Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 31. Mai 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/739 6. Wahlperiode 04.06.2012 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Freisetzung des gentechnisch veränderten Bakteriums Rhodococcus equi im Rahmen eines Feldversuchs zur Impfung von Fohlen gegen eitrige Lungenentzündung und ANTWORT der Landesregierung Das niederländische Unternehmen Intervet International B. V. plant gemeinsam mit dem Gestüt „Lewitz“ des ehemaligen Springreiters Paul Schockemöhle in Grabow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) die Freisetzung eines genmanipulierten Lebendimpfstoffes gegen eine durch den Erreger Rhodococcus equi hervorgerufene eitrige Lungenentzündung, die auch Pferde befallen kann. Ziel ist nach Angabe des Unternehmens die Bestätigung vorhandener Labordaten zur Wirksamkeit des Impfstoffs unter Feldbedingungen. Genehmigungsbehörde für die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Für eine Ausnahmegenehmigung nach Tierseuchengesetz ist das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern zuständig, für eine Kontrolle des Freisetzungsversuchs das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern. 1. Liegt der Landesregierung hinsichtlich des benannten Freisetzungs- versuchs ein Antrag auf Ausnahme nach dem Tierseuchengesetz vor? Bisher liegt der Landesregierung kein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 17c Absatz 4 Nummer 2 des Tierseuchengesetzes (TierSG) vor. Drucksache 6/739 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass der Krankheits- erreger, der mit dem Versuch freigesetzt werden soll, auch längere Zeit nach dem Versuch in der Umgebung der Tiere lebensfähig (persistent) bleibt? Der Ausgangsorganismus ist in der Umwelt weit verbreitet. Die gentechnische Veränderung des Impfstamms hat zu einer Virulenzminderung geführt, sodass von diesem im Gegensatz zum Ausgangsstamm eine geringere Gefährdung ausgeht. Die bisher beteiligten Experten der Bundesfachbehörden halten daher die Überlebensfähigkeit des Impfstamms für unproblematisch . Gegenwärtig liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Übertragungspfade des Erregers Rhodococcus equi. Kann es nach Erkenntnis der Landesregierung zu einer Übertragung des Erregers auf den Menschen kommen? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass in ihrer Immunabwehr geschwächte Menschen ebenfalls von dem Erreger befallen werden können? Eine Infektion erfolgt meist über die Aufnahme von mit Rhodococcus equi belasteten Stäuben über Aerosole oder durch Aufnahme des Kots. Die Bakterien gelangen vor allem über den Kot infizierter Fohlen in die Umwelt. Nach Auffassung der beteiligten Bundesfachbehörden kann es in seltenen Fällen zu einer Übertragung des Erregers auf den Menschen kommen. Bei Personen mit eingeschränkter Funktion des Immunsystems kann der Erreger schwere Erkrankungen hervorrufen. Deshalb sollen in ihrer Immunabwehr geschwächte Personen nicht mit dem Erreger in Kontakt kommen. 4. Wie würde bei Vorliegen aller notwendigen Genehmigungen die Kontrolle des Freisetzungsversuches seitens der Landesregierung erfolgen? Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) entscheidet auf Grundlage einer Einzelfallprüfung, welche Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 16 Absatz 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG) erforderlich sind und legt diese als Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid fest. Bei Vorliegen einer Genehmigung richtet sich die Überwachung des Freisetzungsversuchs nach den im Genehmigungsbescheid festgelegten Nebenbestimmungen. Die Aufgabe der für die Überwachung zuständigen Landesbehörde (Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern - LAGuS M-V, Abteilung Arbeitsschutz und technische Sicherheit) besteht in der Überwachung der im GenTG festgelegten Regelungen und der für den Einzelfall geltenden Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/739 3 Die Kontrolle der Anwendung des Impfstoffes aus tierseuchenrechtlicher Sicht sowie die Einhaltung der Genehmigung nach § 17c Absatz 4 Nummer 2 des TierSG erfolgt durch das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des jeweiligen Landkreises oder der kreisfreien Stadt. 5. Wie wird die örtliche Bevölkerung seitens der Landesregierung über Inhalt und Risiken des Freisetzungsversuchs informiert? Die Information der örtlichen Bevölkerung erfolgt nicht durch die Landesregierung, sondern durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Vor der Entscheidung über die Genehmigung einer Freisetzung hat das BVL nach § 18 Absatz 2 GenTG ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Über die notwendigen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen entscheidet ebenfalls das BVL. 6. Wie wird ein hoher Informationsgrad in der Öffentlichkeit gesichert, damit die Menschen bei eventuellen Symptomen der Krankheit schnell reagieren können? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Welche generelle Position bezieht die Landesregierung zur Verwendung gentechnischer veränderter Organismen in der Tiermedizin? Derzeit ist der Landesregierung nur die Herstellung von Tierimpfstoffen unter Verwendung gentechnisch veränderter Organismen bekannt. Grundsätzlich erfolgt der Einsatz von Tierimpfstoffen zum Zweck der Prophylaxe vor Tierkrankheiten/Tierseuchen und ist damit, auch aus Sicht des Verbraucherschutzes, der Verwendung von Medikamenten, wie Antibiotika, in bestimmten Fällen vorzuziehen. Gleichzeitig sind bereits seit einigen Jahren Tierimpfstoffe, die gentechnisch veränderte Erreger enthalten, in der Bekämpfung bestimmter anzeigepflichtiger Tierseuchen, zum Beispiel der Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV 1) und der Aujeszkyschen Krankheit im Einsatz. Als sogenannte Markerimpfstoffe ermöglichen sie die labordiagnostische Differenzierung zwischen Impfvirus und Feldvirus. Auch im Rahmen der Entwicklung von Konzepten zur Bekämpfung der Klassischen Schweinepest kommt Markerimpfstoffen eine große Bedeutung zu. Drucksache 6/739 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Hieraus wird deutlich, dass der Einsatz von Tierimpfstoffen, die mit gentechnisch veränderten Erregern hergestellt werden, in der Tierseuchenbekämpfung von Bedeutung ist. Diese Impfstoffe haben die rechtlich vorgegebenen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren durchlaufen, in deren Rahmen unter anderem Wirksamkeit, Qualität, Sicherheit und Unbedenklichkeit geprüft werden. Auch nach der tierseuchenrechtlichen Zulassung des jeweiligen Impfstoffes unterliegt dieser der staatlichen Chargenprüfung durch das PaulEhrlich -Institut als zuständige Bundesoberbehörde. Dies beinhaltet eine regelmäßige Prüfung der oben genannten Parameter. Zusätzlich hat das Paul-Ehrlich-Institut nach § 30 der Tierimpfstoff-Verordnung zur Verhütung von Gefahren für die Gesundheit von Mensch oder Tier, die bei der Anwendung von Tierimpfstoffen auftretenden Risiken, wie zum Beispiel Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, zu erfassen, auszuwerten und die gegebenenfalls zu ergreifenden Maßnahmen zu koordinieren.