Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Mai 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5373 6. Wahlperiode 09.05.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm und Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Auswirkungen der AOK-Ausschreibung für Zytostatika auf Mecklenburg- Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 2010 entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, dass die AOK Berlin-Brandenburg die Versorgung von Berlin mit parenteralen Zytostatika europaweit ausschreiben darf. Damit wurde ab dem 01.12.2010 die Versorgung der AOK-Versicherten mit Zytostatika nur noch von der Apotheke übernommen, die den Zuschlag in dem jeweiligen Gebietslos erhalten hatte. Jetzt beabsichtigt die AOK Nordost auch für ihre Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern eine europaweite Ausschreibung von Zytostatika. 1. Seit wann sind die Pläne der AOK Nordost, die Versorgung mit Zytostatika in Mecklenburg-Vorpommern europaweit auszuschreiben, der Landesregierung bekannt? Die AOK Nordost hat die Ausschreibung für Mecklenburg-Vorpommern (und Brandenburg) am 16.03.2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:89216-2016:TEXT:DE:HTML&src=0). Am 17.03.2016 wurde erstmals in der Fachpresse über diese Ausschreibung berichtet. Drucksache 6/5373 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Folgen sieht die Landesregierung durch eine solche europaweite Ausschreibung auf die Patienten und die Apotheker in Mecklenburg-Vorpommern zukommen? Die AOK Nordost, die der Rechtsaufsicht des Landes Brandenburg untersteht, setzt nach eigenen Angaben eine vergleichbare Ausschreibung wie in Berlin bereits seit dem 01.12.2010 um. Besondere Folgen - etwa solche mit negativen Auswirkungen auf die Versorgung beziehungsweise Apothekenlandschaft - seien dort nicht aufgetreten. Auch für Mecklenburg- Vorpommern erwartet die AOK Nordost keine negativen Auswirkungen. Der Landesregierung liegen keine gegenteiligen Erkenntnisse vor. 3. Durften bei den bisherigen Ausschreibungen, wie in Berlin und Hessen, auch Apotheken ohne Zuschlag die Patienten weiterhin mit Zytostatika versorgen? Nach Angaben der AOK Nordost hat der Apotheker, der im Rahmen dieser Ausschreibung den Zuschlag für die Belieferung eines Gebietsloses erhält, das Exklusivrecht zur Lieferung der Zytostatika. Apotheken ohne Zuschlag seien nicht lieferberechtigt. Diese Vorgehensweise werde aktuell durch das Bundessozialgericht ausdrücklich bestätigt (Urteil vom 25.11.2015, Az. B 3 KR 16/15 R). 4. Haben diese Apotheken mit einer Nichtbezahlung ihrer Leistungen durch die AOK Nordost zu rechnen, also einer Retaxation auf null, wie es in Hessen durch die AOK Hessen erfolgt ist? Nach Auffassung der AOK Nordost sind Apotheken ohne Zuschlag nicht lieferberechtigt und haben keinen Anspruch auf eine Vergütung und werden demzufolge „auf Null“ retaxiert. Auch dieses Verfahren werde in der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts als rechtmäßig bestätigt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5373 3 5. Wie werden bei einer Begrenzung der Versorgung auf die Apotheken, die den Zuschlag erhalten haben, das Recht der Patienten auf freie Wahl der Apotheke und die Durchsetzung des Prinzips einer möglichst wohnortnahen medizinischen Versorgung gewährleistet? Aufgrund einer Ausnahmevorschrift (siehe § 11 Absatz 2 Apothekengesetz) dürfen Zytostatika zur ambulanten Chemotherapie direkt vom herstellenden Apotheker an den anwendenden Arzt abgegeben werden. Auch im Rahmen der Ausschreibung werden in Zukunft die Zytostatika von den Apotheken nach wie vor direkt an die Arztpraxen geliefert, in der die Patienten betreut werden und dort „parenteral“ (in der Regel als Infusion) die Zytostatika verabreicht bekommen. Daher ändert sich für die Patienten durch die Ausschreibung im Versorgungsablauf nichts. Darüber hinaus ist nach Angaben der AOK Nordost die Beteiligung von regionalen Apotheken auch zukünftig sichergestellt. Im Rahmen der Ausschreibung werde berücksichtigt, dass Zytostatika in bestimmten Fällen kurzfristig (zum Beispiel nach vorheriger Kontrolle der Blutwerte) zur Verfügung stehen müssen. Damit die Patienten in diesen Fällen nicht verlängerten Wartezeiten ausgesetzt sind, muss die Belieferung (gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit weiteren Apotheken vor Ort) regelmäßig in 45 Minuten möglich sein.