Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 4. November 2011 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/59 6. Wahlperiode 07.11.2011 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Geplante Reduzierung der Zahl der Amtsgerichte und ANTWORT der Landesregierung Presseberichten zufolge plant die Landeregierung, die Zahl der Amtsgerichte an die neue Kreisstruktur anzupassen und auf acht zu reduzieren. Die aufgehobenen Standorte der Amtsgerichte sollen als Außenstellen erhalten bleiben. Schon 1998 wurde die Zahl der Amtsgerichte aufgrund von Artikel 1 des Gesetzes über kostendeckende Strukturmaßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 1997 von 31 auf 21 reduziert. An den Standorten der aufgehobenen Amtsgerichte wurden sodann vorübergehend Zweigstellen eingerichtet. Heute gibt es keine einzige Zweigstelle mehr, zuletzt wurde 2009 die Zweigstelle Malchin des Amtsgerichts Demmin geschlossen. 1. Inwiefern ist nach Auffassung der Landesregierung eine Anpassung der Amtsgerichtsstruktur an die kommunale Neuordnung zwingend bzw. sinnvoll? a) Aus welchen Gründen hat die Landesregierung die Änderung der Gerichtsstrukturen nicht bereits im Zusammenhang mit der aktuellen Kreisstrukturreform angestrengt (Antwort bitte begründen )? b) Hat die Landesregierung ein Konzept zur Ausgestaltung und Umsetzung der geplanten neuen Amtsgerichtsstruktur erarbeitet und wenn nicht, aus welchen Gründen hat sie davon abgesehen (bitte in der Antwort den wesentlichen Inhalt darstellen)? b) Inwiefern und mit welchem Ergebnis hat die Landesregierung die Richterverbände, den Präsidenten des Oberlandesgerichts, die Präsidenten der Landgerichte, die Direktoren der Amtsgerichte sowie die Personalräte bei den Amtsgerichten angehört? Drucksache 6/59 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Ist nach Auffassung der Landesregierung eine Zweigstelle, insbeson- dere aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger, ein vollwertiger Ersatz für ein Amtsgericht (Antwort bitte begründen)? a) Können nach Auffassung der Landesregierung auch bei einer Zweigstelle Gesichtspunkte, wie Bürgernähe und Ortskenntnisse, hinreichend in die Entscheidungsfindung mit einfließen? b) Wird durch die Aufhebung der Amtsgerichtsstandorte und die Errichtung von Zweigstellen nach Auffassung der Landesregierung der ländliche Raum gestärkt (Antwort bitte begründen)? c) Für welchen Zeitraum beabsichtigt die Landesregierung, Zweigstellen als Ersatz für die zu schließenden Amtsgerichte einzurichten (Antwort bitte begründen)? 3. Wie stellt sich die Amtsgerichtsdichte des Landes im Vergleich zu Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen-Anhalt dar? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Unterbringungssituation an den Amtsgerichten, insbesondere im Hinblick auf getätigte und geplante Investitionen? 5. Wie viele Richterplanstellen gibt es jeweils an den Amtsgerichten? 6. An welchen Amtsgerichten stellt die Landesregierung Schwierigkeiten in der Organisation, insbesondere aufgrund der Zahl der Richterplanstellen , fest? 7. Wie viele Richterplanstellen hält die Landesregierung für erforderlich, um die Funktionsfähigkeit der Amtsgerichte zu gewährleisten? 8. Welche konkreten Einsparungen sind aufgrund der letzten Reform der Amtsgerichtsstrukturen entstanden (Antwort bitte begründen)? 9. Welche konkreten Einsparungen erwartet die Landesregierung auf- grund der geplanten Reduzierung der Zahl der Amtsgerichte (Antwort bitte begründen)? 10. Wie stellt sich die Situation der Liegenschaften der ehemaligen Zweigstellen, insbesondere im Hinblick auf Unterhaltungskosten, Nachnutzung und Verkauf, dar (bitte für jeden Standort getrennt antworten )? Die Fragen 1 bis 10 werden zusammenhängend beantwortet. In dem von der Landesregierung beschlossenen Strategiebericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) Demografischer Wandel, über den der Landtag mit Drucksache 5/4126 vom 28. Januar 2011 unterrichtet wurde, wird ausgeführt, dass die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern sich bereits seit 1991 dem demografischen Wandel im Land kontinuierlich durch die Verringerung der Zahl der Gerichte sowie die Reduzierung von Personal und den zielgerichteten Einsatz moderner Technik angepasst hat. Diese Bemühungen sind - so der Beschluss der Landesregierung - fortzusetzen, um auch langfristig bedarfsgerechte und tragfähige Strukturen bei den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften zu schaffen (vergleiche Ziffer 7.13 und 8.21 des Berichts). Hierbei sind insbesondere die Entwicklungen bei den kleineren Gerichten im Hinblick auf die Ausgestaltung der Gerichtsstandorte kritisch zu prüfen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 5. Wahlperiode Drucksache 6/59 3 Für die Landkreise und kreisfreien Städte des Landes sind mit der Kreisgebietsreform verfassungsgemäße, nachhaltig tragfähige und effiziente Verwaltungsstrukturen geschaffen worden (Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 18. August 2011, Az. LVerfG 21/10, LVerfG 22/10 und LVerfG 23/10). Die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU für die 6. Wahlperiode setzt den Strategiebericht um und sieht das Leitbild der Kreisstrukturreform als wegweisend an. Dementsprechend wurde in der Koalitionsvereinbarung unter Ziffer 374 (Seite 63) vereinbart: „Im Hinblick auf die demografische Entwicklung stehen langfristig tragfähige Strukturen bei den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften im Vordergrund. Im Rahmen der Gerichtsstrukturreform ist die Zahl der Gerichtsstandorte der Struktur der Kreisgebietsreform anzupassen.“ Auf der Grundlage dieser politischen Vorgaben ist nunmehr durch das Justizressort ein Konzept für eine neue Gerichtsstruktur zu erarbeiten, das neben der neuen Kreisstruktur den Entwicklungen an den kleineren Gerichtsstandorten Rechnung trägt. Die Ausgestaltung und Umsetzung des Konzepts wird unter Beteiligung der Gerichte und Staatsanwaltschaften, der Richter-, Staatsanwalts- und Personalvertretungen erfolgen. Dabei dürften unter anderem die folgenden in der Anfrage angesprochenen Gesichtspunkte bezogen auf die einzelnen Standorte zu ermitteln und zu bewerten sein: - Bleiben aufzulösende Amtsgerichte als Zweigstellen oder mit Gerichtstagen der verbleibenden Amtsgerichte erhalten? - Amtsgerichtsdichte in anderen Bundesländern Soweit diese als erhebliches Kriterium angesehen würde, dürften die notwendigen Zahlen mit Blick auf die in anderen Ländern laufenden Gerichtsstrukturreformen zu gegebener Zeit festzustellen sein. - Die Zahl der Richterplanstellen und damit die Größe sowie die Personalsituation und -struktur eines Amtsgerichts Aktuelle Zahlen dürften zu gegebener Zeit zu erheben sein, weil die Situation bei den Richterplanstellen und die Personalsituation insgesamt im Wesentlichen von der Entwicklung der Geschäftsbelastung und der Umsetzung des Personalkonzepts 2010 abhängt. - Liegenschaftsaspekte inklusive Unterbringungssituation Konkrete Einsparungen durch die letzte Reform der Amtsgerichtsstruktur und auch die Einspareffekte einer künftigen Reform lassen sich nicht beziffern, weil die letzte Strukturreform , bei der die bisherigen Gerichtsstandorte zunächst als Zweigstellen fortbestanden, als fortschreitender Prozess angelegt war, der über viele Jahre sukzessive umgesetzt wurde. In diesem Zeitraum von insgesamt über mehr als 11 Jahren haben so viele unterschiedliche Faktoren (u. a. die Einsparungen im Rahmen des Personalkonzepts 2004) z. B. auf die Nutzflächenentwicklung der Amtsgerichte eingewirkt, dass sich eine ursächliche Verbindung zur Gerichtsstrukturreform nicht herstellen lassen dürfte. Im Übrigen lassen sich erzielte Synergieeffekte sowie verbesserte organisatorische Strukturen und Abläufe in der Regel nicht in Geld messen. Drucksache 6/59 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Ziel der künftigen Reform wird in erster Linie sein, im Hinblick auf den demografischen Wandel dauerhaft tragfähige, bedarfsgerechte und effiziente Strukturen zu schaffen.