 2014 besonders hohe Inzidenzen von HIV-Neudiagnosen in Mecklenburg-Vorpommern aus. Unser Bundesland weist demnach inzwischen eine höhere Inzidenz auf als einige Altbundesländer und liegt im mittleren Bereich der Inzidenz-Rangfolge aller Bundesländer. 1. Worin sieht die Landesregierung die Gründe für die oben skizzierte Entwicklung? Die Bestimmung der Anzahl der HIV-Neuinfektionen pro Zeiteinheit (HIV-Inzidenz) ist anhand der gesetzlichen HIV-Meldedaten nicht möglich, denn die Meldungen über HIV-Neudiagnosen erlauben keine direkten Rückschlüsse auf die Infektionszeitpunkte. Dies ist darin begründet, dass HIV-Infektion und HIV-Test zeitlich weit auseinander liegen können. Die im Folgenden dargestellten Meldungen über HIV-Neudiagnosen dürfen daher weder mit der HIV-Inzidenz noch mit der HIV-Prävalenz (Anzahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden HIV-Infektionen) gleichgesetzt werden. Faktoren, die die Meldedaten beeinflussen können, sind das Angebot von Testmöglichkeiten, die Inanspruchnahme solcher Testangebote (Testverhalten) sowie das Meldeverhalten der Ärzte beziehungsweise die Qualität der gemeldeten Daten. Die HIV-Meldedaten liefern somit kein unmittelbares und unverzerrtes Abbild des aktuellen Infektionsgeschehens [Quelle: Robert-Koch-Institut (RKI)]. Drucksache 6/4554 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Mit einer Inzidenz von 4,4 HIV-Neudiagnosen auf 100.000 Einwohner und 3.525 Neudiagnosen im Jahr 2014 nahmen die Meldezahlen gegenüber 2013 in der Bundesrepublik erneut zu (+ 7,2 %). Dieser Anstieg in den vergangenen Jahren dürfte im Wesentlichen auf zwei Faktoren beruhen; vor allem auf den verstärkten Anstrengungen am RKI, unklaren Meldungen nachzugehen und diese damit eindeutig als Neudiagnose oder Mehrfachmeldung einzuordnen. Es liegt aber auch eine reale Zunahme von HIV-Neudiagnosen vor. In Mecklenburg-Vorpommern führten zudem vermehrte Testangebote zu positiven Befunden. 2013 Risiko Anzahl --- unbekannt --- 15 Blutprodukte 0 Heterosexuelle Kontakte 10 intravenöser Drogengebrauch 0 Männer, die Sex mit Männern haben 24 Mutter/Kind-Infektionen 0 Gesamt 49 2014 Risiko Anzahl --- unbekannt --- 20 Blutprodukte 0 Heterosexuelle Kontakte 17 intravenöser Drogengebrauch 0 Männer, die Sex mit Männern haben 25 Mutter/Kind-Infektionen 0 Gesamt 62 Die höchste prozentuale Zunahme im Vergleich zu 2013 wies die Gruppe der Heterosexuellen auf (+ 70%). Mit 9 Infektionen wurde mehr als die Hälfte im Ausland erworben, so dass es sich hierbei vermutlich entweder um ausländische Personen handelt, die sich im Heimatland infizierten oder um deutsche Bürger, die sich die Infektionen durch sexuelle Kontakte im Ausland zugezogen haben könnten. Wie bereits in der Vergangenheit wurden die meisten Fälle bei den Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), festgestellt. Der größte Teil der Infektionen wird in Deutschland erworben, der größte Teil der Infizierten ist deutscher Herkunft. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4554 3 Die Möglichkeit, in den reichen Industriestaaten eine suffiziente Therapie allen zugänglich zu machen und damit die Erkrankung im chronischen Stadium zu halten, spielt bei risikohaftem Verhalten eine Rolle. Medizinisch lebensqualitätseinschränkend stehen die Nebenwirkungen der auf Dauer einzunehmenden kombinationstherapeutischen Medikamente im Vordergrund. Ansonsten ist die Lebenserwartung dieser Patienten in den meisten Fällen nur geringfügig eingeschränkt. Die HIV-Infektion ist in Zeiten der guten Therapieoptionen in Deutschland und den anderen reichen Industriestaaten zu einer chronischen Erkrankung, der der Schrecken des Todesurteils verloren gegangen ist, geworden. 2. Sieht die Landesregierung angesichts dieser Entwicklung Handlungsbedarf und falls ja, welche Maßnahmen plant sie? Die oben gemachten Ausführungen bestätigend sind nach 9 Monaten im Jahr 2015 lediglich 28 Fälle zur Meldung gekommen. Bei Hochrechnung ergäbe diese eine zu erwartende Fallzahl von rund 38 und damit wiederum ein Absinken unter das Niveau von 2013. Aus den vorstehenden Aussagen lässt sich daher im Moment kein Handlungsbedarf über die bestehenden und gut funktionierenden Strukturen im Land hinaus ableiten.