Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. November 2011 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/94 6. Wahlperiode 22.11.2011 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Kompetenzagenturen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Kompetenzagenturen sind Einrichtungen der Jugendberufshilfe an der Schnittfläche zwischen Jugendhilfe und Arbeitsverwaltung. Sie wenden sich an junge Menschen, die: - Probleme im Übergang zwischen Schulzeit und beruflicher Ausbildung haben, - besonderer Beratung und sozialpädagogischer Hilfen zur passgenauen sozialen bzw. beruflichen Integration bedürfen, - im Hinblick auf ihre Berufswahl und -chancen orientierungslos sind, - individuelle Beeinträchtigungen haben und von bestehenden Hilfesystemen im Übergang von Schule und Beruf nicht (mehr) profitieren. Kompetenzagenturen haben eine Brückenfunktion zwischen den Fördersystemen. Auf der Basis geeigneter Kompetenzfeststellungsverfahren leisten diese Agenturen maßgeschneiderte Abfolgen von differenzierten Hilfen aus den Bereichen Bildung, Jugendhilfe und Arbeitsförderung . Drucksache 6/94 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Der Hamburger Senat hat dem Bundesrat eine Entschließung zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet, mit dem Ziel, die bisher mögliche Kofinanzierung der Kompetenzagenturen mit 20 % der Gesamtkosten gemäß SGB II und SGB III auch ab dem 1. Januar 2012 weiterhin zu ermöglichen. 1. Wie viele Kompetenzagenturen wurden in Mecklenburg-Vorpommern an welchen Standorten und für welche Dauer aus dem gleichnamigen Bundesprogramm gefördert? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat über ein Modellprojekt bundesweit zunächst 16 Kompetenzagenturen gefördert. In MecklenburgVorpommern lief das Modellprojekt am Standtort Schwerin. Aufgrund der guten Erfahrungen und Ergebnisse mit dem Modellprojekt gab es in 2006 eine deutschlandweite Ausschreibung für die Einrichtung von insgesamt 200 Kompetenzagenturen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden daraufhin Einrichtungen an 10 Standorten eröffnet. Die Laufzeiten der Förderung aus dem Bundesprogramm stellen sich derzeit wie folgt dar: Einrichtung (Bezeichnung) Laufzeitbeginn Laufzeitende KompAG Schwerin 01.2003 31.12.2012 KompAG Wismar 01.01.2007 31.12.2012 KompAG Rostock 01.01.2007 31.12.2012 KompAG Ludwigslust (Westmecklenburg) 01.11.2006 31.12.2012 KompAG Güstrow 01.11.2006 31.12.2012 KompAG Stralsund (Nordvorpommern Ost) 01.11.2006 31.08.2011 KompAG Bad Sülze (Nordvorpommern-West) 01.11.2006 31.12.2012 KompAG Wolgast (Ostvorpommern) 01.11.2006 31.12.2012 KompAG Pasewalk (Uecker-Randow) 01.01.2007 31.12.2012 KompAG Neubrandenburg 01.12.2006 31.12.2012 KompAG Demmin / Mecklenburg-Strelitz 01.09.2011 31.12.2012 Mit dem Auslaufen der Förderungen zum 31.08.2011 wurde eine neue Ausschreibungswelle bezüglich der Kompetenzagenturen initiiert. Hieran hat sich die Kompetenzagentur Nordvorpommern – Ost nicht beteiligt. Daher lief diese Förderung zum 31.08.2011 aus. Im Gegenzug hat sich die PASST-Agentur aus dem Altlandkreis Demmin (jetzt KompAG Demmin / Mecklenburg-Strelitz), die bisher nicht über das Bundesprogramm gefördert wurde, um eine Förderung beworben und wurde zum 01.09.2011 in die Bundesförderung mit aufgenommen. Das Laufzeitende ergibt sich derzeit aus den Zuwendungsbescheiden, die zunächst bis zum 31.12.2012 befristet sind. Von Seiten des Bundes ist es vorgesehen, das Programm „Kompetenzagenturen“ bis zum Ende der gegenwärtigen ESF-Förderperiode (31.12.2013) fortzuführen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/94 3 2. Welche Aufgabe haben die Kompetenzagenturen? Kompetenzagenturen unterstützen besonders benachteiligte Jugendliche dabei, ihren Weg in einen Beruf und in die Gesellschaft zu finden. Sie bieten Hilfen für diejenigen an, die vom bestehenden System der Hilfeangebote für den Übergang von der Schule in den Beruf nicht (mehr) erreicht werden. Sie bauen in Kooperation mit den Arbeitsmarktakteuren, den Jugendämtern und der mobilen Jugendarbeit den Kontakt zu den Jugendlichen auf und unterstützen sie mit maßgeschneiderten Hilfen. Ansprechpartner suchen die Jugendlichen auf, vereinbaren gemeinsam mit ihnen individuelle Förder- und Qualifizierungspläne und kontrollieren die Umsetzung. Sie begleiten die Jugendlichen langfristig und beziehen dabei ihr familiäres und persönliches Umfeld ein. Damit erhöhen die Kompetenzagenturen die Chancen der Jugendlichen auf eine Ausbildung und erproben neue Wege und Methoden zur Integration von besonders benachteiligten Jugendlichen. Um eine angebotsübergreifende Lotsenfunktion zu gestalten und die Transparenz der Förderung der benachteiligten jungen Menschen zu erhöhen, ist eine nachhaltige Netzwerkarbeit eine zentrale Aufgabe der Kompetenzagenturen. Sie binden sich in bestehende örtliche Hilfestrukturen ein, um möglichst umfassend Ressourcen für die von ihnen begleiteten Jugendlichen verfügbar zu machen. Die Arbeit der Kompetenzagenturen wird durch regionale Fachbeiräte unterstützt, die sich unter anderem aus Vertretern der Schulen, des örtlichen Jugendamtes, der Bundesagentur für Arbeit, der Träger der Grundsicherung, des Unternehmerverbandes , der Handwerkskammer und der IHK zusammen setzen. 3. Wie stellt sich insgesamt die Finanzierung der Kompetenzagenturen dar (Finanzierungsanteil des Bundes und weiterer Zuwendungsgeber z. B. Land, Kommune etc.) Welche Ausgaben sind förderfähig und welcher Eigenanteil entfällt auf den Träger? Zur Förderung der Kompetenzagenturen in Mecklenburg-Vorpommern sind von Seiten des Bundes für den Zeitraum 01.09.2011 - 31.12.2013 insgesamt 2.207.239,37 Euro an ESF-Mitteln vorgesehen. Drucksache 6/94 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Aufteilung der einzelnen Finanzierungsanteile stellt sich laut Richtlinie des BMFSJF wie folgt dar: „Als nationale Ko-Finanzierung zur ESF-Förderung durch den Bund sind im Zielgebiet … „Konvergenz“ 35 % der Gesamtausgaben zu erbringen. Im Sinne der angestrebten Verstetigung soll die Ko-Finanzierung in erster Linie aus kommunalen Mitteln (örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe, ggf. einer damit verbundenen Landesfinanzierung) und Eigenmitteln erfolgen. Für einen Übergangzeitraum …. bis 31.12.2011 ist …. die Ko-Finanzierung mit SGB II / III Mitteln möglich. Eine Ko-Finanzierung durch die Jobcenter und die Agenturen für Arbeit ist ab dem 01.01.2012 ausgeschlossen. ….“ Demnach trägt der Bund 65 % der Gesamtausgaben, bis Ende 2011 können die Jobcenter noch bis zu 20 % der Gesamtausgaben mitfinanzieren. Die restlichen 15 % sind überwiegend auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und das Land (Landesprogramm „Jugendberufshilfe“) verteilt. In einigen wenigen Fällen mussten die Träger Eigenmittel einsetzen. Zukünftig (ab 01.01.2012) werden die Mittel aus dem SGB II zur Ko-Finanzierung nicht mehr anerkannt. Die verbleibenden 35 % der Gesamtausgaben (nach Abzug der Bundesförderung ) sind laut Richtlinie aus vorwiegend kommunalen Mitteln bzw. Eigenmitteln zu decken. Das Land hat zur Unterstützung der Kompetenzagenturen Mittel für das Landesprogramm „Jugendberufshilfe“ im Landeshaushalt eingestellt. Diese Mittel können wie bisher mit einem gleichen Anteil an Mitteln des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Finanzierung der Kompetenzagenturen eingesetzt werden. Gemäß der Richtlinie des BMFSFJ werden Sach- und Personalausgaben gefördert. Die Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben richtet sich hierbei grundsätzlich nach der Verordnung (EG) 1081/2006 vom 5. Juli 2006, geändert durch Verordnung (EG) 396/2009 sowie nach ergänzenden Nebenbestimmungen im Zuwendungsbescheid. Inwieweit hier Anteile auf den Träger entfallen, ist der Landesregierung im Einzelnen nicht bekannt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/94 5 4. Wie viele Fälle von sozial benachteiligten bzw. mehrfach beeinträch- tigten Jugendlichen wurden seit Beginn des Programms in Mecklenburg -Vorpommern von Kompetenzagenturen an den einzelnen Standorten mit welchem Ergebnis betreut? Die Auswertung der Fallzahlen der Kompetenzagenturen erfolgt über eine von Seiten des Programmträgers eingerichtete elektronische Fallakte mit der Bezeichnung „WASKA“. Die Landesregierung hat zur Auswertungsplattform keinen Zugang. Seit 2008 wird von Seiten der programmumsetzenden Stelle eine Jahresauswertung vorgenommen und den einzelnen Bundesländern zur Verfügung gestellt. Eine Herunterrechnung auf die einzelnen Standorte in Mecklenburg-Vorpommern wird nicht vorgenommen . Die Darstellung der dem Land vorliegenden Auswertungszeiträume (01.09.2008 - 31.08.2009 und 01.09.2009 - 31.08.2010) sind in der Anlage zusammengefasst. 5. In welchem Umfang wurden bislang jährlich für die Arbeit der Kompetenzagenturen in Mecklenburg-Vorpommern Mittel aus dem SGB II und SGB III eingesetzt? Mit dem Wegfall bzw. der Änderung des § 16 Abs. 2 SGB II (sonstige weitere Leistungen) ist im Jahre 2008 die Möglichkeit der Mitfinanzierung der Kompetenzagenturen aus dem SGB II deutlich eingeschränkt worden. Zur Sicherung des Bestandes der Einrichtungen ist Mecklenburg-Vorpommern Ende 2008 mit Hilfe des Landesprogramms „Jugendberufshilfe“ in die Förderung der Kompetenzagenturen eingestiegen. Über das Landesprogramm erhalten die örtlichen Träger öffentlicher Jugendhilfe Zuwendungen zur Förderung regionaler Projekte der Jugendberufshilfe und können im Rahmen dieses Zuwendungszwecks die Mittel unter anderem für Kompetenzagenturen einsetzen. Durch die Landesregierung erfolgt keine direkte Beantragung und Abrechnung durch die Träger der Einrichtungen. Von daher ist eine genaue Darstellung der Finanzierung der Kompetenzagenturen aus dem SGB II nicht möglich. Hierfür ist eine längerfristige Abfrage bei den Kompetenzagenturen bzw. beim Projektträger des Bundesprogramms erforderlich. Drucksache 6/94 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 6. Wie bewertet die Landesregierung die Bundesratsinitiative des Landes Hamburg mit dem Ziel, die Kofinanzierung aus SGB II und SGB III Mitteln auch weiterhin zu ermöglichen und wie hat sich die Landesregierung im Bundesrat zu diesem Vorschlag bisher verhalten bzw. wie wird sich die Landesregierung im Bundesrat verhalten? Mecklenburg-Vorpommern unterstützt den Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg in Bezug auf die Mitfinanzierung der Kompetenzagenturen aus dem SGB II. Die Ko-Finanzierung soll nach Information der Bewilligungsbehörde (BMFSFJ) in erster Linie aus kommunalen Mitteln erfolgen, um eine Verstetigung des Angebots und Stärkung der kommunalen Jugendsozialarbeit zu erreichen. Die Landkreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern waren in den letzten Jahren gerade so in der Lage, den bisherigen Anteil von 7,5 % (Rest Landes- oder Drittmittel) aufzubringen. Eine Erhöhung der kommunalen Mitfinanzierung ist mit Blick auf die Mitfinanzierungsmöglichkeiten der vergangenen Jahre und die infolge der Kreisgebietsreform noch offenen Verhandlungen der kommunalen Haushalte für die Folgejahre fraglich. Sollte es zu keiner Änderung der vorgesehenen Ko-Finanzierungsmöglichkeiten kommen, kann es nach Einschätzung der Landesregierung trotz vorhandener Bundesfinanzierung zu Finanzierungsschwierigkeiten in einigen Kompetenzagenturen kommen. 7. Welche Perspektive sieht die Landesregierung für den Fortbestand der Kompetenzagenturen? Die Kompetenzagenturen erbringen ergänzende Dienstleistungen der Jugendhilfe (Jugendberufshilfe ) für Aufgaben, die originär bei den Trägern der Grundsicherung (Team U 25) ressortieren. Diese zusätzlichen und ergänzenden Dienstleistungen können nur aufrechterhalten werden, solange dafür gesonderte Bundes-/Bundes-ESF-Mittel zur Verfügung stehen. Mecklenburg-Vorpommern sieht sich nicht in der Lage, diese Leistungen alleine ohne entsprechende Ko-Finanzierung des Bundes zu erbringen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/94 7 8. Wenn die Kofinanzierung der Kompetenzagenturen i. H. v. 20 % ab dem 1. Januar 2012 seitens der Bundesebene entfällt, ist dann seitens des Landes geplant, diese Kofinanzierung abzusichern - wenn „nein“, warum nicht? Mecklenburg-Vorpommern wird auch im Haushaltsjahr 2012 den örtlichen Trägern öffentlicher Jugendhilfe Mittel aus dem Landesprogramm „Jugendberufshilfe“ zur Verfügung stellen. Diese Mittel können bis zur Höhe des Haushaltsansatzes zur möglichen KoFinanzierung der Kompetenzagenturen eingesetzt werden, solange sie in gleicher Höhe durch kommunale Mittel ergänzt werden. Drucksache 6/94 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 8 Anlage Zusammenfassung der Auswertung der Kompetenzagenturen 01.09.2008 - 31.08.2009 01.09.2009 - 31.08.2010 1.472 auswertbar 1.979 auswertbar Anzahl Prozent Anzahl Prozent Case Management 1.287 87,4 % 1.745 88,2 % Beratungsfälle 185 12,6 % 234 11,8 % männlich 799 54,3 % 1.077 54,4 % weiblich 673 45,7 % 902 45,6 % Migrant 115 7,8 % 146 7,4 % kein Migrant 1.367 92,9 % 1.833 92,6 % Austritte für 780 Teilnehmer 1.147 Teilnehmer Austritte und Art der Beendigung Anzahl Prozent Anzahl Prozent Beratungsfälle 154 19,7 % 200 17,4 % Case Management 626 80,3 % 947 82,6 % - erfolgreich beendet 456 72,8 % 692 73,0 % - vorzeitig beendet 105 16,8 % 174 18,4 % - abgebrochen 65 10,4 % 82 8,7 % Status für 567 Austritte 855 Austritte Status nach Abschluss Case Management Anzahl Prozent Anzahl Prozent Ausbildung 151 26,6 % 199 23,3 % Arbeit 71 12,5 % 148 17,3 % BVJ 57 10,1 % 73 8,5 % BGJ 0 0,0 % 0 0,0 % Berufsfachschule 21 3,7 % 8 0,9 % Maßnahmen 80 14,1 % 146 17,1 % allgemeinbildende Schule 32 5,6 % 24 2,8 % Sonstiges 81 14,3 % 146 17,1 % keine Maßnahmen / Angebote 74 13,1 % 111 13,0 % Gesamt 567 100 % 855 100 %