Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 11. Dezember 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4840 6. Wahlperiode 14.12.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Ulrike Berger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechtsgutachten zu einer Kulturquote und ANTWORT der Landesregierung Im Jahr 2015 wurden gemäß Auskunft der Landesregierung 3.500 € für ein „Gutachten zur Kulturquote“ aus dem Haushaltstitel 0701 533.01 „Ausgaben aufgrund von Werkverträgen“ getätigt. Wie lautet der vollständige Inhalt des Gutachtens? Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wird auf die beigefügte Anlage verwiesen. 1 Professor Dr. Claus Dieter Classen Lehrstuhl für öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht Universität Greifswald Gutachten zu Rechtsfragen einer Kulturquote 5.8.2015 2 Inhalt I. Sachverhalt 3 II. Verfassungsrechtliche Verpflichtungen zur Kulturförderung 4 1. Grundgesetz 4 a) Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) 4 b) Kommunalautonomie (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) 8 2. Landesverfassung 10 a) Allgemeines 10 b) Keine Begründung einer Kulturförderpflicht in einer bestimmten Höhe etwa im Sinne einer Kulturquote möglich 11 III. Kommunalrechtliche Verpflichtung? 13 1. Grundlagen 13 2. Kulturförderung: freiwillige oder Pflichtaufgabe? 14 3. Praktisch mögliche Konsequenz: Weiche Instrumente wie eine Berichtspflicht 16 IV. Vorgabe einer Kulturquote 17 1. Verpflichtende Quote auf Landesebene? 17 a) Gleichheitsrechtliche Probleme 17 b) Probleme hinsichtlich der Kommunalautonomie 19 2. Exkurs: das sächsische Modell des Kulturraumes 20 3. Kulturquote als Voraussetzung von Fördermaßnahmen 21 4. Verpflichtende Kulturquote auf kommunaler Ebene? 22 a) Regelungen auf Gemeindeebene 22 b) Regelungen auf Kreisebene 23 V. Haushaltsrechtliche Fragen 23 1. Ausgaben bei genehmigten Haushalt 23 2. Fehlen eines genehmigten Haushalts, vorläufige Haushaltsführung, haushaltswirtschaftliche Sperre 24 3. Haushaltssicherungskonzept 25 VI. Gesetzliche Ermächtigung zu einer „krisenfesten“ Quote 27 1. Haushaltsrechtliche Grenzen? 27 2. Konflikte mit Bundesrecht? 28 3. Gleichheitsrechtliche Fragen 28 a) Zum verfassungsrechtlichen Maßstab 28 b) Zulässigkeit einer eigenverantwortlich festgelegten krisenfesten Quote 28 4. Zur Höhe einer solchen Kulturquote 29 5.Praktische Konsequenzen 30 6. Formulierungsvorschlag 30 VII. Zusammenfassung und Ausblick 31 VIII. Thesen 32 3 I. Sachverhalt Der Verfasser wurde vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern gebeten, ein Rechtsgutachten zum Thema „Kulturquote“ zu erstellen. Konkret geht es um die Ausleuchtung der rechtlichen Rahmenbedingungen des insbesondere in Art. 16 Abs. 1 der Landesverfassung angesprochenen, auch an die Gemeinden und Kreise gerichteten Auftrags zur Förderung von Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft. Dieser Auftrag wird einfachgesetzlich in der Kommunalverfassung aufgegriffen, und zwar mit Blick auf die Gemeinden in § 2 Abs. 2 der und mit Blick auf die Landkreise in § 89 Abs. 2. Konkret sollten insbesondere folgende Fragen geprüft werden: 1. Ergeben sich aus dem Grundgesetz, beispielsweise aus den Grundrechten in ihrer Funktion als Teilhaberrechte, entsprechende Verpflichtungen? 2. Lassen sich aus der in Art. 16 Abs. 1 der Landesverfassung formulierten staatlichen Bestimmung Pflichten des Landes oder der Kommunen ableiten? Gibt es eine rechtliche Vorgabe für die Höhe der eventuellen Förderung? 3. Lassen sich aus den Regelungen der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern entsprechende Pflichten der Gemeinden oder Landkreise ableiten? 4. Gibt es eine rechtliche Vorgabe für die Höhe der eventuellen Förderung? 5. Ist eine Festschreibung einer Kulturquote unabhängig von den jährlichen Haushaltsplanungen und Haushaltsverfahren, zum Beispiel in einer Höhe von 3 %, verfassungsrechtlich zulässig, und welche Möglichkeiten einer entsprechenden Regelung sind vorstellbar a) auf Landesebene b) auf Gemeinde- und Kreisebene? 6. Kulturausgaben werden den freiwilligen Aufgaben der Kommunen zugerechnet (Ausnahme Freistaat Sachsen). Welche praktischen oder rechtlichen Möglichkeiten gibt es, gleichwohl Mittel für kulturelle Aufgaben aufzubringen a) bei genehmigtem Haushalt b) bei ungenehmigtem Haushalt, vorläufiger Haushaltsführung und haushaltswirtschaftlicher Sperre? 7. Schließlich wurde darum gebeten, der Frage nachzugehen, ob es möglich ist, dass das Land gesetzlich die Kommunen ermächtigt, eine Kulturquote vorzusehen, deren 4 Rechtsfolge in ihrer "Krisenfestigkeit" besteht, also darin, dass sie auch in Zeiten von Haushaltsnotlagen etc. bedient werden kann. Bei der Bearbeitung sollten aktuelle Entwicklungen anderer Bundesländer, etwa in Nordrhein-Westfalen (Kulturfördergesetz), Sachsen (Kulturraumgesetz) oder Thüringen (Kulturlastenausgleich) einbezogen werden. Ohne dass dies im Auftrag explizit definiert wird, wird nachfolgend davon ausgegangen, dass es sich bei der Kulturquote um einen bestimmten Anteil der für kulturelle Zwecke zu verausgabenden Mittel des (Verwaltungs-)Haushalts einer bestimmten Gebietskörperschaft handelt. Hintergrund des Gutachtauftrages ist die Sorge, dass angesichts der in zahlreichen Gemeinden und Kreisen bestehenden Knappheit der finanziellen Ressourcen die landesverfassungsrechtlich in Art. 16 verankerte Förderverpflichtung zu kurz kommt, zieht sich doch der Staat – und ebenso die kommunalen Körperschaften – „bei Haushaltsschwierigkeiten erfahrungsgemäß aus dem Kulturstaat am schnellsten zurück“1. II. Verfassungsrechtliche Verpflichtungen zur Kulturförderung 1. Grundgesetz a) Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) Eine ausdrückliche Verpflichtung zur Förderung der Kultur oder zumindest der im Grundgesetz explizit angesprochenen Kunst enthält dieses Regelwerk nicht. Vielmehr wird in Art. 5 Abs. 3 allein die Freiheit von Kunst und Wissenschaft garantiert. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1974 hat das Bundesverfassungsgericht dazu Folgendes ausgeführt: „Als objektive Wertentscheidung für die Freiheit der Kunst stellt sie (gemeint ist die in Art. 5 Abs. 3 GG verankerte Kunstfreiheit) dem modernen Staat, der sich im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht, zugleich die Ausgabe, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern.“2 Hier wie bereits zuvor3 wurde das in diesem Zusammenhang erwähnte Selbstverständnis des Staates als Kulturstaat4 eher behauptet als normativ hergeleitet. Nichtsdestoweniger sind diese Überlegungen nicht völlig überraschend. Vielmehr hat Gericht sein Verständnis der Grundrechte als 1 Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (17). 2 BVerfGE 36, 321 (331). Als dogmatisch fahrlässig bezeichnet Steiner, Kultur, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.) HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 86, Rn. 3 diese Aussage. 3 BVerfGE 35, 79 (114) im Kontext der Wissenschaftsfreiheit. 4 Zur Kulturstaatlichkeit als staatlicher Grundfunktion siehe Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 1997, S. 230 ff. 5 Wertordnung, die zuvor bereits für andere Grundrechte entwickelt worden war,5 in Übereinstimmung mit der allgemeinen Grundrechtsdogmatik6 auch für die Kunstfreiheit entfaltet. In der Literatur wird zum Teil daraus, insbesondere aus der vorgenannten Aussage des Gerichts, eine Pflicht des Staates hergeleitet, zumindest die Kunst als wichtiges Element von Kultur auch finanziell zu unterstützen.7 Allerdings bestehen erhebliche Zweifel, dass das Gericht tatsächlich in diesem Sinne zu verstehen ist oder dass sich dies sonstwie aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen ableiten lässt. Im Ausgangspunkt ist die Kunst wie die Kultur insgesamt dem Wesen nach ein staatsfreier Prozess.8 Allerdings ist die damit verbundene Freiheit auch auf bestimmte Rahmenbedingungen, nicht zuletzt wirtschaftliche Grundlagen angewiesen. Diese sind, wenn ein freies Kunstleben überhaupt stattfinden soll, angesichts des in Deutschland nur begrenzt üblichen privaten Mäzenatentums in einem nicht unerheblichen Ausmaß vom Staat bereitzustellen.9 Im Übrigen gilt für die Kunstfreiheit in Übereinstimmung mit dem, was für alle Grundrechte anerkannt ist,10 dass sie nicht nur ein Abwehrrecht vermittelt, sondern zugleich den Staat im Sinne einer Förder- und Leistungspflicht zum Tätigwerden verpflichtet.11 Bei Beantwortung der Frage, was dies konkret bedeutet, sind jedoch mehrere Differenzierungen erforderlich. Relativ unproblematisch dürfte es sein, dass der Staat im Grundsatz insoweit zum aktiven Tätigwerden verpflichtet ist, wie die Kunst durch Beeinträchtigungen Dritter gefährdet ist und der Staat durch einschlägige Rechtsetzung schützend tätig werden kann. Als konkretes Beispiel kann der Bereich des 5 Siehe etwa BVerfGE 6, 55 (71 ff.) zum Schutz der Ehe (Art. 6 GG) sowie BVerfGE 7, 198 (205 ff.) zur Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). 6 Darstellungen etwa bei Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 3. Aufl. 2013, Vorb. zu Art. 1, Rn. 94 ff.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte – Staatsrecht II, 30. Aufl. 2014, Rn. 91 ff. 7 Grimm, Der Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 46 (67); tendenziell auch Scheytt, Kommunales Kulturrecht, 2005, S. 19 f. 8 Lenski, Öffentliches Kulturrecht, 2013, S. 334; Germelmann, Kultur und staatliches Handeln, 2013, S. 54, 178. 9 Zu den Instrumenten staatlicher Kulturpolitik siehe Lenski (Fn. 8), S. 181 ff. 10 Darstellungen etwa bei Dreier (Fn. 6), Vorb. zu Art. 1 Rn. 89 f.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher (Fn. 6), Rn. 101 ff. 11 Wittreck, in: Dreier (Fn. 6), Art. 5 Abs. 3 (Kunst), Rn. 70 ff. Darstellungen etwa bei Dreier, ebd., Vorb. zu Art. 1, Rn. 94 ff.; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher (Fn. 6), Rn. 91 ff. 6 Denkmalschutzes genannt werden.12 Hier gilt allerdings wie auch sonst, dass eine Abwägung mit anderen, kollidierenden Rechten wie in diesem Fall insbesondere dem Eigentumsrecht zwingend erforderlich ist und der entsprechenden Schutzpflicht Grenzen setzt. Soweit es um finanzielle Leistungen geht, ist nach mittlerweile allgemein anerkannter Grundrechtsdogmatik zu differenzieren zwischen sogenannten originären und derivativen Leistungspflichten.13 Im zweitgenannten Fall geht es um die Situation, dass der Staat gewisse Leistungen im Bereich der Kultur erbringt, bestimmte Akteure des Kulturlebens jedoch hiervon nicht profitieren. Hier ist vorrangig der Gleichheitssatz zu beachten mit der Konsequenz, dass sich die Entscheidung, zu fördern oder auch nicht zu fördern, jeweils auf sachliche Kriterien stützen muss. Diese müssen mit den Wertungen der Kunstfreiheit und damit verbunden mit dem Prinzip einer grundsätzlichen künstlerischen Neutralität vereinbar sein, auch wenn naturgemäß Förderentscheidungen nicht ohne Qualitätsurteile und Wertungen im Einzelfall möglich sind. Daher kommt einem sachgerechten Verfahren eine besondere Bedeutung zu.14 Werden diese Kriterien missachtet, können sich insoweit dann auch Leistungspflichten gegenüber anderen ergeben.15 Eine solche Frage stellte sich im Übrigen auch in der Konstellation, die zur zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geführt hat. Dort ging es um die Frage, ob der Staat verpflichtet ist, eine für einige künstlerische Leistungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer auch für bestimmte andere Leistungen vorzusehen, die zum damaligen Zeitpunkt von der Gesetzgebung nicht erfasst waren. Dabei hat das Verfassungsgericht mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers gerade auch in diesem Bereich einen Verfassungsverstoß im konkreten Fall jedoch abgelehnt.16 Entscheidend ist in diesen Fällen jedenfalls, dass der Staat bestimmte Leistungen erbracht hat und die Förderpflicht nun in Anknüpfung an diese Förderentscheidung postuliert wird. 12 Dazu Heckel, Staat – Kirche – Kunst, 1968, S. 89 ff. Siehe ferner allgemein zum Schutz der Kultur durch das Recht Germelmann (Fn. 8), S. 579 ff.; Lenski (Fn. 8), S. 181 ff. 13 Zu dieser Unterscheidung etwa bei Dreier (Fn. 6), Vorb. zu Art. 1, Rn. 90, 93; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher (Fn. 6), Rn. 91 ff.; Hellermann, Verfassungs- und kommunal(haushalts)rechtliche Grundlagen der Kulturförderung und Kulturtätigkeit der Kommunen in Nordrhein-Westfalen, unveröff. Gutachten, 2012, S. 20. 14 Dazu Steiner (Fn. 2), Rn. 9, vgl. auch auch dens., VVDStRL, S. 28 ff.; Lenski (Fn. 8), S. 93; Huster, Kultur im Verfassungsstaat, VVDStRL 65 (2006), S. 57 ff.; Kadelbach, NJW 1997, 1114 (1117); Scheytt (Fn. 7), S. 20 ff.; ausführlich Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, 1989. 15 Germelmann (Fn. 8), S. 179 ff.; v. Arnauld, Freiheit der Kunst, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Band 7, 3. Aufl. 2009, § 167 Rn. 79 ff. 16 BVerfGE 36, 321 (341). 7 Das ist jedoch nicht die Problematik, der das Gutachten gewidmet ist. Diesem liegt ersichtlich die Frage zugrunde, ob es – etwa gestützt auf die Kunstfreiheit – auch originäre Leistungsverpflichtungen geben kann, also eine Verpflichtung, die gerade unabhängig ist von den bisherigen Aktivitäten von Hoheitsträgern bzw. über diese hinausgeht. Dies aber wird mit Blick auf die Kunstfreiheit ganz allgemein abgelehnt.17 Auch in der Rechtsprechung finden sich insoweit keinerlei Anknüpfungspunkte. Dies stellt keine Besonderheit der Kunstfreiheit dar, sondern gilt auch für die Freiheitsrechte im Übrigen.18 Anderes gilt nur für bestimmte Sonderfälle. Zu nennen sind hier die auf die von Verfassungs wegen ausdrücklich mit einer staatlichen Schutzpflicht abgesicherte Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG gestützte staatliche Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums19, die Förderpflicht mit Blick auf den Mutterschutz nach Art. 6 Abs. 4 GG20 und die an erhebliche Restriktionen gebundene und deswegen nicht ohne staatliche Unterstützung wahrnehmbare Privatschulfreiheit nach Art. 7 Abs. 421. Ein etwas anderer Ansatz, eine staatliche Förderpflicht zugunsten von Kunst und Kultur zu begründen, stellt nicht den Künstler, sondern den Adressaten der Kunst, also den einzelnen Menschen, in den Vordergrund. 22 Gedanklicher Ansatzpunkt ist die im Kern zutreffende Annahme des BVerfG, dass zu dem von ihm postulierten, soeben erwähnten Existenzminimum auch ein von ihm sogar explizit erwähntes „Mindestmaß an Teilhabe“ unter anderem am „kulturellen Leben“ gehöre, weil der Mensch als Person notwendig „in sozialen Bezügen“ existiere.23 Selbstverständlich setzt diese Teilhabe voraus, dass ein entsprechendes kulturelles Leben auch tatsächlich existiert. Nun kann dieses einschließlich der Teilhabe in vielfältigen Formen stattfinden: Sie betrifft mit der Kultur zunächst einmal ein gesellschaftliches Phänomen und ist daher nicht zwingend auf geldwerte Aktivitäten der örtlichen kommunalen Körperschaften angewiesen.24 17 Geißler, Staatliche Kunstförderung nach Grundgesetz und Recht der EG, 1994, S. 53 ff.; Mihatsch (Fn. 14), S. 68 ff.; Lenski (Fn. 8), S. 92 ff.; Germelmann (Fn. 8), S. 177; Steiner (Fn. 1), S. 15; Huster (Fn. 14), S. 63; Hellermann (Fn. 13), S. 20 ff.; v. Arnauld (Fn. 15), Rn. 79, nuancierend aber ders., Rn. 88 mit Hinweis auf einen kulturellen Grundversorgungsauftrag (dazu noch bei Fn. 65). 18 Siehe die Nachweise oben in Fn. 13. 19 BVerfGE 125, 175 (222 ff.). 20 BVerfGE 60, 68 (74). 21 Dazu BVerfGE 75, 40 (68). 22 So Grimm (Fn. 7), S. 67. 23 BVerfGE 125, 175 (223). 24 So für den Staat insgesamt Lenski (Fn. 8), S. 91 f.; v. Arnauld (Fn. 15), Rn. 89. 8 Immerhin erscheint es diskutabel, eine subsidiäre Förderpflicht des Staates für die Fälle anzunehmen, in denen ein solches kulturelles Leben praktisch überhaupt nicht existiert. Praktische Politik muss allerdings auch bedenken, dass man sich insofern damit auf dünnes Eis begibt, weil einschlägige verfassungsrechtliche Judikatur bisher nicht besteht. Aber selbst wenn man eine entsprechende Verpflichtung annimmt, ist in jedem Fall noch die Frage der Zuständigkeit, also des Pflichtigen zu klären. Die soeben angesprochene Verpflichtung richtet sich an den „Staat“. Nach Art. 30 GG ist die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben und Befugnisse grundsätzlich Sache der Länder. Daraus kann für den vorliegenden Fall abgeleitet werden, dass insoweit diese und nicht der Bund zuständig sind. Für eine Inpflichtnahme speziell der Gemeinden und Kreise wiederum ergibt sich keine verfassungsrechtliche Grundlage. Wie sogleich noch auszuführen, enthält Art. 28 Abs. 2 GG zwar ein Recht, aber keine Pflicht, Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wahrzunehmen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich nach verbreiteter Auffassung aus der Kunstfreiheit keine Verpflichtung des Staates zur originären Förderung der Kunst ergibt. Ergänzt sei, dass für den Fall, dass man dies anders sieht, immer noch die Kompetenzfrage zu klären ist, also zu beantworten ist, ob und warum gerade die Gemeinden insoweit in die Pflicht genommen werden sollen. b) Kommunalautonomie (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) Nachdenken kann man immerhin über die Frage, ob sich aus der in Art. 28 Abs. 2 GG verankerten Garantie der Kommunalautonomie auch bestimmte Verantwortlichkeiten und damit Verpflichtungen im Bereich der Kulturförderung ergeben. Hintergrund ist die Tatsache, dass es, wie die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete- Kommission „Kultur in Deutschland“ zutreffend formuliert hat, „kaum einen anderen Bereich der Kommunalverwaltung (gibt), der einen solchen Bezug zum jeweiligen örtlichen Lebenszusammenhang hat wie die kommunale Kulturverwaltung. Die gemeindliche Öffentlichkeit kann als eine ‚kulturelle Öffentlichkeit‘ auch angesichts der Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Lebensweisen dazu beitragen, einen Interessenzusammenhang herzustellen und eine kommunale und regionale Identität zu fördern“.25 Mit anderen Worten: Kulturpolitik ist zu einem ganz erheblichen Teil Kommunalpolitik.26 25 Schussbericht der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland", BT-Drs. 16/7000, S. 56. Siehe ferner zur kommunalen Kulturhoheit – im Sinne einer Freiheitsgewährleistung – Lenski (Fn. 8), S. 97 ff. 26 Hufen, NVwZ 1983, 516; siehe auch Germelmann (Fn. 8), S. 71; Scheytt (Fn. 7), S. 5 ff., 37; Pappermann, DVBl. 1980, 701. 9 Allerdings garantiert Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden und Kreisen die Entscheidungsfreiheit, was sie im Einzelnen tun oder nicht tun. Eine Verpflichtung lässt sich aus dieser Norm daher nicht ohne weiteres ableiten. Immerhin hat jedoch das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 27. Mai 200927 die Ansicht vertreten, dass sich aus der genannten Norm des Grundgesetzes „auch eine Bindung der Gemeinden hinsichtlich der Aufrechterhaltung dieses Bestandes und damit die grundsätzliche Pflicht der gemeindlichen Wahrnehmung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes (ergibt), wenn diese in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelt.“ Der Gemeinde steht danach nicht generell das Recht zu, sich „jederzeit wieder dieser Aufgaben (gemeint: der freien Selbstverwaltungsangelegenheiten) ohne weiteres zu entledigen.“ Eine Gemeinde muss sich vielmehr „grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises anderes übertragen will." Dies soll insbesondere für "öffentliche Einrichtungen mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund (gelten), die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen.“28 Letztlich aber kann auch aus dieser Entscheidung nichts für den vorliegenden Sachverhalt hergeleitet werden, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen ist die vereinzelt gebliebene Entscheidung in der Literatur – zu Recht – auf nahezu einhelliger Ablehnung gestoßen.29 Daher bestehen erhebliche Zweifel, dass sie erneut so ergehen würde. In der Sache spricht gegen diesen Ansatz, dass das Grundanliegen von Art. 28 GG (und der Parallelnorm des Art. 71 LV), den Gemeinden und Kreisen Freiheit bei der Entscheidung über die wahrzunehmenden Aufgaben und deren Erfüllung zu gewähren,30 geradezu ins Gegenteil verkehrt wird. Zum anderen, noch wichtiger, ging es im konkreten Fall allein um die Frage, ob eine Gemeinde eine bestimmte, herkömmlich von ihr selbst wahrgenommene Aufgabe – im entschiedenen Fall: den Betrieb eines Weihnachtsmarktes – auch einem Privaten übertragen kann. Nicht hingegen war die im vorliegenden Zusammenhang entscheidende Frage zu beantworten, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen sich gerade dort, wo eine Gemeinde in einem bestimmten Bereich nichts bzw. nichts Adäquates tut, eine entsprechende Handlungspflicht begründen lässt. 27 Az. 8 C 10.08 – NVwZ 2009, 1305; siehe auch Tomerius/Breitkreuz, DVBl. 2003 , 426 ff. 28 Fn. 27; die Zitate finden sich in den Rn. 27-30. 29 Zur Kritik siehe etwa Schoch, DVBl. 2009, 1533 f.; Winkler, JZ 2009, 1169 ff.; Ehlers, DVBl. 2009, 1456 f.; Hellermann, Gutachten (Fn. 13), S. 15 ff.; Meyer, in: Classen/Litten/Wallerath (Hrsg.), Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl. 2016, Art. 72 Rn. 21. 30 BVerfGE 119, 331 (362 ff.). 10 Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass sich aus dem Grundgesetz keinerlei Verpflichtungen der Gemeinden oder der Kreise zu einer Kulturförderung ableiten lässt. Ergänzt sei noch, dass es insoweit zwar gewisse, wenn auch nicht überzeugende Diskussionsansätze gibt. Selbst wenn man diesen folgen würde, käme aber mit Sicherheit kein konkreteres Ergebnis heraus als das wenige, was sich aus der einschlägigen Bestimmung der Landesverfassung ableiten lässt (dazu sogleich bei 2.). 2. Landesverfassung a) Allgemeines Nach Art. 16 Abs. 1 der Landesverfassung „schützen und fördern“ Land, Gemeinden und Kreise „Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft“. Diese Norm steht in Übereinstimmung mit Bestimmungen etlicher anderer Landesverfassungen.31 Systematisch steht sie im Abschnitt III der Verfassung, der mit dem Begriff „Staatszielbestimmungen“ überschrieben ist. Einhellig ist insoweit anerkannt, dass es sich hier auch tatsächlich, ganz im Sinne eines klassischen Staatsziels,32 um eine Norm handelt, die den Staat einerseits verpflichtet, in einem bestimmten Bereich tätig zu werden, ihm aber andererseits hinsichtlich des Wie weitestgehende Freiheit lässt. Und so verfügt der Staat auch ganz praktisch gesehen über eine große Vielzahl von Instrumenten, um Kultur zu fördern.33 Im kommunalen Bereich sind – als grundlegende Elemente kultureller Infrastruktur, die von der öffentlichen Hand sichergestellt werden sollte34 – von besonderer Bedeutung insbesondere die Unterhaltung von Einrichtungen, die Förderung freier Träger sowie die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen.35 Eine Grenze wird, wie zur Bestimmung der Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern ebenso wie zu den vergleichbaren Bestimmungen der 31 Siehe die Landesverfassungen von Bayern (Art. 140), Brandenburg (Art. 34), Niedersachsen (Art. 6), Nordrhein- Westfalen (Art. 18), Rheinland-Pfalz (Art. 40), Sachsen-Anhalt (Art. 36), Schleswig-Holstein (Art. 9 Abs. 3), Thüringen (Art. 30). 32 Dazu zur Landesverfassung Schütz, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), vor Art. 11, Rn. 1 f., 5 f.; allgemein Sommermann (Fn. 4), S. 377 ff. 33 Germelmann (Fn. 8), S. 64; ausfühlich Lenski (Fn. 8), S. 181 ff. 34 Dazu, auch zum Begriff, BT-Drs. 16/7000, S. 84 ff. 35 Scheytt (Fn. 7), S. 3; ausführlich S. 122 ff. zu den Rechtsformen der Einrichtungen, S. 183 ff. zu den typischen Institutionen (Theater und Orchester, Museen, Musikschulen, Jugendkunstschulen, Volkshochschulen, Bibliotheken, Archive), S. 226 ff. zum Förderrecht, S. 270 ff. zu den Veranstaltungen. 11 Landesverfassungen anderer Bundesländer einhellig anerkannt, nur erreicht, wenn gar keine oder nur völlig ungeeignete Maßnahmen ergriffen werden.36 In der Literatur wird eine solche Pflicht, zumindest irgendetwas in Sachen Kulturförderung zu tun, gelegentlich unter einen Vorbehalt des Möglichen gestellt.37 In dieser Allgemeinheit vermag das nicht zu überzeugen. Zumindest ein gewisses Minimum an staatlicher und kommunaler Leistungen im Bereich der Kultur muss in jedem Fall geleistet werden.38 Allerdings wird man mit bei der Beantwortung der Frage, ob völlig unzureichende Maßnahmen ergriffen worden sind, in Rechnung zu stellen haben, dass der insoweit bestehende Rahmen gegebenenfalls je nach den finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen konkreten Adressaten – also der einzelnen Gemeinde bzw. des einzelnen Landkreises – unterschiedlich ausfällt. So wird man letztlich nur beim Fehlen jeglicher Aktivitäten einen Verstoß annehmen können. b) Keine Begründung der Kulturförderpflicht in einer bestimmten Höhe, etwa im Sinne einer Kulturquote möglich Aus der soeben dargestellten Offenheit des Inhalts der Kulturförderpflicht ergibt sich insbesondere auch, dass konkrete, rechtlich belastbare Aussagen zum Umfang dieser Verpflichtung, insbesondere zu ihrem finanziellen Rahmen, praktisch nicht möglich sind.39 Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, und zwar aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen. In rechtlicher Hinsicht ist zu bedenken, dass nach dieser Norm kleine, ländliche Gemeinden genauso adressiert werden wie Gemeinden, die vom Landesplanungsrecht als „Oberzentren“ eingestuft worden sind. Rein tatsächlich aber 36 Zur Landesverfassung von Mecklenburg-Vorpommern Kohl, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 16 Rn. 4; siehe weiterhin zu Art. 140 der Landesverfassung von Bayern Möstl, in: Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 140 Rn. 4; Geis, in: Meder/Brechmann (Hrsg.), Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 140 Rn. 3; zu Art. 6 der Landesverfassung von Niedersachsen Haltern/Manthey, in: Epping/Butzer u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 6 Rn. 8; zu Art. 18 der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen Günther, in: Heusch/Schönenbroicher (Hrsg.), Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, 2010, Art. 18 Rn. 1; zu Art. 40 der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz Wagner, in: Brocker/Droege/Jutzi (Hrsg.), Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 40 Rn. 1; ähnlich zu Art. 34 der Landesverfassung von Brandenburg Ernst, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 34 Rn. 6. 37 Ernst (Fn. 36), Rn. 6; Heßelmann, in: Linck/Baldus/Lindner/Poppenhäger/Ruffert (Hrsg.), Die Verfassung des Freistaates Thüringen, 2013, Art. 30 Rn. 7; Hellermann (Fn. 13), S. 24; Mann, in: Löwer/Tettinger (Hrsg.), Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 18 Rn. 5, 13; tendenziell auch Möstl (Fn. 36), Art. 140 Rn. 4. 38 Zu Nordrhein-Westfalen explizit Günther (Fn. 36), Art. 18 Rn. 6; differenzierend Germelmann (Fn. 8), S. 64 f. 39 Germelmann (Fn. 8), S. 63. 12 werden kulturelle Einrichtungen vorwiegend in vergleichsweise größeren Städten und Gemeinden vorgehalten.40 Das spiegelt sich auch im Recht wider: Nach § 2 Nr. 6 LPlG sollen Gemeinden, die sich als Mittelpunkt des wirtschaftlichen, sozialen und – im vorliegenden Zusammenhang von zentraler Bedeutung – kulturellen Lebens eignen, „je nach der Eigenart und Bedeutung der angestrebten Mittelpunktaufgaben als zentraler Ort gestärkt werden. In ihnen sollen der Bevölkerung in angemessener Entfernung überörtliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge zugänglich sein.“ Konkret ist im diesem Kontext hinzuweisen auf die Aussagen im aktuellen Landesraumentwicklungsprogramm.41 Nach Ziff. 3.2. (1) sollen „zentrale Orte“ „überörtliche Bündelungsfunktionen“ übernehmen; sie sollen als „Schwerpunkte u.a. der kulturellen Infrastruktur“ „vorrangig gesichert und ausgebaut werden.“ Nach (2) sollen sie so entwickelt werden, dass die „infrastrukturelle Versorgung ihres Verflechtungsbereiches sichergestellt ist.“ Im Einzelnen wird dann zwischen „Grund“-, „Mittel-“ und „Oberzentren“ differenziert, denen nach Ziff. 3.2.1. – 3.2.3. jeweils unterschiedliche Aufgaben zugewiesen werden. Schließlich unterliegen Gemeinden in Stadt-Umland-Räumen unterliegen nach Ziff. 3.1.2 LEP „besonderen Kooperations- und Abstimmungsgeboten“. Später wird dies etwa dahingehend konkretisiert, dass in allen Teilräumen, zumindest aber in den Ober- und Mittelzentren Einrichtungen der Weiterund Erwachsenenbildung vorgehalten werden sollen (Ziff. 6.3.2). Zugleich wird die Bedeutung kultureller Vielfalt betont (Ziff. 6.3.1 (1) sowie ausführlich die dazugehörige Begründung). Selbst wenn man davon ausgeht, dass etwa als Oberzentren ausgewiesene Gemeinden im Regelfall finanziell deutlich besser gestellt sind als kleine Landgemeinden, wird man mit Blick auf die Frage, wie der verfassungsrechtliche Auftrag sachgerecht zu erfüllen ist, in jedem Fall die entsprechende Funktion der Gemeinde im Rahmen der Landesplanung mit zu berücksichtigen haben. Ganz praktisch zeigen sich die vorstehend dargestellten Unterschiede zwischen den Gemeinden, wenn man die Divergenzen betrachtet, die Gemeinden verschiedener Größenordnungen für den Bereich Kultur aufwenden.42 Insgesamt ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass im 40 Dazu auch BT-Drs. 16/7000, S. 140 ff. 41 GVOBl. MV 2005, 308. 42 Im Einzelnen gaben bundesweit 2012 pro Einwohner aus: Gemeinden zwischen 200.000 und 500.000 Einwohner 125,54 €, zwischen 100.000 und 200.000 71,12 €, zwischen 20.000 und 100.000 40,29 €, zwischen 10.000 und 20.000 20,37, €, zwischen 3.000 und 10.000 11,31 € und darunter 4,76 € aus. Quelle: Statistisches Bundesamt, Kulturfinanzbericht 2014 – Tabellenband, Tab. 3.4-1 Öffentliche Ausgaben der Gemeinden für Kultur2009 bis 2012 nach Gemeindegrößenklassen. 13 Zweifelsfall erhebliche Unterschiede mit Blick auf das ergeben, was in Relationen zum Verwaltungshaushalt der Gemeinden zu leisten ist. Zudem spricht nicht nur nichts dagegen, sondern ist ja planungsmäßig erwünscht, zum Teil sogar vorgegeben, dass sich gerade finanzschwache Gemeinden zusammentun, um gemeinsam bestimmte Leistungen zu erbringen. Dies alles steht einer festen Quote eher entgegen. Tatsächlich ist zu bedenken, dass Kulturförderung nicht in einem luftleeren Raum stattfindet. Sie erfolgt vor dem Hintergrund einer gewachsenen Situation. Wenn irgendwo eine kulturelle Einrichtung besteht, eine Veranstaltung eine Tradition aufweist, ist die Frage, was sinnvollerweise zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Kulturlebens getan werden sollte oder müsste, anders zu beantworten als wenn dies nicht der Fall ist. Schließlich ist ein weiterer Gesichtspunkt mit Blick auf die Diskussion um eine Kulturquote zu beachten. Entscheidend für die Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrages ist nicht der finanzielle Aufwand als solcher, sondern das konkret erzielte Ergebnis, also die Qualität des jeweiligen Kulturlebens. Dieses aber kann je nach Lage mit unterschiedlichen Instrumenten, insbesondere der eigenverantwortlichen Organisation von Kultur einerseits und der finanziellen Förderung privater Initiativen andererseits, und damit auch mit unterschiedlichem finanziellen Aufwand erreicht werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Kultur regelmäßig nicht an den Gemeindegrenzen Halt macht. Werden kulturelle Güter angeboten, beschränkt sich der Adressatenkreis praktisch nie auf die Einwohner der Gemeinde. In diesem Zusammenhang ist daher auf den in Sachsen verfolgten Gedanke, unter IV.2. näher dargestellten Ansatz hinzuweisen, durch die Schaffung von Kulturräumen die Kultur auch in der Fläche sicherzustellen; er entfaltet hier einen besonderen Charme. Vor diesem Hintergrund ist zwar festzuhalten, dass Land, Kreise und Gemeinden verpflichtet sind, Maßnahmen zur Förderung der Kultur zu ergreifen. Was sie tun, bleibt jedoch ihrer Entscheidung überlassen. Insbesondere erscheint eine konkrete verfassungsrechtliche Ableitung hinsichtlich der Höhe der Kulturförderung im Sinne einer konkreten Ableitung etwa bestimmten „Kulturquote“ nicht überzeugend. III. Kommunalrechtliche Verpflichtung zur Kulturförderung? 1. Grundlagen Die Kommunalverfassung greift in § 2 Abs. 2 materiell die landesverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Kulturförderung auf, indem sie postuliert, dass die dort vorgegebene harmonische Gestaltung der Gemeindeentwicklung unter anderem auch unter Beachtung des kulturellen Lebens zu erfolgen hat. Eine ähnliche Aussage findet sich in § 89 Abs. 2 KV mit Blick auf die Landkreise. Für eine Tätigkeit des Kreises ist dort 14 zusätzlich alternativ Voraussetzung, dass es sich um eine gemeindeübergreifemde Aufgabe handelt (Abs. 1), oder dass die fragliche Aufgabe die die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden und Ämter übersteigt und auch nicht durch kommunale Zusammenarbeit erfüllt wird (Abs. 2). Die Frage, welcher dieser Alternativen die explizit in § 89 KV genannte Kulturförderung zuzuordnen ist, kann sicher nur differenziert beantwortet werden: Bestimmte kulturelle Aufgaben können auch von Gemeinden erfüllt werden, andere wie der Betrieb größerer Einrichtungen sind so umfangreich, dass sie außer von größeren Gemeinden allein von Kreisen getragen werden können.43 Diese Frage ist für das vorliegende Gutachten jedoch nicht von Bedeutung. Da die Abgrenzung von der konkret zu erfüllenden Aufgabe abhängt, spricht im Übrigen auch dies gegen eine allein an finanziellen Kriterien festmachende Kulturquote. Ersichtlich sind der Kommunalverfassung insoweit allerdings keine konkreten Konsequenzen zu entnehmen. Das zentrale Problem auf kommunalrechtlicher Ebene liegt jedoch ohnehin an anderer Stelle. Die vorstehend erläuterte landesverfassungsrechtliche Vorgabe, also die Kulturförderpflicht der Gemeinden und Kreise, und die kommunalrechtlichen Regelungen lassen sich nämlich nur schwer in ein sachgerechtes Verhältnis zueinander bringen. 2. Kulturförderung : freiwillige oder Pflichtaufgabe? Das Kommunalrecht von Mecklenburg-Vorpommern unterscheidet wie das vieler anderer Bundesländer im Bereich der Selbstverwaltung zwischen pflichtigen und freiwilligen Aufgaben (§ 2 Abs. 1 und 3 KV für die Gemeinden und § 89 Abs. 1, 2 und 3 KV für die Landkreise).44 Mit Blick auf die Kulturförderung wird dann gelegentlich die Auffassung vertreten, dass diese eine Pflichtaufgabe darstelle.45 Überwiegend aber wird in der kommunalrechtlichen Literatur, insbesondere bezogen auf das Land Mecklenburg-Vorpommern, angenommen, dass die Kulturförderung im Sinne der genannten Unterscheidung als freiwillige Aufgabe anzusehen ist.46 Für dieses 43 Zur Erläuterung und Abgrenzung siehe etwa Glaser, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer (Hrsg.), Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 4. Aufl. 2014, § 2 Rn. 3; Meyer, ebd., § 89 Rn. 5 ff.; speziell zur Kultur, aber ohne spezifische Erwähnung des Landesrechts Scheytt (Fn. 7), S. 39 ff. 44 Dazu zu den Gemeinden Glaser (Fn. 43), § 2 Rn. 9; zu den Landkreisen Meyer (Fn. 43), § 89 Rn. 11. 45 So Pappermann, DVBl. 1980, 701 (705 ff.); Karpen, in: FS Selmer, S. 165 (169); Kadelbach, NJW 1997, 1114 (1116); Scheytt (Fn. 7), S. 44; vgl. auch BT-Drs. 17/7000, S. 90. Tendenziell in diesem Sinne zu Niedersachsen auch Haltern/Manthey (Fn. 36), Art. 6 Rn. 12. Kritisch dazu Steiner (Fn. 2), Rn. 22. 46 So Schütz, Kommunalrecht, in: ders./Classen (Hrsg.), Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 115; Meyer, Kommunalrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 97; vgl. auch Kohl, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 16 Rn. 5. 15 Verständnis spricht der Umstand, dass sich weder aus der genannten Norm der Landesverfassung noch aus der Kommunalverfassung ableiten lässt, dass die geforderte Kulturförderung durch Wahrnehmung einer ganz bestimmten Aufgabe, etwa die Fortführung eines bestehenden Museums, einer Bibliothek, eines Festivals oder was auch immer, erfolgen muss. Verfassungsrecht und Kommunalrecht fordern kulturelles Engagement überhaupt, spezifizieren es aber nicht im Einzelnen. Die Folge ist, dass, wenn und soweit von einer Gemeinde oder einem Kreis gewünscht, auch Änderungen des kulturellen Engagements ohne weiteres möglich sind.47 Ergänzend wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass, wollte man die Wahrnehmung der Kulturförderung als Pflichtaufgabe begreifen, sich damit auch entsprechende landesrechtliche Aufsichtsmöglichkeiten ergäben.48 Nun ist dies letzteres richtig, stellt aber als solches noch kein Gegenargument dar; vielmehr hat die Argumentation im vorliegenden Fall zur Konsequenz, dass sie sicherstellt, dass landesverfassungsrechtliche Normen auch tatsächlich durchgesetzt werden können. Insgesamt ist vor diesem Hintergrund in der Literatur das hier beschriebene Spannungsverhältnis zwischen verfassungsrechtlichen Verpflichtungen und kommunalrechtlicher Offenheit dahingehend umschrieben worden, dass Kulturförderung eine verfassungsrechtlich gebotene, kommunalrechtlich jedoch als freiwillig einzuordnende Aufgabe darstelle.49 Diese Aussage überzeugt jedoch nur begrenzt, weil sie letztlich zu einer inneren Widersprüchlichkeit führt. Man wird vielmehr davon ausgehen müssen, dass die wenn auch bundesweit tradierte und allgemein anerkannte kommunalrechtliche Systematik nicht dazu führen kann, dass verfassungsrechtliche Verpflichtungen leerlaufen. Stattdessen ist umgekehrt das Kommunalrecht im Lichte der verfassungsrechtlichen Vorgaben auszulegen. Konsequenz ist eine Pflicht der kommunalen Körperschaften, insgesamt einen „kulturellen Mindeststandard“ sicherzustellen.50 In der Sache hat dies allerdings gleichfalls nur begrenzte Konsequenzen. Selbst bei Annahme einer Pflichtaufgabe, wie dies etwa in Sachsen geschehen ist (§ 2 Abs. 1 KulturraumG) bleibt nämlich offen, was die Gemeinden konkret zu leisten haben; auch hier gilt, dass der Staat nur das Ob, nicht das Wie kommunaler Kulturtätigkeit festlegt.51 47 BT-Drs. 17/7000, S. 90. 48 Siehe Steiner (Fn. 1), S. 24. 49 Germelmann (Fn. 8), S. 315. 50 Scheytt (Fn. 7), S. 48; Kadelbach, NJW 1997, 1114 (1118); Heßelmann (Fn. 37), Art. 30 Rn. 7 (wobei dessen Unterschreitung nur eine Begründungspflicht auslösen soll). 51 Germelmann (Fn. 8), S. 315; Karpen (Fn. 45), S. 169; a.A. Scheytt (Fn. 7), S. 48. 16 Es liegt ein „kulturpolitisch zu konkretisierender Kulturgestaltungsauftrag“ vor.52 Insbesondere scheidet eine zahlenmäßige Konkretisierung im Sinne einer bestimmten Kulturquote auch in diesem Fall aus, weil je nach Situation ganz unterschiedliche Maßnahmen in Betracht kommen. Hier kann angeknüpft werden an den bereits oben erwähnten Gedanken, dass je nach der Rolle der Gemeinde im landesrechtlichen Planungsgefüge in unterschiedlichem Ausmaß ein Engagement für den Bereich der Kultur erwartet werden kann. Eine weitergehende Konkretisierung ist schwierig. Soll sie praktisch etwas bewirken, darf sie ja nicht im Bereich des Banalen verbleiben, sondern muss auch spürbare Grenzen setzen. Genau dann wird sie aber auch rechtlich zum Problem. Sie muss daher Sache der politisch verantwortlichen Stellen auf kommunaler Ebene bleiben; sie stattdessen durch Interpretation des Rechts vorzunehmen, würde den Entscheidungsspielraum der Politik unzulässig einschränken. 3. Praktisch mögliche Konsequenz: Weiche Instrumente wie eine Berichtspflicht Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Gemeinden und Kreise einerseits verpflichtet sind, etwas zur Erfüllung des landesverfassungsrechtlichen Kulturförderauftrages zu tun, andererseits die Konkretisierung aber praktisch allein Sache der jeweiligen Körperschaft ist. Was dem Land als Möglichkeit aber etwa verbleibt, ist, die Körperschaften zu einem Bericht darüber zu bitten, wie sie jeweils ihre Verpflichtung nach Art. 16 LV erfüllt haben. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 80 Abs. 1 Satz 2 KV, bei Kreisen i.V.m. § 123 KV. Danach können die Rechtsaufsichtsbehörden, also auch das Innenministerium des Landes (für Gemeinden nach § 79 Abs. 1 und 3 KV, für Kreise nach § 124 KV), unter anderem zu allen Angelegenheiten der Gemeinden bzw. Kreise (§ 80 Abs. 1 Satz 1 KV) Berichte anfordern, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Zu den Aufgaben der Rechtsaufsicht gehört nun auch, die Erfüllung der Pflichten der Gemeinden und Kreise zu sichern (§ 78 Abs. 1 Satz 1 KV). Zu diesen Pflichten aber gehört nach hier entwickeltem Verständnis auch Art. 16 LV sowie §§ 2 Abs. 2, 89 Abs. 2 KV. Ein solcher Bericht kann dann auch die Grundlage bilden für weitere Gespräche zwischen kommunaler Körperschaft und Rechtsaufsichtsbehörde, sofern letztere der Meinung ist, dass die jeweilige Körperschaft im Rahmen angesichts Möglichkeiten deutlich mehr tun könnte. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf § 78 Abs. 1 Satz 2 KV, wonach die Rechtsaufsicht die Gemeinden bzw. Kreise vor allem beraten, unterstützen und die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der Gemeindeorgane fördern soll. Im Rahmen einer solchen Berichtspflicht muss sich die Frage auch nicht darauf beschränken, ob eine kommunale Körperschaft überhaupt etwas geleistet hat. So 52 Scheytt (Fn. 7), S. 48. 17 können Vergleiche mit anderen Körperschaften gezogen werden, benchmarks als Orientierung für andere formuliert werden und ähnliches. Durch Formulierung von auch von ihm selbst beachteten Maßstäben, etwa einer bestimmten Quote, könnte das Land in diesen Prozess vorbildgebend eingreifen. IV. Vorgabe einer Kulturquote 1. Verpflichtende Quote auf Landesebene? Will man weitergehend auf Landesebene eine verpflichtende Kulturquote für die kommunalen Körperschaften einführen, so kommen theoretisch zwei Instrumente in Betracht. Würde man davon ausgehen, dass eine entsprechende rechtliche Verpflichtung bestünde, wäre ein Einsatz der Rechtsaufsicht denkbar (§§ 78 ff. KV). Die kommunalen Körperschaften stehen ja durchweg unter einer entsprechenden Kontrolle, zu der auch Behörden des Landes befugt sind. Die zentrale Voraussetzung, die Existenz einer entsprechenden Rechtpflicht, wurde jedoch abgelehnt. Von daher bleibt nur die Frage, ob durch eine gesetzliche Regelung eine entsprechende Quote eingeführt werden könnte. Immerhin ist der Gesetzgeber diejenige Instanz, die zuvörderst aufgerufen ist, Staatsziele wie Art. 16 LV zu konkretisieren.53 Insoweit ist dann zu erörtern, ob verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen. In der Sache ist eine solche Quote in genereller Form, also mit Wirkung bis hin auch für die kleinste Gemeinde denkbar, aber auch – im Anschluss an die obigen Ausführungen – in differenzierter Form, etwa nur mit Blick auf solche Gemeinden, die ein Oberzentrum darstellen, vorstellbar. a) Gleichheitsrechtliche Probleme Verfassungsrechtlich weist ein solches Gesetz mehrere Probleme auf. Das erste resultiert aus dem Gleichheitssatz. Konkret lautet die Frage, ob eine Quote generell für alle Gemeinden vorgegeben werden kann, obwohl deren Funktion mit Blick auf die Pflicht zur Förderung der Kultur unterschiedlich sein dürfte, wie im Kontext von Art. 16 LV mit Hinweis auf durch die Vorgaben des Landesplanungsrechts unterfütterte Sachgegebenheiten näher erläutert wurde. Dabei ist zunächst auf die deutlichen Worte hinzuweisen, mit denen das LVerfG zu Überlegungen Stellung genommen hat, mit Blick auf das Finanzvolumen, das Gemeinden nach ständiger Rechtsprechung für die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbeiben muss,54 eine feste Quote zu definieren 53 Dazu allgemein Sommermann (Fn. 4), S. 427 ff. 54 Dazu LVerfG MV, Urteil vom 30.6.2011, Az. 10/10,unter B II 1 b; Urteil vom 11.5.2006, Az. 1/05, 5/05 und 9/05, unter C I 1 und ausführlich unter 4 c ; Urteil vom 18.12.2003, Az. 13/02, unter C I; BVerwG, Entscheidung vom 18 („freie Spitze): „Zum einen kann ein prozentualer Anteil immer nur gegriffen sein, ohne die Evidenz eines verfassungsrechtlichen Gebotes zu haben. Zum anderen ist die Relation zum Verwaltungshaushalt nicht unbedingt aussagekräftig dafür, ob eine Kommune Selbstverwaltung kraftvoll ausüben kann oder jedenfalls könnte. Für die Analyse von Einnahmen und Ausgaben spielen zahlreiche Gesichtspunkte eine Rolle, die sich einer eindimensionalen Erfassung entziehen.“55 Schon dies spricht dagegen, dass eine Kulturquote vom LVerfG als zulässiges Instrument zur Sicherstellung der Erfüllung der Verpflichtungen aus Art. 16 LV angesehen werden würde. Konkret ist allerdings insofern zunächst zu problematisieren, ob das Gleichheitsprinzip vorliegend überhaupt anwendbar ist. Aus Art. 5 Abs. 3 der Landesverfassung iVm Art. 3 Abs. 1 GG kann man dieses Prinzip mit Wirkung zugunsten der kommunalen Körperschaften jedenfalls deswegen nicht herleiten, weil die Gemeinden und Kreise als staatliche juristische Personen nicht grundrechtsfähig sind. Nichtsdestoweniger geht die Rechtsprechung des LVerfG zu Recht davon aus, dass das Gleichbehandlungsprinzip als allgemeiner rechtstaatlicher Grundsatz (vgl. auch Art. 2 LV) in Form der „interkommunalen Gleichbehandlung“ auch im Verhältnis des Staates zu den Gemeinden und (wenn auch bisher nicht ausdrücklich entschieden) Kreisen Anwendung findet.56 Wie immer gilt jedoch selbstverständlich auch hier, dass Ungleichbehandlungen von auf den ersten Blick vergleichbaren Sachverhalten nicht prinzipiell unzulässig, sondern aus sachlichen Gründen zu rechtfertigen sind. Dabei betont das LVerfG regelmäßig, dass es nicht zu prüfen habe, ob der Gesetzgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gewählt habe. Vielmehr wird dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zugestanden, der gewahrt ist, wenn sich der Gesetzgeber auf eine nachvollziehbare und vertretbare Begründung gestützt hat. Und auch wenn das LVerfG dieses Element des Gleichheitssatzes bisher nicht explizit hervorgehoben hat, wo muss man davon ausgehen, dass auch hier, wenn die zu regelnden Sachverhalte, etwa die Situation der verschiedenen Gemeinden oder Kreise entsprechend unterschiedlich sind, Unterscheidungen gegebenenfalls sogar geboten sein können.57 31.1.2013, Az. 8 C 1.12, und dazu die Anmerkung die zustimmende Anmerkung von Henneke, DVBl. 2013, 651; ferner Wille, in: Darsow u.a. (Fn. 43), § 43 Rn. 2. 55 Urteil vom 11.5.2006, Az. 1/05, 5/05 und 9/05, unter C I 4 c. 56 LVerfG MV, Urteil vom 18.12.2003, Az. 13/02, unter C II 1; Urteil vom 11. Mai 2006, Az. 1/05, 5/05 und 9/05, unter C I 1; Urteil vom 30.6.2011, Az. 10/10, unter B II 1 b; Urteile vom 26.1.2012, Az. 18/10 und 33/10, jeweils unter C II 2 b; Urteil v. 23.2.2012, Az. 37/10, unter C I. 57 Zu diesem Element des Gleichheitssatzes BVerfGE 4, 10 (246); Heun, in: Dreier (Fn. 6), Art. 3 Abs. 1 Rn. 20; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 16 ff. 19 Geht man hiervon aus, stellt sich vorliegend im Lichte der voranstehenden Überlegungen zu den unterschiedlichen Aufgaben der Gemeinden und Kreise im Kontext der Kulturpflege, wie sie nicht zuletzt im Landesplanungsrecht ausdrücklich verankert ist, vor allem die bereits erwähnte Frage, ob eine pauschale Kulturquote diesen Anforderungen noch Rechnung trägt. Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil die Kriterien, nach denen die Sachlichkeit eines Differenzierungsgrundes oder umgekehrt, einer trotz Differenzierung im Sachverhalt vorgenommene Gleichbehandlung zu bewerten sind, ausgesprochen vage und offen sind. Gerichtsfeste Auskünfte in diesem Zusammenhang zu erteilen, ist schwierig. Im Ergebnis spricht allerdings viel dafür, dass eine pauschale Kulturquote mit nicht unerheblichen rechtlichen Risiken verbunden ist. Verfassungsrechtlich und auch sachlich überzeugender wäre es wohl, zu versuchen, bei Regelungen zur Kulturquote funktionsspezifische Vorgaben zu erlassen. b) Probleme hinsichtlich der Kommunalautonomie Ein weiteres verfassungsrechtliches Problem könnte mit Blick auf die in Art. 28 GG und Art. 72 LV verankerte kommunale Selbstbestimmung zu sehen sein, die durch eine solche Vorgabe eingeschränkt wird. Die landesverfassungsrechtliche Kulturförderpflicht ändert daran nichts, vermag allenfalls eine Argument für die Rechtfertigung dieser Einschränkung liefern. Eine solche ist nämlich prinzipiell möglich, steht doch die kommunale Selbstverwaltung unter einem Gesetzesvorbehalt. Materiell müssen Einschränkungen insbesondere durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein.58 Bei der rechtlichen Würdigung einer gesetzlichen Kulturquote ist zu beachten, dass ein solches Gesetz zunächst einmal nur eine Konkretisierung der landesrechtlichen Verpflichtung zur Kulturförderung darstellt. Sicherlich kommt diese Konkretisierungskompetenz in erster Linie den kommunalen Körperschaften zu, doch wird man dem Land insoweit nicht jegliche Zuständigkeit absprechen können. Bei der Bewertung kommt es außerdem maßgeblich darauf an, ob vorliegend das Konnexitätsprinzip des Art. 72 Abs. 3 S. 2 LV anzuwenden ist. Dabei ist zunächst zu fragen, ob eine Verpflichtung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben als Grundvoraussetzung der Anwendbarkeit des Konnexitätsprinzips vorliegt. Dies ist – nur dann – nicht der Fall, weil die Kulturquote letztlich allein den bestehenden gesetzlichen verfassungsrechtlichen Rahmen konkretisiert. Im Lichte der zu dieser Frage geführten, oben dargestellten Diskussionen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es gute Argumente für die Annahme gibt, dass hier nicht allein eine verfassungsrechtlich bereits 58 Zur Einschränkbarkeit der Kommunalautonomie siehe etwa BVerfGE 91, 228 (236 ff.;); 119, 331 (362 f.); Dreier, in ders. (Fn. 6), Band 2, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 118 ff.; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Fn. 57), Art. 28 Rn. 185 ff.; zu Art. 72 LV siehe auch Meyer, in; Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 72 Rn. 32. 20 seit 1994 bestehende Verpflichtung konkretisiert wird, sondern zugleich auch eine Ausweitung verfassungsrechtlicher Verpflichtungen vorgenommen wird. Weiterhin ist zu fragen, das Konnexitätsprinzips nur zur Anwendung kommt, wenn den Gemeinden eine – völlig – neue Aufgabe übertragen wird, oder auch, wenn eine bestehende Aufgabe ausgeweitet oder sonstwie neue Anforderungen gestellt werden, die mit zusätzlichem Aufwand verbunden sind. Nach dem Wortlaut der Landesverfassung ist die Antwort nicht eindeutig. Nun liegen Sinn und Zweck des Konnexitätsprinzips darin, die Kommunen davor zu schützen, dass eine fremde Institution, konkret das Land, ihnen zusätzliche Lasten aufbürdet. Erweist es sich als angemessen, dass sie für eine bestimmte Aufgabe mehr aufwenden, dann soll derjenige zahlen, der für diese Entscheidung verantwortlich ist.59 Dann spricht aber viel dafür, dass das Prinzip nicht nur dann zur Anwendung kommt, wenn es um eine völlig neue Aufgabe geht, sondern auch dann, wenn eine bestehende Aufgabe inhaltlich ausgeweitet wird.60 Dies aber ist im vorliegenden Fall schwer zu bestreiten, da die Konkretisierungskompetenz mit Blick auf den landesverfassungsrechtlichen Auftrag bisher allein bei den kommunalen Körperschaften liegt, nach der gesetzlichen Vorgabe einer Kulturquote hingegen beim Land. Anderes würde allenfalls gelten, wenn die Quote so niedrig ist, dass man sicher sein kann, dass alle betroffenen Körperschaften diese nicht unterschreiten dürfen, ohne den kulturellen Mindeststandard zu missachten. Da dieser aber praktisch kaum quantifizierbar ist, wäre ein solches Gesetz mit einem hohen Risiko der Verfassungswidrigkeit behaftet, wenn es keine Ausgleichsregelung vorsieht. Abschließend sei auf Ausführungen des LVerfG zur Konkretisierung dessen hingewiesen, was erforderlich ist, um den Anspruch der kommunalen Körperschaften auf angemessene Finanzausstattung61 sicherzustellen: „So kann die Frage aufgeworfen werden, ob die Betätigungsfelder der Gemeinden im Land unbeschadet ihrer Allzuständigkeit einer der Realität generell noch vorhandenen Typik entsprechen, z.B. sie in den Bereichen Kultur und Förderung von und örtlichem Vereinswesen noch aktiv sind; fehlt es daran, ist eine Verletzung des Kernbereichs indiziert.“62 Im Ergebnis ist 59 Meyer, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 72 Rn. 50; siehe auch die jeweiligen Verfassungsgerichte in Brandenburg, LKV 2002, 323 ff., und Thüringen, ThVBl. 2005, 228 ff. 60 Meyer, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 72 Rn. 54; zu Brandenburg das dortige Verfassungsgericht, DVBl. 2013, 852 (853); 61 LVerfG MV, Urteile vom 23.2.2012, Az. 37/10, unter C I; Urteil vom 30.6.2011, Az. 10/10, unter B II 1; Urteil vom 11.5.2006, Az. 1/05, 5/05 und 9/05, unter C I; Urteil vom 18.12.2003, Az. 13/02, unter C I. Ausführlich dazu Lange, DVBl. 2015, 457 ff. 62 Urteil vom 11.5.2006, Az. 1/05, 5/05 und 9/05, unter C I 4 c. Dazu auch Kohl, in: Classen/Litten/Wallerath (Fn. 29), Art. 16 Rn. 5. 21 daher davon auszugehen, dass eine generelle verpflichtende Kulturquote schon inhaltlich verfassungswidrig ist und eine differenzierende Quote zumindest die Konnexitätsfolgen auslöst. 2. Exkurs: Das sächsische Modell des Kulturraumes Auch wenn das Gutachten nur indirekt durch den Hinweis auf das entsprechende Landesgesetz danach fragt, während eine Kulturquote im eigentlichen Sinne dort nicht vorgesehen ist, sei im Sinne eines Exkurses kurz das bereits erwähnte sächsische Konzept der Kulturräume dargestellt.63 Grund hierfür ist der bereits erwähnte Umstand, dass sich Kultur vielfach als raumbezogene Aufgabe darstellt. Kern dieses in seiner Ursprungsfassung bereits im Jahre 1993 und zunächst befristet beschlossenen, später verlängerten und mittlerweile dauerhaft verstetigten Gesetzes ist die Schaffung von als Selbstverwaltungseinheiten organisierten Kulturräumen. In diesen sind – seit der in diesem Land 2008 durchgeführten Gebietsreform – jeweils zwei Landkreise zusammengefasst; die drei kreisfreien Städte Chemnitz, Dresden, und Leipzig nehmen die Aufgabe der Kulturförderung in eigener Verantwortung wahr. Aufgabe der Kulturräume ist es, die Gemeinden bei der Wahrnehmung von deren Aufgaben im Bereich der Kultur zu unterstützen. Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes ist die Kulturpflege nämlich eine Pflichtaufgabe der Gemeinden. Konkret soll der Kulturraum die Tätigkeit der Gemeinden zum einen koordinieren, zum anderen finanziell unterstützen. Voraussetzung für eine solche Unterstützung ist allerdings ein angemessener Eigenanteil der jeweiligen Sitzgemeinde (§ 3 Abs. 2). Wollte man für Mecklenburg-Vorpommern solche Überlegungen aufgreifen, dürfte sich angesichts der im Vergleich zu Sachsen stärkeren Großräumigkeit der Landkreise allerdings eher empfehlen, diese selbst mit einer entsprechenden Aufgabe zu betrauen. Außerdem ist ergänzend auf das Brandenburger Konzept einer landesweiten „Kulturentwicklungskonzeption“64 sowie die kulturpolitische Strategie 201265 hinzuweisen. Landesmittel werden nach letzterer nicht nur eingesetzt, soweit sich dies unmittelbar aus dem Landesauftrag zur Kulturförderung ergibt, sondern auch, wenn sie dazu dienen, das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf kulturelle Teilhabe zu sichern oder die kulturelle Infrastruktur im Land zu stärken. 3. Kulturquote als Voraussetzung für Fördermaßnahmen 63 Dazu ausführlicher Germelmann (Fn. 8), S. 315 ff. 64 Siehe etwa den Bericht 2009, LT-Dts. 4/7524. Zu dieser Konzeption auch BT-Drs. 16/7000, S. 93 f. 65 http://www.mwfk.brandenburg.de/media_fast/4055/Kulturpoltitische_Strategie_2012_FINAL.pdf. 22 Eine andere denkbare Option bildet die Möglichkeit, eine Kulturquote nicht mit verpflichtendem Charakter einzuführen, sondern als Voraussetzung für Förderentscheidungen des Landes. Schon bisher fördert das Land Mecklenburg- Vorpommern die „kulturelle Grundversorgung“66 sowie kulturelle Projekte im Land. Grundlage ist die Kulturförderrichtlinie des Landes vom 14.7.2014. Diese Förderung wird – ganz natürlich – von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht (siehe Ziff. 3 der Richtlinie). Insoweit kann man vorstellen, dass auch eine bestimmte Kulturquote zur Voraussetzung einer solchen Landesförderung gemacht wird. Als Vorbild kann insoweit auf die Thüringer Förderrichtlinie für den kulturellen Bereich verwiesen werden. Danach erhalten Gemeinde und Kreise, die „überdurchschnittliche Aufwendungen für Kultur erbringen“ (Ziff. 1.1.), projektbezogen (vgl. Ziff. 4) Zuweisungen „zum Ausgleich kommunaler Belastungen im kulturellen Bereich“. Konkret wird die Förderung daran geknüpft, dass der Verwaltungshaushalt der jeweiligen Gebietskörperschaft eine Kulturquote von 4 % aufweist und zudem absolut betrachtet 50,- € bei Gemeinden, 20 € bei Landkreisen pro Einwohner an Kulturausgaben aufweisen (Ziff. 3.1.). Dabei werden bestimmte Ausgaben (konkret für zoologische und botanische Gärten, Volkshochschulen, sonstige Volksbildung sowie Naturschutz und Landschaftspflege) nicht berücksichtigt. Dabei kann man sich fragen, ob der oben erwähnte Gesichtspunkt, nämlich dass Gemeinden planungsrechtlich unterschiedliche Funktionen zu erfüllen haben, einer solchen undifferenzierten Förderung entgegensteht. Das ist jedoch nach hier vertretener Auffassung aus zweierlei Gründen zu verneinen. Zum einen ist die Förderung nicht auf besondere Breite angelegt, sondern will Körperschaften belohnen, die sich in besonderem Maße engagieren, und zwar in Relation zu ihrer Leistungsfähigkeit, für die wiederum der Umfang des Haushalts als Maßstab genommen wird. Dabei kann man davon ausgehen, dass die planungsrechtliche Funktion der Gemeinde auch in einer gewissen Relation zu ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit steht. Zum anderen dürften generell bei Fördermaßnahmen in Differenzierungen in stärkerem Maße zulässig sein, als wenn es um Eingriffe in die Selbstverwaltung geht. Im Ergebnis dürfte daher eine sachgerecht festgesetzte Kulturquote als Voraussetzung von Fördermaßnahmen des Landes zulässig sein. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass angesichts der oben dargestellten Probleme – kritische Stellungnahme des LVerfG zu Quoten, unterschiedliche Rollen der Gemeinden im Rahmen der Kulturförderung – gute Argumente für die Gegenposition bestehen, mit anderen Worten nicht unerhebliche rechtliche Risiken bestehen, sollte dieses Instrument aufgegriffen werden. 66 ZIff. 1.1. der Kulturförderrichtlinie MV (GVOBl. 2014, S. 862). Zum Begriff siehe ferner etwa BT-Drs. 17/7000, S. 84 ff.; dort wird der Begriff „kulturelle Infrastruktur“ bevorzugt; ferner in Fn. 15. 23 4. Verpflichtende Quote auf kommunaler Ebene? a) Regelungen auf Gemeindeebene Fragt man, ob eine verpflichtende Kulturquote auf kommunaler Ebene möglich ist, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die den Landräten (als staatliche Institution) mit Blick auf die Gemeinden zukommende Rechtsaufsicht vorliegend nicht zum Tragen kommen kann. Mit Blick auf die Gemeinden ist daher nur zu fragen, ob hier eine Vorgabe im Sinne einer Selbstverpflichtung beschlossen werden kann. Rechtlich verbindlich könnte eine solche Regelung allenfalls in Form einer Satzung erfolgen. Eine solche Satzung wirft jedoch das Problem auf, dass sie letztlich von ihrem Regelungsgehalt in keiner Weise über das hinausgeht, was auch in eine Haushaltssatzung aufzunehmen wäre. Daraus ergibt sich zunächst einmal formal, dass eine solche Satzung praktisch keine Bindungswirkung entfaltet, weil die Haushaltssatzung als nachfolgendes Recht zumindest implizit die bestehende Satzung ändert bzw. aufhebt. Hinzu kommt eine grundsätzliche Frage. Wenn sich eine Satzung im Kern von ihrem Regelungsgehalt auf das beschränkt, was in der Haushaltssatzung zu regeln ist, ohne allerdings den an diese nach §§ 43 ff. KV zu stellenden Anforderungen zu genügen, kann man sich sogar die Frage stellen, ob hier nicht ein unzulässiger Formenmissbrauch vorliegt. Konkret ist insbesondere auf das Jährlichkeitsprinzip (§ 45 Abs. 1 und 2) und die Ausgleichspflicht (§ 43 Abs. 6) hinzuweisen. Eine solche Satzung enthält ja keine Regelungen zur Sicherstellung der Finanzierung. Letztlich sind Einnahmen und Ausgaben in der Haushaltssatzung festzulegen, und zwar unter Beachtung eines entsprechenden Ausgleichs. Dies aber würde vorliegend nicht gemacht. Im Ergebnis kann daher festgestellt werden, dass auf gemeindlicher Ebene entsprechende Regelungen in rechtsförmiger Form nicht möglich sind. b) Regelungen auf Kreisebene Mit Blick auf die Kreise sind zwei Ansatzpunkte zu unterscheiden. Mit Blick auf eine Kulturquote für den Kreis als solchen gelten die gleichen Grundsätze, wie sie eben für die Gemeinde herausgearbeitet wurden. Nach § 120 LV gelten die den Gemeinden vorgegebenen haushaltsrechtlichen Grundsätze auch für die Landkreis. Weiterhin ist zu fragen, ob die Kreise mit Blick auf die Gemeinden etwas unternehmen können. Das Problem besteht darin, dass eine Tätigkeit der Kreise bei solchen Aufgaben, die nicht von ihrer Natur her bereits den Kreisen zugewiesen sind,67 wie schon erwähnt daran geknüpft ist, dass die Aufgabe die Leistungsfähigkeit der 67 Dazu oben bei Fn. 43. 24 Gemeinden bzw. Ämter übersteigt. Ersichtlich liegt dieser Regelung der Gedanke der Alternativität der Zuständigkeiten zugrunde – entweder Gemeinden (bzw. Ämter) oder Kreise. Ein Modell, wie es in Sachsen mit den Kulturräumen geschaffen wurde, kann daher auf der Basis des geltenden Rechts nicht verwirklicht werden. Er wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Frage diskutiert werden sollte, ob nicht das Grundkonzept des sächsischen Kulturraums in Mecklenburg-Vorpommern dadurch verwirklicht werden kann, dass den Kreisen eine entsprechende Aufgabe übertragen wird. Dabei stellt sich auch hier die Frage, ob das Konnexitätsprinzip zum Tragen kommt. Nach hier vertretener Auffassung ist das aber wohl nicht der Fall. Mit Blick auf die eigentliche Kulturförderung wird den Landkreisen keine neue Aufgabe zugewiesen; im Grundsatz sind sie bereits von Art. 16 LV dazu verpflichtet. Und außerdem dürften hinsichtlich der Koordination der kommunalen Tätigkeit und der Verwaltung der Mittel keine zusätzlichen Kosten anfallen. V. Haushaltsrechtliche Fragen 1. Ausgaben bei genehmigtem Haushalt Ist ein Haushalt genehmigt, ist zunächst selbstverständlich, dass Kulturaufgaben möglich sind, wenn und soweit dies im Haushalt vorgesehen ist. Für Ausgaben jenseits eines beschlossenen Haushaltes, also ohne Grundlage im Haushalt sind im Grundsatz die in § 50 KV enthaltenen Grundsätze zu beachten. Dabei wird man bei Kulturausgaben ganz regelmäßig davon ausgehen müssen, dass sie zumindest nicht unvorhergesehen und deswegen die Voraussetzung der Norm regelmäßig nicht erfüllt sind. Diskutieren kann man darüber hinaus, ob sich eine gewisse Flexibilität indirekt aus § 48 Abs. 2 und 3 KV ergibt, in den dort genannten Fällen der Geringfügigkeit. Insgesamt kann aber eine Kulturquote nur verwirklicht werden, soweit sie bereits bei der Haushaltsaufstellung Berücksichtigung gefunden hat. 2. Fehlen eines genehmigten Haushaltshalts, vorläufige Haushaltsführung, hauswirtschaftliche Sperre Liegt kein genehmigter Haushalt vor, so finden die Grundsätze des § 49 KV Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, ob ein genehmigter Haushalt noch nicht vorliegt, weil sich das Verfahren verzögert hat, oder ob prinzipiell kein (genehmigungsfähiger) Haushalt aufgestellt werden kann.68 Ebenso finden diese Grundsätze Anwendung, wenn eine Ausgabensperre zum Tragen kommt. In allen diesen Fällen darf also die kommunale Körperschaft nur solche Aufwendungen tätigen 68 Zur (sachlich vergleichbaren) Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OVG Münster, Beschluss vom 17.12.2008, NWVBl. 2010, 30 ff. 25 oder Auszahlungen leisten, zu deren Leistung sie gesetzlich oder bei Beginn des Haushaltsjahres vertraglich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Dabei wird im Grundsatz ein strenger Maßstab angelegt, um nachfolgende Entscheidungen der Gemeinde- bzw. Kreisvertretung oder der Kommunalaufsucht nicht mehr als zwingend erforderlich in ihren Entscheidungsmöglichkeiten einzuschränken.69 In diesem Sinne kann man vorliegend fragen, ob es bei Kulturausgaben um Leistungen geht, zu denen die Körperschaft gesetzlich bzw. vertraglich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendigen Aufgaben unaufschiebbar sind. Mit Blick auf den ersten Fall vermag eine entsprechende Annahme jedoch nicht zu überzeugen, soweit man schlicht an die Förderpflicht nach Art. 16 LV oder §§ 2, 89 KV anknüpfen will. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass mit der in § 49 KV angesprochenen Leistung nur eine ganz konkrete Leistung gemeint sein kann.70 Da die kommunale Körperschaft wie dargestellt frei ist bei der Erfüllung des landesverfassungsrechtlichen Förderauftrages, ist sie jedenfalls nicht zu einer ganz konkreten Leistung verpflichtet. Zulässig bleibt damit die Weiterführung von Projekten mit vertraglicher Verpflichtung zu Beginn des Haushaltsjahres sowie von notwendigen Aufgaben. Bei der Frage, was dies im Bereich der Kulturförderung konkret heißt, muss man wohl differenzieren zwischen den oben bereits angesprochenen unterschiedlichen Möglichkeiten, kommunale Kulturpolitik zu betreiben.71 Soweit es um bestimmte, von der Körperschaft betriebene Einrichtungen geht, können diese nicht zuletzt angesichts des landesverfassungsrechtlichen Auftrags als notwendig angehen werden, soweit eine entsprechende konkrete Aufgabe bereits übernommen wurde. Daher darf diese auch weitergeführt werden.72 Geht es um die Förderung privater Vorhaben oder um einmalige Veranstaltungen, ist eine Fortführung nur möglich, soweit entsprechende vertragliche Vereinbarungen bestehen, was im Zweifelsfall nicht der Fall sein wird, aber letztlich im Einzelfall zu prüfen ist. Ein Verpflichtung zur möglichen Kündigung besteht hingegen in 69 Dazu OVG Münster (Fn. 68). 70 Siehe auch zur vergleichbaren Norm des Art. 111 GG Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Fn. 57), Art. 111 Rn. 26; Hellermann (Fn. 13), S. 44 f. 71 Dazu bei Fn. 35. 72 Siehe auch OVG Münster (Fn. 68). 26 solchen Fällen nicht.73 Neue Aufgaben könne in diesen Fällen hingegen in keinem Fall übernommen werden.74 3. Haushaltssicherungskonzept Besonders komplexe Fragen ergeben sich, wenn eine Gebietskörperschaft nicht mehr in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, und deswegen ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen muss. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus § 43 Abs. 7 KV. In diesem Fall hat die Körperschaft die Ursachen für den unausgeglichenen Haushalt zu beschreiben und Maßnahmen darzustellen, durch die der Haushaltsausgleich und eine geordnete Haushaltswirtschaft auf Dauer sichergestellt werden. Außerdem ist der Zeitraum anzugeben, innerhalb dessen der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird. Konkrete Maßnahmen sind gesetzlich nicht vorgegeben. Prinzipiell kommt in Betracht, das Aufgabenprogramm der aktuellen Ressourcenlage anzupassen, sich bietende Optimierungsmöglichkeiten bei der Aufgabenerfüllung zu nutzen und bestehende Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten auszuschöpfen75 – vereinfacht: es können die Einnahmen verbessert und/oder die Ausgaben verringert werden. Da den Hintergrund des Gutachtens die Sicherung des Auftrages gemäß Art. 16 LV bildet, ist vornehmlich zu fragen, ob und ggf. wie in einer solchen Lage trotz allem ein gewisses Maß an kulturelle Aktivitäten und damit auch an Kulturausgaben sichergestellt werden kann. Zu vergleichbaren Regelungen in Nordrhein-Westfalen hat die Rechtsprechung entschieden, dass nicht in jedem Fall eine Verpflichtung besteht, sofort und umgehend alle nicht absolut zwingenden Aufgaben einzustellen bzw. auf ein Minimum zu reduzieren. Vielmehr gilt im Grundsatz insoweit das Prinzip der Zumutbarkeit. Dabei ist zu beachten, dass der Gemeinde ein gewisses Maß an Selbstständigkeit verbleiben muss.76 Die Lösung besteht also nicht darin, schlicht auf die Wahrnehmung aller als freiwillig anzusehender Maßnahmen und damit ggf. auch der herkömmlich als solcher angesehenen Maßnahmen im Bereich der Kultur77 zu verzichten. Der aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG und 72 LV herzuleitende Grundsatz, dass einer Gemeinde auch die Möglichkeit verbleiben muss, freiwillige 73 Hellermann (Fn. 13), S. 46, mit zutreffendem Hinweis auf die Logik des in Fn. 68 zitierten Urteils des OVG Münster. 74 Hellermann (Fn. 13), S. 48. 75 Dazu Wille, in: Darsow u.a. (Fn. 43), § 43 Rn. 11. 76 OVG Münster, NWVBl. 2010, 34 (34). 77 Zur entsprechenden Diskussionen siehe oben bei Fn. 46. 27 Aufgaben zu erfüllen,78 veranlasst zur Annahme, dass dies auch dann noch gilt. wenn eine kommunale Gebietskörperschaft ein Haushaltssicherungskonzept zu erstellen hat.79 Im Klartext: ein gewisses Mindestmaß an kulturellen Aufgaben darf auch in dieser Lage noch erfüllt werden. Dies wird vielfach bereits aus der Kommunalautonomie abgeleitet; angesichts des verfassungsrechtlichen Auftrages nach Art. 16 LV gilt dies umso mehr. Konkrete Quoten lassen sich aber in dieser Situation ebenso wenig wie generell begründen. VI. Gesetzliche Ermächtigung zu einer „krisenfesten“ Quote 1. Haushaltsrechtliche Grenzen? Gefragt wurde schließlich, ob das Land eine gesetzliche Regelung schaffen dürfe, die die kommunalen Körperschaften dazu befugt, in ihren Haushalten eine Kulturquote vorzusehen, die auch dann erfüllt werden darf, wenn ein genehmigungsfähiger Haushalt nicht vorliegt oder gar ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen ist. Zentral ist bei solchen Regelung, dass die Entscheidung über Inanspruchnahme dieser Quote bei der betreffenden Körperschaft liegt. Konsequenz einer entsprechenden Entscheidung wäre, dass entweder das Haushaltsdefizit langsamer abgebaut würde oder an anderen Stellen stärker eingespart werden müsste. Rechtliche Bedenken können sich nur auf verfassungsrechtliche oder sonstwie höherrangige Gesichtspunkte stützen. Vorgaben, aus denen sich unmittelbar eine insoweit einschlägige Grenze gibt, sind nicht erkennbar. Generell ist zunächst auf den oben erwähnten weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Konkretisierung von Staatszielbestimmungen hinzuweisen, der sich oben auch dahingehend auswirken kann, dass eine kommunale Kulturförderung gerade auch in finanziellen Krisenzeiten sichergestellt wird. Angesichts der Freiwilligkeit der Entscheidung der betreffenden Körperschaft über die Inanspruchnahme der Quote stellen sich weder Fragen nach der Kommunalautonomie (Art. 28 GG, Art. 72 Abs. 1 LV) noch solche nach dem Konnexitätsprinzip (Art. 72 Abs. 3 LV). Und auch die verfassungsrechtlichen Regeln über die Schuldengrenzen sind nicht einschlägig. Art. 109 Abs. 2 GG spricht nur die Haushalte des Bundes und der Länder an, und Art. 65 LV hat – auch in seiner ab 1.1.2020 geltenden Fassung, einschließlich der nach Art. 79a 78 Dazu bereits bei Fn. 54. 79 Zu NRW OVG Münster (Fn. 68), S. 31; Günther (Fn. 36), Art. 18 Rn. 5; Hellermann (Fn. 13), S. 41 f. 28 bestehenden Vorwirkung – nur den Haushalt des Landes, nicht die Haushalte anderer öffentlicher Körperschaften im Blick. Anderes gilt sicher für die einschlägigen Regeln der europäischen Union. Art. 126 Abs. 2 AEUV spricht die „Haushaltslage und den öffentlichen Schuldenstand in den Mitgliedstaaten“ an und meint damit alle öffentlichen Haushalte.80 Allerdings knüpfen die Regeln an die öffentlichen Haushalte insgesamt an. Ihnen lässt sich daher keine Aussage zur Frage entnehmen, wie im Inneren eines Staates die aus dem Unionsrecht abzuleitenden Pflichten zur Vermeidung öffentlicher Defizite zu verteilen sind. Hinzu kommt, dass Probleme einzelner kommunaler Körperschaften kaum das Ausmaß erreichen können, dass dies mit Blick auf die Vorgaben der EU Relevanz entfalten kann. 2. Konflikte mit Bundesrecht? Es stellen sich jedoch zwei Fragen. Zunächst ist zu überlegen, ob mit einer solchen Kulturquote die Erfüllung anderweitiger Verpflichtungen der betreffenden Körperschaft gefährdet wird. Soweit diese kraft Bundesrechts bestehen, ist zu fragen, ob eine im hier dargestellten Sinne verstandene Kulturquote gegen diese bundesrechtlichen Normen verstößt (Art. 31 GG). Allerdings würde es in diesem Fall zu kurz greifen, nur die Kulturquote in das Blickfeld zu nehmen. Vielmehr könnte das Land das Problem auch dadurch beheben, dass es anderweitig die Kommunen durch Verringerung von Pflichtaufgaben entlastet. Ein Verstoß gegen Bundesrecht ist damit nicht zu erkennen. 3. Gleichheitsrechtliche Fragen a) Zum verfassungsrechtlichen Maßstab Weiterhin kann man sich fragen, ob eine Kulturquote zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Kulturausgaben im Vergleich zu anderen Aufgaben der kommunalen Körperschaften führen kann. Wird eine bestimmte Aufgabe haushaltsrechtlich besser gestellt, ist als Konsequenz einigermaßen zwingend, dass anderswo stärker gespart werden muss. Dies wirft die Frage auf, ob es Gründe gibt, die im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG eine solche „Privilegierung“ von Kulturausgaben rechtfertigen. Nun verlangt diese Norm keine schematische Gleichbehandlung. Vielmehr können sachliche Gründen eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte rechtfertigen. Welche Anforderungen an eine solche Rechtfertigung zu stellen sind, 80 Bandilla, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union (Loseblattslg.), Art. 126 AEUV Rn. 47 (Stand 8/2012). 29 hängt vom jeweiligen Sach- und Regelungsbereich ab. Das BVerfG differenziert und stellt besonders strenge Anforderungen, wenn eine Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, insbesondere, wenn diese für den Einzelnen nicht verfügbar sind oder sich Art. 3 Abs. 3 GG annähern, wenn es auch um die Verwirklichung von Freiheitsrechten geht oder die Betroffenen in der Lage sind, durch Ihr Verhalten die Verwirklichung der relevanten Kriterien zu beeinflussen.81 Alle diese Restriktionen greifen also nur, wenn es um personenbezogene Regelungen geht. Vorliegend geht es um die Wahrnehmung und Finanzierung kommunaler Aufgaben. Hier kommt dem Gesetzgeber also ein weiter Spielraum zu. b) Zulässigkeit einer eigenverantwortlich festgelegten krisenfesten Kulturquote Konkret ist zunächst zu fragen, wie sich Haushaltssicherung und Aufgabenwahrnehmung überhaupt zueinander verhalten. Insoweit wurde bereits dargestellt, dass selbst im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht auf die Wahrnehmung von Pflichtaufgaben zu verzichten ist.82 Und mit Blick auf die Kulturausgaben wurde bereits darauf hingewiesen, dass deren herkömmliche Qualifikation als freiwillige Aufgabe im Lichte der landesverfassungsrechtlichen Verpflichtung gerade auch der Gemeinden und Kreise zur Kulturförderung nach Art. 16 LV unterkomplex ist.83 Vielmehr besteht dem Grunde nach eine solche Förderpflicht, die dementsprechend auch in Zeiten knapper Kassen zu erfüllen ist. Die Option einer gesetzlichen Verankerung einer Kulturquote ist ja nicht wegen prinzipieller verfassungsrechtlicher Irrelevanz der Kulturförderung verworfen worden, sondern allein deshalb, weil sich zur konkreten Höhe dieser Förderung generell schwer etwas Belastbares sagen lässt.84 Im Zusammenhang mit dem hier zu diskutierenden Vorschlag tritt dieses Problem jedoch nicht auf, weil die kommunale Körperschaft Herrin der Entscheidung bleibt. Letztlich trägt die Kulturquote dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Kulturförderung einerseits um eine verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe handelt. Andererseits stellt sie eine Aufgabe dar, deren Inhalt im Gegensatz zu anderen Pflichtaufgaben als solcher schwer konkretisiert werden kann. Diese Probleme bei der Konkretisierung sind also die Erklärung dafür, dass hier eine Quote als „krisenfest“ angenommen wird. Letztlich sichert eine Kulturquote also nur einfachrechtlich die Möglichkeit ab, die verfassungsrechtliche Pflicht nach Art. 16 LV unter Berücksichtigung 81 BVerfGE 129, 49 (69). 82 Siehe oben bei Fn. 79. 83 Siehe oben bei Fn. 50. 84 Siehe oben bei IV. 1. 30 der Besonderheiten der Kulturförderung im Vergleich zu anderen kommunalen Aufgaben angemessen mit Leben zu auszufüllen. Dabei ist weiterhin zu berücksichtigen, dass eine Kulturquote die Eigenschaft hat, dass zumindest dann, wenn der Haushaltsausgleich vor allem durch Einsparungen erreicht werden soll, der Kulturbereich ja durchaus einen Beitrag zu den Sparmaßnahmen leistet, weil sich die Bezugsgröße für die Bemessung der Kulturquote, der Verwaltungshaushalt, verringert. Und umgekehrt kann eine Erhöhung dieses Haushalts, wie noch zu zeigen ist, nicht zu einer echten Steigerung der Kulturausgaben führen. Im Ergebnis kann damit festgehalten werden, dass prinzipielle Bedenken gegen eine eigenverantwortlich festgelegte, krisenfeste Kulturquote nicht bestehen. 4. Zur Höhe einer solchen Kulturquote Hinsichtlich der Höhe einer solchen Quote sollten, um der rechtlichen Kritik einer sachwidrigen Bevorzugung von Kulturausgaben begegnen zu können, wohl zwei Grenzen Berücksichtigung finden. Zum einen muss deren Höhe absolut gesehen in einer sachgerechten Größenordnung angesiedelt sein. Sie darf daher nicht höher liegen, als eine verantwortlich handelnde kommunale Körperschaft auch in Zeiten knapper Kassen sachgerechterweise ausgibt. Konkrete Angaben sind jedoch deswegen schwierig, weil dazu Informationen vorliegen müssten darüber, in welchem Ausmaß bisher die kommunalen Körperschaften im Land Geld für den Kulturbereich ausgeben. Ob die im politischen Raum diskutierten 3 % sachgerecht sind, kann daher nicht abschließend beurteilt werden. Zudem liegt es nahe, bei den Gemeinden zwischen kreisangehörigen und kreisfreien Gemeinden zu differenzieren; zudem ist vermutlich bei ersten zudem für Oberzentren eine gesonderte Größe fetzusetzen. Zum anderen darf eine solche Kulturquote auch im konkreten Einzelfall nicht Anlass sein, die Kulturausgaben über das vor der Haushaltsnotlage bestehende Maß anzuheben. Daher muss eine solche Quote absolut auf den Betrag begrenzt bleiben, der dem Umfang entspricht, in dem zuvor Maßnahmen der Kulturförderung finanziert wurden. Dabei geht es hier um einen absoluten Betrag, nicht um eine prozentuale Größe. Dieser Betrag darf jedoch angepasst werden, soweit es erforderlich ist, die bisher finanzierten Aufgaben im gleichen Umfang wie bisher wahrzunehmen, etwa um Kostensteigerungen ausgleichen zu können. Bei Kommunen, die bereits ein Konzept der Haushaltssicherung aufgestellt haben, ist dabei ggf. auf den Zeitpunkt vor dessen Aufstellung abzustellen. Schließlich stellt sich die Frage, ob die vorgenannten Überlegungen nicht in einem gewissen Widerspruch stehen zur zurückhaltenden Bewertung einer Kulturquote, wie sie in den vorangehenden Abschnitten entfaltet wurde, insbesondere mit Blick auf die planungsmäßig bedingten unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Gemeinden im Kulturbetrieb. Insbesondere die vorgenannte absolute Obergrenze – keine Erhöhung 31 der Ausgaben in Krisenzeiten – kann aber sicherstellen, dass den dort angeführten Gesichtspunkten ausreichend Rechnung getragen wird. 5. Praktische Konsequenzen Schließlich ist zu fragen, ob die Kulturquote, wie sie hier angesprochen wird, überhaupt ihr Ziel erreichen kann. Eine Einführung ist ja in das Ermessen der Kommune gestellt, und damit wird die Entscheidung rechtlich – auch durch die Rechtsaufsicht – überprüfbar. Damit wird sie jedoch nicht wertlos. Das Ermessen darf ja nur anhand rechtlicher Maßstäbe kontrolliert werden, und die hier erwogene Regelung führt ja gerade dazu, dass es der Gesetzgeber der Kommune freistellt, in den dargestellten Grenzen weiter Kulturförderung zu betreiben. Eine solche Entscheidung ist dann mit Blick auf die Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung nicht ermessensfehlerhaft. Sie wäre es aber, wenn etwa im Einzelfall Maßnahmen fortgeführt werden sollen, die ersichtlich keinen praktischen Erfolg erreichen oder mit denen sonstwie vorrangig bestimmte Partikularinteressen, etwa Belange des Betreibers einer Einrichtung, bedient werden sollen. 6. Formulierungsvorschlag Um die vorstehenden Überlegungen umzusetzen, wäre es denkbar, eine entsprechende Änderung der Kommunalverfassung vorzusehen. Vorgeschlagen wird, § 43 Abs. 6 der Kommunalverfassung, der Regelung zum materiellen Gehalt eines Haushaltssicherungskonzepts, um folgende zwei Sätze zu ergänzen: „In einem solchen Konzept kann vorgesehen werden, dass ein bestimmter Anteil der Ausgaben Zwecken im Sinne des Artikels 16 der Landesverfassung vorbehalten bleibt. Dieser Anteil muss auf das beschränkt bleiben, was erforderlich ist, um die Aufgaben zu erfüllen, die im Rahmen der vorgenannten Zwecke auch zuvor von der Gemeinde erfüllt wurden. Zudem darf er folgende Prozentsätze der Ausgaben nicht überschreiten: a) bei kreisfreien Gemeinden x %, b) bei Gemeinden, die planungsrechtlich als Oberzentren ausgewiesen sind, y %, c) im Übrigen z %.“ Soll mit Blick auf die Landkreise ein von z abweichender Prozentsatz festgesetzt werden, wäre dann in § 120 folgender Absatz 4 anzufügen: § 43 Abs. 6 gilt mit der Maßgabe, dass die Obergrenze im Sinne des dortigen Satzes 3 zz % bilden. Der erste Satz verankert und legitimiert, auch im Verhältnis zur Rechtsaufsicht, die Möglichkeit einer Kulturquote. Mit den Sätzen 2 und 3 werden die unter 5. entwickelten Grenzen entfaltet. Ob letztlich alle diese Differenzierungen aufgegriffen werden oder andere vorgenommen werden, ist im Rahmen der politischen Diskussion zu 32 entscheiden. Bei der Frage, wie der Status quo zu definieren ist, den die Gemeinde nicht überschreiten darf, wird hier der offene Rechtsbegriff „zuvor“ verwendet, um die Rechtspraxis angemessene Spielräume zur Konkretisierung zu belassen. Selbstverständlich ist es möglich, zur Vergrößerung der Rechtssicherheit stattdessen einen klar definierten Zeitraum festzulegen. Dann wäre etwa statt „auch zuvor“ „innerhalb der letzten drei Jahre“ oder ähnlich zu formulieren. VIII. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich zwar für das Land, die Gemeinden und die Kreise aus Art. 16 der Landesverfassung eine Pflicht zur Kulturförderung ableiten lässt. Die Konkretisierung dieses Auftrages ist jedoch zunächst einmal Sache der jeweils dort angesprochenen Körperschaften selbst. Die Vorstellung, dieses Ziel durch Festlegung einer fixen Kulturquote präziser fassen zu können, ist wegen der unterschiedlichen Rolle der verschiedenen Adressaten im Förderkontext rechtlich nicht tragfähig. Und auch wenn natürlich selbst die Landesverfassung geändert werden kann, bleiben doch bestimmte Eckdaten: Die Kommunalautonomie ist auch nach Art. 28 GG garantiert, und das Konnexitätsprinzip ist mittlerweile bundesweit Standard und von daher auch politisch nicht in Frage zu stellen. Von daher kann auf diesem Weg nicht bewirkt werden. Unproblematisch dürfte es hingegen sein, relativ weiche Instrumente eizusetzen. Konkret können Gemeinde und Kreise zu Berichten über ihre Fördertätigkeit veranlasst werden und diese Berichte, sofern sich die Fördertätigkeit angesichts der Möglichkeiten der Körperschaft und deren Rolle im Rahmen einer sachgerechten Kulturförderung ein ausgesprochen bescheidenes Resultat offenbaren, zum Anlass zu Gesprächen über eine Verbesserung der Fördertätigkeit zu nehmen. Zum anderen kann man prüfen, die Kreise zu einer verstärkten Koordination der gemeindlichen Kulturarbeit zu veranlassen, also eine entsprechende gesetzliche Regelung im Sinne des sächsischen Kulturraumgesetzes vorzusehen; auch das Land selbst kann entsprechende Initiativen verstärken und insoweit seine Fördermittel einsetzen. Denkbar, wenn auch nicht völlig ohne rechtlichen Risiken ist es, nach Thüringer Vorbild die Einhaltung einer „Kulturquote“ bei Fördermaßnahmen kommunaler Projekte zur Voraussetzung zu machen. Möglich ist auch die Einführung einer gesetzlichen Grundlage für die eigenverantwortliche Festlegung krisenfesten Kulturquote durch eine kommunale Körperschaft. Voraussetzung ist, dass sich diese Quote in der Höhe als sachgerecht erweist, und dass sie absolut gesehen im Kern auf die Realisierung der Aufgaben beschränkt wird, die vor Eintritt des Krisenfalls (Haushaltssicherungskonzept) erfüllt wurden. 33 IX. Thesen 1. Aus der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) lässt sich unstreitig ableiten, dass Kunstförderung „kunstgerecht“ erfolgen muss, der Staat also nicht einseitig bestimmte Richtungen unterstützen, sondern insgesamt nur nach im Sinne des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) sachgerechten Kriterien tätig werden darf. Eine weitergehende Pflicht, etwa zur Sicherung eines „kulturellen Existenzminimums“ ist diskutabel, führt aber wenn, dann zu einer Verpflichtung des Landes und begründet in der Sache keine weitergehenden Verpflichtungen als Art. 16 LV (→ These 2). 2. Aus Art. 16 LV begründet zwar eine Verpflichtung der dort genannten Hoheitsträger zur Kulturförderung. Deren konkrete Höhe zu bestimmen ist aber Sache des einzelnen Hoheitsträgers; für kommunale Körperschaften kommt insoweit Art. 72 LV hinzu. Gegen eine Ableitung pauschaler Kulturquoten sprechen zudem die unterschiedlichen, teils historisch entstandenen, zumindest aber auch planungsrechtlich vorgegebenen Funktionen der verschiedenen Körperschaften im Kulturleben. 3. Die kommunalrechtliche Qualifikation der Kulturförderung als freiwillige Aufgabe steht zu Art. 16 LV in einem gewissen Spannungsverhältnis und lässt sich nur mit Blick auf die Freiheit der Kommunen erklären, Art und Ausmaß der Förderung selbst zu bestimmen. Im Lichte von Art. 16 LV sind daher jedoch problemlos möglich rechtsaufsichtliche Nachfragen etc. dazu, wie eine Kommune die dort verankerte Pflicht erfüllt. 4. Gegen eine gesetzliche Begründung von Kulturquoten sprechen die gleichen Gründe, die auch gegen die Ableitung einer Kulturquote unmittelbar aus Art. 16 LV sprechen. Zudem ist auf die prinzipielle Bedenken, nicht zuletzt des LVerfG, hinzuweisen, den notwendigen Umfang des Aufwandes für bestimmte Aufgaben mit Hilfe von Quoten zu bestimmen. Und selbst differenzierende Quoten lösen zumindest die Konnexitätspflicht aus (Art. 72 Abs. 3 LV). Dagegen dürfte es zulässig sein, die finanzielle Unterstützung kommunaler Kulturpolitik durch das Land von der Beachtung einer Kulturquote abhängig zu machen, auch wenn die vorgenannten Gründe insoweit ein gewisses rechtliches Risiko begründen. Auf kommunaler Ebene spricht das Haushaltsrecht gegen die Festlegung einer verbindlichen Kulturquote. 5. Im Fall von Haushaltsnotlagen können bestehende laufende (Förder-)aktivitäten einer Kommune fortgeführt werden. 6. Es ist möglich, durch eine Änderung der Kommunalverfassung den Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzepts die Beachtung einer Kulturquote vorzusehen. Dagegen sprechen insbesondere dann keine Bedenken, wenn sich diese auf einen angemessenen Anteil des Haushalts und zudem auf den Erhalt des Status quo beschränkt. 34 Anhang: Literaturverzeichnis: v. Arnauld, Andreas, Freiheit der Kunst, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts VII, 3. Aufl. 2009, § 167. Brocker, Lars/Droege, Michael/Jutzi, Siegfried (Hrsg.), Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014. Classen, Claus Dieter/Litten, Rainer/Wallerath, Maximilian (Hrsg.), Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Aufl. 2016. Darsow, Thomas/Gentner, Sabine/Glaser, Klaus Michael/Meyer, Hubert (Hrsg.), Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg- Vorpommern, 4. Aufl. 2014. Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 3. Aufl. 2013. 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