Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 17. Juni 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5495 6. Wahlperiode 20.06.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt und Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Bundesteilhabegesetz und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie bewertet die Landesregierung den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen? Seit 2007 setzt sich die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern für die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen auf den Arbeits- und Sozialministerkonferenzen ein. Insofern begrüßt die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern die Vorlage eines Referentenentwurfes zum Bundesteilhabegesetz (BTHG). Im Interesse der Menschen mit Behinderungen sollte die Reform der Eingliederungshilfe durch das BTHG keinesfalls scheitern. 2. Wie wurde die Landesregierung bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes einbezogen, zum Beispiel in die Arbeit der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz der ASMK oder in anderen Gremien? Die Landesregierung wurde im Rahmen der Mitwirkung in Bund-Länder-Arbeitsgruppen in die Diskussionen zur Erarbeitung des Entwurfes eines BTHG einbezogen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Drucksache 6/5495 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Inwieweit wurden die Beschlüsse, die die Arbeits- und Sozialminister auf der 84. und 92. Arbeits- und Sozialministerkonferenz diesbezüglich gefasst haben, bei dem Gesetzentwurf vollständig oder in welchen Teilen berücksichtigt und in welchen Punkten sieht die Landesregierung Korrekturbedarf am Gesetzentwurf? Nach Auffassung der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern werden im Referentenentwurf die nach den Beschlüssen der ASMK wichtigsten Eckpunkte, die auch die UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigen, angesprochen. Das gilt vor allem für: - die Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung der auf Leistungen angewiesenen Menschen durch partizipative Bedarfsfeststellung und Leistungsorganisation, Personenund Wirkungsorientierung der Fachleistungen sowie die Möglichkeit von Geldpauschalleistungen , - die Ermöglichung einer qualifizierten ergänzenden Beratung, die als eine von den Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige Beratung durchgeführt werden soll und dem Prinzip des Peer Counseling Rechnung trägt, - die inklusive Systementwicklung, das heißt die Stärkung und Ertüchtigung der Regelsysteme ; dazu gehört insbesondere die Trennung von Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen, - die Verbesserungen beim Einkommens- und Vermögenseinsatz, insbesondere für erwerbstätige Menschen mit hohem Assistenzbedarf und ihre Ehe- und Lebenspartner, - die Einführung eines bundesgesetzlichen Rahmens für ein partizipatives und trägerübergreifendes Bedarfsermittlungs- und -feststellungsverfahren, mit dem Systemund Leistungsschnittstellen im Interesse der Leistungsberechtigten überwunden und zu einem wirkungsorientierten Leistungsgeschehen wie aus einer Hand zusammengeführt werden, - die Vermeidung von Ungerechtigkeiten durch Leistungsunterschiede in den Bundesländern , - die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, insbesondere am allgemeinen Arbeitsmarkt. Hierzu gehört unter anderem die Verbesserung der Übergänge von der WfbM zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung durch das Budget für Arbeit und weitere geeignete Maßnahmen, - die Stärkung der Steuerungsfähigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe auf der Strukturebene, - die Lösung der Schnittstellenproblematik, insbesondere zur Kranken- und Pflegeversicherung , im Interesse der Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Reformprozesse zum Bundesteilhabegesetz und zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und - die Aufgabe der Trennung zwischen ambulanter und stationärer Leistungserbringung. Trotz der grundsätzlich positiven Bewertung gibt es aus Sicht der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern an einigen Stellen Veränderungs- beziehungsweise Ergänzungsbedarfe . Diese sind dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in einer gemeinsamen Stellungnahme aller Bundesländer vom 18. Mai 2016 und zusätzlich in einer Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg- Vorpommern vom 18. Mai 2016 übermittelt worden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5495 3 Insbesondere wurde die Bundesregierung aufgefordert, - die im Referentenentwurf enthaltenen Kostenfolgenabschätzungen zu überarbeiten beziehungsweise plausibel zu begründen, - eine verbindliche Kostenübernahmeerklärung bezüglich der durch das Bundesteilhabegesetz für die Träger der Eingliederungshilfe entstehenden Mehrkosten abzugeben sowie - die versprochene Entlastung im Umfang von fünf Milliarden Euro jährlich im Zusammenhang mit der Reform der Eingliederungshilfe umzusetzen und dabei zu gewährleisten, dass diese Entlastung mit dem Bundesteilhabegesetz zeitlich und inhaltlich verknüpft ist und damit auch die Haushalte der Träger der Eingliederungshilfe entlastet werden. Einem systembedingten Anstieg der Kosten der Eingliederungshilfe muss zudem durch eine jährliche Dynamisierung des Entlastungsbetrags begegnet werden. Außerdem besteht Konkretisierungsbedarf unter anderem zu folgenden Punkten: - Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger, - Bedarfsermittlung und Bedarfsfeststellung, - § 32 SGB IX-E ergänzende unabhängige Teilhabeberatung, - Teilhabe am Arbeitsleben, - Vertragsrecht, - Einkommen und Vermögen, - Schnittstelle Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege beziehungsweise Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI, - Schutz von Menschen mit Behinderungen vor nicht geeignetem Personal und - Fragen der Zuständigkeit. 4. Inwieweit werden die Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention aus Sicht der Landesregierung durch den Gesetzentwurf vollständig oder in Teilen umgesetzt und welchen Korrekturbedarf sieht die Landesregierung diesbezüglich? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag zur Verbesserung der Anrechnung des Arbeitsförderentgeltes auf die Leistungen der Grundsicherung bei Beschäftigten in Werkstätten und welchen Korrekturbedarf sieht die Landesregierung in diesem Fall? Die Verbesserung der Anrechnung des Arbeitsförderungsentgeltes auf die Leistungen der Grundsicherung bei Beschäftigten in Werkstätten wird aus Sicht der Betroffenen grundsätzlich positiv gesehen. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern sieht den Bundesgesetzgeber jedoch in der Pflicht, eine verbindliche Kostenübernahmeerklärung bezüglich der durch das BTHG für die Träger der Eingliederungshilfe entstehenden Mehrkosten abzugeben. Drucksache 6/5495 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Wie bewertet die Landesregierung das Vorhaben, dass die bisherigen Aufgaben der Eingliederungshilfe auf die medizinische Rehabilitation beschränkt werden sollen? Entgegen der Fragestellung erfolgt durch den Referentenentwurf keine Beschränkung der Eingliederungshilfe auf die medizinische Rehabilitation. Vielmehr ergibt sich bereits aus Artikel 1 § 5 des Referentenentwurfs, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht nur Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sondern auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, Leistungen zur Teilhabe an Bildung und Leistungen zur sozialen Teilhabe umfassen.