Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 4. Januar 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4866 6. Wahlperiode 04.01.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Beate Schlupp, Fraktion der CDU Nährstoffausträge aus Moorkörpern ins Grundwasser oder in Oberflächengewässer und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Intakte Moore sind wichtige Kohlenstoff- und Stickstoffspeicher, in denen dauerhaft Kohlenstoff festgelegt und Nitrat abgebaut wird. Mecklenburg-Vorpommern ist mit rund 300.000 Hektar (= rund 12,6 Prozent der gesamten Landesfläche) eines der moorreichsten Bundesländer. Davon sind rund 81 Prozent stark entwässert und nur rund 4,5 Prozent renaturiert (siehe Statistisches Datenblatt 2015 unter http://www.regierung-mv.de/ Landesregierung/lm/Service/Publikationen?id=10017&processor=veroeff). 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Nährstoffausträge aus wiedervernässten Moorkörpern ins Grundwasser bzw. in Oberflächengewässer vor? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nicht, sind Untersuchungen in diese Richtung geplant? 2. Inwieweit trifft es zu, dass aufgrund jüngster Messungen, insbesondere im Bereich von wiedervernässten Mooren, erhöhte Phosphat- und Nitratbelastungen zu verzeichnen waren? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 6/4866 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Nährstoffströme infolge der Entwässerung und auch der Wiedervernässung von Mooren sind wissenschaftlich intensiv untersucht. Danach liegen keine Erkenntnisse über erhöhte beziehungsweise kritische Nährstoffausträge (Phosphat, Nitrat) aus wiedervernässten Mooren ins Grundwasser oder in Oberflächengewässer vor. Tatsächlich werden aus hochzersetzten Torfen als Folge jahrzehntelanger Trockenlegung nach einer Wiedervernässung zunächst unter Sauerstoffmangel (anaerobe Bedingungen) erhebliche Phosphatmengen in das Bodenwasser freigesetzt. Ein Austrag in angrenzende Oberflächengewässer erfolgt dagegen nicht, da gleichzeitig große Mengen an Eisen freigesetzt werden, das das freigesetzte Phosphat als Eisenphosphat bindet. Dieser Prozess wird auch technisch bei der Abwasserbehandlung zur Phosphateliminierung genutzt (3. Reinigungsstufe). Nur bei selten auftretenden ungünstigen geochemischen molaren Eisen/Phosphor-Verhältnissen <10 (bezogen auf die Eisen- und Phosphor-Gesamtkonzentrationen im Torf) besteht die Möglichkeit erhöhter Phosphatausträge in angrenzende Oberflächengewässer. Da die Vorfluter im Land jedoch häufig selbst erhöhte Phosphatkonzentrationen aufweisen, sind selbst unter den oben genannten Extrembedingungen keine messbaren Phosphatkonzentrationserhöhungen zu erwarten. Ein Eindringen von phosphatbelastetem Moorporenwasser (also aus den wiedervernässten Mooren) in das Grundwasser ist unter den klimatischen Bedingungen des nordostdeutschen Tieflandes auszuschließen. Die Niedermoore des Landes sind Grundwasser gespeist und verdunsten mehr Wasser als sie durch Niederschlag erhalten. Das heißt, die Fließrichtung des Grundwassers geht zum Moor und nicht umgekehrt. Nur im Fall von Hochmooren ist ein Austrag in das Grundwasser vorstellbar. Solche Fälle sind aus Mecklenburg-Vorpommern jedoch nicht bekannt. Nitratausträge sind nur aus entwässerten Mooren bekannt. Aufgrund der anaeroben (sauerstofffreien ) Verhältnisse wird Nitrat in wiedervernässten (und naturnahen) Mooren abgebaut (Denitrifikation). Auch aus dem anströmenden nitratreichen Grundwasser wird in wachsenden , naturnahen und in wiedervernässten Mooren Nitrat effizient abgebaut, wodurch das belastete Grund- oder Dränwasser gereinigt wird („Nierenfunktion“ der Moore in der Landschaft ). Umfangreiche Untersuchungen zu dieser Gesamtproblematik wurden im Rahmen von Moorschutzprojekten (Peenetal: 2004 - 2008; Kleiner Landgraben: 2000 - 2012) finanziert. Im Peenetal erfolgten darüber hinaus durch das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) punktuelle Untersuchungen kontinuierlich bis 2015. Diese Langzeituntersuchungen bestätigen die oben gemachten Aussagen. Die Ergebnisse sind nachzulesen in: - Gelbrecht, J., Zak, D. & Augustin, J. (Eds.)(2008): Phosphor- und Kohlenstoff-Dynamik und Vegetationsentwicklung in wiedervernässten Mooren des Peenetals in Mecklenburg- Vorpommern: Status, Steuergrößen und Handlungsmöglichkeiten. Berichte des IGB 26: 190 S. - Gelbrecht, J., Zak, D. & Rossoll, T. (2006): Saisonale Nährstoffdynamik und Phosphorrückhalt in wiedervernässten Mooren des Peenetales (Mecklenburg-Vorpommern) - Archiv für Naturschutz und Landschaftsforschung 45, 1: 3 - 21. - Zak, D., Cabezas, A., Rudnick, S., Hallermann, J. & Gelbrecht, J. (2012): Einfluss einer potenziellen Flachabtorfung auf den Nitratrückhalt und die Phosphorfreisetzung in wiedervernässten Niedermooren - dargestellt am Beispiel des Kleinen Landgrabentals (Mecklenburg-Vorpommern) - Telma 42: 143 - 164. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4866 3 Ergänzend wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/1764 vom 21.05.2013 verwiesen, in der auch bereits auf die Nährstoffausträge aus genutzten und vernässten Mooren eingegangen wurde. 3. An welchen Messstellen des Landes (bitte einzeln aufführen) ist von einer erhöhten bzw. signifikanten Belastung mit Nährstoffen auszugehen ? Da eine Beeinflussung von Oberflächengewässern durch Phosphate oder Nitrate infolge Moorwiedervernässungen nicht bekannt und auch nicht zu erwarten ist, wurden mit Ausnahme der oben genannten Untersuchungen keine Messstellen eingerichtet. Aus dem gleichen Grund existieren im Landesmessnetz keine Dauermessstellen, die speziell der Nährstoffbilanzierung aus wiedervernässten Mooren dienen.