Der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 1. September 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5901 6. Wahlperiode 02.09.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Erhalt der Warnow-Schleuse am Mühlendamm in Rostock und ANTWORT der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat sich das Ziel gestellt, das „Tourismusland Nr. 1“ in Deutschland zu werden. Dazu gehört auch die Schaffung neuer touristischer Attraktionen. Der motorlose Wassersport spielt dabei in Mecklenburg zunehmend eine wichtige und wachsende Rolle und birgt dazu auch ein enormes gesundheitsförderndes Potenzial. 1. Bekennt sich die Landesregierung zur Bedeutung und zum Erhalt des technischen Denkmals Mühlendammschleuse (MDS) und zu deren weiterer Existenz nach bisher 130 Jahren, ohne diese Bedeutung dabei von einer Machbarkeitsstudie abhängig zu machen? Die Mühlendammschleuse in Rostock ist ein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (DSchG M-V). Die Vorschriften dieses Gesetzes sind bei allen Maßnahmen zu beachten; für die Erhaltung des Denkmales ist der Eigentümer verantwortlich (§ 6 Absatz 1 DSchG M-V). Die Schleuse ist Bestandteil der Bundeswasserstraße Warnow, deren Betrieb und Unterhaltung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes unterliegen . In Ermangelung eines verkehrlichen Schleusenbetriebes hat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes anstelle der Verfüllung des Schleusenbeckens auch die Bereitschaft signalisiert, den Gewässerabschnitt einschließlich des Schleusenbauwerks einem Dritten zu übertragen. Da die Warnow in diesem Bereich keine hinreichende Verkehrsbedeutung besitzt, werden nunmehr im Rahmen eines Gutachtens die wirtschaftlichen Effekte eines touristischen Betriebes untersucht, wobei auch die Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher , naturräumlicher sowie denkmalpflegerischer Aspekte vorgesehen ist. Drucksache 6/5901 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Die Bürgerinitiative, aus der der jetzige gemeinnützige Verein „Mühlendammschleuse e. V.“ hervorgegangen ist, hat mit der Petition „Rostock: Die Schleuse am Mühlendamm darf nicht zugeschüttet werden“ insgesamt 10.700 Unterschriften gesammelt. Bei der zwischenzeitlichen Übergabe mit Stand von 8.400 Unterschriften an die Landtagspräsidentin wurde u. a. gefordert, „sich mit uns und allen Verantwortlichen aus Stadt, Land und Bund an einen „runden Tisch“ zu setzen und gemeinsam nach Finanzierungsmöglichkeiten zur Schleusensanierung zu suchen und zu finden“. Diesen runden Tisch hat es nie gegeben - warum nicht? Ist die Landesregierung bereit, mit Vertretern des Vereins „Mühlendammschleuse e. V.“ zu reden? Das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus hat Gespräche mit Vertretern des Vereins „Mühlendammschleuse e. V.“ geführt. 3. Bisher hat das Verkehrsministerium eine Übernahme der MDS wegen wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit (bezogen auf den Güterverkehr) abgelehnt. Aufgrund der hohen touristischen, und damit auch wirtschaftlichen Bedeutung wird jetzt jedoch der Weiterbetrieb der MDS eingefordert. Minister Pegel hat am 26.11.2015 das Angebot zur Übernahme der MDS abgelehnt (s. a. Ostseezeitung vom 08.05.2015). Welches Landes-Ministerium setzt sich aktuell dafür ein, dass aufgrund der hohen touristischen Bedeutung diese Ablehnung wieder aufgehoben wird und aktuelle Übernahmeverhandlungen aufgenommen werden? In Ermangelung eines verkehrlichen Schleusenbedarfs wird die touristische Nutzbarbarkeit des Gewässerabschnittes einschließlich der Schleuse gutachterlich untersucht. Federführend zuständig für den Tourismus ist das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus. 4. Die Mühlendammschleuse in Rostock ist seit Oktober 2015 durch die Obere Denkmalbehörde als Denkmal anerkannt. Sie ist neben der Hühnerleiter-Schleuse in Plau am See die einzige in ihrer Art in Mecklenburg-Vorpommern und eine der ältesten noch funktionierenden Schleusen in Deutschland. Die Absicht des Eigentümers, die Schleusentore und das Unterhaupt zurückzubauen, einen Hochwasserwall und darüber eine Bootsschleppe zu errichten und die Schleusenkammer mit Sand zu verfüllen, bedeutet eine Vernichtung dieses Denkmals und keine Konservierung. Die Obere Denkmalbehörde vertritt die Auffassung, ein Verfüllen der Schleuse sei durch das Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommerns gedeckt. Welche Position nimmt die Landesregierung zu dieser Frage ein? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5901 3 5. Am 5. Juli 2016 hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern den Antrag 6/5526 „Wassertourismus und Binnenschifffahrt in Mecklenburg- Vorpommern weiter stärken“ angenommen. Im Landeswassertourismuskonzept „Seen- und Flusslandschaft“ vom März 2014 stehen als Maßnahmen die Ausweitung des Angebots der Fahrgastschifffahrt mit Elektrobooten auf der Oberwarnow zwischen Schwaan und Rostock sowie die Wiederherstellung des Schleusenbetriebs der Mühlendammschleuse . Was wurde konkret seitens der Landesregierung unternommen, um die im Konzept genannten Maßnahmen, auch über Finanzierungsmöglichkeiten beim Bund und in der EU, zu realisieren? Zur Stärkung des wassertouristischen Angebots fördert das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus seit Jahren umfangreich die Errichtung und den Ausbau von Wasserwanderrastplätzen . Im Hinblick auf die Mühlendammschleuse wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 - und zwar insbesondere zur Machbarkeitsstudie - verwiesen. 6. Die Hansestadt Rostock hat am 24.08.2011 einen Antrag auf den Ersatzneubau der Mühlendammbrücke mit einer verringerten Bauhöhe [von nur 3,70 m statt 5,20 m (Originalhöhe)] im Plangenehmigungsverfahren gem. § 78 VwVfG in Schwerin gestellt. Im Folgenden sollte und musste die Hansestadt Rostock als Verursacherin die Planung für eine Verkürzung der Schleusenkammer in ihr Planverfahren integrieren , weil mit der beabsichtigten Absenkung der Brückenhöhe die Notwendigkeit einer Verschiebung des Schleusenhauptes erforderlich wurde. Mit Schreiben vom 03.02.2012 erklärte die Hansestadt dann allerdings, die Brückenhöhe nunmehr auf 4,00 m festzulegen und dass damit keine Beeinträchtigung der Belange der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord (WSD-Nord) verbunden wäre. Dies wurde durch die WSD-Nord mit Schreiben vom 16.03.2012 strikt zurückgewiesen. Die Brücke wurde dann trotzdem mit dieser Höhe und in einer geänderten Form (u. a. größere Breite) ohne eine weitere Einbeziehung der WSD-Nord errichtet, welche sich dann aus diesem Prozess zurückzog und die Forderung nach Sanierung der Schleuse zurücknahm. Damit wurden bereits im Februar 2012 Tatsachen geschaffen, die eine künftige Wartung und Wiederinbetriebnahme in der Form der bisherigen Bestandsnutzung für den Eigentümer unmöglich machten. Hat die Landesregierung dieser Verfahrensweise gegen die Belange der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord zugestimmt? Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern als zuständige Planfeststellungsbehörde hat auf Antrag der Hansestadt Rostock eine Plangenehmigung für den Ersatzneubau der Schleusenbrücke im Zuge des Mühlendammes mit Schreiben vom 25. Juli 2013 erteilt. Bezüglich der lichten Durchfahrtshöhe wurden in der Plangenehmigung 4,0 Meter festgeschrieben. Diese Festlegung erfolgte einvernehmlich zwischen der Hansestadt Rostock und dem Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund. Drucksache 6/5901 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 hatte das WSA Stralsund den der Genehmigung zugrundeliegenden Plänen unter der Maßgabe zugestimmt, dass die lichte Durchfahrtshöhe von 4,0 Metern nicht unterschritten wird. Im Jahr 2013 haben die Beteiligten ergänzend zur Plangenehmigung eine Kreuzungsvereinbarung abgeschlossen, in der ebenfalls die lichte Durchfahrtshöhe des Brückenbauwerkes von 4,0 Metern festgeschrieben gewesen ist. Mithin war und ist nicht davon auszugehen, dass die Entscheidung zur Plangenehmigung gegen die Belange der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes erfolgt ist. Maßnahmen an der Schleuse selbst waren nicht Gegenstand des vorgenannten Plangenehmigungsverfahrens . 7. Die angedachte Verfüllung der Schleuse wird als eine zeitlich befristete und damit reversible Maßnahme dargestellt. Doch selbst wenn diese Umkehrung schon in 30 Jahren vorgenommen würde, stellt sich die Frage, welche Schäden für Natur und Landschaft in diesen 30 Jahren dadurch eintreten. Warum wurde zu dieser geplanten Maßnahme keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, um einen möglichen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU WRRL) zu prüfen? Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens für genehmigungspflichtige Maßnahmen an Bundeswasserstraßen oder zugehörigen bundeseigenen Schifffahrtsanlagen obliegt der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Die Eröffnung eines Genehmigungsverfahrens ist der Landesregierung nicht bekannt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist gegebenenfalls Bestandteil der Genehmigungsplanung beziehungsweise des Genehmigungsverfahrens . Die zuständige Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, vertreten durch das WSA Stralsund, hat zu dieser Frage mitgeteilt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei, weil die Schleuse mit der geplanten Verfüllung nicht dauerhaft stillgelegt werde. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5901 5 8. Im Jahr 2015 erfolgte die Fertigstellung der Renaturierung der Nebel mit ca. 7 Millionen Euro Fördermitteln und nach rund 120 Jahren besteht erstmals eine vollständige Durchgängigkeit von der Ostsee über die Warnow und Nebel bis hin zum Krakower See - nur für die kleinen Fische und die noch schwachen Jungfische (insbesondere den Glasaal) fehlt eine Aufstiegsmöglichkeit durch das vorhandene starkströmende Wehr neben der Mühlendammschleuse. Der verschlammte sog. Bleichergraben mit dem nur partiell offenen Mühlenwehr ist ebenfalls dafür ungeeignet. Die Mühlendammschleuse bietet hier nachweislich eine zusätzliche Möglichkeit insbesondere für den Aufstieg der schwimmschwachen Jungfische. a) Hat die Landesregierung geprüft, ob es möglich ist, weitere Gelder aus anderen Fördertöpfen zum Erhalt der Schleuse für die Fischwanderung zu akquirieren, bevor man neben dem Wehr und einer zerstörten Schleuse eine neue Fischtreppe aus anderen Fördermitteln gerade für die Jungfische baut? b) Wenn nicht, warum nicht? Zu a) Nein. Zu b) Die ökologische Durchgängigkeit ist aus Sicht der Landesregierung über das Hauptwehr und den Mühlenumfluter in ausreichender Weise gewährleistet. Die Errichtung einer zusätzlichen Fischaufstiegsanlage ist auch bei Verfüllung der Schleuse nicht vorgesehen.