Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 1. September 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5906 6. Wahlperiode 02.09.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Fritz Tack, Fraktion DIE LINKE Aktuelle Situation im Winterrapsanbau 2016 und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie wird die Ertragssituation bei der Winterraps-Ernte 2016 eingeschätzt ? a) Welche Faktoren haben die größten Einflüsse auf die Ertragseinbußen ? b) Welche Standorte sind von den Ertragseinbußen besonders betroffen? In allen Landesteilen liegen die Erträge unter dem langjährigen Mittel. Die ersten vorläufigen Ergebnisse der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung weisen für Mecklenburg- Vorpommern durchschnittliche Ertragseinbußen von 30 % aus. Im Vergleich zum Vorjahr liegen sie sogar bei rund 33 %. Zu a) Die größten Einflüsse auf die Ertragseinbußen haben Auswinterung, Kohlherniebefall, das Auftreten von Kohlfliege und Erdfloh sowie ungünstige Wachstumsbedingungen im Frühjahr durch langanhaltende Trockenheit. Die Regeneration der geschwächten Pflanzen wurde durch diese Faktoren beziehungsweise deren Kombination negativ beeinflusst. Die übliche Verzweigung der Rapspflanzen blieb nahezu aus und das Schotenpaket fiel somit deutlich geringer als in den Vorjahren aus. Weiterhin begünstigte ein später Zuflug von Kohlschotenrüsslern nach der Blüte den Befall der Schoten mit den Larven der Kohlschotenmücke. Feuchtigkeit und Verunkrautung erschweren zusätzlich die Ernte. Drucksache 6/5906 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu b) Alle Landesteile sind von Ertragseinbußen betroffen, insbesondere allerdings der Norden und Osten durch den heftigen Wintereinbruch in den ersten Januarwochen. 2. Welchen Anteil hat das Verbot der Saatgutbeizung mit Neonicotinoiden durch die EU vom Jahre 2013? Das direkte Schadmaß durch das Verbot kann nicht beziffert werden, da der alleinige Befall mit Kohlfliege und Erdfloh nicht zwangsläufig zu Ertragsausfällen führen muss. Hier spielen die Wachstumsbedingungen des aktuellen Jahres eine entscheidendere Rolle. Das Auftreten der Kohlfliege führt immer zu Schäden an den Wurzelhälsen der Keim- und Jungpflanzen. Das Schadmaß hängt vom Zeitpunkt des Auftretens und von der Befallsstärke ab. 2015 gab es einen starken Befall, die Wunden an den Pflanzen konnten wegen der feuchten Witterung nicht verkorken. Pflanzenverluste und später „Umfaller“ während der Blüte waren die Folge. Von den verschiedenen Faktoren, die an der aktuellen schlechten Ernte beteiligt sind, wiegen die frühzeitig entstandenen besonders schwer. 3. Ist das neue Beizmittel mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole in absehbarer Zeit zu erwarten? a) Wie ist der Stand des Notzulassungsverfahrens? b) Wann ist das „normale“ Zulassungsverfahren abgeschlossen? c) Wann ist die Bereitstellung von ausreichend gebeiztem Saatgut zu erwarten? Die Fragen 3, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Ein im Februar 2015 vom Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LALLF) für die Bundesrepublik gestellter Antrag auf Notzulassung der insektiziden Beize Lumiposa (Wirkstoff Cyantraniliprole) musste vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) abgelehnt werden. Entgegen den Aussagen des Wirkstoffinhabers DuPont de Nemours (Deutschland) GmbH lagen kaum Daten zur Anwendertoxizität und zur Bienengiftigkeit vor. Nach aktuellem Kenntnisstand des LALLF hat die Firma noch keinen Zulassungsantrag für die vor allem gegen Kohlfliegen wirksame Beize beim BVL eingereicht. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5906 3 4. Welche Empfehlungen werden der Praxis für die unmittelbar bevorstehende Aussaat von Winterraps zur Ernte 2017 gegeben? Wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Anbau ist die Einhaltung der guten fachlichen Praxis, insbesondere um dem verstärkten Auftreten von Kohlhernie zu begegnen. Abgeraten wird weiterhin von Frühsaaten (vor dem 15.08.), um Kohlhernie nicht weiter zu begünstigen und um mehrfache wachstumsregulierende Maßnahmen vor Winter nicht zu provozieren. Aufgrund der Nichtbekämpfbarkeit der Kohlfliegen muss auch von Spätsaaten (nach dem 01.09.) abgeraten werden. Kleine Pflanzen verkraften deutlich weniger Schadfraß als vitale, weiter entwickelte. Mit Blick auf das starke Auftreten der Kohlhernie ist auf Prävention hingewiesen worden, insbesondere auf eine 3-jährige Anbaupause von Wirtspflanzen , den Verzicht auf kruzifere Zwischenfrüchte, den richtigen Einsatz resistenter Sorten, die Wirksamkeiten der Kalkung und das Vermeiden der Verschleppung von Kohlhernie mit anhaftender Erde an Bodenbearbeitungsgeräten. Anlass zur Sorge gibt auch die aufgrund von Resistenz stark eingeschränkte Wirksamkeit der Pyrethroide gegenüber dem Rapserdfloh. Die Pyrethroide sind die einzigen in dieser Indikation zugelassenen Produkte. Ihre Wirkungsgrade liegen derzeit bei maximal 50 %. Als einzige Möglichkeit des Resistenzmanagements wird deutlich von unnötigen Behandlungen abgeraten. 5. Gibt es eine Übersicht, wie viel Winterraps wegen ungleichmäßiger Abreife mit Glyphosat vor der Ernte behandelt wurde, wurden dazu Ausnahmegenehmigungen erteilt und wie viele? Kenntnisse über den Gesamtumfang des Glyphosateinsatzes in Raps liegen nicht vor, da keine Melde- oder Genehmigungspflicht besteht. Zudem unterliegt die Zulassung in Winterraps nicht denselben Restriktionen, wie die im Getreide. Üblicherweise spielt die Vorerntebehandlung in Raps keine Rolle. 2016 gab es aufgrund der starken Auswinterung und der anhaltenden Trockenheit im Mai/Juni dünne Bestände, in denen vor allem Kamille und Kornblume eine Beerntung zum Teil unmöglich machten. Aufgrund der ungeklärten Rückstandshöchstgehalte von Glyphosat in Bienenhonig hatte das LALLF vom Glyphosateinsatz in mit Kornblume besetzten Feldern abgeraten. 6. Wie wirkt sich der geringe Ertrag auf den Stickstoffüberschuss aus? Da die Stickstoff-Düngung immer vor dem Abschluss der Biomassebildung erfolgt, können nach der Ausbringung einsetzende Witterungsunbilden (Trockenheit, Nässe, Hagel u. a.) dazu führen, dass bei der Stickstoff-Bedarfsermittlung erwartete Biomassezuwüchse nicht erreicht werden und der eigentliche Stickstoffbedarf dadurch nicht so hoch ist. In diesem Jahr war dies insbesondere beim Raps der Fall. In der Regel ist die Stickstoff-Düngung zum Raps Ende März/Anfang April abgeschlossen. Drucksache 6/5906 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die diesjährige Vorsommertrockenheit (aber auch durch die sekundären Pflanzenschäden aufgrund des Schädlingsbefalls) hat die Biomasseproduktion, wie sie langjährig zu erwarten war, behindert, sodass die Stickstoff-Aufnahme nicht in dem Maße erfolgen konnte, wie in Normaljahren üblich. Für den Raps ist deshalb in diesem Jahr unabhängig vom Auswinterungsumfang auf allen Flächen mit höheren Stickstoff-Überhängen zu rechnen. Hinzu kommt, dass aufgrund der Erntesituation 2016 (zusätzlich erhöhte Ertragsverluste durch Ausfallraps) nicht die gesamte Körnermasse des Rapses abgefahren werden konnte. Dadurch wurden auf den spät geernteten Flächen zusätzlich geringere Stickstoff-Abfuhren realisiert, die dazu führen, dass die Stickstoff -Bilanzüberhänge sich zusätzlich erhöhen. 7. Werden Auswirkungen auf den Anbauumfang zur Ernte 2017 erwartet? Hierzu kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden, da die Anbauentscheidungen der Landwirte eher vom aktuellen Marktgeschehen als vom aktuellen Ertragsniveau bestimmt werden.