Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. Mai 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5380 6. Wahlperiode 30.05.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Ulrike Berger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wartefristen für Schulen in freier Trägerschaft und ANTWORT der Landesregierung Das Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern sieht vor, dass Schulen in freier Trägerschaft - mit Ausnahme bestimmter Förderschulen und -klassen - erst drei Jahre nach Aufnahme des Unterrichts Finanzhilfen des Landes nach § 128 des Schulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern erhalten („Wartefrist“). Die Schulen müssen diese Zeit aus Eigenmitteln überbrücken. Dies geschieht zum Teil durch Elternbeiträge, Kreditaufnahmen durch die gemeinnützigen Träger, aber auch durch Gehaltsverzicht von Lehrkräften. 1. Trifft es zu, dass der Freien Schule Bröbberow bzw. ihrer Trägerin nach genehmigter Erweiterung des Grundschulbetriebs um die schulartunabhängige Orientierungsstufe eine erneute dreijährige Wartefrist auferlegt wurde, in der für die Orientierungsstufe keine Finanzhilfen nach § 128 des Schulgesetzes Mecklenburg- Vorpommern gezahlt werden? a) Wenn ja, handelt es sich aus Sicht der Landesregierung bei der schulartunabhängigen Orientierungsstufe um eine eigenständige Schulart, obwohl sie nach § 11 Absatz 2 Schulgesetz Mecklenburg- Vorpommern nicht zu den Schularten gezählt wird? b) Auf welcher Rechtsgrundlage beruht die Auferlegung einer neuen Wartefrist? Mit Bescheid vom 13.07.2011 erhielt die Aktiv in MV gGmbH die Genehmigung zum Betrieb einer Grundschule. Für das Schuljahr 2014/2015 erhielt der Schulträger erstmals Finanzhilfe. Drucksache 6/5380 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Mit Bescheid vom 27.05.2015 erging die Genehmigung zum Betrieb einer Orientierungsstufe an der Grundschule. Im Rahmen der Finanzhilfe 2015/2016 wurden die Schülerinnen und Schüler der Orientierungsstufe zunächst nicht berücksichtigt. Zu a) Gemäß § 118 Absatz 1 Schulgesetz sind Schulen in freier Trägerschaft Ersatzschulen, wenn sie in ihren Bildungs- und Erziehungszielen den Bildungsgängen und Schularten entsprechen, die im Schulgesetz genannt sind. Zu diesen Schularten gehört gemäß § 11 Absatz 2 Schulgesetz unter anderem die Grundschule , die integrierte und kooperative Gesamtschule und die Regionalschule. Die Grundschule umfasst gemäß § 13 Absatz 1 Schulgesetz die Klassenstufen 1 bis 4. Die Orientierungsstufe umfasst gemäß §§ 15 bis 18 sowie § 19 Absatz 2 Schulgesetz die Jahrgangsstufen 5 und 6. Sie ist das Bindeglied zwischen dem Primarbereich und den nachfolgenden Bildungsgängen. Zu b) Gemäß § 127 Absatz 6 Satz 1 Schulgesetz werden Finanzhilfen im Sinne von § 128 Schulgesetz erst drei Jahre nach Aufnahme des Unterrichts (Wartefrist) gewährt. Die Erfüllung dieser Wartefrist bezieht sich dabei immer auf den genehmigten Schulteil. Die Wartefrist dient der Erprobung, ob die Schule vom Schulträger nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden kann. Beim Ausbau einer bereits betriebenen Schule wird für den neuen Schulteil die Anwendung der Wartefristregelung geprüft. Die Anwendung der Wartefristregelung wurde im Fall der Freien Schule Bröbberow noch einmal überprüft. Aufgrund ihres pädagogischen Profils wurde die Freie Schule Bröbberow als aufbauende Schule bewertet, in welcher die neu genehmigte Erweiterung bereits von Anfang an angelegt war. In diesen Fällen wird die Erfüllung der Wartefrist auch auf den neu genehmigten Schulteil bezogen. Daher erging ein neuer Finanzhilfebescheid für die Freie Schule Bröbberow mit Berücksichtigung der Schülerinnen und Schüler der Orientierungsstufe. 2. In welchen Fällen wurde seit dem Jahr 2006 bei der Erweiterung einer Schule um eine schulartunabhängige Orientierungsstufe eine entsprechende Wartefrist auferlegt? Im Rahmen der Erweiterung der Grundschule „Peeneschule“ in Groß Gievitz um eine schulartunabhängige Orientierungsstufe wurde eine Wartefrist auferlegt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5380 3 3. In welchen Fällen wurde seit dem Jahr 2006 bei der Erweiterung einer Schule um eine schulartunabhängige Orientierungsstufe auf eine entsprechende Wartefrist verzichtet und aus welchen Gründen? Bei folgenden Schulerweiterungen wurde auf eine Wartefrist verzichtet: - Benjamin Schule Remplin, - BIP-Kreativitätszentrum Neubrandenburg, - Christliche Münsterschule Bad Doberan, - Evangelische Grundschule Benz, - Evangelische Grundschule Waren, - Evangelische Grundschule Langhagen, - Evangelische Grundschule Neustrelitz, - Evangelische Grundschule „Paolo Freire“ Parchim, - Evangelische Grundschule Wismar, - Evangelische Grundschule Walkendorf, - Evangelische Grundschule Stralsund, - Evangelische Inklusive Schule „An der Maurine“ Schönberg, - Evangelische Schule „Peeneburg“ Anklam, - Freie Schule Bützow, - Freie Schule Rosenow, - Freie Schule Wismar, - Haus des Lernens Schwerin, - „Storchenschule“ Cammin, - Katholische Grundschule Edith Stein Ludwigslust, - Montessori-Schule Schwerin und - Universitas Rostock. Die Wartefrist hat den Zweck, den Einsatz öffentlicher Mittel an einen Erfolgsnachweis zu binden. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umfasst auch die Befugnis zu entscheiden, wann er diesen Nachweis als erbracht ansieht. Der Staat darf seine Finanzhilfe von einer hinreichend soliden Existenzbasis der Ersatzschule abhängig machen, die der Gründung Aussicht auf dauerhaften Bestand verleiht. Der Landesgesetzgeber darf im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit ferner berücksichtigen, dass öffentliche Mittel effektiv zu verwenden sind. Bei neu gegründeten Schulen ist nicht absehbar, ob sie auf Dauer Bestand haben werden. Jede neu gegründete Privatschule begibt sich in Konkurrenz zu vorhandenen öffentlichen und privaten Schulen. Sie muss den bereits vorhandenen Schulen Schülerinnen und Schüler abgewinnen und diese an sich binden. Hierfür muss sie sich pädagogisch bewähren. Ob ihr dies gelingt, darf der Gesetzgeber eine Zeit lang abwarten, ehe er zur ständigen Förderung übergeht (BVerfGE 90, 107, juris Rn. 36 ff., Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.12.2010, NVwZ-RR 2011, S. 221 ff., Urteil vom 18.09.2001, DVBl. 2001, S. 1753 ff.). In den genannten Fällen wurden die betreffenden Ersatzschulen aufgrund ihrer pädagogischen Profile als aufbauende Schulen bewertet, in denen die jeweils neu genehmigte Erweiterung bereits von Anfang an angelegt war. In diesen Fällen wird die Erfüllung der Wartefrist auch auf den neu genehmigten Schulteil bezogen. Drucksache 6/5380 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. In welchen Fällen wurde seit dem Jahr 2006 bei der Erweiterung einer Schule um eine Schulart eine entsprechende Wartefrist auferlegt? Der Evangelischen Schule Dettmannsdorf wurde bei der Erweiterung der Regionalschule um eine Grundschule eine Wartefrist auferlegt. Der Kinderkunstakademie Rostock und der Greenhouse School Graal-Müritz wurde bei der Erweiterung des Schulbetriebs um den gymnasialen Bildungsgang eine Wartefrist auferlegt. Dem Michaelshof Rostock wurde bei der Erweiterung einer Förderschule um eine Grundschule eine Wartefrist auferlegt. 5. In welchen Fällen wurde seit dem Jahr 2006 bei der Erweiterung einer Schule um eine schulartunabhängige Orientierungsstufe auf eine entsprechende Wartefrist verzichtet und aus welchen Gründen? Siehe Antwort auf die Frage 3. 6. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass bei einer Erweiterung einer Grundschule mit schulartunabhängiger Orientierungsstufe zu einer Gesamtschule oder Regionalen Schule bis Klassenstufe 10 eine nochmalige Wartefrist aufzuerlegen ist (bitte begründen)? Die Entscheidung zur Wartefrist richtet sich nach § 127 Absatz 6 Satz 1 Schulgesetz. Entscheidet sich der Schulträger im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes, eine bestehende Grundschule mit Orientierungsstufe um eine Regionalschule zu erweitern und war dies von Anfang an so geplant, wird keine neue Wartefrist auferlegt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5380 5 7. In welchen Fällen wurde seit dem Jahr 2006 gegen die Auferlegung einer Wartefrist im Zusammenhang mit einer Schulerweiterung geklagt? a) In welchen Fällen war die Klage erfolgreich und in welchen Fällen wurde sie abgewiesen? b) In welchen Fällen wurde ein Vergleich geschlossen und welchen Inhalt hatte dieser Vergleich jeweils? c) Welche Verfahren sind derzeit noch nicht abgeschlossen? Zu 7, a), b) und c) Die Evangelische Schule Dettmannsdorf und die Freie Schule Bröbberow haben gegen die Auferlegung der Wartefrist jeweils Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin eingelegt. Diese Klagen sind noch anhängig. 8. In welchen Fällen seit dem Jahr 2006 wurde eine bereits genehmigte Schulerweiterung nicht umgesetzt? In keinem Fall wurde eine bereits genehmigte Schulerweiterung nicht umgesetzt.