Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 13. April 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5279 6. Wahlperiode 14.04.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johann-Georg Jaeger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abregelungen von Anlagen erneuerbarer Energien in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Zur Beantwortung der nachfolgenden Fragen wurden die großen Verteilnetzbetreiber des Landes Mecklenburg-Vorpommern (WEMAG Netz GmbH und e.dis AG), der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission GmbH, sowie die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) um Übersendung von Daten zum Einspeisemanagement gebeten. Aufgrund der kurzen Bearbeitungszeit war der e.dis AG keine Rückmeldung möglich. Die 50 Hertz Transmission GmbH meldete Daten, die sich auf die durch das Einspeisemanagement betroffenen Anlagen beziehen, die direkt an das 50 Hertz-Übertragungsnetz angeschlossen sind. Die WEMAG Netz GmbH übermittelte Daten zu den durch die WEMAG Netz GmbH ausgelösten Einspeisemanagementaufrufen. Bei der Bundesnetzagentur liegen bundeslandscharfe Auswertungen zu den getroffenen Einspeisemanagementmaßnahmen nur für die ersten drei Quartale des Jahres 2015 vor, da seitens der Bundesnetzagentur eine nach Bundesländern trennscharfe Erfassung erst seit dem Jahr 2015 vorgenommen wird. Auf diesen Rückmeldungen basieren die nachfolgenden Antworten. Drucksache 6/5279 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zur Aufrechterhaltung der Stabilität im Stromnetz sind Netzbetreiber im Rahmen des Einspeisemanagements (EinsMan) nach § 14 und 15 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Falle eines Netzengpasses berechtigt, an ihr Netz angeschlossene Anlagen erneuerbarer Energien abzuregeln oder ganz abzuschalten. Den von der Maßnahme betroffenen Anlagenbetreibern steht ein Anspruch in Höhe von 95 Prozent der entgangenen Einnahmen als Entschädigung zu. Sobald infolge von Abschaltungen entgangene Einnahmen im Kalenderjahr ein Prozent der Jahreseinnahmen überschreiten, erfolgt ab diesem Zeitpunkt eine Entschädigung zu 100 Prozent. Sofern die Abschaltung von Anlagen erneuerbarer Energien nicht aufgrund eines Netzengpasses, sondern aufgrund anderer Systemsicherheitsprobleme erfolgt (§ 13 Abs. 2 EnWG), sind die Netzbetreiber nicht zu Entschädigungszahlungen verpflichtet. Durch die gleichzeitige Stromeinspeisung aus unflexiblen konventionellen Kraftwerken und den fluktuierenden erneuerbaren Energien kommt es immer häufiger zu Konflikten im Stromnetz. Kohle- und Atomkraftwerke brauchen mehrere Stunden, um hoch- und heruntergefahren zu werden. In der Folge werden immer häufiger Erneuerbare-Energien-Anlagen abgeschaltet, obwohl sie Einspeisevorrang haben. Laut Monitoringbericht 2015 der Bundesnetzagentur hat sich bundesweit beim Einspeisemanagement die Menge der Ausfallarbeit von 555 GWh im Jahr 2013 auf 1.581 GWh im Jahr 2014 nahezu verdreifacht. Mit einem Anteil von 77,3 Prozent waren Windenergieanlagen am stärksten von Einspeisemanagementmaßnahmen betroffen. Von den Einspeisemanagementmaßnahmen entfällt ein Großteil auf die nördlichen Bundesländer. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über den Umfang der Abregelungen von Strom aus erneuerbaren Energien durch die Netzbetreiber in Mecklenburg-Vorpommern innerhalb der vergangenen fünf Jahre vor (bitte für die Jahre 2010 bis 2015 einzeln aufschlüsseln )? a) Wie viele sogenannte EinsMan-Maßnahmen gab es? b) Wie viel erneuerbar erzeugter Strom blieb durch die Abregelungen ungenutzt? c) Welchem Anteil der im Land im Jahr 2015 insgesamt eingespeisten erneuerbaren Energie entspricht dies? Zu 1, a) b) und c) Die in der nachfolgenden Tabelle genannten Zahlen zum Einspeisemanagement basieren auf Angaben der Netzbetreiber (siehe Vorbemerkung). Da aus dem Netzgebiet der e.dis AG keine Daten vorliegen, ist es nicht möglich und auch nicht sinnvoll, den Anteil der abgeregelten erneuerbaren Energien an den insgesamt eingespeisten Erneuerbaren Energien zu berechnen. Daher lässt sich die Frage 1c) nicht beantworten. Die Einspeisemanagementmaßnahmen aus dem Jahr 2015 sind bislang noch nicht vollständig von den Netzbetreibern abgerechnet worden, sodass deren Umfang noch nicht genau ermittelt werden kann. Daher umfasst die angegebene Tabelle die Jahre 2010 bis 2014. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5279 3 Jahr 50 Hertz Transmission GmbH WEMAG Netz AG Maßnahmen abgeregelte erneuerbare Energien in Megawattstunden (MWh) Maßnahmen abgeregelte erneuerbare Energien in Megawattstunden (MWh) 2010 0 0 0 0 2011 1 59 0 0 2012 2 114 0 0 2013 0 0 30 600 2014 1 9 162 22.500 Die Bundesnetzagentur erfasst erst seit 2015 die Werte trennscharf nach Bundesländern. Für die ersten drei Quartale des Jahres 2015 schätzt die Bundesnetzagentur die Ausfallarbeit auf 127.103 MWh, wobei alleine 73.972 MWh auf das dritte Quartal entfallen. Für das Jahr 2015 insgesamt lässt sich daher nur eine Abschätzung vornehmen. Unter der Annahme, dass auch im vierten Quartal eine ähnlich hohe Ausfallarbeit wie im dritten Quartal von etwa 74.000 MWh entstanden ist, beliefe sich die abgeregelte erneuerbare Energie für das gesamte Jahr 2015 auf rund 201.103 MWh. Für die Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien liegen für das Jahr 2015 ebenfalls noch keine Daten vor. Im Jahr 2014 wurden nach Angaben des Statistischen Amtes 7.788.400 MWh aus erneuerbaren Energien erzeugt, mit einer Steigerung zum Vorjahr von etwa 14 Prozent. Unter der Annahme, dass sich die Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 2014 auf 2015 ebenfalls um 14 Prozent erhöht hat, lässt sich die Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien für das Jahr 2015 auf etwa 8.878.776 MWh schätzen. Setzt man diese Zahlen (geschätzte Ausfallarbeit zu geschätzter Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien) ins Verhältnis, ergibt sich daraus, dass die Abregelungen im Jahr 2015 voraussichtlich einem Anteil von etwa 2,3 Prozent an der insgesamt erzeugten erneuerbaren Energie entsprechen. Damit würde Mecklenburg-Vorpommern noch unter dem Wert von 3 Prozent für die Spitzenkappung liegen, wie er derzeit im Entwurf des Strommarktgesetzes beabsichtigt ist. Die Spitzenkappung soll einen bedarfsgerechten, wirtschaftlich zumutbaren Ausbau der Elektrizitätsversorgungsnetze gewährleisten. Der Wert von 3 Prozent ergibt sich aus der Verteilernetzstudie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und stellt hiernach das volkswirtschaftliche Optimum für die Spitzenkappung dar (volkswirtschaftliche Folgekosten stehen in einem angemessenen Verhältnis zu den ersparten Netzausbaukosten). Für Mecklenburg-Vorpommern hat eine Studie der Universität Rostock im Auftrag des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung ergeben, dass eine Spitzenkappung mit einem um 3 Prozent geringeren Jahresenergieertrag die Netzausbaukosten um etwa 11 Prozent bis zum Jahr 2025 reduzieren würde. Drucksache 6/5279 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 2. In welchen Netzgebieten fanden die meisten Abschaltungen statt? Da der Landesregierung keine Auswertung der Einspeisemanagementmaßnahmen aus dem Netzgebiet der e.dis AG vorliegt, lässt sich diese Frage nicht abschließend beantworten. Die WEMAG Netz GmbH (http://www.wemag-netz.de/veroeffentlichungen/gesetzl_auflagen/ enwg/esm/index.html) und die e.dis AG (https://www.e-dis.de/cps/rde/xchg/edis/ hs.xsl/715.htm) stellen auf ihren Internetseiten Angaben zu den einzelnen Einspeisemanagementmaßnahmen mit den entsprechenden Informationen zu regionalen Häufungen zur Verfügung. 3. Wie verteilten sich die Abregelungen auf die einzelnen erneuerbaren Energieträger? Im Netzgebiet der 50 Hertz Transmission GmbH verteilten sich die Abregelungen in den Jahren 2010 bis 2014 (bezogen auf die gesamten Abregelungen erneuerbarer Energien im 50 Hertz-Übertragungsnetz in Mecklenburg-Vorpommern im jeweiligen Jahr, siehe Tabelle in der Antwort zu Frage 1.) wie folgt: Erneuerbarer Energieträger 2010 2011 2012 2013 2014 (Angaben in Prozent) Windenergie Onshore - 92 82 - 100 Windenergie Offshore - 8 18 - 0 Im Netzgebiet der WEMAG Netz GmbH verteilen sich die Abregelungen für die Auflösung von Netzengpässen zu etwa 95 Prozent auf Windenergieanlagen an Land und rund 5 Prozent auf Solarenergieanlagen pro Jahr. Für das Netzgebiet der e.dis AG ist aufgrund der nicht vorliegenden Daten keine Aussage möglich. Für das Jahr 2015 ergibt sich für die ersten drei Quartale nach den Daten der Bundesnetzagentur folgende Verteilung der Abregelungen auf die einzelnen erneuerbaren Energieträger in Mecklenburg-Vorpommern. Erneuerbarer Energieträger Anteil an der Ausfallarbeit in Prozent Windenergie Onshore 92,95 Windenergie Offshore 3,31 Solarenergie 3,73 Biomasse (einschließlich Biogas) 0,01 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5279 5 4. In wie vielen Fällen erhielten Betreiber für ihre Ausfälle eine Entschädigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EEG? In wie vielen Fällen erhielten Betreiber eine vollständige Entschädigung der ihnen entgangenen Einnahmen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 EEG, da ihre Ausfälle ein Prozent ihres Jahresertrages überstiegen? Alle von Einspeisemanagementmaßnahmen betroffenen Anlagenbetreiber sind entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Absatz 1 des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2014) vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 10 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2498), entschädigt worden. Der Landesregierung liegen weder anlagen- noch betreiberscharfe Daten zu Einspeisemanagementmaßnahmen vor. Die WEMAG Netz GmbH gab an, dass die 95 Prozent-Regelung nach § 15 Absatz 1 Satz 1 EEG in ihrem Netzgebiet nur bei wenigen Einzelfällen zum Tragen gekommen ist. 5. Welche Kosten sind nach Informationen der Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren durch die Abregelung von Anlagen erneuerbarer Energien entstanden (bitte für die Jahre 2010 bis 2015 einzeln aufschlüsseln)? Die von den Netzbetreibern nach § 15 Absatz 1 EEG geleisteten Entschädigungszahlungen infolge von Einspeisemanagementmaßnahmen sind in nachfolgender Tabelle aufgelistet. Von der e.dis AG liegen keine Daten vor. Die Einspeisemanagementmaßnahmen aus dem Jahr 2015 sind bislang noch nicht vollständig von den Netzbetreibern abgerechnet worden, sodass die geleisteten Entschädigungszahlungen noch nicht genau ermittelt werden konnten. Daher umfasst die angegebene Tabelle die Jahre 2010 bis 2014. Jahr Entschädigungszahlungen nach § 15 Absatz 1 EEG in Tausend Euro 50 Hertz Transmission GmbH WEMAG Netz AG 2010 0 0 2011 6 0 2012 12 0 2013 0 60 2014 1 2.232 Für die ersten drei Quartale des Jahres 2015 schätzt die Bundesnetzagentur die Entschädigungszahlungen in Mecklenburg-Vorpommern auf etwa 12,3 Millionen Euro, wobei die Bundesnetzagentur die Werte trennscharf nach Bundesländern erst seit 2015 erfasst. Neben den Entschädigungszahlungen nach § 15 Absatz 1 EEG entstehen weitere Kosten für die Abregelung von Anlagen erneuerbarer Energien beim Netzbetreiber. Dieser muss die Infrastruktur für die technischen Systeme, die Datenerfassung für das Aufrechterhalten der Systeme und die Personalkosten bereitstellen. Drucksache 6/5279 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Des Weiteren werden die ausgezahlten Entschädigungen an die Anlagenbetreiber mit einem Zeitverzug von 2 Jahren für die Refinanzierung anerkannt, sodass bei dem Netzbetreiber Zinsaufwendungen für diesen Zeitverzug entstehen. Für die genannten Punkte sind zum Beispiel bei der WEMAG Netz GmbH im Jahr 2015 Kosten in Höhe von mehr als 300.000 Euro entstanden, die sich zur Hälfte aus Vorfinanzierungsaufwendungen und zur anderen Hälfte aus operativen Mehraufwendungen für die Regelungs-, Prüfungs- und Vergütungsprozesse ergeben. 6. In Schleswig-Holstein hat das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft , Umwelt und ländliche Räume im Dezember 2015 einen Bericht zur Abregelung von Strom aus erneuerbaren Energien und zu daraus resultierenden Entschädigungsansprüchen in den Jahren 2010 - 2014 veröffentlicht. Warum hat die Landesregierung bisher eine vergleichbare Veröffentlichung für Mecklenburg-Vorpommern nicht vorgelegt und plant sie, dies in Zukunft zu tun? Die Zuständigkeit hierfür liegt bei der Bundesnetzagentur als Bundesbehörde, die diese Daten erhebt und veröffentlicht. Die regionalen Differenzierungen sind allerdings aufgrund der jeweils bundesländergrenzenübergreifenden Netzgebiete der beiden größeren Verteilnetzbetreiber im Land nicht ohne erheblichen Aufwand abgrenzbar.