Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. Januar 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/4944 6. Wahlperiode 08.01.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Tino Müller, Fraktion der NPD Regionales Raumentwicklungsprogramm Vorpommern, Gerichtsurteile und Windeignungsgebiete unter besonderer Berücksichtigung der WEG 34/2015 und 35/2015 und ANTWORT der Landesregierung Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 1. Juli 2015 (C- 461/13) - konkretisiertes Verschlechterungsverbot auf Grundlage der EU- Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) - zieht eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach sich, ein Vorhaben zu untersagen, das eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann. Bauvorhaben, die zu einer Zustandsverschlechterung von Flüssen, Seen, Bächen oder Grundwasserleitern führen würden, sind demnach auch bei kleineren Eingriffen genau zu prüfen und gegebenenfalls zu untersagen. Hierzu gehören beispielsweise Stoffeinträge in Oberflächen- und Grundwasser . Seitens der Gemeinde Ferdinandshof gibt es bereits seit September 2015 das Bestreben, die Windeignungsgebiete 34/2015 und 35/2015 in der Art zu ändern, dass ein komplett neues Gebiet in der Gemeinde Ferdinandshof als Windeignungsgebiet ausgeschrieben wurde und die WEG 34 und 35/2015 mit Blick auf ihre Größe geändert wurden. Dies wurde der Gemeinde Wilhelmsburg (WEG 35/2015) und der Gemeinde Ferdinandshof vorgestellt und als Tischvorlage zur Beschlussfassung vorgelegt. Aufgrund der Kürze der Zeit zum Termin 16. November 2015 - Ende der Beteiligungsfrist zur 2. Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms - bestand für die Bürger und Einwohner keine Möglichkeit mehr, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Drucksache 6/4944 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Welche Auswirkungen hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az.: BVerwG 4 CN 7.14) auf den Entwurf der Zweiten Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern in Bezug auf die darin enthaltenen Windeignungsgebiete? Auf den Entwurf zur 2. Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern (RREP Vorpommern) und die darin enthaltenen Windeignungsgebiete hat die Entscheidung keine Auswirkungen. 2. Wie soll ein „Wildwuchs“ von Windkraftanlagen bis zum Vorliegen des Raumentwicklungsprogramms verhindert werden, sofern - aufgrund des Urteils - eine erneute Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms erfolgen sollte? Bis zur Verbindlichkeitserklärung der 2. Änderung des RREP Vorpommern sind in der Planungsregion Vorpommern Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Die in Aufstellung befindlichen Ziele der 2. Änderung des RREP Vorpommern müssen als öffentlicher Belang bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen berücksichtigt werden. 3. Wie soll das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 1. Juli 2015 (C-461/13) in Bezug auf den Bau von Windkraftanlagen durchgesetzt und überprüft werden, wobei sich die Frage auch auf die Windeignungsgebiete 34/2015 und 35/2015 - diese liegen inmitten des Niedermoorgebietes Friedländer Große Wiese - und deren Änderungen bezieht? Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei der Errichtung und beim Betrieb von Windenergieanlagen regelmäßig eine Zustandsverschlechterung von Oberflächengewässern und/oder Grundwasser vermeidbar ist. Ergänzend bedarf es einer Einzelfallprüfung des konkreten Planungsvorhabens. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4944 3 4. Wird es in Wilhelmsburg und Ferdinandshof eine erneute Bürgerbeteiligung geben, da aufgrund der Kürze der Zeit zum Termin 16. November 2015 - Ende der Beteiligungsfrist zur 2. Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms - für die Einwohner faktisch keine Möglichkeit mehr bestand, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen (siehe Absatz 2 des Vortextes dieser Anfrage)? a) Wenn ja, wann soll dies geschehen? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu 4, a) und b) Die zweite Öffentlichkeitsbeteiligung zur 2. Änderung des RREP Vorpommern fand im Zeitraum vom 5. August 2015 bis zum 16. November 2015 statt. Der Auslegungszeitraum ist nach den gesetzlichen Vorschriften ausreichend. Die Entscheidung über die Durchführung einer weiteren, dritten, Öffentlichkeitsbeteiligung, obliegt dem Regionalen Planungsverband Vorpommern und kann erst nach Auswertung der bisher eingegangenen Stellungnahmen durch diesen getroffen werden. 5. Ist der Landesregierung bekannt, ob das neue WEG der Gemeinde Ferdinandshof auch unter Außerachtlassung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms errichtet werden soll? Wenn ja, a) wie wird dies begründet? b) wann erfolgt hier die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit? Zu 5, a) und b) Gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. August 2015 (4 CN 7.14) ist die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern - RREP VP-LVO - vom 19. August 2010 (GVOBl. M-V S. 453) insoweit unwirksam, als das Ziel in Abschnitt 6.5 Absatz 7 Satz 1 des RREP Vorpommern für verbindlich erklärt worden ist. Insoweit bestehen derzeit keine Ziele der Raumordnung, die bei der Planung von Windenergieanlagen zu berücksichtigen sind. Drucksache 6/4944 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Gibt es zu den besagten WEG naturschutzrechtliche Gutachten? Wenn ja, a) durch wen wurden sie in Auftrag gegeben? b) was genau besagen die Gutachten? c) wo sind die Gutachten abrufbar (bitte mit Autor/en, Titel und gegebenenfalls Abrufmöglichkeit im Internet angeben)? Zu 6, a), b) und c) Gemäß § 4 Absatz 5 des Gesetzes über die Raumordnung und Landesplanung des Landes Mecklenburg-Vorpommern - Landesplanungsgesetz (LPlG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Mai 1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 503), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V S. 323, 324), ist für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Raumentwicklungsprogrammen eine Umweltprüfung vorzunehmen. Der Entwurf des Umweltberichts war auch Gegenstand der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung. Ob im Ergebnis der Auswertung der hierzu eingegangenen Stellungnahmen weitere naturschutzfachliche Untersuchungen zu den geplanten Windeignungsgebieten erforderlich sind, kann derzeit nicht beurteilt werden. Die Entscheidung hierüber trifft der Regionale Planungsverband Vorpommern. 7. Wodurch ist die Diskrepanz des artenschutzrechtlichen Konfliktpotentials in Bezug auf die WEGs 34/2015 und 35/2015 zu erklären, wobei die Frage vor dem Hintergrund erfolgt, dass sich beide Gebiete in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander in der Friedländer Großen Wiese befinden? Eine artenschutzrechtliche Diskrepanz ist für die Landesregierung derzeit nicht erkennbar. Entsprechend dem Entwurf des Umweltberichts befinden sich im weiteren Umkreis der geplanten Windeignungsgebiete Nummer 34/2015 und 35/2015 keine nach europäischem Recht geschützte Gebiete (EU-Vogelschutzgebiete beziehungsweise FFH-Gebiete). Die Entscheidungskompetenz obliegt dem Regionalen Planungsverband Vorpommern. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/4944 5 8. Aus welchen Gründen fand eine Prüfung unter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten für die in Rede stehenden WEG (WEG 34 und 35/201 zzgl. „Kompromissvorschlag“) nicht statt, obgleich doch die Rechtsprechung keinen Zweifel daran lässt, dass Gebiete, die eine herausragende Bedeutung für den Erhalt gefährdeter Vögel haben (hier z. B. IBA-Gebiete - „Important Bird Area“) und/oder die als faktische Vogelschutzgebiete gelten, vom strengen Schutz der europäischen Vogel-Schutz-Richtlinie erfasst werden, was auch auf die Friedländer Große Wiese zutrifft (vgl. dazu Urteile EuGH Az. C-388/05, BVerwG Az. 4 C 1.12, BVerwG Az. 4 CN 3.13B, BVerwG Az. 4 B 27.06, Niedersächsisches OVG Az. 1 L 2153/99, VG Schwerin Az. 2 A 27/09)? Ob durch die geplanten Windeignungsgebiete Nummer 34/2015 und 35/2015 Artenschutzbelange berührt werden, die weitere naturschutzfachliche Untersuchungen erforderlich machen, kann erst nach Auswertung der Stellungnahmen zur zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung beurteilt werden. 9. Wird die Friedländer Große Wiese jetzt und künftig als Windeignungsgebiet ausgeschlossen und naturschutzrechtlich geschützt, da davon auszugehen ist, dass eine Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich nach europäischem Recht rechtswidrig ist (Antwort bitte begründen)? Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die geplante Festlegung von Windeignungsgebieten im Bereich der Friedländer Große Wiese dem Europäischen Recht widerspricht. Die Entscheidung, ob die Planungen zu den Windeignungsgebieten Nummer 34/2015 und 35/2015 fortgesetzt werden, obliegt dem Regionalen Planungsverband Vorpommern.