Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Juli 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/962 6. Wahlperiode 17.07.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Polizeieinsatz in Neubrandenburg am 1. Mai 2012 und ANTWORT der Landesregierung Am 1. Mai 2012 haben in Neubrandenburg etwa 150 Personen ab 09:00 Uhr die Ravensburgstraße und weitere 250 Personen die Ravens- burgstraße Ecke Stavener Straße blockiert, um gegen den für diesen Tag angemeldeten Naziaufmarsch zu protestieren. Die von den Veranstaltern des Naziaufmarschs ursprünglich vorgesehene Route sollte sich in Form eines Hakenkreuzes durch die Stadt ziehen. 1. Warum hat die zuständige Versammlungsbehörde die Route des Nazi- aufmarschs nicht durch entsprechende Auflagen modifiziert? Durch die Versammlungsbehörde des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte wurde mit Schreiben vom 23. April 2012 ein Auflagenbescheid erstellt, in dem der NPD eine andere Aufzugsstrecke in der Ihlenfelder Vorstadt zugewiesen wurde. Der durch die NPD angemeldeten Aufzugsstrecke durch die Oststadt wurde mit der Begründung auf eine zeitlich früher angemeldete Versammlung der CDU in diesem Bereich nicht entsprochen. Drucksache 6/962 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Die Polizei hat sofort beide Sitzblockaden eingekesselt, die Teilneh- mer der Sitzblockaden somit im Sinne des § 55 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) in Gewahrsam genommen. Auf welcher Grundlage ging die Polizei davon aus, dass die Voraus- setzungen des § 55 SOG M-V gegeben waren? Die Teilnehmenden der Sitzblockaden wurden zu keinem Zeitpunkt eingekesselt. Sie hatten jederzeit die Möglichkeit, die Örtlichkeit zu verlassen. Als Reaktion auf die Blockaden in der Ravensburgstraße und in der Stavener Straße wurde die Marschstrecke in Absprache mit dem Versammlungsleiter der NPD verändert, um den Fortgang der Veranstaltung zu gewährleis- ten. Den Teilnehmenden der Sitzblockaden wurde lediglich nicht gestattet, die Örtlichkeit in Richtung der „veränderten“ Marschroute zu verlassen. Das Verlassen des Ereignisortes war jederzeit in entgegengesetzter Richtung der Aufzugsstrecke möglich. Dies wurde durch die eingesetzten Konfliktmanager auch kommuniziert. Eine Ingewahrsamnahme gemäß § 55 SOG M-V hat nicht vorgelegen. 3. Die Polizei hat die beiden Sitzblockaden unterschiedlich behandelt. Während die Sitzblockade in der Ravensburgstraße Ecke Stavener Straße weitere Teilnehmer aufnehmen durfte, war dies bei der Sitz- blockade in der Ravensburgstraße nur kurzzeitig der Fall. Welche Erwägungen lagen dieser Ungleichbehandlung zugrunde? Durch die Polizei wurde der Zugang zu beiden Blockadestellen nicht verhindert. 4. Hat die Polizei die Sitzblockaden gefilmt? a) Wenn ja, von welchen Standorten aus? b) Wenn ja, wie viele Stunden Filmmaterial sind entstanden? Ja, die Blockaden wurden gefilmt. Zu a) Die Blockaden wurden sowohl aus unmittelbarer Nähe als auch über eine Hubschrauber- kamera gefilmt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/962 3 Zu b) Es ist Filmmaterial über 6:35:46 Stunden aus der unmittelbaren Nähe entstanden. Darüber hinaus entstanden 00:09:33 Stunden Filmmaterial über die Hubschrauberaufzeichnungen. 5. Gesetzt den Fall, dass die Polizei die beiden oben erwähnten Sitz- blockaden gefilmt hat, auf welcher Grundlage ist sie zu dem Urteil gekommen, dass von den Teilnehmern der Sitzblockaden erhebliche Gefahren (gemäß § 12a Versammlungsgesetz) für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen? a) Wurden/werden diese Aufnahmen gespeichert und wenn ja, wie lange? b) Sind die Aufnahmen nach der Demonstration vernichtet worden und wenn nicht, warum nicht? Die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung der NPD wurde durch die Teilneh- menden der Blockade gestört. Diese Störung stellt eine Beeinträchtigung der Versammlungs- freiheit dar und somit eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Fragen a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die oben genannten Aufzeichnungen liegen in Form von Datenträgern bei der Kriminal- polizeiinspektion Neubrandenburg und werden vernichtet, wenn sie für die Strafverfolgung und die Gefahrenabwehr im Sinne des § 12a Versammlungsgesetz nicht mehr benötigt werden. 6. Die Einkesselung der Sitzblockaden dauerte bis etwa 15:30 Uhr. Hat die Polizei bestimmte Maßnahmen gegenüber den Teilnehmern ergriffen, die die Sitzblockaden vorher verlassen wollten? a) Wenn ja, welche? b) Wenn die Polizei diese Teilnehmer der Sitzblockaden einer Identi- tätsfeststellung unterzogen hat, wie ist sie zu der Annahme gekommen, dass die Voraussetzungen des § 29 SOG M-V gegeben waren? c) Wenn die Polizei diese Teilnehmer einem Datenabgleich unterzo- gen hat, wie ist sie zu der Annahme gekommen, dass die Voraus- setzungen des § 43 SOG M-V vorlagen? Es lag keine Einkesselung vor (siehe Antwort zu Frage 2). Drucksache 6/962 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Fragen a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Gegen die die Sitzblockade verlassenden Teilnehmenden wurden Platzverweise erteilt, um weitere Störungen zu verhindern. In diesem Zusammenhang wurden Identitätsfeststellungen und der Datenabgleich mit dem polizeilichen Informationssystem vorgenommen. Eine Person wurde durchsucht.