Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Juni 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/748 6. Wahlperiode 06.06.2012 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Familienhebammen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern will jungen Familien frühestmöglich Angebote zur Stärkung der Erziehungskompetenz unterbreiten. Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, ist der Einsatz von Familien- hebammen. In Mecklenburg-Vorpommern begleiten und betreuen seit Mai 2008 die ersten Familienhebammen Familien in besonderen Lebenslagen vorrangig nach der 8. Woche nach der Geburt bis zum Ende des 1. Lebensjahres des Kindes. Durch das landesweite Familienhebammen-Projekt werden - Familien, die in verschiedener Weise stark belastet sind, nach Ablauf der 8. Woche nach der Geburt bis zum Ende des 1. Lebensjahres ihres Kindes (maximal) betreut und unter- stützt. - Zugangsbarrieren durch aufsuchende und niedrigschwellige Hilfe in der Häuslichkeit überwunden. - Mütter und Väter befähigt und gestärkt, ihre individuellen und sozialen Lebensumstände zu meistern, damit Säuglinge und Kleinkinder in einer Umwelt aufwachsen, die sie in ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung unterstützt und fördert. - Familien Beratungs- und Unterstützungsleistungen in gesundheitlicher und psychosozialer Hinsicht angeboten. - Entwicklungsdefizite von Kindern möglichst früh erkannt und die Inanspruchnahme der Kinderuntersuchungen erhöht. - Nachhaltigkeit und eine ganzheitliche Versorgung durch eine kontinuierliche Betreuung und Netzwerkbildung mit Akteuren vor Ort beziehungsweise in der Region, die an der gesundheitlichen, sozialen, psychischen und materiellen Versorgung der Familie beteiligt sind, gefördert. Drucksache 6/748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 1. Wie viele Familienhebammen gibt es aktuell (Stand: April 2012) in Mecklenburg-Vorpommern (bitte aufteilen nach Land- kreisen/kreisfreien Städten)? Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Familienhebammen Landkreis Ludwigslust-Parchim 6 Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 7 Landkreis Nordwestmecklenburg 1 Landkreis Rostock 10 Landkreis Vorpommern-Greifswald 7 Landkreis Vorpommern-Rügen 5 Rostock 11 Schwerin 3 Anzahl (insgesamt) 50 Anzahl (kreisfreie Städte) 14 Anzahl (Landkreise) 36 2. Gibt es in Mecklenburg-Vorpommern einheitliche Standards für die Zertifizierung/Benennung einer Hebamme zur Familienhebamme? a) Wenn ja, welche Standards gewährleisten die Sicherung einer einheitlichen Qualität? b) Wenn nicht, aus welchen Gründen liegen keine einheitlichen Stan- dards vor? Die Fragen 2, a) und b werden zusammenhängend beantwortet. Ja. Der erfolgreiche Abschluss einer Fortbildung zur Familienhebamme ist die Voraussetzung für den Einsatz in Mecklenburg-Vorpommern. Teilnahmebedingung für die Fortbildung ist wiederum eine abgeschlossene Ausbildung zur staatlich examinierten Hebamme sowie eine mindestens zweijährige Tätigkeit als Hebamme (Berufserfahrung). Durch das Fachreferat Familienpolitik des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern wurde in Zusammenarbeit mit dem Landeshebammen- verband Mecklenburg-Vorpommern und dem Institut für systemische Arbeit Mecklenburg- Vorpommern eine fachspezifische Fortbildung der Hebammen zur Familienhebamme entwickelt. Die Fortbildung in Mecklenburg-Vorpommern richtet sich einheitlich nach dem Curriculum „Fortbildung zur Familienhebamme” des Bundesverband Deutscher Hebammen (heute Deutscher Hebammenverband) von Eva Schneider (2005). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/748 3 3. Welche zusätzlichen Qualifikationen/Weiterbildungen führen zu dieser Zertifizierung und wo werden diese in Mecklenburg- Vorpommern angeboten? In dieser spezifischen Fortbildung werden sowohl Theorie als auch Fachpraxis in einem Umfang von circa 144 Stunden vermittelt. Die Teilnehmerinnen erhalten nach Abschluss der Fortbildung ein Zertifikat, welches die Zusatzqualifikation "Familienhebamme" bestätigt. Vorrangiges Ziel der Fortbildung ist es, Hebammen in ihrer Kommunikations- sowie Kooperationsfähigkeit zu stärken, entsprechend dem Untertitel der Fortbildung „Kommunikative Fachkompetenz zur Unterstützung von Familien nach der Geburt“. Diese Kompetenzerweiterung soll insbesondere dem Wohl der Kinder dienen. Zudem gewinnen die Hebammen im Rahmen der Fortbildung Kenntnisse über die Dynamik von Familiensystemen und lernen diese durch Beratung zu lenken. Die Hebammen lernen sich mit ihrer Fachkom- petenz stärker in das regionale Netzwerk zur Unterstützung von Familien einzubinden und einzubringen. Fortbildungsinhalte: Block Inhalte 1. Block: - Möglichkeiten und Grenzen einer Familienhebamme im Kontext sozialer Arbeit - Aspekte frühkindlichen Lernens und der psychologischen Entwicklung während der Schwangerschaft 2. Block: - Public Health neue Ideen für Gesundheit, Salutogenese und Resilienz im Kleinkindalter - Aspekte frühkindlicher, psychologischer Entwicklung von der Geburt bis zum 1. Lebensjahr 3. Block: - vermittelnde Kommunikation und Gesprächsführung mit Eltern - Wie spreche ich ein heikles Thema an? - wertschätzende und vermittelnde Beratungsarbeit 4. Block: - interdisziplinäre Netzwerke und Unterstützungssysteme für junge Familien in den Regionen nutzen - Projektarbeit und Elternschule als präventives Angebot einer Familienhebamme - Hilfen aus dem SGB VIII 5. Block: - Sozialpädiatrie - Besonderheiten frühkindlicher Bindung - Monte Meo Konzept der Kommunikation zwischen Mutter und Kind 6. Block: - psychische Probleme in der Familie während der ersten Monate erkennen - Handlungsalternativen bei verschiedenen psychischen Belastungen der Familien 7. Block: - zwei ausbildungsbegleitende Supervisionen können genutzt werden Darüber hinaus gibt es seit 2010 ein regelmäßiges Angebot an spezifischen Aufbaumodulen zur Fortbildung sowie Supervisionen für die in Mecklenburg-Vorpommern tätigen Familienhebammen. Drucksache 6/748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Welche Tätigkeitsbereiche umfasst das Arbeitsfeld der Familien- hebammen? Die Familienhebamme unterstützt die Familie fallspezifisch in folgenden Bereichen: - Beratung zu einer angemessenen pflegerischen Versorgung des Kindes sowie zur kindgerechten Ernährung, - Motivation zur Wahrnehmung der Kinderuntersuchungen, - Vermittlung von Informationen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Familie, - Vermittlung von Informationen zu negativen Auswirkungen von Suchtmitteln (wie zum Beispiel Tabak, Alkohol, Tabletten), - Stärkung und Mobilisierung von individuellen und sozialen Ressourcen der Familie, - Verbesserung der Mutter-Vater-Kind-Beziehung, - Abbau von Überforderung und Ängsten bei den Eltern, - Vermittlung/Kontaktaufnahme zu Ämtern und Beratungsstellen zum Beispiel zu Jugendämtern, Schwangerschaftsberatungsstellen, Suchtberatungsstellen, Frühförder- stellen, Wohnungsämtern, Wohngeldstellen etc., - Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/748 5 5. Wie hat sich die Anzahl der Familienhebammen in Mecklenburg- Vorpommern in den vergangenen 5 Jahren entwickelt (bitte aufteilen nach Landkreisen/kreisfreien Städten)? Zuordnung nach Gesundheitsämtern alter Landkreis/kreisfreie Stadt 2012 2011 2010 2009 2008 Ludwigslust 3 3 3 4 4 Parchim 3 1 2 1 1 Demmin 3 3 3 2 3 Mecklenburg-Strelitz 1 1 1 1 0 Müritz 1 1 0 0 0 Neubrandenburg 2 2 2 1 1 Nordwestmecklenburg. & Wismar 1 1 1 1 0 Bad Doberan 6 6 4 3 3 Güstrow 4 4 4 2 2 Greifswald 1 1 2 2 2 Ostvorpommern 3 3 3 2 2 Uecker-Randow 3 2 2 2 2 Nordvorpommern 2 2 2 1 2 Rügen 1 1 1 1 1 Stralsund 2 2 3 2 2 Rostock 11 10 10 8 7 Schwerin 3 3 3 2 2 Anzahl (insgesamt) 50 46 46 35 34 Anzahl (kreisfreie Städte) 19 18 20 15 14 Anzahl (Landkreise) 31 28 26 20 20 6. Wie viele Familien hatten die Familienhebammen in Mecklenburg- Vorpommern in den vergangenen 5 Jahren jährlich zu betreuen (bitte aufteilen nach Landkreisen/kreisfreien Städten)? Die statistische Erhebung erfolgt seit 2010. Die Auswertung für das Jahr 2011 liegt noch nicht vor. Drucksache 6/748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zuordnung nach Gesundheits- ämtern alter Landkreis/ kreisfreie Stadt Anzahl betreuter Familien Ludwigslust 9 Parchim 2 Demmin 12 Mecklenburg-Strelitz 9 Müritz 0 Neubrandenburg 1 Nordwestmecklenburg & Wismar 0 Bad Doberan 8 Güstrow 28 Greifswald 22 Ostvorpommern 25 Uecker-Randow 11 Nordvorpommern 5 Rügen 4 Stralsund 22 Rostock 38 Schwerin 34 Anzahl (insgesamt) 230 Anzahl (kreisfreie Städte) 117 Anzahl (Landkreise) 113 7. Gibt es in Mecklenburg-Vorpommern genügend Familienhebammen, um die Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes abzusichern (bitte mit Begründung)? Der Einsatz der Familienhebammen in Mecklenburg-Vorpommern ist flächendeckend, jedoch zeitweise nicht bedarfsgerecht. Für die Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes sind alle regionalen Akteure im Bereich der Frühen Hilfen einschließlich der Familienhebammen erforderlich. Es gilt, eine aktive Verzahnung aller im Netzwerk Früher Hilfen Tätigen sicherzustellen.