Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. Juli 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/973 6. Wahlperiode 23.07.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jürgen Suhr, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kaufverhandlungen um Großherzogliche Sammlung und ANTWORT der Landesregierung Die Landesregierung verhandelt zurzeit mit der Familie der ehemaligen Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin über den Ankauf der Groß- herzoglichen Sammlung, die dem Land bisher als Leihgabe zur Verfü- gung gestellt wurde. Medienberichten zufolge lehnt es die Landesregie- rung jedoch zum jetzigen Zeitpunkt ab, die Öffentlichkeit über die einzel- nen Objekte der Sammlung zu informieren. Begründet wird dies mit einer möglichen Gefährdung der Kaufverhandlungen. 1. Wurde die Eigentümerin der Großherzoglichen Sammlung seitens der Landesregierung um eine Genehmigung zur Bekanntgabe jener Objekte, die das Land als Leihgabe erhalten hat, gebeten? Wenn ja, welche Antwort erfolgte und wie wurde diese begründet (bitte mit Datumsangabe der Anfrage und der Antwort)? Im Namen der Landesregierung wurde am 19. Juni 2012 mit dem Ehemann der Eigentümerin der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg, Herrn Alexander von Solodkoff, ein Telefongespräch geführt, um die Genehmigung zur Veröffentlichung der tabellarischen Übersicht der Kunstgegenstände einzuholen. Diese wurde trotz des Hinweises auf die notwendige Veröffentlichung aufgrund der Einleitung des Verfahrens zur Eintragung von Kunstgegenständen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes im Sinne des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 8. Juli 1999 (BGBl. I S. 1754), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2007 (BGBl. I S. 757, 2547) geändert worden ist, nicht gewährt. Drucksache 6/973 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche rechtlichen Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung gegen die Veröffentlichung einer Inventarliste der Großherzoglichen Sammlung? Aus Sicht der Landesregierung sprechen keine rechtlichen Gründe gegen eine Veröffent- lichung der Inventarliste der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg. Im Rahmen des Unterschutzstellungsverfahrens wurde die Liste im Amtsblatt Mecklenburg- Vorpommern (Amtsblatt M-V Nr. 30 vom 9. Juli 2012) und im Bundesanzeiger (BAnz AT 13.07.2012 B9 vom 13. Juli 2012) veröffentlicht. 3. Inwiefern gefährdet die Veröffentlichung einer solchen Liste die Kaufverhandlungen? Da es bei Kaufverhandlungen immer um Vermögens- und Sachwerte geht, werden diese grundsätzlich nicht öffentlich verhandelt, schon allein um die eigene Position nicht zu gefährden. Wenn eine Partei in den Kaufverhandlungen Verschwiegenheit wünscht, ist diese zu respektieren, um die Verhandlungen nicht unnötig zu erschweren. Jedoch ist mit der Veröffentlichung im Amtsblatt und im Bundesanzeiger (siehe oben) die Öffentlichkeit informiert worden. 4. Maßgebliche Vertreter der Landespolitik haben den kulturhistorischen Wert der Großherzoglichen Sammlung im Hinblick auf die Kauf- summe in der Vergangenheit öffentlich bezweifelt - wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung und den Wert der Sammlung? Es gibt eine Reihe von Wertgutachten durch anerkannte Expertinnen und Experten über die Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg aus den vergangenen Jahren. Die Kulturstiftung der Länder hat 2007 im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern eine von der Herzogin akzeptierte Bewertung der Sammlung vorgenommen. Die Kulturstiftung der Länder kommt zu dem Ergebnis, dass das Konvolut einen Wert von maximal 7.900.000 Euro hat. Expertinnen und Experten betonen immer wieder den außerordentlich hohen kunsthisto- rischen Wert der Sammlung. Die Landesregierung teilt diese Ansicht. Nach hiesiger Einschätzung handelt sich im Fall der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg um eine außerordentlich bedeutende Sammlung für Deutschland. Die Verbindungen gehen aber weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Sie sind deutschlandweit und sogar europaweit zu sehen. Eine Rückgabe der Kunstgegenstände würde einen wesentlichen Verlust für den gesamten deutschen Kulturbesitz bedeuten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/973 3 5. Welche Objekte der Sammlung wurden seit 1997 öffentlich ausgestellt und welche Gründe standen der Ausstellung weiterer Kunstgegen- stände der Sammlung entgegen? Wo welche Kunstgegenstände der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg seit 1997 zugänglich waren, ist heute nicht mehr im Detail nachzuvollziehen. Gründe dafür sind auch kleinere Restaurierungsarbeiten an verschiedenen Kunstwerken, Leihgaben für andere Museen und zu Forschungszwecken sowie wechselnde thematische Ausstellungen. Seit 1997 wurde bis zum Beginn der Sanierung im Schloss Ludwigslust im Jahr 2011 in drei Ausstellungsräumen mit einer Fläche von etwa 200 m² geschätzte 70 Prozent der Kunstwerke der Großherzoglichen Kunstsammlung dauerhaft ausgestellt. Auch leicht beschädigte Werke wurden in Petersburger Hängung dem interessierten Publikum zugänglich gemacht. Werke mit starken Beschädigungen mussten in Depots gelagert und sukzessive restauriert werden, bevor sie der Öffentlichkeit gezeigt werden konnten. Mit Beginn der Sanierung im Schloss Ludwigslust mussten für die Zeit der Sanierung die meisten Exponate in Interimsdepots ausgelagert werden. Ein kleiner Teil der Kunstwerke und des Kunsthandwerks ist noch in einzelnen Räumen ausgestellt. Bezüglich des Teils der Kunstwerke und des Kunsthandwerks, der derzeit in Ludwigslust, im Schloss Schwerin oder im Schloss Güstrow noch ausgestellt ist, wird auf die Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 6/951 verwiesen. 6. Die Landesregierung prüft laut Medienberichten derzeit, die Großher- zogliche Sammlung in das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes “ aufzunehmen und damit unter Kulturschutz zu stellen. a) Zu welchem Zeitpunkt wurde das Prüfverfahren eingeleitet und für wann ist der Abschluss geplant? b) Warum wurde die Öffentlichkeit, anders als in § 4 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) vorgesehen, nicht über die Einleitung informiert? Die Landesregierung beabsichtigt, alle Gemälde, Plastiken sowie Objekte des Kunsthand- werks der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes entsprechend des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 8. Juli 1999 (BGBl. I S. 1754), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2007 (BGBl. I S. 757, 2547) geändert worden ist, einzutragen. Drucksache 6/973 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Fragen 6 a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Das Verfahren zur Eintragung von Gegenständen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes wurde im Frühjahr 2012 eingeleitet. Die Eigentümerin wurde schriftlich über die Einleitung des Eintragungsverfahrens informiert und ihr wurde Gelegenheit zur Stellung- nahme gegeben. Nach § 4 Absatz 2 Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung muss die Einleitung des Verfahrens öffentlich bekannt gegeben werden. Die Veröffentlichung erfolgte dann entsprechend § 6 Absatz 1 Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwande- rung im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern Nr. 30 vom 9. Juli 2012 und im Bundesanzei- ger vom 13. Juli 2012 (BAnz AT 13.07.2012 B9). Eine genaue Angabe zum Abschluss des oben genannten Verfahrens kann zurzeit noch nicht gegeben werden. 7. Wann und wie oft hat der vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur einberufene Sachverständigen-Ausschuss getagt und welche Kompetenzen hat dieser Ausschuss? a) Was wurde dem Ministerium dabei durch den Sachverständigen- Ausschuss konkret empfohlen und wann genau erfolgten die einzelnen Empfehlungen? b) Betrachtet die Landesregierung die Empfehlung des Sachverstän- digen-Ausschusses als bindend und wenn nicht, welche Kriterien werden darüber hinaus für die Entscheidung über die Aufnahme der Sammlung in das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes “ angesetzt? c) Welches Mitglied des Sachverständigen-Ausschusses wurde gemäß § 2 Absatz 2 Satz 3 KultgSchG auf Vorschlag des Beauf- tragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien berufen? Der Sachverständigen-Ausschuss für Kulturgut wurde mit Kabinettsbeschluss vom 30. August 2011 auf der Grundlage des § 2 Absatz 2 Satz 3 Gesetz zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung berufen. Der Sachverständigen-Ausschuss hat sich am 17. Februar 2012 konstituiert und eine Geschäftsordnung gegeben. Weiterhin hat sich der Sachverständigen-Ausschuss auf seiner Sitzung am 17. Februar 2012 mit der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg befasst. Eine weitere Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses für Kulturgut fand am 11. Mai 2012 statt. Dort wurde über weitere Schutzverfahren beraten. Zu a) Der Sachverständigen-Ausschuss für Kulturgut hat am 17. Februar 2012 der Landesregierung empfohlen, das gesamte Konvolut der Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg entsprechend des Kulturgutschutzgesetzes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes einzutragen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/973 5 Zu b) Nein. Nach § 2 Absatz 2 Gesetz zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung muss die oberste Landesbehörde den Sachverständigen-Ausschuss für Kulturgut hören. Die Entscheidung über die Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes trifft nach sorgfältiger Prüfung allerdings das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als oberste Landesbehörde. Maßstab dabei ist, ob das betreffende Kulturgut tatsächlich als national wertvoll einzustufen ist und seine Abwanderung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen wesentlichen Verlust für den gesamten deutschen Kulturbesitz bedeuten würde. Zu c) Entsprechend § 2 Absatz 2 Satz 3 Gesetz zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwande- rung wurde Dr. Dirk Blübaum auf Vorschlag des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien in den Sachverständigen-Ausschuss für Kulturgut berufen. 8. Trifft es zu, dass die Eigentümerin für den Fall eines positiven Prüf- ergebnisses hinsichtlich der Aufnahme in das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ von ihren Verkaufsabsichten zurücktreten will? Der Landesregierung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. 9. Das Landesverzeichnis Mecklenburg-Vorpommern im „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ führt bisher kein Objekt auf. Gibt es aus Sicht der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern weitere Kulturgüter, deren Aufnahme in dieses Verzeichnis geprüft werden sollte? Es gibt Kulturgüter, deren Aufnahme in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes derzeit erwogen wird. Drucksache 6/973 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 10. Die Eigentümerin der Großherzoglichen Sammlung soll laut Medien- berichten dem Land Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2011 An- waltskosten und weitere Auslagen in Rechnung gestellt haben. Trifft dies zu und wenn ja, werden diese Forderungen weiterhin erho- ben oder wurden entsprechende Zahlungen geleistet? Die Herzogin zu Mecklenburg hat gegenüber dem Land Mecklenburg-Vorpommern Schadensersatzansprüche für Aufwendungen im Zusammenhang mit den Kaufverhandlungen über die Sammlung Christian Ludwig Herzog zu Mecklenburg sowie Waldtausch geltend gemacht. Diese Schadensersatzansprüche wurden von der Landesregierung zurückgewiesen. Es wurden keine Zahlungen geleistet. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Kleine Anfrage auf Drucksache 6/266 verwiesen.