Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 18. März 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5183 6. Wahlperiode 21.03.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Helmut Holter, Fraktion DIE LINKE Fachkräftemangel in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Laut Konjunkturumfrage der IHK ist der Fachkräftemangel mittlerweile zum größten Risiko für eine positive Entwicklung der Unternehmen im Land geworden. 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in der jetzigen Legislatur neu ergriffen und welche Maßnahmen wurden aus der Vergangenheit auch in dieser Legislatur fortgeführt, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten (bitte die einzelnen Maßnahmen tabellarisch mit Datum der Einleitung, bisher dafür verausgabten Mittel und gegebenenfalls Maßnahmenende mit entsprechender Begründung dafür auflisten)? a) Welche Maßnahmen haben sich nach Einschätzung der Landesregierung bewährt und worauf basiert diese Einschätzung? b) Welche Maßnahmen haben nach Ansicht der Landesregierung keinen durchschlagenden Erfolg gebracht? 2. Welche neuen Ideen sind gerade innerhalb der Landesregierung im Gespräch, wie die Unternehmen für die Fachkräftesicherung im Land noch besser unterstützt werden können? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Im Rahmen des Bündnisses für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit unterzeichneten die Bündnispartner das „Fachkräftebündnis für Mecklenburg-Vorpommern“ am 31. Januar 2011. Drucksache 6/5183 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Laut Koalitionsvereinbarung 2011 bis 2016 ist es ein Schwerpunkt der Landespolitik, mit seinem breiten Ansatz von Zielen und Einzelmaßnahmen dem Fachkräftemangel wirksam zu begegnen. Ziel des Fachkräftebündnisses ist die Identifizierung, Erschließung und Sicherung eines ausreichenden und gut qualifizierten Fachkräfteangebotes. Es geht um das koordinierte Ineinandergreifen kohärent aufeinander abgestimmter Ansätze der am Fachkräftebündnis beteiligten Partner, die in ihrer Gesamtheit die Fachkräftesicherung unterstützen sollen. Ausgehend von sieben Leitsätzen arbeitet das Fachkräftebündnis an fünf zentralen Handlungsfeldern (HF), die mit 29 Einzelzielen und 107 Maßnahmen untersetzt sind. Die Bündnispartner haben sich für das Fachkräftebündnis auf folgende Leitsätze verständigt: 1. Jede und Jeder wird künftig im Land gebraucht. Alle Erwerbspotenziale im Land müssen erschlossen werden. Unternehmen, Sozialpartner, Arbeitsverwaltung und Politik schaffen die Voraussetzungen dafür, dass alle arbeitsfähigen Frauen und Männer in den Arbeitsmarkt integriert werden können. 2. Attraktive und marktfähige Entgelt- und Arbeitsbedingungen in den einzelnen Branchen tragen dazu bei, Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Dies werden die Tarifvertragsparteien berücksichtigen. 3. Die Chancen für die Jugendlichen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt werden sich weiter verbessern. Die schulische Mindestqualifikation bleibt eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg einer Berufsausbildung. Daneben werden fachliche Eignung, Motivation, Engagement sowie eine umfassende Berufswahlkompetenz Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt bleiben. Geschlechtersensible Berufsorientierung trägt zum Abbau geschlechtsspezifischer Berufswahlmuster bei. Jugendliche erhalten auswahlfähige Ausbildungs- und Arbeitsangebote. Der direkte Übergang von Schule in Ausbildung wird die betriebliche Sozialisation unterstützen und die Übernahme nach der Ausbildung deutlich verbessern. 4. Die Unternehmen stellen sich mit zukunfts- und lebensphasenorientierten personalpolitischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen auf die demografische Entwicklung ein, insbesondere mit einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie Älteren und entwickeln die hierfür notwendigen Strategien. Hierzu gehören insbesondere die Aus- und Weiterbildung, die Gesundheitsförderung, die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben und die Sicherung der Unternehmensnachfolge. 5. Die Ausschöpfung aller Erwerbspotenziale in Mecklenburg-Vorpommern ist vorrangiges Ziel. Weiterhin sollen Rück- und Zuwanderungspotenziale bedarfsgerecht identifiziert und erschlossen werden, wenn dies künftig zur Deckung von Fachkräftebedarfen notwendig wird. 6. Mecklenburg-Vorpommern braucht mehr und höherwertigere Wertschöpfung. Wissensbasierte Arbeitsplätze tragen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch innovative Produkte und Dienstleistungen bei und erschließen neue Märkte. 7. Durch geeignete Marketingmaßnahmen werben die Bündnispartner für den Wirtschafts- Lebens- und Arbeitsstandort Mecklenburg-Vorpommern. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5183 3 Die Handlungsfelder setzen an den Lebensphasen des Einzelnen an, beginnend mit der frühkindlichen Bildung über die Ausbildung in Schule und Beruf zum Ende des Berufslebens: - Handlungsfeld 1 - Jugendliche optimal auf das Berufsleben vorbereiten und in den Ausbildungs - und Arbeitsmarkt integrieren, - Handlungsfeld 2 - Fachkräftebedarf identifizieren, Potenzial der Arbeitslosen und Nichterwerbstätigen erschließen, - Handlungsfeld 3 - Fachkräftepotenzial durch attraktive Rahmenbedingungen erschließen, - Handlungsfeld 4 - Fachkräftepotenzial in Betrieben erhalten, - Handlungsfeld 5 - Für den Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensstandort werben. Im Rahmen der Sitzungen des der Arbeitsgruppe 2 „Fachkräftebündnis“ des Bündnisses für Arbeit, wurde und wird regelmäßig einmal im Jahr Bericht über den Umsetzungsstand an die Hauptrunde des Bündnisses für Arbeit erstattet. Entsprechend des Zeitpunktes umfasst der anstehende Bericht die Gesamtergebnisse für das Fachkräftebündnis in dieser Legislaturperiode . Es ist vorgesehen, den Bericht im Ergebnis der Sitzung der Hauptgruppe des Bündnisses im April auf den Internetseiten der Landesregierung zu veröffentlichen. Die bisherigen Ergebnisse des Fachkräftebündnisses sind im Regierungsportal herunterzuladen: (http://www.regierung-mv.de/Landesregierung/stk/Themen/B%C3%BCndnis-f%C3%BCr- Arbeit-und-Fachkr%C3%A4fteb%C3%BCndnis) Da das Fachkräftebündnis viele Einzelmaßnahmen der Bündnispartner, aber auch von Unternehmen umfasst, ist eine Zuordnung der Ergebnisse auf finanzielle Beiträge der Landesregierung und zeitliche Zuordnung nach Jahresscheiben weder sinnvoll noch leistbar. Aus der Logik des Bündnisses, dass vor allem auch auf die demografischen Tendenzen reagiert und das sich wie zuvor dargestellt an Lebensphasen orientiert, ergibt sich, dass die Wirkung der EU-Strukturfonds und des Landeshaushalts in seiner Gesamtheit auf die Erreichung der Bündnisziele ausgerichtet sind. Neben vielen anderen Maßnahmen wurde im Bündnisprozess das „Landeskonzept für den Übergang von der Schule in den Beruf“ beschlossen, dessen Weiterentwicklung und Umsetzung im Fachkräftebündnis durch die Bündnispartner begleitet wird. Das Landeskonzept ist ebenfalls unter dem zuvor benannten Link herunterzuladen. Die Ergebnisberichterstattung zum Umsetzungsstand wird im Bericht mit enthalten sein. Drucksache 6/5183 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Welchen Wert misst die Landesregierung der dualen Berufsausbildung für die Fachkräftesicherung in Mecklenburg-Vorpommern bei? a) Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Ausdünnung der Berufsschullandschaft in Mecklenburg- Vorpommern? b) Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang den Misserfolg im Zusammenhang mit den Zuschüssen für Unterkunft und Fahrkosten für die Berufsschüler? c) Was hat die Landesregierung zur Stärkung der Berufsschulen im Land unternommen? Die duale Berufsausbildung, also die Kombination aus praktischer Ausbildung in einem Betrieb und, im Wechsel damit, schulischer Bildung in einer Berufsschule, leistet einen erheblichen Beitrag zur Fachkräftesicherung und garantiert eine hohe Beschäftigungsfähigkeit sowie eine im Vergleich zu anderen europäischen Ländern geringe Jugendarbeitslosigkeit. Die tragende Rolle der Unternehmen, die enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kammern und Sozialpartnern und die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland sind Kennzeichen dieses Erfolgsmodells. Die duale Berufsausbildung in Mecklenburg-Vorpommern ist nach wie vor das „Ausbildungsmodell “ zur Fachkräftesicherung, so wird beispielsweise rund jeder vierte Auszubildende im Handwerk ausgebildet. Die Attraktivität der dualen Ausbildung ist ungebrochen. Die Landesregierung setzt sich zum Beispiel über die Fachministerkonferenzen unter anderem dafür ein, dass die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung hergestellt wird. Durch die „Allianz für Aus- und Weiterbildung 2015 - 2018“ haben Bund, Länder, Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bundesagentur für Arbeit die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Ausbildung unterstrichen. Auch das nachdrückliche Bekenntnis zum Meisterbrief im Handwerk zeigt das hohe Engagement der Landesregierung für die duale Berufsausbildung und ihre Karrieremöglichkeiten. Den hohen Stellenwert, den die Landesregierung der dualen Berufsausbildung beimisst, wird weiterhin durch die Einbindung der Wirtschaftskammern und der Sozialpartner in das Fachkräftebündnis , aber auch durch die gemeinsame und abgestimmte Erarbeitung des „Landeskonzeptes für den Übergang von der Schule in den Beruf“ vom 26.05.2014 deutlich. Zu a) Die Zahl der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern ist in den vergangenen 15 Jahren um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Dieser Schülerrückgang hat einen schrittweisen Konzentrationsprozess unumgänglich gemacht, um handlungsfähige Berufsschulstrukturen zu erhalten. Mit diesem Prozess geht auch eine qualitative Weiterentwicklung der beruflichen Schulen hin zu Regionalen Beruflichen Bildungszentren einher. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5183 5 Zu b) Die Landesregierung hat erkannt, dass für viele Schülerinnen und Schüler und deren Eltern die Unterkunfts- und Fahrtkosten bei auswärtiger Unterbringung eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Um hier für eine Entlastung zu sorgen, gewährt das Land - ohne gesetzliche Verpflichtung - Zuschüsse nach der „Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Schülerinnen und Schüler beruflicher Schulen zu den Kosten der Unterbringung sowie zu Fahrtkosten bei notwendiger auswärtiger Unterkunft vom 1. September 2015“. Die Richtlinie leistet einen Beitrag zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern bei notwendiger auswärtiger Unterkunft und kann daher keinesfalls als „Misserfolg “ bezeichnet werden. Nähere Informationen können der folgenden Internetseite entnommen werden: http://www.regierung-mv.de/Landesregierung/bm/F%C3%B6rderungen/Unterst%C3% BCtzung-von-Berufssch%C3%BClern Zu c) Die Landesregierung hat eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet, um die Qualität der beruflichen Bildung im Land weiter zu stärken: Für die beruflichen Schulen wurde durch die Bereitstellung von rund vier Millionen Euro eine Reduzierung der Schüler-Relation von 28:1 auf 26,6:1 umgesetzt. Für die Lehrkräfte der beruflichen Schulen konnte der Ausstieg aus der Teilzeitregelung des Lehrerpersonalkonzeptes vom Jahr 2017 auf das Schuljahr 2014/2015 vorgezogen werden. Damit können alle Lehrkräfte der beruflichen Schulen, die es wollen, in die Vollzeitbeschäftigung zurückkehren. Umgesetzt wird ein Programm gegen Unterrichtsausfall, das unter anderem die vorfristige Einstellung von Lehrkräften und Referendarinnen und Referendaren als Vertretungslehrkräfte, die Schaffung einer Vertretungsreserve für die beruflichen Schulen in Abstimmung mit externen Partnern, ein Lehrergesundheitsprogramm und die Gewährung von Altersanrechnungsstunden vorsieht. Der Lehrkräfteeinstellungsbedarf wird aufgrund des Altersdurchschnitts der Lehrkräfte und infolge der Schülerzahlentwicklung in den nächsten Jahren steigen. Zur Sicherung des zukünftigen fachspezifischen Bedarfs hat die Landesregierung daher auf diese sich abzeichnende Entwicklung mit dem seit dem Jahr 2010 greifenden Landesprogramm „Zukunft des Lehrerberufs in M-V“ und dem Lehrerbildungsgesetz reagiert. Seit dem 1. August 2014 werden Lehrerinnen und Lehrer bis zu einem Alter von 40 Jahren verbeamtet. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Stärkung und Ausweitung der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte der beruflichen Schulen. Das Land hat die Hochschulausbildung für Berufsschullehrkräfte wieder eingeführt. Die Universität Rostock hält im Rahmen des wirtschaftspädagogischen Studiums die berufliche Fachrichtung Wirtschaft und Verwaltung vor. Mit dem Wintersemester 2014/2015 wurde auch der Bachelorstudiengang zum Lehramt an beruflichen Schulen (mit anschließender dreisemestriger berufspädagogischer Masterphase) für die beruflichen Fachrichtungen Elektrotechnik und Informationstechnik begonnen. Drucksache 6/5183 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Durch das Institut für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vorpommern (IQ M-V) wird kontinuierlich der Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Beruflichen Schulen organisiert und praktisch durchgeführt. Diese Aufgabe übernimmt im IQ M-V das am 16.01.2014 gegründete Kompetenzzentrum für Berufliche Schulen. Das IQ M-V organisiert zudem die erforderlichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Für Gesundheit und Pflege sowie Wirtschaft und Verwaltung haben im April 2013 Fortbildungskoordinatoren ihre Arbeit aufgenommen. Im Rahmen der Seiteneinsteigerqualifikation wird eine einjährige modulare Fortbildung zu Fragen der Unterrichtsplanung und -durchführung sowie zur methodischen Gestaltung von Unterricht an beruflichen Schulen angeboten, die mit einem Kolloquium endet.