Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Mai 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5355 6. Wahlperiode 09.05.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek und Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verträge mit Institutionen, die Wohnaußenstellen der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge betreiben und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Angesichts der extrem hohen Flüchtlingszugänge im Herbst 2015 und der ungewissen Dynamik konnte nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Situation in den darauf folgenden Monaten erheblich entspannt. Es wäre aus Sicht der Landesregierung fahrlässig gewesen, auf einen schnellen Rückgang der Flüchtlingszahlen zu spekulieren und Verträge mit sehr kurzer Laufzeit mit den Betreibern einzelner Unterkünfte abzuschließen. Darüber hinaus ist fraglich, ob Betreiber für einen bespielhaften 3-Monats-Betreibervertrag überhaupt genug Personal am Arbeitsmarkt hätten gewinnen können. In einem Beitrag des Norddeutschen Rundfunks wurde darüber berichtet, dass die Comtact - Gesellschaft für Dienstleitungen, Infrastruktur und Bauten in Schwerin eine Wohnaußenstelle Schwerin in der Werkstraße zur Aufnahme von Flüchtlingen betreibt und dafür monatlich eine vertraglich vereinbarte Summe von 125.000,00 Euro erhält. Drucksache 6/5355 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Welche konkreten Leistungen wurden im Rahmen des Vertrages mit der Comtact - Gesellschaft für Dienstleitungen, Infrastruktur und Bauten zum Betrieb der Wohnaußenstelle Schwerin Werkstraße vereinbart ? Mit dem Unternehmen Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mit beschränkter Haftung ist die Betreibung der Unterkunft und die Betreuung der im Bedarfsfall untergebrachten Flüchtlinge vereinbart worden. Zu diesen Leistungen gehören insbesondere: - Aufnahme von Asylbegehrenden durch Registrierung und Zimmerzuweisungen, - Erfassung der täglichen Belegung in der Unterkunft, - durchgängige Betreuung der Asylbegehrenden und Asylbewerber/innen einschließlich Belehrungen und individuelle Beratungen, - Vermittlung von allgemeinen Informationen, zum Beispiel zum Ausländer-, Asyl- und Leistungsrecht, zum Leben in der Bundesrepublik Deutschland oder zur Gesundheitsvorsorge , - Durchsetzung der Hygienevorschriften, - Konfliktbewältigung, - Durchführung von präventiven Maßnahmen zur Konfliktvermeidung, - Beteiligung der Asylbegehrenden und Asylbewerber/innen entsprechend ihrer Fähigkeiten am Betrieb der Unterkunft (Schaffung von gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten, zum Beispiel für die Reinigung der Sanitär- und Gemeinschaftsräume oder die Pflege der Außenanlagen), - Beschaffung von Gegenständen für den täglichen Bedarf, - regelmäßige Kinderbetreuung, - Unterstützung bei religiösen Veranstaltungen, - Ausübung des Hausrechtes gegenüber Dritten (zusammen mit dem für die Bewachung beauftragten Unternehmen), - Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung, insbesondere Gewährleistung der Einhaltung der Hausordnung durch Informationen an die Bewohner und Bewohnerinnen, - Versorgung mit Kalt- und Warmgetränken, - Aufsicht im Speisesaal während der Mahlzeiten, - Bereitstellung und Reinigung der Gemeinschaftswäsche (Handtücher, Bettwäsche, Decken), - Unterstützung bei der Reinigung der persönlichen Wäsche, - Ersatzbeschaffungen, zum Beispiel für Hygieneartikel, - Fahrdienst oder Ausgabe von Fahrscheinen für den öffentlichen Personennahverkehr, - Einrichtung und Unterhaltung eines Erste-Hilfe-Stützpunktes, - Sicherstellung der ständigen telefonischen Erreichbarkeit, - Informationen in Notfällen oder bei Ausfall der technischen Anlagen an Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Landesverwaltung und/oder Versorgungsunternehmen sowie - Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht im Rahmen der Betreibungsaufgaben, insbesondere bei festgestellten Schäden, Mängeln oder sonstigen Auffälligkeiten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5355 3 2. Unterscheiden sich die mit der Comtact - Gesellschaft für Dienstleitungen , Infrastruktur und Bauten vereinbarten vertraglichen Bedingungen von den mit anderen Trägern vereinbarten vertraglichen Bedingungen zu anderen Wohnaußenstellen? Wenn ja, in welchen Punkten? Die vertraglichen Bedingungen, die mit der Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mit beschränkter Haftung vereinbart wurden, unterscheiden sich von den mit anderen Betreibern der Aufnahmeeinrichtungen des Landes vereinbarten Bedingungen vor allem hinsichtlich der Aufgaben zur Erstherrichtung der Unterkünfte, der Mitwirkungspflichten im Asyl-/Verwaltungsverfahren (in Horst und Stern-Buchholz), der Vergütung und der Laufzeit. Abhängig vom jeweiligen Bedarf wurden die Verträge mit den Betreibern verhandelt. 3. Wurden vertragliche Bedingungen vereinbart, die eine Reduzierung der monatlich durch das Land zu zahlenden Summe für den Fall beinhaltet , dass die Wohnaußenstelle gar nicht oder nur teilweise zur Erstaufnahme von Flüchtlingen genutzt wird? a) Wenn ja, welche konkreten Bedingungen wurden vereinbart? b) Wenn nein, aus welchen Gründen wurden für derartige Fälle keine Bedingungen vereinbart? Zu 3, a) und b) Bei vollständiger Belegung der Aufnahmeeinrichtung erhält der Auftragnehmer eine monatliche Pauschale. Bei Unterschreitung der maximalen Belegungskapazität der Einrichtung ist der Betrag um die Minderaufwendungen, wie zum Beispiel in den Bereichen Versorgung und Wäschereibedarf, entsprechend zu kürzen. 4. Welche Leistungen sind in einer Erstaufnahmeeinrichtung inklusive Wohnaußenstellen auch dann vorzuhalten, wenn diese Einrichtung lediglich als Vorhalteeinrichtung genutzt wird und dort keine Betreuung von Flüchtlingen erfolgt? Die Entscheidung über vorzuhaltende Leistungen wird in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, unter Beachtung der Gesamtumstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, getroffen. Im Rahmen dessen werden die bestehenden Handlungsalternativen, unter Berücksichtigung der im Falle einer Belegungsabsicht zur Verfügung stehenden Vorlaufzeit, geprüft. Der vorzuhaltende Leistungsumfang in Wohnaußenstellen, die beispielsweise innerhalb eines Tages aufnahmebereit sein sollen, ist mit Ausnahme der Essens- und Getränkeversorgung nahezu vollumfänglich gewährleistet. Drucksache 6/5355 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Eine Reaktion auf ein erneutes Anwachsen des Zugangs von Asylbegehrenden, innerhalb einer angemessenen Zeit, ist damit realisierbar. 5. Welches Personal ist in einer Erstaufnahmeeinrichtung inklusive Wohnaußenstellen auch dann vorzuhalten, wenn diese Einrichtung lediglich als Vorhalteeinrichtung genutzt wird und dort keine Betreuung von Flüchtlingen erfolgt? Ein Mindestmaß an personeller Besetzung ist erforderlich, um die entsprechenden Einrichtungen im Bedarfsfall zeitgerecht reaktivieren zu können. Je nach Einrichtung und vorhandener Infrastruktur kann der Einsatz von Personal aus den Bereichen Betreuung, Bewachung und Bewirtschaftung erforderlich sein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Laut Bericht des NDR prüft das Ministerium für Inneres und Sport, ob der Vertrag mit der „Comtact - Gesellschaft für Dienstleitungen, Infrastruktur und Bauten“ angepasst werden kann. Mit welchem Ziel und welchem Ergebnis erfolgte die Prüfung? Geprüft wurde, ob und inwieweit die monatlich zu leistende Vergütung und die vereinbarte Vertragslaufzeit reduziert werden können. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass dies nicht möglich ist. 7. Wann läuft der Vertrag mit der „Comtact - Gesellschaft für Dienstleitungen , Infrastruktur und Bauten“ aus und welche Planungen hat die Landesregierung zu zukünftigen Vertragsbedingungen und Vertragsabschlüssen, um eine ausreichende Anzahl von Erstaufnahmeplätzen in Mecklenburg-Vorpommern vorzuhalten? Der Vertrag mit dem Unternehmen Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mit beschränkter Haftung läuft bis zum 30. Juni 2016. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beabsichtigt, die Liegenschaft zukünftig zu nutzen. Angesichts der gegenwärtigen Zugangszahlen und aufgrund der beschleunigten Asylverfahren ist beabsichtigt, die Anzahl von Erstaufnahmeplätzen in Mecklenburg-Vorpommern dem voraussichtlichen Bedarf anzupassen. Damit die Aufnahmekapazität als ausreichend bezeichnet werden kann, sind auch zukünftig vorzuhaltende Reserven erforderlich. Aufgrund der unvorhersehbaren weiteren Entwicklung ist die fortlaufende Prüfung der bestehenden Verträge maßgebend. Inhaltliche Anpassungen werden, soweit erforderlich, vorgenommen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5355 5 8. Welche weiteren Einrichtungen, bzw. Wohnaußenstellen werden derzeit mit dem Zweck der Aufnahme von Flüchtlingen im Auftrag der Landesregierung vorgehalten und wie ist deren Belegung? Auf die nachfolgende Übersicht wird verwiesen: Erstaufnahmeeinrichtung (EAE)/ Wohnaußenstelle (WASt) Belegung (Stand: 25.04. 2016) EAE - Nostorf/Horst 163 EAE - Außenstelle Stern-Buchholz 45 WASt Basepohl (Stavenhagen) 249 WASt Fünfeichen (Neubrandenburg) 418 Gesamt 875