Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. November 2011 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/49 6. Wahlperiode 03.11.2011 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Fritz Tack, Fraktion DIE LINKE Chronischer Botulismus und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche Gefährdungen gehen nach Ansicht der Landesregierung von den infolge der Extremwetterereignisse überschwemmten Grünlandflächen bezüglich der Chlostridien, die das Chlostridium-Botulinum Toxin bilden können, aus? Clostridium (Cl.) botulinum kommt natürlicherweise im Boden vor. Es kann u. a. durch Verunreinigungen bei der Futterernte in die Futterkette gelangen. Eine Auskeimung der Sporen, d. h. Vermehrung, und die damit verbundene Toxinproduktion kann erst unter sehr sauerstoffarmen und wenig sauren Bedingungen erfolgen. Dazu benötigt das Cl. botulinum Eiweiß, vorrangig tierisches, aber auch pflanzliches Eiweiß. Solche Bedingungen sind grundsätzlich gegeben in mit der Erntetechnik aufgenommenen Tierkadavern (zum Beispiel von Wild, Nagetieren) oder in Silagen mit einem hohen Trockensubstanzgehalt (Anwelksilagen , Ballensilagen), in Leguminosensilagen bzw. in Silagen mit einem hohen Schmutzanteil. Bei überschwemmten Grünlandgebieten besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die proteolytischen (eiweißzersetzenden) Clostridien günstige Bedingungen für ihre Vermehrung und damit für die Toxinproduktion vorfinden. Eine Gefährdung besteht dann, wenn das solcherart mit Toxin kontaminierte Futter in die Futterkette von Wiederkäuern und Pferden gelangt. Drucksache 6/49 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Vorkehrungen wurden getroffen und welche Empfehlungen gibt es an die betroffenen Landwirte, um gegebenenfalls eine Infektion von Nutztieren zu verhindern? a) Wie viele Landwirtschaftsbetriebe in welcher Region werden als gefährdet angesehen? b) Wie ist die Anzahl der gefährdeten Tiere? Die Fragen 2, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Als potentiell gefährdete Gebiete sind vor allem die zeitweise überschwemmten Flussniederungen anzusehen. Die konkrete Gefährdungslage von Einzelflächen wird jedoch durch sehr viele verschiedene äußere Faktoren beeinflusst. Seitens der Landesregierung wurde ein Monitoring durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass die Belastung der Futterproben mit Clostridien sehr unterschiedlich ist und zirka 2/3 der Proben praktisch frei von Belastungen waren. Das zeigt, dass die Kontamination mit Clostridien, aber auch mit anderen Bakterien, nicht direkt mit dem Überflutungsgeschehen korrelierbar ist. Insofern lassen sich aus den Angaben über die regionale Verteilung der überschwemmten Flächen in Verbindung mit der Anzahl der dort wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebe und der von ihnen gehaltenen Tiere keine konkreten Angaben über die Anzahl der tatsächlich gefährdeten Betriebe und Tiere ableiten. Vom Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) wurden in Abstimmung mit dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (LU), der Landwirtschaftsberatung Mecklenburg-Vorpommern/Schleswig-Holstein GmbH (LMS) und der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MecklenburgVorpommern (LFA) Empfehlungen zum Umgang mit den betroffenen Grünlandflächen und den Konsequenzen für die Futterproduktion erarbeitet. Diese wurden in der Presse bzw. auf den Internet-Seiten der beteiligten Landeseinrichtungen veröffentlicht, u. a. im Merkblatt des LALLF vom 25.08.2011, „Grünlandbewirtschaftung auf überschwemmten Nutzflächen unter Berücksichtigung tiergesundheitlicher Risiken“ (www.lallf.de/fileadmin/media/PDF/Veroeffentlichungen/Faltblaetter/2011-09-09GLnachHochw.pdf). Gleichzeitig wird im Rahmen der laufenden Öffentlichkeitsarbeit an die Landwirte appelliert, im Zweifelsfall Angebote der Beratung anzunehmen und zuständige Einrichtungen zu kontaktieren. Des Weiteren wird empfohlen, für eventuelle Problemfälle Beprobungen vorzunehmen und die Möglichkeiten der Futtermittelanalytik stärker zu nutzen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/49 3 3. Welche Maßnahmen sind nach Ansicht der Landesregierung erforder- lich, um von den betroffenen Flächen zukünftig wieder risikolos Futter zu gewinnen? a) Welche Unterstützung wird die Landesregierung in welcher Form und Höhe geben? b) Welchen Zeitrahmen sieht die Landesregierung bis zur gefahrlosen Wiedernutzung der betroffenen Flächen? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Zunächst sind die Landwirte gefordert, die Hinweise zur guten fachlichen Praxis zu beachten. Die Maßnahmen zur Vermeidung einer möglichen Gefährdung durch das Botulinumtoxin bzw. die Infektion mit Cl. botulinum reichen je nach örtlichen Gegebenheiten, Bewirtschaftungsweise und Dauer der Überschwemmungen von vorsichtiger Futtergewinnung über die Beseitigung des diesjährigen Aufwuchses bis zur Neuanlage von Grünlandflächen. Die jeweils vor Ort erforderlichen Maßnahmen bestimmen insofern auch den Zeitraum bis zur gefahrlosen Wiedernutzung der betroffenen Flächen. Hinsichtlich der Unterstützung der Landesregierung wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/33 verwiesen. 4. Welche neuen Erkenntnisse über das Krankheitsbild des sogenannten „chronischen oder viszeralen Botulismus“ wurden seit Beantwortung der Kleinen Anfrage 5/4159 der Abgeordneten Birgit Schwebs gewonnen und wie werden diese ggf. umgesetzt? a) Wie viele Fälle des sogenannten „chronischen oder viszeralen Botulismus“ gibt es seit 2010 in Mecklenburg- Vorpommern? b) Welche regionalen Schwerpunkte sind dabei zu erkennen? Die Fragen 4, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Neue Erkenntnisse über das Krankheitsbild des sogenannten „chronischen oder viszeralen Botulismus“ wurden seit Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Drucksache 5/4159 nicht gewonnen. Eine Beteiligung von Cl. botulinum und dessen Toxinen an diesem Krankheitsbild ist weiterhin wissenschaftlich nicht gesichert. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestags-Drucksache 17/6542 vom 08.07.2011 gibt umfangreich Auskunft über den aktuellen Stand. Bezüglich der aktuellen Situation hinsichtlich dieser Faktorenerkrankung beim Rind in Mecklenburg-Vorpommern wird auf die gemeinsam vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz und dem Rindergesundheitsdienst der Tierseuchenkasse herausgegebene Sachstandsdarstellung vom 29.08.2011 verwiesen, die unter www.lallf.de oder www.tskmv.de eingestellt wurde. Drucksache 6/49 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Seit 2010 wurde in Mecklenburg-Vorpommern in einem Rinder haltenden Betrieb ein Erkrankungsgeschehen festgestellt, das dem Symptomenkomplex dieser Faktorenerkrankung zugeordnet werden kann. Im Jahr 2011 gelangte bislang kein derartiges Erkrankungsgeschehen zur Kenntnis. Regionale Schwerpunkte sind daraus nicht ableitbar.