Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 4. Januar 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4906 6. Wahlperiode 04.01.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Vereinen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das deutsche Recht kennt keine formelle Anerkennung oder Aberkennung des Gemeinnützigkeitsstatus . Beim Gemeinnützigkeitsrecht handelt es sich um eine Steuerbegünstigung, die gewährt wird, wenn eine Körperschaft sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung bestimmte im Gesetz vorgegebene steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Häufig handelt es sich bei diesen Körperschaften um Vereine. Sind die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt, stellt das Finanzamt die „Satzungsmäßigkeit“ per Bescheid gesondert fest. Im späteren Steuerfestsetzungsverfahren prüft das Finanzamt, ob auch die tatsächliche Geschäftsführung den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht und folglich die Steuerbegünstigung gewährt werden kann oder abgelehnt werden muss. In jüngster Zeit häufen sich Mitteilungen von Vereinen, dass deren Gemeinnützigkeit durch die zuständigen Finanzbehörden aberkannt wurde bzw. infrage gestellt wird. 1. Welchen Vereinen wurde durch welche Finanzbehörde mit welcher Begründung die Gemeinnützigkeit in diesem Jahr aberkannt? Die Finanzämter nehmen keine statistische Erfassung über die Anzahl der Steuerveranlagungsfälle vor, in denen die Steuerbegünstigung aufgrund der Gemeinnützigkeit gewährt werden konnte oder sie abgelehnt werden musste. Drucksache 6/4906 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Für die Beantwortung der Anfrage müssten alle etwa 9.000 Steuerakten aus den relevanten Steuernummernkreisen personell gesichtet werden. Die Gründe, aus denen die Gemeinnützigkeit „aberkannt“ worden ist, können sehr vielfältig sein und sich sowohl auf die Satzungsmäßigkeit (formelle Gründe) als auch auf die tatsächliche Geschäftsführung (materielle Gründe) beziehen. Die Sichtung und Auswertung dieser Anzahl von Akten wäre mit einem Verwaltungs- und Zeitaufwand verbunden, der mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht im Einklang stünde. Ungeachtet dessen wäre eine namentliche Benennung der betroffenen Körperschaften aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 30 Abgabenordnung nur dann zulässig, wenn das vorherige Einverständnis der betroffenen Vereine vorliegt. Dieses müsste von den Finanzämtern in jedem einzelnen betroffenen Fall angefragt werden. Eine Benennung der Vereine ohne deren vorheriger Zustimmung würde gegen die Vorschrift des § 30 Abgabenordnung verstoßen, sodass die Landesregierung insoweit nach Artikel 40 Absatz 3 Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern die Beantwortung ablehnen müsste. 2. Wie beurteilt die Landeregierung die Auswirkungen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit auf die Vereinslandschaft in Mecklenburg- Vorpommern? Der Landesregierung sind vereinzelte Presseberichte bekannt, in denen die Finanzämter die Gemeinnützigkeit bei Vereinen in Einzelfällen „aberkannt“ haben oder dies zumindest prüfen. Dennoch kann derzeit nicht von einer generell vermehrten Aktivität der Finanzämter in diese Richtung ausgegangen werden. Die Finanzämter prüfen die Satzung auf Beachtung der formellen Kriterien. Im Falle der Satzungsmäßigkeit erlassen die Finanzämter einen gesonderten Bescheid (siehe Vorbemerkungen ). Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen bei der Körperschaftsteuerveranlagung. Etwaige Satzungsmängel führen jedoch nicht zwingend zu einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Oftmals regen die Finanzämter lediglich klarstellende Satzungsanpassungen an. Falls die Satzungsmäßigkeit nicht anerkannt werden kann oder die tatsächliche Geschäftsführung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, können die Steuerbegünstigungen nicht gewährt werden. Das muss aber nicht ohne Weiteres zu einer Steuerbelastung führen, denn diese erfordert zudem einen gewissen Umfang an wirtschaftlicher beziehungsweise vermögensverwaltender Tätigkeit. Allerdings kann sich die künftige Finanzierung der Körperschaft durch Zuwendungen (Spenden) schwieriger gestalten, da die Berechtigung zur Ausstellung steuerwirksamer Zuwendungs- oder Spendenbestätigungen entfällt. Möglicherweise ergeben sich bei fehlender Gemeinnützigkeit auch Einschränkungen beim Zugang zu öffentlichen Zuschüssen, wenn die Gemeinnützigkeit hierfür Voraussetzung ist. Negative Auswirkungen auf die Vereinslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt sind durch die Umsetzung der bestehenden bundesgesetzlichen Vorgaben nicht zu befürchten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4906 3 3. Sieht die Landesregierung auf Grundlage der gültigen gesetzlichen Regelungen Handlungsspielräume, um einen weitgehenden Einschnitt in die Vereinslandschaft, vor allem im ländlichen Bereich, zu vermeiden , oder sieht die Landesregierung aufgrund der aktuellen Entwicklungen die Notwendigkeit, die gesetzlichen Regelungen zu ändern? Die Gefahr eines „weitgehenden Einschnitts in die Vereinslandschaft, vor allem im ländlichen Bereich“ besteht aus den in der Antwort auf Frage 2 genannten Gründen aus Sicht der Landesregierung nicht. Die Prüfung des Gemeinnützigkeitsstatus ist - wie zu vorstehenden Fragen ausgeführt - nach geltendem Recht Ausfluss des Besteuerungsverfahrens. Sie liegt nicht im Ermessen der Finanzämter. Diese sind vielmehr an geltendes Bundesrecht gebunden. Insoweit besteht auch für die Landesregierung kein Handlungsspielraum. Nach gängiger Verwaltungspraxis gewähren die Finanzämter den betroffenen Körperschaften beziehungsweise Vereinen vor einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit regelmäßig umfassendes rechtliches Gehör. In Zweifelsfällen können die Betroffenen auch jederzeit von sich aus Kontakt mit ihrem Finanzamt aufnehmen. Gesetzlichen Änderungsbedarf sieht die Landesregierung nicht.