Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. April 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/591 6. Wahlperiode 30.04.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Besoldung nach Dienstaltersstufen und ANTWORT der Landesregierung In einer Information des Landesbesoldungsamtes vom Februar 2012 zur Verfahrensweise bei Widersprüchen gegen eine Besoldung nach Dienstaltersstufen wird mitgeteilt, dass zahlreiche Personen Widerspruch gegen eine mögliche altersdiskriminierende Besoldung eingelegt haben. Gleichzeitig wird informiert, dass diese Widersprüche zurückgewiesen werden sollen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Sachverhalt steht noch aus. Der Bayerische Beamtenbund teilte am 14. März 2012 mit, dass das bayerische Finanzministerium sich bereit erklärt hat, zunächst bis zur weiteren Klärung der Rechtslage, nicht zu verbescheiden, sondern die Einsprüche vorerst ruhen zu lassen. 1. Wie viele Widersprüche gegen die Besoldung nach Dienstaltersstufen von Beamtinnen und Beamten liegen im Land vor? Beim Landesbesoldungsamt wurden 2.481 Widersprüche (Stand: 20. April 2012) gegen die Besoldung nach Dienstaltersstufen erhoben. Für den kommunalen Bereich liegt kein diesbezügliches Zahlenmaterial vor. 2. Wann wurden oder werden diese mit Widerspruchsbescheiden zurückgewiesen ? Das Landesbesoldungsamt hat die Widersprüche in der Zeit von Ende Februar bis Mitte April 2012 jeweils abschlägig beschieden. Drucksache 6/591 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 3. Wenn die Widersprüche abgelehnt wurden, wie viele Personen haben von der Möglichkeit des Rechtsweges gegen die Ablehnung Gebrauch gemacht? Nach telefonischer Auskunft der Verwaltungsgerichte Schwerin und Greifswald sind dort bisher (Stand: 18. beziehungsweise 20. April 2012) insgesamt etwa 350 Klagen gegen die jeweils ablehnenden Widersprüche eingegangen. Hiervon wurden dem Landesbesoldungsamt bislang 65 Klagen förmlich zugestellt. 4. Hat das Land von der Möglichkeit die Verfahren bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ruhen zu lassen, wie zum Beispiel vom bayerischen Finanzministerium vorgesehen, Gebrauch gemacht? Mit welcher Begründung wurde vor dem Hintergrund, dass nach jetzigen Kenntnisstand Musterverfahren durchgeführt werden sollen, gegebenenfalls darauf verzichtet? Von der Möglichkeit, die Verwaltungsverfahren (Widersprüche) ruhen zu lassen, hat das Land Mecklenburg-Vorpommern keinen Gebrauch gemacht. Absichten des Bundes oder eines Bundeslandes, Musterklagevereinbarungen mit Gewerkschaften beziehungsweise Berufs- oder Interessenverbänden abzuschließen, sind der Landesregierung nicht bekannt. Derartige Vereinbarungen sind auch der oben erwähnten Information des Bayerischen Beamtenbundes vom 14. März 2012 nicht zu entnehmen. Der Bayerische Beamtenbund schätzt - seinem Informationsblatt zufolge - die Erfolgsaussichten vielmehr als eher gering ein und sieht sich daher nicht in der Lage, seinen Mitgliedern entsprechenden gewerkschaftlichen Rechtsschutz zu gewähren. Bei der von den Widerspruchsführerinnen und Widerspruchsführern zur Anspruchsbegründung angeführten nicht rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle handelt es sich um eine Einzelmeinung. Alle anderen bisherigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen (Verwaltungsgerichte Berlin, Chemnitz, Lüneburg, Schleswig und Weimar) verneinen einen Anspruch wegen vorgeblich altersdiskriminierender Besoldung nach Dienstaltersstufen. Bei Vorliegen einer nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Einzelmeinung erscheint ein langjähriges Aussetzen der Verfahren bis zu einer abschließenden höchstrichterlichen Entscheidung nicht angemessen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/591 3 5. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung zur Dauer der rückwirkenden Gültigkeit der Widersprüche? Die Frage wird so verstanden, dass sie sich auf einen vermeintlichen Anspruchszeitraum für potentielle Nachzahlungsansprüche der jeweiligen Widerspruchsführerinnen und Widerspruchsführer bezieht. Grundsätzlich ist das Land bereits aus haushaltsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Einrede der Verjährung geltend zu machen, die die behaupteten Ansprüche insoweit bereits auf das laufende Kalenderjahr, in dem der Widerspruch eingelegt wurde, und auf die davor liegenden drei Kalenderjahre beschränkt. Nach dem Prinzip der sogenannten „haushaltsnahen Geltendmachung“ (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2011, Az.: 2 C 32.10 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 2012, Az.: 2 BvL 4/10) beschränken sich beamtenrechtliche Alimentationsforderungen im Beamtenbereich zudem auf das Haushaltsjahr, in dem die jeweiligen Widerspruchsführerinnen und Widerspruchsführer ihre vermeintlichen Ansprüche erstmalig geltend gemacht haben. Damit kämen für die Widerspruchsführerinnen und Widerspruchsführer, deren Widersprüche in 2011 beim Landesbesoldungsamt eingegangen sind, im Falle einer erfolgreichen klageweisen Durchsetzung rückwirkende Bezügenachzahlungen für die Zeit von Januar 2011 bis Juli 2011 (vergleiche zum Enddatum die Antwort zu Frage 6) in Betracht. 6. Welche Kosten würden im Falle einer positiven Bescheidung der Widersprüche und anhängigen Klagen auf das Land rückwirkend und zukünftig zukommen? Unter Hinweis auf die Antwort zu Frage 2 entfällt eine Kostenschätzung für den Fall der positiven Bescheidung der Widersprüche. Mit dem Besoldungsüberleitungs- und Änderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Juli 2011 ist das bisherige System des sogenannten „Besoldungsdienstalters“ mit Wirkung zum 1. August 2011 durch ein „Erfahrungsstufensystem“ ersetzt worden. Sollten die Klagen - wider Erwarten - erfolgreich sein, beschränken sich die kostenrelevanten Auswirkungen von daher auf die Zeit vor dem 1. August 2011. Die genaue Kostenhöhe ist von der jeweiligen Besoldungsgruppe und der individuell erreichten früheren Besoldungsdienstaltersstufe sowie dem seinerzeitigen Beschäftigungsumfang (Vollzeit/Teilzeit) der einzelnen Klägerinnen und Kläger abhängig. Da der weitaus größte Teil der Klagen (vergleiche Antwort zu Frage 3) dem Landesbesoldungsamt als beklagter Behörde noch nicht zugestellt sind, liegen die für eine belastbare Kostenschätzung notwendigen persönlichen Merkmale derzeit nicht vor. Drucksache 6/591 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Ist bekannt, ob andere Bundesländer Widersprüche beschieden haben? Ja. Bremen und Schleswig-Holstein haben ablehnende Widerspruchsbescheide erlassen. Für den Bereich des Bundes hat das Bundesministerium des Inneren mit Rundschreiben vom 23. März 2012 (Az.: D3-221 280/17) ebenfalls verfügt, dass entsprechende Widersprüche jeweils abschlägig zu bescheiden sind.