Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4862 6. Wahlperiode 23.12.2015 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm, Fraktion DIE LINKE Strukturveränderungen an den Krankenhäusern Anklam und Wolgast und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Krankenhausplanung ist ein kontinuierlicher Prozess, der veränderlichen Rahmenbedingungen unterliegt und stets im Spannungsfeld zwischen den Notwendigkeiten der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung, der dauerhaften Sicherstellung der medizinischen Qualität und der wirtschaftlichen Leistungserbringung steht. Dies ist bereits jetzt in vielen Fällen nur durch Konzentration und zwischen einzelnen Krankenhäusern abgestimmten Leistungsschwerpunkten erreichbar. Jenseits der Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit ergibt nur eine ausreichend hohe Fallzahl dem behandelnden Arzt und dem Team, man denke an Operationen, das erforderliche Training und ermöglicht den Erhalt der Expertise. Die Situation der Kindermedizin in ländlichen Gebieten wird schon seit Jahren zunehmend schwieriger, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. Die Region um Anklam und Wolgast bekommt dies bereits besonders deutlich zu spüren. Durch die rückläufigen Kinderzahlen und bessere Möglichkeiten der ambulanten Medizin verzeichnen wir landesweit einen Fallzahlrückgang in den Kinderabteilungen der Krankenhäuser. Ähnliches trifft für die Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald gibt es derzeit in Pasewalk, Anklam, Wolgast und Greifswald Krankenhäuser mit einer Fachabteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Kinderheilkunde. In keinem Landkreis in Mecklenburg- Vorpommern werden mehr Betten pro 10.000 Einwohner vorgehalten als hier. Und in keinem Landkreis werden pro Bett weniger Kinder geboren als im Landkreis Vorpommern- Greifswald. Dies zeigt einerseits die gute medizinische Infrastruktur im Landkreis, andererseits aber auch den Handlungsbedarf für die Neuordnung der Geburtshilfe und Pädiatrie. Drucksache 6/4862 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Nach der Vorstellung der Eckpunkte für die medizinische Versorgung in Vorpommern-Greifswald durch das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales am 3. November 2015 bleiben einige Fragen offen. 1. Welche sind die Gründe für die Strukturentscheidung, die Pädiatrie sowie die Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Kreiskrankenhauses Wolgast an das AMEOS Klinikum Anklam zu verlagern? Die Landesregierung tritt für eine qualitativ hochwertige und gut erreichbare medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger ein, und selbstverständlich muss das im besonderen Maße für Kinder und werdende Eltern gelten. Durch die in der Vorbemerkung geschilderte Entwicklung ist jedoch festzustellen, dass es aufgrund eines rückläufigen Leistungsgeschehens und gleichzeitigem Fachkräftemangel dauerhaft nicht möglich sein wird, alle Angebote in der derzeit vorhandenen Form aufrechtzuerhalten. Durch die Schwierigkeiten bei der Fortführung der Außenstelle der Kinderabteilung der Universitätsmedizin Greifswald am Klinikum in Anklam, die 2015 spürbar wurden, ist jedoch auch die Fortführung der Geburtshilfe dort gefährdet und damit der Krankenhausstandort insgesamt. Unterdessen hatte das Krankenhaus Wolgast hier angezeigt, dass die beiden Abteilungen Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Kinderheilkunde in der bisherigen Form künftig nicht mehr qualitätsgerecht und wirtschaftlich zu führen sein werden. Die Krankenkassen haben sich aufgrund der Auslastungszahlen einerseits und der Empfehlungen von Fachgutachten andererseits dafür ausgesprochen, ein regionales Konzept mit einer Arbeitsteilung zwischen den Krankenhäusern zu entwickeln. 2. Welche Gründe sprechen für die Entscheidung, die Geriatrie am Krankenhaus Wolgast auszubauen? Das Kreiskrankenhaus Wolgast betreibt seit Jahren den Ausbau der Geriatrie. Somit ist die Entscheidung der Krankenhausleitung, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Situation, folgerichtig, diesen Weg weiter zu verfolgen und sich als altersmedizinisches Zentrum aufzustellen. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden die alterskorrelierten Erkrankungen zunehmen. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald wird sich die Zahl der Altersgruppe „75 und älter“ von 29.023 am 31.12.2014 auf circa 30.200 im Jahre 2030 erhöhen. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung steigt im selben Zeitraum von 12,2 % auf 13,5 %. Wolgast hatte bereits am 31.12.2014 mit 13,5 % (1.657 Menschen) einen deutlich höheren Anteil in dieser Altersgruppe als der Landkreis. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4862 3 3. Welche Fakten stehen hinter der Einschätzung des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales, dass sich das Krankenhaus Wolgast in den vergangenen Jahren einen guten Ruf bei der geriatrischen Versorgung erworben hat? Bei Einhaltung der Standards gemäß Prozedurenschlüssel - OPS 8-550 - dürfen Krankenhäuser Leistungen der geriatrischen Komplexbehandlung erbringen. Derzeit gibt es 13 Einrichtungen , die die geriatrische Versorgung sowohl vollstationär als auch teilstationär in Mecklenburg-Vorpommer abdecken. Dazu gehört auch das Kreiskrankenhaus Wolgast. Das Krankenhaus betreibt in der Inneren Medizin eine geriatrische Station und vereinbart seit 2012 mit den Kostenträgern die geriatrische Komplexbehandlung. Nach eigener Aussage des Krankenhausträgers und Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer ist die geriatrische Station am Kreiskrankenhaus Wolgast gut ausgelastet. Auch die Auswertung der DRG-Daten (DRG = Diagnosis Related Groups) nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) bestätigen, dass die Behandlungsfälle von Jahr zu Jahr zunehmen. Jahr Fälle 2012 63 2013 216 2014 289 4. Wie schätzt die Landesregierung die Aussichten auf Akzeptanz der neuen Struktur durch die Träger und die Beschäftigten der beiden Krankenhäuser ein? Die Landesregierung geht davon aus, dass die Zusammenführung von Versorgungsleistungen der Fachgebiete Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Kinderheilkunde am Standort Anklam und der Ausbau der Geriatrie und der Notaufnahme am Standort Wolgast zu einem verbesserten medizinischen Behandlungsangebot führen wird. Die neuen Strukturen sind von den Krankenhausträgern gewollt und sind von ihnen gemeinsam mit den Beschäftigten zu entwickeln.