Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 22. März 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5238 6. Wahlperiode 23.03.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Mignon Schwenke, Fraktion DIE LINKE Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Müssen sich die Kommunen vom Ministerium für Inneres und Sport die direkte Beteiligung - den Erwerb von Anteilen - an einem Windpark genehmigen lassen? Die Beteiligung einer Kommune an einer projektbezogenen Gesellschaft zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen im Sinne von Artikel 2 § 3 Absatz 1 Satz 1 des Entwurfes eines Gesetzes über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz - BüGembeteilG M-V) und zur Änderung weiterer Gesetze auf Drucksache 6/4568 vom 7. Oktober 2015 bedarf keiner Genehmigung durch die jeweils zuständige Rechtsaufsichtsbehörde . Nach § 77 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg- Vorpommern (Kommunalverfassung - KV M-V) vom 13. Juli 2011 (GVOBl. M-V 2011, S. 777) sind Entscheidungen der Gemeinde über die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Gemeinde an Unternehmen und Einrichtungen aber der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen, jedoch nur dann, wenn die Beteiligung mehr als 20 Prozent der Geschäftsanteile umfasst. Sofern der für den Erwerb des Anteils zu entrichtende Kaufpreis durch eine Kreditaufnahme finanziert werden soll, bedarf dies einer entsprechenden Ermächtigung im Haushaltsplan der Kommune. Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen mit Ausnahme von Umschuldungen bedarf gemäß § 52 Absatz 2 Satz 1 KV M-V im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Drucksache 6/5238 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie wird mit Gemeinden umgegangen, die keinen ausgeglichenen Haushalt haben? Die Haushaltssituation einer Kommune ist im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Beteiligung an einer Projektgesellschaft insbesondere dann relevant, wenn der für Erwerb des Geschäftsanteils zu entrichtende Kaufpreis durch eine Kreditaufnahme finanziert werden soll. Nach § 52 Absatz 2 Satz 2 KV M-V hat die Rechtsaufsichtsbehörde die vorgesehenen Kreditaufnahmen nach den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft zu überprüfen. Eine Genehmigung ist gemäß § 52 Absatz 2 Satz 3 KV M-V in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune nicht im Einklang stehen. Insbesondere bei Kommunen mit gefährdeter oder weggefallener dauernder Leistungsfähigkeit dürfen Kredite zur Finanzierung von Investitionen, die – wie der in Rede stehende Erwerb einer Beteiligung an einer Windenergieanlagen-Projektgesellschaft – sachlich oder zeitlich nicht unabweisbar sind, nur dann aufgenommen werden, wenn die Investition rentierlich oder wirtschaftlich ist. Dies wird mittels einer Investitionsrechnung für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erträge aus der Beteiligung und der der Kommune zur Verfügung stehenden Finanzierungsmöglichkeiten gesondert zu bewerten sein. 3. Wird das Land dafür einen Unterstützungsfonds einrichten? Nein, die Einrichtung eines Unterstützungsfonds ist nicht geplant. 4. Müssen die erzielten Gewinne aus den Anteilen für die Haushaltskonsolidierung bzw. für die Amts- und Kreisumlage verwendet werden? Die aufgrund von § 4 Absatz 1 des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes durch eine eingegangene gesellschaftsrechtliche Beteiligung an die Kommunen abgeführten Gewinne sind - wie auch Gewinnabführungen anderer Beteiligungen - Erträge und Einzahlungen, die dem Grundsatz der Gesamtdeckung entsprechend zur Deckung aller Aufwendungen und Auszahlungen dienen. Im Falle eines nicht ausgeglichenen Haushaltes tragen die Abführungen somit in jedem Fall zur Verringerung des Defizites bei und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5238 3 Nach derzeitiger Rechtslage können die genannten Gewinnabführungen weder bei der Berechnung der Kreisumlage nach § 23 Absatz 2 des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern (FAG M-V) vom 10. November 2009 (GVOBl. M-V 2009, S. 606), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2015 (GVOBl. M-V 2015, S. 583), noch bei der Berechnung der Amtsumlage nach § 147 Absatz 2 KV M-V berücksichtigt werden. Umlagegrundlagen sind nach § 23 Absatz 2 Satz 3 FAG M-V neben den Schlüsselzuweisungen des Vorjahres die Steuerkraftmesszahlen nach § 12 Absatz 4 FAG M-V. Nach § 12 Absatz 4 FAG M-V werden zur Ermittlung der Steuerkraftmesszahl das Aufkommen der Grundsteuer (A und B), der Gewerbesteuer, des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer, des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer, des Bundesausgleichs für Grundsteuermindereinnahmen sowie des kommunalen Anteils am Familienleistungsausgleich herangezogen. Diese Aufzählung ist abschließend. 5. Bei der Ausgleichsabgabe ist im Gesetz vorgeschrieben, wofür das Geld verwendet werden kann. Warum gibt es keine Festlegung bei den Erlösen aus direkter Beteiligung ? Die Ausgleichsabgabe entspricht den engen Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts , die beispielsweise anhand der Schwerbehindertenabgabe entwickelt worden sind (siehe Antwort der Landesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/5150 vom 29. Februar 2016). Derartiger Festlegungen über die Zweckbindung bedarf es für Gewinnabführungen, die im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung erzielt werden, nicht. 6. Auch wenn das Risiko für die Kommunen begrenzt ist, geht bei einer Insolvenz das Geld verloren und Kredite sind trotzdem zu bedienen. Ist vorgesehen, für solche Fälle einen Hilfsfonds beim Land einzurichten ? Nein, die Einrichtung eines Hilfsfonds ist nicht geplant. Drucksache 6/5238 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Wie können die Gemeinden ihre Rechte bei der Variante „Ausgleichsabgabe “ sichern, falls der Betreiber in Insolvenz geht und ein anderer Betreiber das Vorhaben übernimmt? Anders als bei der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, wo zivilrechtliche Beziehungen entstehen und im Falle einer Insolvenz der Insolvenzverwalter entscheidet, ob er den Geschäftsbetrieb der insolventen Gesellschaft fortsetzt und unter Umständen vertragliche Beziehungen und damit auch Ansprüche bestehen bleiben oder die Gesellschaft liquidiert und dann alle Ansprüche untergehen, stellt die Ausgleichsabgabe einen gesetzlichen Anspruch da. Dieser besteht gegenüber einem Vorhabenträger auch dann, wenn ein Wechsel aufgrund einer Insolvenz stattfindet. 8. Mit welchem Betrag pro Windkraftanlage und Jahr könnten die Kommunen bei einer direkten Beteiligung mit 20 % bzw. bei Annahme der Ausgleichsabgabe ungefähr rechnen? Die Höhe des Betrages hängt von der Rentabilität der Anlagen und der Frage ab, wie viele Anlagen von den Regelungen des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes erfasst werden sowie der Frage, wie viele Gemeinden zu beteiligen sind. Je nach Fallkonstellation können die Gemeinden mit mehreren tausend Euro pro Jahr rechnen.