Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. März 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5175 6. Wahlperiode 08.03.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm und Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Einsatz und Situation von Notärzten in M-V und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Aufgaben des Rettungsdienstes liegen in kommunaler Trägerschaft, sodass der Landesregierung keine kreisbezogenen Informationen zum Einsatz und zur Beschäftigung von Notärzten und Notärztinnen vorliegen. Die Landesregierung hat die Träger des Rettungsdienstes um Auskunft gebeten. Die nachfolgend aufgeführten Angaben zu den Notärzten und Notärztinnen beruhen auf den mitgeteilten Daten. Seit einem Jahr gibt es in Mecklenburg-Vorpommern das neue Rettungsdienstgesetz und seit einigen Monaten das Urteil des Landessozialgerichts , wonach nur noch sozialversicherungspflichtig beschäftigte Notärzte im Rettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz kommen sollen. 1. Wie oft kamen Notärzte in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2015 zum Einsatz (bitte insgesamt sowie je Landkreis und kreisfreier Stadt sowie Einsätze je 1.000 Einwohner angeben)? Durch die Gebietskörperschaften ergingen die nachstehenden Informationen zur Häufigkeit der Einsätze der Notärzte und Notärztinnen im Jahr 2015: Drucksache 6/5175 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Landkreis Ludwigslust-Parchim 8.832 Einsätze = 40 Einsätze je 1.000 Einwohner (EW) Landkreis Nordwestmecklenburg 7.500 - 8.000 Einsätze = 51,6 Einsätze je 1.000 EW Landkreis Rostock keine Angaben Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 30.179 Einsätze = 115 Einsätze je 1.000 EW Landkreis Vorpommern-Rügen 12.663 Einsätze = 55 Einsätze je 1.000 EW Landkreis Vorpommern-Greifswald 12.663 Einsätze = 55 Einsätze je 1.000 EW Landeshauptstadt Schwerin 4.611 Einsätze = 50 Einsätze je 1.000 EW Hansestadt Rostock 8.523 Einsätze = 41,8 Einsätze je 1.000 EW 2. Wie viele Notärzte kamen im Jahr 2015 in Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz (bitte für das Land insgesamt sowie je Landkreis und kreisfreier Stadt sowie geschlechterbezogen darstellen)? Durch die Gebietskörperschaften ergingen die nachstehenden Informationen zur Anzahl der Notärzte und Notärztinnen im Jahr 2015: Landkreis Ludwigslust-Parchim 92 Notärzte und Notärztinnen Landkreis Nordwestmecklenburg keine Angaben Landkreis Rostock keine Angaben Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 147 Notärzte und 35 Notärztinnen Landkreis Vorpommern-Rügen 87 Notärzte und Notärztinnen Landkreis Vorpommern-Greifswald keine Angaben Landeshauptstadt Schwerin Angestellt: 27 Notärzte und 9 Notärztinnen Nebentätigkeit: 6 Notärzte Honorarbasis: 17 Notärzte und 2 Notärztinnen Hansestadt Rostock 54 Notärzte und 27 Notärztinnen 3. Wie lange dauerten die Einsätze der Notärzte in Mecklenburg- Vorpommern im Jahr 2015 maximal, minimal und durchschnittlich (bitte für das Land insgesamt sowie je Landkreis und kreisfreier Stadt darstellen)? Durch die Gebietskörperschaften ergingen die nachstehenden Informationen zur Dauer der Einsätze der Notärzte und Notärztinnen im Jahr 2015: Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5175 3 Landkreis Ludwigslust-Parchim keine Angaben Landkreis Nordwestmecklenburg keine Angaben Landkreis Rostock keine Angaben Landkreis Mecklenburgische Seenplatte minimal 12 Minuten, maximal 346 Minuten, durchschnittlich 60,2 Minuten Landkreis Vorpommern-Rügen durchschnittlich 62,25 Minuten Landkreis Vorpommern-Greifswald minimal ca. 12 Minuten, maximal bis zu ca. 180 Minuten, durchschnittlich ca. 70 Minuten Landeshauptstadt Schwerin minimal 10 Minuten, maximal 210 Minuten, durchschnittlich 50 Minuten Hansestadt Rostock durchschnittlich 57,19 Minuten, maximal 467 Minuten 4. Wie viele der im Jahr 2015 eingesetzten Notärzte in Mecklenburg- Vorpommern hatten in der Haupttätigkeit ein Beschäftigungsverhältnis in einem Krankenhaus? Die Gebietskörperschaften machten hierzu unterschiedliche Angaben: Landkreis Ludwigslust-Parchim keine Angaben Landkreis Nordwestmecklenburg keine Angaben Landkreis Rostock keine Angaben Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 60 Notärzte und Notärztinnen Landkreis Vorpommern-Rügen 28 Notärzte und Notärztinnen sind im Krankenhaus beschäftigt (Notarztdienst in Nebentätigkeit). Landkreis Vorpommern-Greifswald keine Angaben Landeshauptstadt Schwerin 40 Notärzte und Notärztinnen Hansestadt Rostock 75 Notärzte und Notärztinnen 5. Welche sonstigen (freien) Träger hatten im Jahr 2015 in Mecklenburg-Vorpommern mit wie vielen Ärzten Honorarverträge zur Absicherung der Notarzteinsätze? Die Gebietskörperschaften machten hierzu unterschiedliche Angaben: Drucksache 6/5175 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Landkreis Ludwigslust-Parchim DRK Rettungsdienst Parchim Ludwigslust gGmbH mit schwankendem Anteil der Honorarärzte und Honorarärztinnen und bei Ausfall der angestellten Notärzte und Notärztinnen Landkreis Nordwestmecklenburg keine Angaben Landkreis Rostock keine Angaben Landkreis Mecklenburgische Seenplatte DRK-Krankenhaus mit 5 Ärzten, Freiberufliche Notärzte GmbH Malchin mit 40 Notärzten und Notärztinnen Landkreis Vorpommern-Rügen keine Träger Landkreis Vorpommern-Greifswald DRK Kreisverband Ostvorpommern- Greifswald e. V., DRK Landesverband, AMEOS Klinikum, Ärztegesellschaft bR Pasewalk, Freiberufliche Notärzte Mecklenburger Seenplatte und Mecklenburger Schweiz GmbH (keine Angaben zur Anzahl der Ärzte) Landeshauptstadt Schwerin Notarztbörse Dr. Kröncke mit 19 Notärzten und Notärztinnen Hansestadt Rostock keine Träger 6. Inwieweit teilt die Landesregierung die Bedenken des DRK und des Bundesverbandes der Honorarärzte Mecklenburg-Vorpommern, dass durch Urteile der Landessozialgerichte Berlin-Brandenburg, Niedersachsen -Bremen sowie des Landesozialgerichtes Mecklenburg- Vorpommern Rechtsunsicherheit, Mehrkosten im Rettungsdienst und Personalengpässe drohen? Sollte sich die Rechtsauffassung aus den genannten Urteilen durchsetzen, wären die Träger des Rettungsdienstes gehalten, mögliche Mehrkosten durch die Landesverbände der Sozialleistungsträger zu refinanzieren. Ob und inwieweit es zu Personalengpässen kommt, hängt auch davon ab, ob beispielsweise durch höhere Entgeltzahlungen die Bereitschaft von Ärzten und Ärztinnen gesteigert werden kann, als Notarzt oder Notärztin tätig zu werden. Um mögliche Engpässe im Rettungsdienst zu vermeiden, wurde mit § 7 Absatz 7 Rettungsdienstgesetz Mecklenburg-Vorpommern (RDG M-V) eine Regelung geschaffen, um Notärzte und Notärztinnen zu gewinnen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5175 5 7. Warum greift die Landesregierung die Initiative der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung eines Runden Tisches zu dieser Problematik nicht auf? Die Landesregierung begrüßt die Initiative zur Gründung eines Runden Tisches. Für die Organisation des Rettungsdienstes und die Sicherstellung des hierfür erforderlichen Personals sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Vor diesem Hintergrund ist eine Begleitung des Runden Tisches zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zielführend. Sollte das Urteil des Landessozialgerichtes Mecklenburg-Vorpommern rechtskräftig werden und von den Beteiligten des Runden Tisches Lösungsvorschläge vorgelegt werden, wird sich die Landesregierung in die Diskussion einbringen. 8. Welche Kenntnis hat die Landesregierung zum Diskussions- und Arbeitsstand in den betroffenen Bundesministerien bzw. in der Bundesregierung? Sowohl das Bundesministerium für Gesundheit als auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurden durch den Länderausschuss Rettungswesen angeschrieben und um Stellungnahme gebeten. Beide Ministerien haben darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Angesichts der vielfältiger gewordenen Beschäftigungsformen würde eine pauschale Regelung, die den jeweiligen sozialversicherungsrechtlichen Status für bestimmte Berufe festschreibt, den unterschiedlichen Fallgestaltungen in der Praxis nicht gerecht werden und wäre auch mit Blick auf die Funktionsfähigkeit unserer Sozialversicherungssysteme nicht angemessen. 9. Welche Lösungsvarianten für das Problem sieht die Landesregierung bzw. welche werden derzeit in der Fachwelt diskutiert? a) Welche Vor- bzw. Nachteile hätten die jeweiligen Varianten aus Sicht der Landesregierung? b) Welche Vor- und Nachteile sieht die Landesregierung speziell in einer individuellen Opt-out-Regelung? c) Welche Entscheidungen werden von der Landesregierung zur Lösung des Problems vorbereitet? Zu 9 Zur Einzelbeauftragung von Honorarnotärzten und Honorarnotärztinnen gibt es nach verschiedenen Quellen folgende Alternativen: Drucksache 6/5175 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 1. Angestelltenverhältnis (Teilzeit/Vollzeit) mit den Arbeitgebern im Rettungsdienst, 2. Vertrag zwischen dem Krankenhaus und dem Träger des Rettungsdienstes über die Gestellung von Notärzten/Notärztinnen, 3. Arbeitnehmerüberlassung (Anstellung und Vermittlung bei/über Zeitarbeitsfirmen), 4. eingetragene Genossenschaft und andere arztorganisierte Gesellschaftsformen, 5. „Opt-Out-Regelung“ nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Zu a) Diese Alternativen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile für die Vertragspartner. Eine gerichtsfeste Lösung der Alternativen 3 und 4 ist noch nicht belegt. Verschiedene Aspekte sprechen für das Genossenschaftsmodell beziehungsweise die „Opt-Out-Regelung“. Die nachstehenden Angaben beruhen auf Ausführungen des Bundesverbandes der Honorarärzte (BVH e. V.) Variante 1: Die überwiegende Zahl der Honorarärzte und Honorarnotärztinnen dürfte kaum ein Interesse an einem festen Angestelltenverhältnis mit den Auftraggebern im Notarztbereich haben, insbesondere dann, wenn für verschiedene Auftraggeber gearbeitet wird, scheint dies auch nicht praktikabel und wäre mit entsprechenden Nachteilen (Steuerliche Aspekte, Verlust der Autonomie, Konflikt mit anderen Arbeitgebern, Verlust der Befreiung von der gesetzlichen Sozialversicherung etc.) verbunden. Es gibt wohl aber auch Spielräume durch entsprechende Vertragsgestaltungen, die für beide Vertragspartner durchaus akzeptabel sein könnten. Variante 2: Die Notarzttätigkeit ist dann Dienstaufgabe der Ärzte/Ärztinnen des Krankenhauses und entspricht der Intention des § 7 Absatz 7 RDG M-V. Diese Regelung soll dazu beitragen, Notärzte und Notärztinnen für den Rettungsdienst zu gewinnen. Variante 3: Zeitarbeitsfirmen vermitteln Ärzte und Ärztinnen in Arbeitnehmerüberlassung. Der Arzt/die Ärztin ist in diesen Fällen bei der Agentur (dem Verleiher) angestellt. Diese trägt die Beiträge zur Sozialversicherung. Allerdings werden zwischen den Agenturen und den Auftraggebern verschiedene Gebühren fällig, die mit Umsatzsteuer belastet sind. Die Mehrheit der aktuell freiberuflich/selbstständig tätigen Notärzte und Notärztinnen dürfte eine Arbeitnehmerüberlassung eher ablehnen beziehungsweise dieser kritisch gegenüberstehen. Variante 4: Die Genossenschaft erbringt als juristische Person und mit Hilfe ihrer Mitglieder (nicht Angestellten!) die ärztliche Dienstleistung. Im Gegensatz zur Position als Angestellter bei einer Zeitarbeitsfirma bleiben alle Mitglieder der Genossenschaft unabhängig und selbstständig . Es gibt keinerlei Pflicht zur Ableistung von Einsätzen. Die Vertragsgestaltung kommt nicht mehr zwischen Honorar(not)arzt/Honorar(not)ärztin und Auftraggeber zustande, sondern wird zwischen der Genossenschaft als juristische Person und dem Auftraggeber abgeschlossen. Die Mitglieder der Genossenschaft können jederzeit auf andere Art und Weise und über andere Organisationen tätig werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5175 7 Für die Beauftragung von Notärzten/Notärztinnen eignet sich die Genossenschaft in gleicher Weise, wie sonst im Klinikvertretungsbereich. Weitere Vorteile: Die Leistung wird umsatzsteuerfrei erbracht. Die Genossenschaftsmitglieder unterziehen sich ausnahmslos einem Zertifizierungsverfahren des BVH e. V. Dabei werden wesentliche Elemente der ärztlichen Qualifikation überprüft. Variante 5: Beschäftigte Ärzte/Ärztinnen vereinbaren mit ihrem Arbeitgeber im Rahmen einer sogenannten „Opt-Out-Regelung“ nach Arbeitszeitgesetz (ArbZG) individuell Mehrarbeit, z. B. als Notarzt/Notärztin im Rettungsdienst neben ihrer Haupttätigkeit. Eine derartige Vereinbarung könnte insbesondere auch bei Neuverträgen für angestellte Ärzte/Ärztinnen direkt in den Vertragstext mit einfließen und den Rettungsdienst als Teilaufgabe neben der (Haupt-)Tätigkeit für den Arbeitgeber beinhalten. Zu b) Auf die Antwort zu Frage a) Variante 5 wird verwiesen. Zu c) Gemäß § 7 Absatz 2 RDG M-V sind die Landkreise und kreisfreien Städte Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes jeweils für ihr Gebiet (Rettungsdienstbereich). Sie sind für die Organisation des Rettungsdienstes und die Sicherstellung des hierfür erforderlichen Personals zuständig. Siehe auch Antwort zu Frage 7 dieser Kleinen Anfrage und Antwort zu Frage 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/5174.