Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4570 6. Wahlperiode 29.10.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Mignon Schwenke, Fraktion DIE LINKE Smart Grid und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung sogenannten intelligenten Stromnetzen bei? Intelligente Stromnetze (Smart Grid) umfassen die kommunikative Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln in Energieübertragungs - und Energieverteilungsnetzen der Elektrizitätsversorgung. Diese ermöglichen eine Optimierung und Überwachung der miteinander verbundenen Bestandteile. Ziel ist die Sicherstellung der Energieversorgung auf Basis eines effizienten und zuverlässigen Systembetriebes. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dezentralisierung der Erzeugung durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Entwicklung intelligenter Stromnetze daher für Mecklenburg-Vorpommern von großer Bedeutung. In dem seitens der Bundesregierung favorisierten „Strommarkt 2.0“ soll zudem mehr Flexibilität zwischen Erzeuger und Verbraucher über den Marktpreis erreicht werden, wodurch Intelligente Netze ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Drucksache 6/4570 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen, um den Ausbau intelligenter Netze voranzutreiben? Das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung beauftragte unter Beteiligung von Netzbetreibern die Universität Rostock mit der grundlegenden Bearbeitung von Netzstudien (zuletzt: Netzstudie 2012) sowie mit der Optimierung des Netzausbaubedarfs in Mecklenburg-Vorpommern, so auch zur Potenzialermittlung des zukünftigen Einsatzes steuerbarer Lasten in Mecklenburg-Vorpommern (siehe Antwort zu Frage 9). Die Landesregierung unterstützte ferner die Bildung des Projektkonsortiums „WindNODE“ und dessen Beteiligung am Bundesförderprogramm „Schaufenster Intelligente Energie - Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) unter anderem durch folgende Maßnahmen: - Initiierung von Kontakten zu Unternehmen und Forschungseinrichtungen in MecklenburgVorpommern durch das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung, - fachliche Unterstützung, wie zum Beispiel die Beteiligung an Konsortialtreffen, zur Vorbereitung des Projektantrages beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung und - Unterstützung des Konsortiums während der Antragsphase durch einen Letter of Intent der Landesregierung. Das Konsortium „WindNODE“ umfasst die Region Nordostdeutschland (50HertzRegelzone ). Beteiligte Akteure aus Mecklenburg-Vorpommern sind die WEMAG Unternehmensgruppe , die Stadtwerke Greifswald, die Universität Rostock und das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität der Universität Greifswald. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4570 3 3. Welche Modellversuche in diesem Bereich gibt es in MecklenburgVorpommern beziehungsweise zieht die Landesregierung die Initiierung eines solchen Modellversuchs in Erwägung? Dem Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung sind nachfolgende Projekte im Bereich des Smart Grid in Mecklenburg-Vorpommern bekannt: 1. In einem Partnernetzwerk testen Stadtwerke (deutschlandweit) gemeinsam mit der smartOPTIMO GmbH & Co. KG den Aufbau einer Gateway-Verbindung. Hierbei wird ein intelligentes Messsystem eingebaut und die Übertragungsstrecken bis hin zum GatewayAdministrator getestet. Aus Mecklenburg-Vorpommern sind die Stadtwerke Malchow, die Stadtwerke Wismar, die Stadtwerke Hagenow, die Stadtwerke Güstrow und die Stadtwerke Teterow beteiligt. 2. Im Jahr 2016 beabsichtigt E.ON, mit den ersten in Serie produzierten intelligenten Messsystemen Pilotversuche vorzunehmen. Auf der Insel Rügen sind in diesem Zusammenhang Piloteinbauten unter realitätsnahen Bedingungen geplant. Im zweiten Halbjahr 2016 wird mit der Installation von maximal 500 intelligenten Messsystemen begonnen. In 2017 ist dann der Einsatz von weiteren Messsystemen geplant (insgesamt maximal 5.000). Als Ziel steht dabei ein Test der aufgebauten IT-Systeme und des Einbaus der neuen Technik über die gesamte Wertschöpfungskette inklusive der kommunikativen Anbindung der intelligenten Messsysteme im Mittelpunkt. 3. Die Stadtwerke Greifswald planen den Aufbau eines Digitalen Betriebsfunknetzes. Zu verstehen ist darunter in Verbindung mit der vorhandenen leitungsgebundenen Infrastruktur die flächendeckende Überlagerung des primären elektrischen Versorgungsnetzes mit einem sekundären Kommunikationsnetz. Für dieses Mobilfunknetz wurde ein spezifisches Anforderungsprofil auf die energiewirtschaftlichen Belange entwickelt. Daher wird es sich deutlich von den Standard-Mobilfunknetzen unterscheiden. Die Stadtwerke Greifswald sehen darin eine machbare und notwendige technische Lösung, um den Übergang der bisherigen Netzsteuerung auf die mit der Energiewende notwendige Netzregelung realisieren zu können. 4. Die Netzgesellschaft Schwerin mbH (NGS) hat in den Jahren 2007 und 2008 zwei Modellversuche in Schwerin zur Problematik Smart Metering durchgeführt. Zum einen in der Wuppertaler Straße mit rund 150 Kunden und dem Schlosspark Center mit etwa 100 Kunden. Bei diesen Pilotprojekten kamen elektronische, fernauslesbare Zähler bei Kleinkunden zum Einsatz. Neben den elektronischen Zählern sind dabei auch einzelne Wasser-, Gas- und Wärmezähler in das System eingebunden. Hauptaugenmerk galt den kommunikativen Anbindungen der Zähler an die Datenzentrale. Getestet wurden dabei verschiedene Möglichkeiten der Datenkommunikation. Weiter sind auch die Massentauglichkeit der Zähler und Folgesysteme betrachtet worden. Auch der vertriebliche Aspekt wurde berücksichtigt . So hat die NGS den Stadtwerken eine Mitwirkung angetragen, auf deren Grundlage den Kunden angeboten wurde, ihren Lastgang und damit ihr Verbrauchsverhalten im Internet zu verfolgen und zu analysieren. Das Angebot wurde von den Kunden nicht in Anspruch genommen. Beide Modellversuche waren über die Dauer einer Eichperiode vorgesehen und werden aktuell zurückgebaut. Eine Weiterführung wird seitens der NGS unter den jetzigen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht für sinnvoll erachtet. Drucksache 6/4570 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Landesregierung beabsichtigt auch weiterhin, das Konsortium „WindNODE“ bei seinen Projektaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen des Bundesförderprogramms „Schaufenster Intelligente Energie - Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) zu unterstützen (siehe auch Antwort zu Frage 2 und 4). Darüber hinaus plant die Landesregierung derzeit keine Initiierung weiterer Modellversuche. 4. Welche Fördermittel des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union könnten für eine Smart Grid-Modellregion verwendet werden? Einzelne Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die Arbeitsplätze sichern und schaffen, können über die Technologie- und Innovationsförderung des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus gefördert werden, sofern sie der Richtlinie genügen, es sich bei den Akteuren um einen Verbund bestehend aus Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen handelt und das Projekt in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wird. Über die Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen des Landes MecklenburgVorpommern zur Umsetzung von Klimaschutz-Projekten in nicht wirtschaftlich tätigen Organisationen (Klimaschutzförderrichtlinie Kommunen - KliFöKommRL M-V) vom 27. Oktober 2014 (ABl. M-V, S. 1122) und die Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Umsetzung von Klimaschutz-Projekten in wirtschaftlich tätigen Organisationen (Klimaschutzförderrichtlinie Unternehmen - KliFöUntRL M-V) vom 27. Oktober 2014 (ABl. M-V, S. 1125) des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung könnten sich Fördermöglichkeiten ergeben, sofern es sich um investive Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Verbesserung der Energieeffizienz handelt, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen, und die weiteren Förderbedingungen erfüllt werden. Im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster Intelligente Energie - Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Fördermittel von insgesamt bis zu 80 Millionen Euro bereit. Die Förderung erfolgt in Modellregionen (Schaufenster Sonne bzw. Schaufenster Wind), die schon heute einen hohen Anteil erneuerbare Energien aufweisen, wie er erst in einigen Jahren für ganz Deutschland erwartet wird. Die Modellregionen sollen demnach einen Demonstrationscharakter aufweisen. Im Fokus steht dabei die technologische und organisatorische Ausrichtung von Erzeugung, Verbrauch, Speicherung und Netz auf ein sicheres Zusammenwirken im intelligenten Energiesystem. Das Programm thematisiert damit zentrale Herausforderungen der Energiewende , wie Systemintegration, Flexibilität, Versorgungssicherheit, Systemstabilität und energiewirtschaftliche Effizienz, sowie den Umbau von konventionellen zu intelligenten Energienetzen und den Aufbau intelligenter Marktstrukturen. Nach Kenntnis des Ministeriums für Energie, Infrastruktur bewerben sich auch Institutionen aus Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen von SINTEG. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4570 5 5. Welche Investitionen werden in Mecklenburg-Vorpommern notwendig sein, um die bestehenden Netze in Smart Grid oder Smart-Meter zu überführen? Im Auftrag des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung wurden verschiedene Themen zur Optimierung des Netzausbaubedarfs in Mecklenburg-Vorpommern durch die Universität Rostock wissenschaftlich untersucht, unter anderem eine Potenzialermittlung zum zukünftigen Einsatz steuerbarer Lasten in Mecklenburg-Vorpommern. Informationen zu notwendigen Investitionen in Smart Grid liegen der Landesregierung derzeit nicht vor. Im Rahmen der oben genannten Untersuchungen schätzt die Universität Rostock allein für den flächendeckenden Roll-Out von Smart Metern im ländlich geprägten Netz von Mecklenburg-Vorpommern ein Investitionsvolumen von bis zu 680 Millionen Euro. 6. Wie kann ein sinnvoller Datenaustausch zwischen den Netzteilnehmern und Akteuren effektiv gestaltet werden und welche Investitionen werden dazu nötig sein, um die Netzstabilität zu gewährleisten? Die Bundesregierung beabsichtigt, den Datenaustausch zwischen den Netzteilnehmern und Akteuren in einem Bundesgesetz zu regeln. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende vorgelegt (Referentenentwurf Stand: 21. September 2015). Über die Höhe der anfallenden Investitionskosten können angesichts des Verfahrensstandes keine Angaben gemacht werden. 7. Welche Möglichkeiten gibt es nach Ansicht der Landesregierung, um Endverbraucher (insbesondere Unternehmen) dazu zu motivieren, ihre Gebäude in ein Smart Grid zu integrieren, um damit letztlich den Energieverbrauch zu reduzieren? Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die Reduktion des Energieverbrauches für Endverbraucher dann von besonderem Interesse ist, wenn dies mit einer Reduktion von Energiekosten einhergeht. Daher besteht eine Möglichkeit, den Endverbraucher zur Nutzung von Smart Metern zu motivieren darin, die zukünftigen Stromtarife flexibler zu gestalten, sodass ein Endverbraucher sein Verbrauchsverhalten an die flexibilisierten Strompreise anpassen kann. Dies würde ebenfalls einen Anreiz schaffen, Strom dann zu verbrauchen, wenn er reichlich vorhanden ist (niedrige Strompreise), und somit zur Netzstabilisierung beitragen. Es ist jedoch anzumerken, dass auch die Nutzung von Smart Metern mit zusätzlichen Kosten für den Endverbraucher verbunden ist, was die monetären Einspareffekte durch ein flexibles Verbrauchsverhalten zum Teil kompensiert, und das die Nutzung von Smart Metern auch nicht zwangsläufig zu einem verringerten Energieverbrauch führen wird. Drucksache 6/4570 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 8. Welche Regelungen werden in Zukunft im Bereich des Datenschutzes, der Netzregulierung und der Netztarife nötig sein, um intelligente Netze zu ermöglichen und wie ist der Verfahrensstand zu den einzelnen Änderungen? Datenschutz und Netzregulierung sollen ebenfalls bundesgesetzlich geregelt werden; siehe dazu die Antwort zu Frage 6. 9. Wieviel Forschungsprojekte wurden in Mecklenburg-Vorpommern zu den Themen Beitrag der Digitalisierung zur Ressourcenschonung und Smart Grids initiiert und in welcher Höhe gefördert (bitte einzeln auflisten)? Das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat in Fortführung der Aktivitäten zur Netzstudie 2012 eine Studie zur Optimierung des Netzausbaus in Mecklenburg-Vorpommern bei der Universität Rostock mit einem Gesamtwert von 124.114,38 Euro beauftragt. Für das Thema Smart Grids/Smart Meter relevant ist der Teil der Studie zur Potenzialermittlung zum zukünftigen Einsatz steuerbarer Lasten in MecklenburgVorpommern . Weitere Aspekte der Studie waren die Prognosen der Erneuerbaren Energien im Land Mecklenburg-Vorpommern, die Kappung von Einspeisespitzen, Redispatch als Planungsinstrument des Netzausbaus im Übertragungsnetz, Einfluss des HGÜ-Korridors D auf den Netzbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern und Einsatzmöglichkeiten für Speichertechnologien . Das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern hat eine Studie zum Thema „Erarbeitung einer Studie Industrie 4.0 und Digitalisierung der Wirtschaft - Potenziale für Mecklenburg-Vorpommern“ ausgeschrieben. Der Zuschlag ist erteilt und der Vertragsabschluss wird noch im Oktober 2015 erfolgen. Mit der zu erstellenden Studie soll untersucht werden, ob - in der gewerblichen/innovativen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern entsprechende Rahmenbedingungen, Bedarfe und Potenziale existieren, - bereits Programme oder andere Unterstützungsmöglichkeiten bestehen, die darauf gerichtet sind, die gegebenenfalls ermittelten Rahmenbedingungen zu verbessern beziehungsweise zu schaffen, Bedarfe zu befriedigen und Potenziale zu heben und mögliche Synergien zu forcieren und - es für Mecklenburg-Vorpommerns gewerbliche/innovative Wirtschaft weiterer/zusätzlicher Maßnahmen bedarf, die gegebenenfalls ermittelten Rahmenbedingungen, Bedarfe und Potenziale zu heben und mögliche Synergien zu forcieren.