Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. August 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5881 6. Wahlperiode 08.08.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwicklung der Kontendatenabrufe und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Kontendatenabrufe durch Finanzbehörden beruhen im Wesentlichen auf Maßnahmen zur Beitreibung rückständiger Steuern. Mecklenburg-Vorpommern hat durch das Finanzamt Neubrandenburg bundesweit die Besteuerung im Ausland lebender Rentner übernommen (etwa 375.000 Steuerfälle). In diesem Verfahren begannen erstmals im Jahr 2013 in größerem Umfang Beitreibungsmaßnamen aufgrund von Zahlungsrückständen. Wenn diese im Ausland lebenden Zahlungspflichtigen ihren Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren nicht nachkommen, sind die Kontendatenabrufe zur Ermittlung etwaiger inländischer Bankkonten notwendig. Ab dem 01.01.2013 sind zudem die Gerichtsvollzieher gesetzlich befugt, unter bestimmten Voraussetzungen Kontendatenabfragen durchzuführen. Ziel ist es, etwaige Vermögenswerte aufzudecken. Diese wesentlichen Änderungen ab 2013 sind die Ursache für die vom Fragesteller in seinen Vorbemerkungen angegebene Erhöhung der Anzahl der Kontendatenabfragen („vervierfacht“ bzw. „verdreifacht“). Aus Sicht der Landesregierung leisten die Kontendatenabfragen in der Praxis einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs, insbesondere bei der Ausführung von Steuergesetzen und Leistungsgesetzen. Zudem dienen sie in besonderem Maße dem Gläubigerschutz, da die Verheimlichung von Vermögenswerten erschwert wird. Drucksache 6/5881 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Von 2008 bis 2013 hat sich die Anzahl der Kontodatenabfragen durch Finanzbehörden gemäß § 93 Absatz 7 Abgabenordnung vervierfacht, die der Kontodatenabfragen durch andere Behörden gemäß § 93 Absatz 8 Abgabenordnung hat sich verdreifacht (Drucksache 6/3275). 1. Wie haben sich die von den Finanzbehörden durchgeführten Kontendatenabrufe nach § 93 Absatz 7 Abgabenordnung im Zeitraum von 2014 bis heute entwickelt? Die von den Finanzbehörden durchgeführten Kontendatenabrufe nach § 93 Absatz 7 Abgabenordnung stiegen aufgrund der in den Vorbemerkungen genannten Ursachen von 2013 zu 2014 weiter an, entwickelten sich im Zeitraum von 2014 bis zum 30.06.2016 jedoch insgesamt rückläufig. Bei einer Gesamtzahl von über 900.000 in den Finanzämtern Mecklenburg-Vorpommerns geführten steuerpflichtigen natürlichen und juristischen Personen wurden in den einzelnen Jahren von den Finanzbehörden die folgenden Kontendatenabrufe durchgeführt: Jahr Veranlagung von Steuern Vollstreckung von Steuerrückständen Steuerliche Außenprüfung Finanzamt allgemein Gesamt 2014 4 1.716 2 29 1.751 2015 1 1.664 2 33 1.700 2016* 0 641 1 14 656 * Für das Jahr 2016 ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2016 angegeben. 2. Wie haben sich die von anderen Behörden durchgeführten Kontendatenabrufe nach § 93 Absatz 8 Abgabenordnung im Zeitraum von 2014 bis heute entwickelt? Die nach § 93 Absatz 8 Abgabenordnung von anderen Behörden durchgeführten Kontendatenabrufe sind mit Ausnahme des Bereichs der Gerichtsvollzieher durchschnittlich in der Gesamtzahl konstant. Ein Anstieg ist im Bereich der Gerichtsvollzieher und bei Abrufen im Rahmen des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) zu verzeichnen. Die Kontendatenabrufe der Gerichtsvollzieher erfolgen nach § 802ℓ Absatz 1 Nummer 2 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 93 Absatz 8 Abgabenordnung. Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten, so ist die Gerichtsvollzieherin beziehungsweise der Gerichtsvollzieher nach diesen Vorschriften seit dem 01.01.2013 berechtigt, beim Bundeszentralamt für Steuern Kontenstammdaten des Schuldners abzufragen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5881 3 Anfragen dürfen nur schriftlich gestellt werden. Die Teilnahme am Kontenabrufverfahren setzt eine entsprechende Zulassung durch das Bundeszentralamt für Steuern voraus. Zu Einzelheiten und zur Begründung wird auf die Drucksache 16/10069 des Deutschen Bundestages verwiesen. Die nach § 93 Absatz 8 Abgabenordnung von anderen Behörden durchgeführten Kontendatenabrufe entwickelten sich von 2014 bis heute im Einzelnen wie folgt: Jahr Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (BAFöG) Wohngeldgesetz (WoGG) Aufstiegsfortbildungs - förderungsgesetz (AFBG) 2014 171 8 0 0 0 2015 163 6 0 1 0 2016* 68 3 0 0 0 Jahr Gerichtsvollzieher (§ 802ℓ Zivilprozessordnung) Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) 2014 2.932 244 2015 3.710 335 2016* 2.173 103 * Für das Jahr 2016 ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2016 angegeben. Die Daten wurden durch Auswertung einer Statistik des Bundeszentralamtes für Steuern ermittelt, die für die Erfassung der durchgeführten Kontendatenabrufe geführt wird. Hierin werden die Rechtsgrundlage und der Zweck des Kontendatenabrufs erfasst. 3. Wie haben sich seit 2014 die rechtlichen Grundlagen für Kontendatenabfragen verändert und welche Zwecke werden damit jeweils verfolgt ? Die rechtlichen Grundlagen für Kontendatenabfragen haben sich seit 2014 nicht verändert.