Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5856 6. Wahlperiode 01.08.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aus- und Fortbildung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind in den verschiedenen Bereichen der Justiz tätig, wie zum Beispiel in der ordentlichen Gerichtsbarkeit als Schöffinnen und Schöffen bei den Strafgerichten beziehungsweise in den Kammern für Handelssachen, aber auch in der Verwaltungs-, Arbeits-, Sozialgerichtsbarkeit wie auch in der Finanzgerichtsbarkeit. Sie tragen zur Qualitätssicherung der Rechtsprechung und zur Rechtserziehung der Bevölkerung bei. Ehrenamtliche Richterinnen und Richter haben als Laienrichterinnen und -richter das gleiche Stimmrecht wie die juristisch ausgebildeten Berufsrichterinnen und -richter. In der Regel bedarf es keiner besonderen Vorbildung, um dieses Ehrenamt auszuüben. Eine Ausund Fortbildung ist unter den vorgenannten Vorgaben nur ausnahmsweise anerkannt (BAG AP (Bundesarbeitsgericht Arbeitsrechtliche Praxis) Nummer 1 zu § 26 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetzes) für die Arbeitsgerichtsbarkeit). Rechtliche Kenntnisse sind für dieses Ehrenamt gerade nicht erforderlich. Das Gesetz schließt daher teilweise (an Strafgerichten, in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit) Volljuristinnen und -juristen von diesem Ehrenamt aus. Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sollen nach Möglichkeit frei nach ihren persönlichen Einschätzungen ohne juristische Fachkenntnisse zu einem eigenen Urteil kommen. Drucksache 6/5856 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 In einer ganzen Reihe von Gerichtszweigen sind ehrenamtliche Richterinnen und Richter tätig, unter anderem in der Straf-, Arbeits-, Verwaltungs-, und Sozialgerichtsbarkeit. Alle Bürgerinnen und Bürger sind für den Fall ihrer Wahl oder ihrer Berufung dazu verpflichtet, das ehrenamtliche Richteramt anzunehmen und auszuüben. Es stellt sich die Frage, welche Maßnahmen die Landesregierung ergreift, um die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter mit den Anforderungen, die ein solches Amt an sie stellt, vertraut zu machen. Der Einzelplan 09 des Haushaltsplans 2016/2017 weist lediglich in den Kapiteln „Sozialgerichtsbarkeit“ und „Arbeitsgerichtsbarkeit“ Mittel für „Zuschüsse für Fortbildung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern“ aus. Diese werden jedoch regelmäßig nicht ausgeschöpft. 1. Wie haben sich die Mittel für die Aus- und Fortbildung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte für jede Gerichtsbarkeit gesondert darstellen)? Bei den benannten Titeln in den Kapiteln „Sozialgerichtsbarkeit“ (0907 685.01) und „Arbeitsgerichtsbarkeit“ (0909 685.01) handelt es sich um Zuwendungen gemäß §§ 23, 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) Mecklenburg-Vorpommern auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuschüssen für die Aus- und Fortbildung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Dezember 2005 [Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern (AmtsBl. MV) Seite 1423]. Zweck der Förderung ist es, die nach § 20 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) und nach § 14 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vorschlagsberechtigten Organisationen bei der eigenverantwortlichen Aus- und Fortbildung der Personen zu unterstützen, die ehrenamtliche Richterinnen und Richter bei den Arbeits- und Sozialgerichten des Landes Mecklenburg- Vorpommern oder für ein solches Amt vorgesehen sind. Hintergrund ist, dass die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit auf der Grundlage von Vorschlagslisten berufen werden. Vorschlagsberechtigt sind die in § 14 SGG und § 20 ArbGG aufgeführten Organisationen, welche auch für die Aus- und Fortbildung zuständig sind. Hierfür werden Zuwendungen auf der Grundlage der vorgenannten Richtlinie gewährt. Die Ausgabenentwicklung stellt sich wie folgt dar: Sozialgerichtsbarkeit Haushaltsjahr Ansatz (in Euro) Ist (in Euro) 2006 3.000 3.000,00 2007 3.000 3.000,00 2008 3.000 3.000,00 2009 3.000 3.000,00 2010 5.000 4.969,80 2011 5.000 4.997,17 2012 5.000 5.000,00 2013 5.000 4.871,78 2014 5.500 4.861,80 2015 5.500 4.273,65 2016 5.500 2.618,47 (am 30.06.2016) Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5856 3 Mögliche Rückforderungen nach Auswertung der Verwendungsnachweise sind hierbei unberücksichtigt geblieben. Diese werden auf einem separaten Einnahmetitel verbucht. Arbeitsgerichtsbarkeit Haushaltsjahr Ansatz (in Euro) Ist (in Euro) 2006 17.500 17.500,00 2007 13.000 11.972,82 2008 13.000 11.302,65 2009 13.000 10.906,49 2010 13.000 9.349,52 2011 17.500 12.435,92 2012 13.000 11.255,36 2013 13.000 10.654,68 2014 13.000 9.758,82 2015 13.000 9.113,33 2016 17.000 9.424,07 (am 30.06.2016) Aufgrund der 5-jährigen Amtsperiode der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit ist der Ansatz im Haushalt jeweils für das erste Jahr der Amtsperiode erhöht (2006, 2011, 2016), um dem im ersten Amtsjahr regelmäßig höheren Fortbildungsbedarf gerecht werden zu können. Mögliche Rückforderungen nach Auswertung der Verwendungsnachweise sind hierbei unberücksichtigt geblieben. Diese werden auf einem separaten Einnahmetitel verbucht. In den übrigen Gerichtsbarkeiten (Ordentliche Gerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit und Finanzgerichtsbarkeit) werden in der Regel nach jeder Neuwahl gerichtsinterne Informations- und Einführungsveranstaltungen durchgeführt (siehe auch Antwort zu Frage 2). Im Rahmen dieser Einführungsveranstaltung erhalten die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter grundlegende Informationen zum Gerichtsverfahren und ihrer Rolle als ehrenamtliche Richterinnen und Richter. Zudem erhalten Schöffinnen und Schöffen in Strafsachen eine vom Justizministerium herausgegebene Informationsbroschüre „Ehrenämter in der Justiz - Das Schöffenamt“ (sogenannte Schöffenfibel) sowie die Möglichkeit, die Justizvollzugsanstalten und die Jugendanstalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu besichtigen (siehe Antwort zu Frage 5). Regelmäßig fallen für die von Richterinnen und Richtern durchgeführten Einführungsveranstaltungen keine Honorare an. Soweit von den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern für die Teilnahme an den Einführungsveranstaltungen beziehungsweise Anstaltsbesichtigungen Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder abgerechnet werden, werden diese aus dem Haushaltstitel 412.01 "Entschädigung der ehrenamtlichen Richter" gezahlt. Da aus diesem Titel auch die Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder für die Kerntätigkeiten (Sitzungen, Beratungen) gezahlt werden, kann die genaue Höhe dieser Kosten nicht beziffert werden. Drucksache 6/5856 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 2. Welche Gerichte haben in den letzten zehn Jahren Einführungsveranstaltungen für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter angeboten und durchgeführt? Ordentliche Gerichtsbarkeit Landgericht Stralsund Amtsgericht Stralsund Landgericht Neubrandenburg Amtsgericht Neubrandenburg Amtsgericht Pasewalk Amtsgericht Waren (und das im dortigen Bezirk bis zum 01.02.2015 bestehende Amtsgericht) Landgericht Schwerin Amtsgericht Schwerin Amtsgericht Wismar (Hagenow, Parchim) Landgericht Rostock Amtsgericht Rostock Amtsgericht Güstrow Verwaltungsgerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Verwaltungsgericht Greifswald Verwaltungsgericht Schwerin Arbeitsgerichtsbarkeit Die Gerichte führen zu Beginn einer Amtsperiode im Rahmen der Wahl des Ausschusses der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter gemäß § 29 ArbGG eine Veranstaltung durch, die auch dem Zweck der Einführung in das Amt dient. Im Übrigen erfolgt die Aus- und Fortbildung durch die vorschlagsberechtigten Organisationen (siehe Antwort zu Frage 1). Finanzgerichtsbarkeit Im Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern wurden in den Jahren 2010 und 2015 Informations- und Einführungsveranstaltungen für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter angeboten und durchgeführt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5856 5 3. An welchen Gerichten wurden in den letzten zehn Jahren keine Einführungsveranstaltungen angeboten und welche Gründe führen diese Gerichte hierfür an? Ordentliche Gerichtsbarkeit Oberlandesgericht Rostock: Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in den Spezialsenaten sind in der Regel berufserfahren und schon langjährig tätig, sie benötigen deshalb keine Einführungsveranstaltung. Amtsgerichte Greifswald, Ribnitz-Damgarten (Bergen): Diese Gerichte sehen keinen Bedarf für Einführungsveranstaltungen, da sie die gewählten Schöffinnen und Schöffen beim erstmaligen Einsatz durch die zuständige Richterin/den zuständigen Richter in die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen einweisen. Amtsgerichte Ludwigslust und Grevesmühlen: Diese Gerichte waren zum Zeitpunkt der Schöffenwahlen keine Schöffengerichte. In Landwirtschaftssachen wurden nur langjährig erfahrene ehrenamtliche Richterinnen und Richter eingesetzt. Sozialgerichtsbarkeit Einführungsveranstaltungen werden in der Sozialgerichtsbarkeit nicht durchgeführt, da die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter über vorschlagsberechtigte Organisationen benannt werden (siehe Antwort zu Frage 1). Diese informieren Interessenten vorab und führen im eigenen Namen Fortbildungsveranstaltungen durch. Im Übrigen gibt es in der Sozialgerichtsbarkeit keine einheitliche Amtszeit, sodass Veranstaltungen zum Stichtag nicht angeboten werden können. 4. Gibt es für die einzelnen Gerichtsbarkeiten Regelungen über Inhalt und Umfang der Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern und wenn ja, welche und wie wird deren Einhaltung geprüft? Regelungen zu Art und Umfang der Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern existieren nicht (siehe Vorbemerkung). Drucksache 6/5856 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 5. Sind für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Strafsachen (Schöffinnen und Schöffen) im Rahmen der Unterweisungen Informationsbesuche in Justizvollzugsanstalten beziehungsweise Jugendstrafanstalten vorgesehen und wenn ja, werden diese auch tatsächlich durchgeführt? Für Schöffinnen und Schöffen sind Besichtigungen der Justizvollzugsanstalten und der Jugendanstalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern vorgesehen und werden auch durchgeführt. 6. Fördert die Landesregierung adäquate Fortbildungen durch direkte Zuweisungen an Bildungsträger oder durch die Landeszentrale für Politische Bildung? a) Wenn ja, inwieweit? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu a) Sozialgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit: Eine Förderung der vorschlagsberechtigten Organisationen erfolgt auf der Grundlage der benannten Richtlinie (siehe Antwort zu Frage 1) durch die jeweilige Gerichtsbarkeit. Die vorschlagsberechtigten Organisationen können auch andere Vereine oder Institutionen mit der Durchführung der Veranstaltungen beauftragen. So werden regelmäßig Schulungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter von der Arbeitsgemeinschaft „Arbeit und Leben Mecklenburg-Vorpommern e. V.“ im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes organisiert. Zu b) Andere Förderungen sind nicht vorgesehen. Seitens des für die Beantwortung beteiligten Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur erfolgt keine Förderung für diese Fortbildungen, da diese ausweislich der Zuordnung des Haushaltsgesetzgebers in den Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums fallen (siehe Vorbemerkung und vgl. § 2 Absatz 3 Weiterbildungsförderungsgesetz). Im angefragten Themenkomplex der Fortbildung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter erfolgt keine Förderung adäquater Fortbildungen durch direkte Zuweisungen an Bildungsträger oder durch die Landeszentrale für Politische Bildung, weil die vorgesehenen Einweisungsveranstaltungen als notwendig, aber auch als ausreichend angesehen werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5856 7 7. Inwieweit können Fortbildungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter bei Bildungsträgern nach dem Weiterbildungsförderungsgesetz anerkannt werden? Im Weiterbildungsförderungsgesetz ist eine Anerkennung einzelner Bildungsmaßnahmen beziehungsweise Fortbildungen nicht vorgesehen. Nach §§ 6 und 7 Absatz 2 Weiterbildungsförderungsgesetz besteht die Möglichkeit der Anerkennung nur für Einrichtungen.