Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. September 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/5931 6. Wahlperiode 26.09.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Stramm, Fraktion DIE LINKE Notärzte in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Ende August 2016 entschied das Bundessozialgericht, dass Rettungsdienste nur sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen dürfen. Damit bestätigte es ein Urteil des Landessozialgerichts von Mecklenburg-Vorpommern. Das stellt den Rettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern vor sehr große Probleme, denn die ärztliche Versorgung wurde bislang zu einem großen Teil von Honorarärztinnen und Honorarärzten geleistet, wie aus der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage auf Drucksache 6/5174 hervorgeht. Wenn die Träger unkalkulierbare rechtliche Risiken vermeiden wollen, müssen sie sofort die notärztliche Versorgung umstellen und sie nur noch mit angestellten, sozialversicherungspflichtig beschäftigen Ärzten sicherstellen. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Entscheidung des Bundessozialgerichts, auch vor dem Hintergrund ihrer Antwort zu Frage 8 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/5175? Mit dem Beschluss hat das Bundessozialgericht die formalen Voraussetzungen für eine Revisionszulassung geprüft und verneint. Die Frage, ob die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz richtig war, ist nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde. Die Landesregierung hat den Beschluss des Bundessozialgerichts nicht abgewartet, sondern unterstützt die Träger des Rettungsdienstes unabhängig davon im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten, um eine einheitliche Verfahrensweise bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der notärztlichen Tätigkeit in Deutschland zu erreichen. Drucksache 6/5931 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Frau Ministerin Hesse hat in diesem Jahr den Vorsitz bei der Gesundheitsministerkonferenz und hat dies zum Anlass genommen, mit Herrn Bundesminister Gröhe und den Länderkolleginnen und Länderkollegen die Folgen der zunehmenden Einstufung der Tätigkeit der Honorarärztinnen und Honorarärzte im Rettungsdienst als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf die Sicherstellung des Rettungsdienstes gerade im ländlichen Raum zu diskutieren. Nach dem Beschluss des Bundessozialgerichts hat sich Frau Ministerin Hesse an Frau Bundesministerin Nahles gewandt und gebeten zu prüfen, ob in Deutschland eine ähnliche Lösung für die Notärztinnen und Notärzte im Rettungsdienst umgesetzt werden kann wie in Österreich. In Österreich ist aufgrund einer ähnlich gelagerten Problemstellung in Bezug auf die Sozialversicherungspflicht von Notärztinnen und Notärzten das Sozialversicherungsrecht zum Jahresbeginn 2016 geändert worden. Entgelte, die sich aus der nebenberuflichen notärztlichen Tätigkeit ergeben, sind dort vom Entgeltbegriff des Sozialversicherungsrechts ausgenommen worden. Laut Gesetzesbegründung dient dieser Schritt dazu, die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung nicht weiter zu gefährden, indem sich immer weniger Ärztinnen und Ärzte entscheiden, nebenberuflich einer notärztlichen Tätigkeit nachzugehen. Darüber hinaus ist die Landesregierung mit der Deutschen Rentenversicherung Nord, den Trägern des Rettungsdienstes und den Durchführungsorganisationen im Gespräch, um die notärztliche Versorgung im Rettungsdienst weiterhin sicherzustellen. 2. Wie schätzt die Landesregierung die Möglichkeiten der Krankenhäuser mit notfallmedizinischer Versorgung ein, die Träger der Rettungsdienste bei der Umstellung zu unterstützen? Krankenhäuser mit notfallmedizinischer Versorgung sind grundsätzlich verpflichtet, bei Bedarf dem Träger des Rettungsdienstes, in dessen Rettungsdienstbereich sich das Krankenhaus befindet, Notärztinnen und Notärzte zur Verfügung zu stellen. Ein Krankenhaus kann von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Teilnahme an der notärztlichen Versorgung freigestellt werden, wenn es nachweisen kann, dass es ihm aufgrund seiner personellen Situation ansonsten nicht möglich ist, seine originäre Aufgabe der stationären medizinischen Versorgung zu erfüllen. Nach Information der Landregierung sind die Träger des Rettungsdienstes in Gesprächen mit den Krankenhäusern in ihrem Rettungsdienstbereich, um die notärztliche Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten aus den Krankenhäusern sicherzustellen. Sie werden auch die rechtlichen Möglichkeiten, die ihnen mit § 7 Absatz 8 Rettungsdienstgesetz Mecklenburg-Vorpommern (RDG M-V) gegeben sind, wie die Anrufung der Schiedsstelle, ausschöpfen. Mit Blick auf die Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/5174 sind die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin zu einem geringeren Prozentsatz auf Honorarärzte angewiesen. Sie können mit den Ärztinnen und Ärzten aus den größeren Krankenhäusern in ihrem Rettungsdienstbereich die notärztliche Versorgung überwiegend sicherstellen. Anders sieht das in den Landkreisen mit kleineren Krankenhäusern aus. Diese Unterschiede bestehen aber nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern im gesamten Bundesgebiet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/5931 3 3. Wie wird die Landesregierung die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Umsetzung der Entscheidung des Bundessozialgerichts unterstützen ? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Wie kann die Tätigkeit von angestellten und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigen Ärzten im Rettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern generell und insbesondere in den ländlichen Räumen attraktiver gestaltet werden? Ob die Tätigkeit als sozialversicherungspflichtig beschäftigte(r) Ärztin beziehungsweise Arzt im Rettungsdienst für die Einzelne oder den Einzelnen attraktiv gestaltet ist, wird individuell unterschiedlich empfunden und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine wesentliche Bedingung ist eine angemessene Entlohnung. Es ist Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte als Träger des Rettungsdienstes, in den Verhandlungen zu den Benutzungsentgelten nach § 12 RDG M-V hierfür die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Daneben stellt sich den Trägern des Rettungsdienstes und den Leistungserbringern nach § 7 Absatz 4 RDG M-V die Aufgabe, den Ärztinnen und Ärzten entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen. Hierzu zählen neben dem Betriebsklima und der Gestaltung der Dienstpläne die Arbeitsbedingungen auf den Fahrzeugen des Rettungsdienstes und in den Notarztwachen. Tatsache ist, dass die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst in den ländlichen Räumen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur für Mecklenburg- Vorpommern, sondern für die gesamte Bundesrepublik Deutschland eine große Herausforderung sein wird, auch vor dem Hintergrund des demografischen Faktors. Tatsächlich nimmt bundesweit die Alarmierung von Notärztinnen und Notärzten zu, eine notärztliche Begleitung ist aber bei zahlreichen Einsatzsituationen nicht erforderlich. Dennoch muss für komplexe Notfallsituationen neben dem gut ausgebildeten nichtärztlichen Rettungsdienstpersonal ein Notarztsystem integraler Bestandteil des präklinischen Versorgungssystems bleiben. Mit der Ausbildung von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern wurden die Ausbildungsinhalte qualitativ und quantitativ angehoben und damit den hohen Anforderungen im Rettungsdienst angepasst. Im Hinblick auf die Entwicklung der zukünftig zur Verfügung stehenden Ärztezahl werden weitere neue Versorgungsmodelle in Betracht gezogen und erprobt werden müssen, um auch weiterhin bei Bedarf eine gute notärztliche Versorgung sicherzustellen. Drucksache 6/5931 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 5. Wie will die Landesregierung unter dem Aspekt des Arbeitszeitgesetzes die künftige Notarztversorgung in Mecklenburg-Vorpommern sicherstellen ? Für die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung sind die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger des Rettungsdienstes zuständig. Welche Auswirkungen sich durch das Arbeitszeitgesetz auf die Notarztversorgung in Mecklenburg-Vorpommern ergeben, bleibt noch abzuwarten . Die Deutsche Rentenversicherung hat darauf hingewiesen, dass die Schlussfolgerung der mit der Organisation und Durchführung der notärztlichen Versorgung in Mecklenburg- Vorpommern beauftragten Organisationen, dass die notärztliche Tätigkeit auch im Rahmen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses im Sinne des Arbeitsrechts durchgeführt wird, nicht zwingend ist. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung ist weitergehender als das Arbeitsverhältnis. Aus Sicht der Landesregierung wäre die Befreiung der Notärztinnen und Notärzte von der Sozialversicherungspflicht die Option, um den Einklang mit dem Arbeitszeitgesetz zu gewährleisten.