Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. April 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5269 6. Wahlperiode 28.04.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Videoüberwachung durch Wildkameras und ANTWORT der Landesregierung Waldbesitzer und Jagdpächter überwachen ihren Besitz oder ihre Jagdpacht zunehmend mit Tierbeobachtungskameras, sogenannten Wildkameras . Das erfolgt i. d. R. zur Beobachtung des Wildbestandes z. B. an Kirrungen. Dabei werden möglicherweise auch Waldbesucher ungewollt von den Kameras erfasst, die den Wald zu Erholungszwecken betreten. Grundsätzlich sind Wälder mit Ausnahme der in § 28 Abs. 2 LWaldG genannten Bereiche frei betretbar und damit öffentlicher Raum. Der Einsatz von Wildkameras mit Videofunktion fällt hier in den Anwendungsbereich des § 6b Bundesdatenschutzgesetz. Eine Videoüberwachung in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Waldes ist jedoch aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Kamerabetreibers und den schutzwürdigen Interesse der Waldbesucher unzulässig, so auch der Beschluss des Verwaltungsgericht Schwerin vom 18.06.2015 (Az. 6 B 1637/15 SN). 1. Welche bundes- und welche landesrechtlichen Bestimmungen regulieren den Einsatz von Wildkameras in den Wäldern von Mecklenburg -Vorpommern? Sowohl im Jagdrecht als auch im Forstrecht finden sich keine Bestimmungen, die den Einsatz von Wildkameras regeln. Einschlägige Rechtsgrundlagen für diesen Bereich sind § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und § 37 des Landesdatenschutzgesetzes (DSG M-V). Beide Vorschriften regeln zwar nicht speziell die Aufstellung und den Betrieb von Wildkameras zu jagdlichen Zwecken, aber sie befassen sich generell mit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Drucksache 6/5269 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen für den Einsatz von Wildkameras in den Wäldern des Landes erfüllt sein? Bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen ist zu unterscheiden zwischen dem Einsatz von Wildkameras in öffentlich zugänglichen Räumen und dem Einsatz in nicht öffentlich zugänglichen Räumen. Grundsätzlich ist der Wald in Mecklenburg-Vorpommern öffentlich zugänglicher Raum (vergleiche § 28 Absatz 1 des Landeswaldgesetzes – LWaldG M-V). Es gibt aber auch Waldbereiche, die nicht öffentlich zugängliche Räume darstellen. Das ist der Fall, wenn Betretungsverbote existieren. Diese können zum Beispiel aus dem Forstrecht selbst resultieren (beispielsweise Forstkulturen, Wildäcker, Waldflächen, auf denen Holz eingeschlagen wird, forstbehördlich gesperrte Waldflächen, jagdliche Einrichtungen - vergleiche § 28 Absatz 2 LWaldG M-V) oder aus dem Naturschutzrecht (Flächen außerhalb der Wege in Naturschutzgebieten und in Kern- und Pflegezonen in Großschutzgebieten) herrühren. Voraussetzungen für den Einsatz von Wildkameras in öffentlich zugänglichen Räumen: Nach § 6 b Absatz 1 BDSG ist der Einsatz von Wildkameras („Beobachtung“) in öffentlich zugänglichen Räumen nur zulässig, soweit er - zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, - zur Wahrnehmung des Hausrechts oder - zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Voraussetzungen für den Einsatz von Wildkameras in nicht öffentlich zugänglichen Räumen: Der Anwendungsbereich des § 6 b BDSG und des § 37 DSG M-V ist nicht eröffnet. In diesen Bereichen ist in der Regel der Einsatz von Wildkameras nicht zu beanstanden, weil jedenfalls ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse (im Sinne des soweit einschlägigen § 28 Absatz 1 Nummer 2 BDSG) bei Betroffenen nicht zu erkennen ist. 3. Welche Kenntnisse besitzt die Landesregierung über die Anzahl von Wildkameras von Privatpersonen, Jagdgenossenschaften oder öffentlichen Stellen, die seit 2011 in frei betretbaren und nicht frei betretbaren Bereichen der Wälder Mecklenburg-Vorpommerns aufgestellt wurden? Das Betreiben von Wildkameras durch Jägerinnen oder Jäger wird durch die Landesregierung nicht erfasst. Insofern hat die Landesregierung eher zufällig Kenntnis über das Betreiben von Wildkameras durch Jagdpächter der Jagdgenossenschaften oder durch Eigenjagdbesitzer als Privatpersonen. Den Landkreisen und kreisfreien Städten als untere Jagdbehörden liegen hierzu keine Zahlenangaben vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5269 3 Der Landesregierung ist bekannt, dass in den Jagdbezirken des Landes Mecklenburg- Vorpommern oder der Landesforst - Anstalt des öffentlichen Rechts - mindestens 65 Wildkameras durch die Forstbehörden selbst, durch an der Jagdausübung beteiligte Jagderlaubnisscheininhaber oder durch wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Rostock und der Technischen Universität Dresden betrieben werden. Die Wildkameras werden zum Zweck des Wild- und Wolfsmonitorings genutzt. Sie werden fast ausschließlich in nicht frei betretbaren Bereichen der Wälder betrieben, am häufigsten an Kirrungen gemäß § 18 Absatz 2 des Landesjagdgesetzes (LJagdG M-V). Diese befinden sich zwar auch in öffentlich zugänglichen Waldbereichen; für die Kirrflächen selbst besteht jedoch ein gesetzliches Betretungsverbot (§ 28 Absatz 2 Nummer 4 LWaldG M-V). 4. Ist die Aufstellung und der Betrieb von Wildkameras durch Privatpersonen oder Jagdgenossenschaften gegenüber den Jagdbehörden oder anderen öffentlichen Stellen in Mecklenburg-Vorpommern anzeigepflichtig ? a) Wenn ja, wie viele Wildkameras wurden den Jagdbehörden oder anderen öffentlichen Stellen seit 2011 angezeigt? b) Wenn ja, welche Angaben über die Aufstellung und den Betrieb einer Wildkamera sind dabei zu machen? c) Wenn nicht, aus welchen Gründen sieht die Landesregierung von einer Anzeigepflicht für den Einsatz von Wildkameras ab? Zu 4, a), b) und c) Weder im BDSG noch im DSG M-V ist eine Anzeige- beziehungsweise Meldepflicht für die Aufstellung und den Betrieb von Wildkameras geregelt. Die Landesregierung hält eine Anzeigepflicht nicht für erforderlich. 5. Besteht für den Einsatz von Wildkameras eine Hinweispflicht bzw. eine Pflicht zur Kenntlichmachung der Videoüberwachung? Sowohl § 6 b Absatz 2 BDSG als auch § 37 Absatz 1 Nummer 3 DSG M-V schreiben für die Videoüberwachung und damit auch für den Einsatz von Wildkameras vor, den Umstand der Beobachtung beziehungsweise die Überwachung durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Die bundesrechtliche Regelung fordert ferner die Kenntlichmachung der verantwortlichen Stelle. Drucksache 6/5269 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Werden in Mecklenburg-Vorpommern derzeit Wildkameras durch öffentliche Stellen betrieben? a) Welche öffentlichen Stellen betreiben derzeit Wildkameras? b) Wie viele Wildkameras sind derzeit in Betrieb? c) Zu welchem Zweck werden die Kameras betrieben? Zu 6, a), b) und c) Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 7. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass in Mecklenburg- Vorpommern Rechtssicherheit im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes von Wildkameras hergestellt ist (bitte begründen)? Im Hinblick auf die für Videoüberwachung bestehenden Spezialvorschriften im BDSG und im DSG M-V, die auch auf Wildkameras anwendbar sind und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schwerin zur Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum ist die Landesregierung der Auffassung, dass in Mecklenburg- Vorpommern Rechtssicherheit im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes von Wildkameras hergestellt ist. 8. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass sich aus dem eingangs genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin zum Einsatz von Wildkameras Regelungsbedarf ergibt, und zwar hinsichtlich a) der Erfassung der Anzahl von bereits installierten Wildkameras von Privatpersonen oder Jagdgenossenschaften in den Wäldern des Landes? b) der Einführung einer Anzeigepflicht für die Aufstellung von Wildkameras durch Privatpersonen oder Jagdgenossenschaften? c) der Sanktionierung von rechtswidrig durch Privatpersonen oder Jagdgenossenschaften aufgestellte Wildkameras? Zu 8, a), b) und c) Aus dem oben genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin resultiert nach Auffassung der Landesregierung kein Regelungsbedarf zum Einsatz von Wildkameras (weder zur Erfassung der Anzahl der installierten Kameras, noch zur Einführung einer Anzeigepflicht für die Aufstellung von Wildkameras, noch für die Sanktionierung).