Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. Januar 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5026 6. Wahlperiode 11.01.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Barbara Borchardt, Fraktion DIE LINKE Situation der Berufsbetreuer in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele Berufsbetreuer gibt es derzeit aufgeschlüsselt nach Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern? Die Gesamtzahl der Berufsbetreuer in Mecklenburg-Vorpommern aufgeschlüsselt nach Landkreisen ist der Landesregierung nicht bekannt. Entsprechende Daten werden in den Geschäftsstatistiken der Justiz nicht erhoben. Die Zahl der Berufsbetreuer ist insbesondere nicht gleichzusetzen mit der in den Geschäftsstatistiken erfassten Anzahl der Betreuungsverfahren . Es können sowohl in einem Betreuungsverfahren mehrere Betreuer als auch ein Betreuer in mehreren Betreuungsverfahren bestellt werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass Berufsbetreuer in mehreren Amtsgerichtsbezirken und damit auch in mehreren Landkreisen parallel tätig werden können. Im Übrigen unterliegen Berufsbetreuer keiner Registrierungspflicht . Drucksache 6/5026 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Ist der Landesregierung bekannt, welche Anforderungen in den jeweiligen Landkreisen hinsichtlich der Qualifikation von Berufsbetreuern gestellt werden? a) Wenn ja, wie sehen diese Anforderungen aufgeschlüsselt nach Landkreisen aus? b) Welche Qualifikationen bringen die Berufsbetreuer in den einzelnen Landkreisen tatsächlich mit? 3. Hält die Landesregierung Mindestanforderungen hinsichtlich der Qualifikation von Berufsbetreuern für erforderlich (wenn ja, wie sehen diese aus)? Zu 2, a), b) und 3 Der Landesregierung liegen keine Angaben dazu vor, welche Anforderungen in den jeweiligen Landkreisen hinsichtlich der Qualifikation von Berufsbetreuern gestellt werden. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bestimmt weder bei Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern noch bei ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern besondere berufliche oder sonstige Qualifikationen. Das Gesetz stellt die Eignung als erforderliches Qualitätsmerkmal für alle Betreuerinnen und Betreuer in den Mittelpunkt. Zum Betreuer bestellt das Betreuungsgericht eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen (§ 1897 Absatz 1 BGB). Die Eignung ist nicht abstrakt zu bestimmen, sondern richtet sich an den Erfordernissen des Einzelfalls aus; demgemäß variieren die Anforderungen an die zu bestellende Person je nach Aufgabenkreis. Soweit eine Person erstmals in dem Bezirk eines Betreuungsgerichts zur Führung einer beruflichen Betreuung vorgesehen ist, soll das Gericht zuvor die zuständige Behörde zur Eignung des auszuwählenden Betreuers und zu den nach § 1 Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG) zu treffenden Feststellungen hören (§ 1897 Absatz 7 Satz 1 BGB). Die Behörde soll die zur Führung der Betreuung vorgesehene Person veranlassen, ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vorzulegen (§ 1897 Absatz 7 Satz 2 BGB). Die für eine Berufsbetreuung vorgesehene Person hat sich über Zahl und Umfang der von ihr berufsmäßig geführten Betreuungen zu erklären (§ 1897 Absatz 8 BGB). Dem Betreuungsgericht ist damit die Möglichkeit eröffnet, von einer Bestellung abzusehen, wenn eine gewisse Anzahl von Betreuungen bereits vorhanden ist. Da sich die Höhe der zu vergütenden Stundensätze für eine beruflich geführte Betreuung am jeweiligen Ausbildungsabschluss als Qualifikationsnachweis bemisst, ist die formale Ausbildung als Mindestqualifikation von Belang. Insoweit wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Die Frage nach den Mindestanforderungen zur Qualifikation von Berufsbetreuern umfasst die Frage nach der Qualität der Aufgabenerfüllung. Neben der formalen Ausbildung sind besondere Fähigkeiten etwa im Umgang mit Menschen und die zu leistende persönliche Betreuung von Bedeutung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5026 3 In diesem Rahmen hat die Betreuungsbehörde die Möglichkeit, ihren auf Erfahrung beruhenden Vorschlag - gemessen an den Erfordernissen des Einzelfalls - an der Vorbildung und der bisherigen Berufsausübung auszurichten. Hierzu trägt auch die mit dem Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörden verbundene Neuregelung bei, wonach diese seit dem 1. Juli 2014 grundsätzlich im Rahmen der Erstbestellung unter anderem zur Frage der Betreuerauswahl zu beteiligen sind (§ 279 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG). Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat nach Ausschreibung im Juli 2015 nunmehr eine rechtstatsächliche Untersuchung zur Qualität der rechtlichen Betreuung in Auftrag gegeben. Die Qualitätsuntersuchung wird unter anderem auch Aspekte der Qualifizierung der Berufsbetreuer einbeziehen. Die Ergebnisse dieser rechtstatsächlichen Untersuchung sind abzuwarten. 4. Wie beurteilt die Landesregierung das aktuelle Vergütungssystem? a) Hält die Landesregierung das dreistufige Vergütungssystem für Berufsbetreuer, bei dem nicht die geleistete Arbeit, sondern die berufliche Vorbildung über die Vergütung entscheidet, für gerecht und angemessen? b) Hält die Landesregierung die aktuelle Anzahl abrechenbarer Stunden von im Mittel 3,2 je Betreuten für noch zeitgemäß? Die Vergütungssätze für Berufsbetreuerinnen und -betreuer sowie hauptamtliche Vereinsbetreuerinnen und -betreuer bemessen sich nach Zeitaufwand und der jeweiligen Ausbildung bundeseinheitlich auf Grundlage des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG). Bei Mittellosigkeit der betreuten Person trägt die Staatskasse die Vergütung. Mit dem Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz sind 2005 Zeitpauschalen abhängig von der Dauer der Betreuung, der Frage der Heimunterbringung und den Vermögensverhältnissen der betreuten Person eingeführt worden. An die Stelle der vormaligen Einzelabrechnung sind erhöhte Stundensätze in drei Stufen als sogenannte Inklusivstundensätze getreten, mittels derer im Wege einer Mischkalkulation der anlässlich der Betreuung entstehende Aufwand - sowie die zum damaligen Zeitpunkt anfallende Umsatzsteuer - pauschal abgegolten wird. Die Umstellung dieser Massenverfahren auf ein pauschales Abrechnungssystem hat sowohl bei den Gerichten, bezogen auf die Vergütungsfestsetzung und die streitigen Verfahren, als auch bei den Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern zu einer erheblichen Abrechnungsvereinfachung beigetragen. Vor diesem Hintergrund hat sich das aktuelle Vergütungssystem bewährt. Drucksache 6/5026 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu a) Das mehrstufige Vergütungssystem für Berufsbetreuer trägt der Diversität in der rechtlichen Betreuung Rechnung. In der höchsten Qualifikationsstufe erhöht sich der Stundensatz auf 44 Euro, wenn die für die Führung der Betreuung nutzbaren Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben werden. Die Mehrzahl aller Berufsbetreuungen wird in dieser Vergütungsstufe abgerechnet. Der Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeit findet in den nach § 5 VBVG nach Dauer der Betreuung, der Vermögenslage des Betreuten und dem Aufenthaltsort des Betreuten (inneroder außerhalb eines Heimes) gestaffelten Stundenansätzen Berücksichtigung. Die zugrunde liegenden Durchschnittswerte beruhen auf der Annahme unterschiedlich zeitintensiver Betreuungsfälle. Zu b) Die Vergütungshöhe und die Stundenansätze sind seit Inkrafttreten des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes im Jahr 2005 unverändert geblieben. Der Inklusivstundensatz bedingt, dass der im Inklusivstundensatz untrennbar enthaltene Umsatzsteueranteil trotz Wegfalls der Umsatzsteuerpflicht ungeschmälert erhalten geblieben ist. Die von den Betreuungsvereinen und den Verbänden der Berufsbetreuerinnen und -betreuer geforderte Anhebung der Vergütung durch den Bundesgesetzgeber bedarf eingehender Prüfung. Die Landesregierung begrüßt es daher, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Rahmen des vorgenannten Forschungsvorhabens zur Qualität in der rechtlichen Betreuung auch eine Überprüfung des Vergütungssystems einbezieht. Dieses Forschungsvorhaben hat am 23. November 2015 begonnen und hat eine Laufzeit von 21 Monaten. Nach Angaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sind erste Erkenntnisse bereits für den Zwischenbericht voraussichtlich Ende November 2016 avisiert. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Einführung einer Berufskammer für Betreuer? Für Berufsbetreuerinnen und -betreuer besteht kein festes Berufsbild. Auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage auf Drs. 6/2103 wird Bezug genommen. In Ermangelung eines Berufsbildes bedarf es auch keiner Berufskammer. Im Übrigen hat sich das System der einzelfallbezogenen Aufsicht im gerichtlichen Betreuungsverfahren bewährt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5026 5 6. Welche Möglichkeiten bestehen auf Landesebene für gesetzliche oder untergesetzliche Reglungen zu Themen der Berufszulassung und Qualitätssicherung bei Berufsbetreuern? Die einzelfallbezogene Eignungsauswahl sowie die obligatorische Beteiligung der Betreuungsbehörden bei der Erstbestellung ermöglichen eine Qualitätssteuerung. Zur Qualitätssicherung tragen aber auch die beruflichen Fortbildungen über die Berufsverbände sowie der im Land Mecklenburg-Vorpommern jährlich stattfindende Betreuungstag bei. Mit der Qualitätssicherung im weiteren Sinne - insbesondere mit Blick auf den Erforderlichkeitsgrundsatz und das System vorhandener Hilfen - befasst sich ein weiteres, parallel laufendes Forschungsvorhaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Die Landesregierung wird dieses Forschungsvorhaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz konstruktiv begleiten.