Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Juni 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/717 6. Wahlperiode 06.06.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vergabeverfahren für die Anschaffung und Einführung neuer Software an den Hochschulen des Landes und ANTWORT der Landesregierung Nach § 55 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung (LHO) muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffent- liche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Im Übrigen sind das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern (VgG M-V), die Vergabe- und Vertragsordnung über Leistungen (VOL/A) und die Gesetze gegen Wettbewerbsbeschränkungen besonders zu beachten. In den Zielvereinbarungen 2011 bis 2015 haben sich alle Hochschulen des Landes verpflichtet, die Software HISinONE der HIS GmbH anzu- schaffen und in den nächsten Jahren einzuführen. Hintergrund dafür ist, dass die bisher verwendeten HIS-Systeme von der HIS GmbH mit der Einführung von HISinONE nicht mehr weiterentwickelt werden. Die Software HISinONE ist als ganzheitliche IT-Lösung theoretisch für die Abbildung sämtlicher Strukturen und Prozesse an den Hochschulen ein- setzbar. 1. In welchem Rahmen und zu welchem Zeitpunkt fanden Ausschrei- bungen nach § 55 LHO für die Anschaffung und Implementierung neuer Software als Ersatz für die bisher an den Universitäten und Hochschulen verwendeten HIS-Systeme statt und welche Leistungen wurden wie ausgeschrieben? a) Wurden die Ausschreibungen von einem Landesministerium oder von den Hochschulen vorgenommen? b) Fand die Vergabe des Auftrages an die HIS GmbH im Rahmen öffentlicher, beschränkter, nicht offener Vergabeverfahren statt, oder im Rahmen einer freihändigen Vergabe bzw. eines Verhand- lungsverfahrens? c) Falls zutreffend, aus welchen Gründen fand ein beschränktes oder freihändiges bzw. ein nicht offenes Vergabeverfahren oder ein Verhandlungsverfahren statt? Drucksache 6/717 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu Frage 1 Bisher haben lediglich die Universität Rostock, die Hochschule für Musik und Theater in Rostock und die Hochschule Wismar mit der HIS GmbH Verträge über die Einführung von HISinONE abgeschlossen. Zu a) Eine Ausschreibung fand weder seitens der Hochschulen noch der Landesregierung statt. Zu b) und c) Die Fragen b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Ein Vergabeverfahren fand nicht statt, sodass eine Auftragsvergabe nicht erfolgte. 2. Wie viele Unternehmen haben sich insgesamt an dem Vergabe- verfahren beteiligt bzw. haben ein Angebot abgegeben? Wurden nur Hauptangebote oder auch Nebenangebote, Varianten oder Alternativangebote zugelassen und abgegeben? 3. Nach welchen Teillosen oder Fachlosen wurden die Leistungen hier ausgeschrieben bzw. vergeben? a) Erforderten technische oder wirtschaftliche Gründe die gemein- same Vergabe mehrerer Teil- oder Fachlose, und wenn ja, welche Lose wurden aus welchen Gründen gemeinsam vergeben? b) Wurden für die Auftragsausführung zusätzliche Anforderungen an den Auftragsnehmer, hier die HIS GmbH, gestellt, die soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen und wenn ja, welche? 4. Nach welchen Zuschlagskriterien wurden die im Rahmen der Ausschreibung angebotenen Leistungen bewertet und wie wurden die Kriterien gewichtet? Die Fragen 2, 3 und 4 werden zusammenhängend beantwortet. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 b) und 1 c) verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/717 3 5. Wurden Sicherheitsleistungen für die Vertragserfüllung verlangt? Nein, diesbezügliche Vertragsänderungen wurden von der HIS GmbH abgelehnt und konnten nicht durchgesetzt werden. 6. Wurde der öffentliche Auftraggeber vor Einleitung des Vergabever- fahrens von einem Bieter oder Bewerber beraten oder unterstützt? Wenn ja, wie wurde sichergestellt, dass der Wettbewerb durch den Bieter oder Bewerber nicht verfälscht wurde? Nein, es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 b) und 1 c) verwiesen. 7. Wenn keine Ausschreibung für die Anschaffung und Implementierung der neuen Software an den Hochschulen des Landes stattfand: a) mit welcher Begründung fand keine Ausschreibung statt? b) gab es zwischenzeitlich bereits Klagen von Konkurrenten und wieweit sind diese Verfahren fortgeschritten und welche Aus- wirkungen haben diese Klagen bei der weiteren Implementierung der Software HISinONE an den Hochschulen? Zu a) Die HIS GmbH ist von Bund und Ländern zu Beschaffungszwecken gegründet worden. Nach diesseitiger Auffassung handelt es sich bei den Verträgen der Hochschulen mit der HIS GmbH um ausschreibungsfreie inhouse-Geschäfte. Nach der Rechtsprechung des Euro- päischen Gerichtshofes müssen im Vergaberecht zwei Bedingungen erfüllt sein, um keine öffentliche Ausschreibungspflicht zu begründen. Zum einen muss der öffentliche Auftrag- geber allein oder gemeinsam mit anderen öffentlichen Stellen eine ähnliche Kontrolle über das beauftragte Unternehmen ausüben wie über seine eigenen Dienststellen. Zweitens muss das ausgegliederte Unternehmen seine wirtschaftliche Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentlichen Auftraggeber verrichten: beide Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Zwar erfolgte bei der Gründung der HIS GmbH formal eine Ausgliederung, aber da der Bund und die Länder jedoch alleinige Gesellschafter der HIS GmbH sind, üben die Gesellschafter eine vergleichbare Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen aus. Darüber hinaus erhält die HIS GmbH ihre Aufträge weitgehend durch die öffentliche Hand, so dass die Beauftragung der HIS GmbH sich vergaberechtlich als vergaberechtsfreies inhouse-Geschäft darstellt. Drucksache 6/717 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu b) Es ist bekannt, dass vor der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg ein Nachprüfverfahren wegen Unterlassens einer Ausschreibung von Liefer- und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einführung eines IT-Hochschul-Management- systems stattgefunden hat. Dieses Verfahren befindet sich derzeit in der zweiten Instanz. Die Entscheidung hierzu ist abzuwarten und wird dann zeitnah durch die Landesregierung ausge- wertet, um entsprechende Handlungsempfehlungen für die Hochschulen des Landes geben zu können.