Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. August 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/992 6. Wahlperiode 28.08.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Folgen der Schlecker-Insolvenz für Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele Filialen wurden in Mecklenburg-Vorpommern infolge der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker geschlossen? a) Für wie viele Filialen gibt es zum Stichtag 20.07.2012 Nach- nutzungskonzepte? b) Mit welchem Ergebnis haben die Bundesagentur für Arbeit und/oder die Landesregierung in Gesprächen mit Betriebsräten und/oder der zuständigen Gewerkschaft Nachnutzungskonzepte diskutiert? c) Welche konkreten finanziellen und/oder konzeptionellen Unter- stützungsmöglichkeiten bzw. -angebote gab bzw. gibt es seitens der Landesregierung bzw. der Bundesagentur für Arbeit für den Fall, dass Verkäuferinnen und Verkäufer Interesse haben, ihre Filiale alleinverantwortlich weiterzuführen? Im Zeitraum vom 23.01.2012 bis einschließlich der geplanten Schließungen im August 2012 in Mecklenburg-Vorpommern werden 175 Filialen von Anton Schlecker e. K. und 13 Filialen der Schlecker XL GmbH geschlossen. Drucksache 6/992 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu 1 a) bis 1 c) Die Fragen werden zusammenhängend beantwortet. Nachnutzungskonzepte für ehemalige Filialen der Drogeriemarktkette Schlecker liegen der Landesregierung nicht vor. Es sind keine konkreten Fälle bekannt, in denen Verkäuferinnen und Verkäufer Filialen eigenverantwortlich weiterführen wollen. 2. Auf welche Resonanz stießen die im Auftrag der Landesregierung durch die GSA durchgeführten Jobbörsen für ehemalige Schlecker- Beschäftigte der zweiten Entlassungswelle? a) Wie viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schlecker sind aktuell arbeitslos gemeldet? b) Wie viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schlecker haben - wie von der Bundesagentur für Arbeit angekün- digt - binnen 14 Tagen ein Beratungsgespräch erhalten? c) Welche Vermittlungs- und sonstige Angebote wurden den ehe- maligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schlecker von der Bundesagentur für Arbeit unterbreitet? In den Monaten April und Mai 2012 nahmen an den Jobbörsen 138 ehemalige Schlecker- Beschäftigte teil, im Juli und August 2012 waren es 289. Zu 2 a) Es sind aktuell 556 ehemalige Schlecker-Beschäftigte arbeitslos gemeldet (Stand 01.08.2012). Zu 2 b) Die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schlecker werden von der Bundes- agentur für Arbeit hinsichtlich der Frist von 14 Tagen für ein Beratungsgespräch nicht gesondert erfasst. Zu 2 c) Im Rahmen der Beratungsgespräche wurden mit den Bewerberinnen und Bewerbern nach Auskunft der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit individuelle Strategien zur schnellstmöglichen Beendigung der Beschäftigungslosigkeit erarbeitet. Dabei wurden die in Frage kommenden Stellenangebote, notwendige Qualifizierungsbedarfe, Fördermöglich- keiten (auch im Hinblick auf berufliche Alternativen - Selbständigkeit/Erzieherinnen/Erzieher /Altenpflegerin/Altenpflegern) erörtert und soweit möglich, entsprechende Angebote unterbreitet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/992 3 3. Inwieweit beachtet die Bundesagentur für Arbeit - auch angesichts der aufkommenden Kritik aus Gewerkschaftskreisen - bei der Vermittlung die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen, die geringer als zwei Drittel der im Branchentarifvertrag vereinbarten Entlohnung ausfallen? a) Wie bewertet die Landesregierung Vermittlungsangebote, die geringer als zwei Drittel der im Branchentarifvertrag vereinbarten Entlohnung ausfallen? b) Welcher Art sind die neuen Beschäftigungsverhältnisse, in die ehe- malige Schlecker-Beschäftigte bisher vermittelt wurden (bitte detailliert auflisten nach Branche, Voll- oder Teilzeitbeschäfti- gung, Minijob, Praktika, Leiharbeit und durchschnittlichem Stun- denlohn)? Zu 3 und 3 a) Die Fragen 3 und 3 a) werden zusammenhängend beantwortet. Die Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise die Agenturen für Arbeit sind an die Bestimmungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) gehalten. Gemäß § 36 SGB III „Grundsätze der Vermittlung“ darf die Agentur für Arbeit nicht vermitteln, wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Die gesetzliche Zumutbarkeit von Stellenangeboten gründet sich auf § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Zumutbar ist danach ein bis zu 20 Prozent gemindertes Arbeitsentgelt in den ersten 3 Monaten der Arbeitslosigkeit, ein bis zu 30 Prozent gemindertes Arbeitsentgelt bis zum 6. Monat der Arbeitslosigkeit und ab dem 7. Monat der Arbeitslosigkeit ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Arbeitslosengeldes. Zu 3 b) Die Bundesagentur für Arbeit erfasst entsprechende Abgänge lediglich als „in Arbeit vermittelt“. Drucksache 6/992 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Auf welche Resonanz stieß das Angebot des Landes, sich bei der GSA telefonisch über Arbeitsplatzangebote zu informieren? a) Wie viele dafür qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen bei der GSA zur Annahme und Beratung von ehemaligen Schlecker-Mitarbeiterinnen und Schlecker-Mitarbeitern per Tele- fon zur Verfügung? b) Inwieweit handelt es sich dabei um Stammpersonal der GSA bzw. wie viele zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden eingestellt? c) Womit begründet die Landesregierung die Aktivitäten bzw. den Einsatz der GSA (Jobbörsen, telefonische Arbeitsplatzinformation etc.) parallel zu den Vermittlungsaktivitäten der Bundesagentur für Arbeit, die dazu gesetzlich verpflichtet ist und entsprechend quali- fiziertes Personal vorhält? Über das Servicetelefon wurden 38 ehemalige Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Schlecker-Gruppe beraten. Zu 4 a) Eine Hauptansprechpartnerin und eine Vertretung stehen zur Verfügung. Zu 4 b) Es handelt sich um Stammpersonal der Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwick- lung (GSA). Zu 4 c) Der Einsatz der GSA hat die Anstrengungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus Sicht der Landesregierung sinnvoll unterstützt, was sich beispielsweise darin zeigt, dass ergänzend zum Angebot der Arbeitsagenturen seitens der GSA landesweit insgesamt 235 offene Stellen recherchiert wurden, die nicht bei den Arbeitsagenturen registriert waren. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/992 5 5. Welche konkreten Angebote unterbreitet die Landesregierung den ehemaligen Schlecker-Beschäftigten bezüglich einer berufsfremden Qualifizierung? a) In wie vielen Fällen wurden zum Beispiel Umschulungen in Pflegeberufe angeboten und in Erwägung gezogen? b) Inwieweit ist die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres in den Pflegeberufen sichergestellt und woher stammt das dafür genutzte Geld (bitte detailliert darlegen, ob und wenn aus welchem Haushaltstitel und in welcher Höhe Mittel bereitgestellt und ggf. umgeschichtet wurden bzw. werden)? Die grundsätzliche Zuständigkeit für Qualifizierungsangebote für ehemalige Schlecker- Beschäftigte liegt bei der Bundesagentur für Arbeit. Zu 5 a) In den Beratungsgesprächen der Arbeitsagenturen mit den ehemaligen Schlecker-Beschäftig- ten werden auch die Möglichkeiten geprüft, ob die betreffende Person für eine Umschulung in Pflegeberufe in Frage kommt. Zahlenmäßige Angaben liegen der Landesregierung noch nicht vor. Zu 5 b) Die Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres in den Pflegeberufen erfolgt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des Spezifischen Ziels C.1 (Arbeitslosen Frauen und Männern den Zugang zur Erwerbstätigkeit erleichtern) des Operationellen Programms des ESF. Die ESF-Mittel sind im Titel 683.63, Maßnahmengruppe 60, Kapitel 1004 veranschlagt, eine Umschichtung aus anderen Titeln ist nicht notwendig. 6. Welchen konkreten Auftrag hat die in der Juni-Landtagssitzung 2012 von Ministerin Schwesig angekündigte Arbeitsgruppe für die per- spektivische Beschäftigung der ca. 10.000 Arbeitslosen, die ausbil- dungstechnisch dem Einzelhandel im Land zuzuordnen sind? a) In welcher Zusammensetzung hat die Arbeitsgruppe wann ihre Arbeit aufgenommen? b) In welchem Umfang und für welche Maßnahmen plant die Landes- regierung die Arbeits- und Umsetzungsphase durch den Einsatz zusätzlicher, finanzieller Mittel zu unterstützen? Die Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, das Thema Frauenarbeitsplätze im Dienstleistungs- bereich zu untersuchen. Drucksache 6/992 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu 6 a) Die Arbeitsgruppe besteht derzeit aus Vertreterinnen und Vertretern des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales sowie der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit und hat die Arbeit im August 2012 aufgenommen. Zu 6 b) Die Landesregierung plant gegenwärtig keinen Einsatz zusätzlicher finanzieller Mittel im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitsgruppe. 7. Unter welchen Voraussetzungen kommen die von der Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales, Schwesig, angekündigten 1,7 Millionen Euro für die begleitende Finanzierung von Umschulun- gen zum Einsatz? a) In welchem Haushaltstitel des Landes sind die für die begleitende Finanzierung von Umschulungen angekündigten 1,7 Millionen Euro veranschlagt? b) Stehen die Mittel unabhängig von bundespolitischen Weichen- stellungen zur Verfügung oder können sie nur zur Komplementär- finanzierung bereitgestellt werden? c) In welcher Art und Weise führt die Landesregierung, für den Fall, dass es bundespolitischer Entscheidungen bzw. Verordnungswege bedarf, aktuell Gespräche mit der Bundesregierung? Wenn die geforderten persönlichen und gesetzlichen Voraussetzungen bei den betreffenden Personen vorliegen, fördert die Bundesagentur für Arbeit die Umschulung und das Land leistet die Kofinanzierung. Zu 7 a) Die Mittel sind im Titel 683.63, Maßnahmengruppe 60, Kapitel 1004 (Arbeitslosen Frauen und Männern den Zugang zur Erwerbstätigkeit erleichtern) veranschlagt. Zu 7 b) Die 1,7 Mio. Euro werden für die komplementäre Finanzierung von Umschulungen durch die Bundesagentur bereitgestellt (zwei Drittel Bundesagentur für Arbeit, ein Drittel Land). Zu 7 c) Soweit bundespolitische Entscheidungen mit Blick auf die Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern vorbereitet werden, erfolgt die erforderliche Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales beziehungsweise der Bundesagentur für Arbeit. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/992 7 8. Wie viele „Ihr Platz“-Filialen mit wie vielen Beschäftigten gibt es in Mecklenburg-Vorpommern und inwieweit stehen diesen Beschäftig- ten im Falle der Insolvenz dieselben Möglichkeiten offen, wie den ehemaligen Schlecker-Beschäftigten? Nach Schätzung des Insolvenzverwalters könnten möglicherweise noch bis zu ungefähr 90 Beschäftigte von „Ihr Platz" in Mecklenburg-Vorpommern von den Folgen der Insolvenz betroffen sein. Daten über die Anzahl der „Ihr Platz“-Filialen liegen der Landesregierung nicht vor. Den Beschäftigten der Drogeriemärkte „Ihr Platz“ stehen dieselben Möglichkeiten offen wie den ehemaligen Beschäftigten der Drogeriemarktkette Schlecker. Inwieweit erneut zusätzliche regionale Jobbörsen sinnvoll sind, wird entschieden werden, wenn Anzahl und regionale Verteilung der Betroffenen bekannt sind. 9. Welche politischen Initiativen auf Bundesebene hat die Landesregie- rung im Ergebnis der Schlecker-Insolvenz bereits eingeleitet oder unterstützt bzw. welche politischen Initiativen plant die Landesregie- rung in Erkenntnis der Schlecker-Insolvenz einzuleiten, z. B. in Bezug auf mögliche Änderungen im Handelsrecht etc.? Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat sich mit Schreiben vom 25.06.2012 an die Bundesministerin für Arbeit und Soziales gewandt, in dem sie auf die schwierige Marktsituation im Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommerns verwiesen hat und sich für die Ausweitung der Umschulung in Mangelberufen ausgesprochen hat, wie dies auch von Bundesministerin von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundesagentur angekündigt wurde. Allerdings lässt die Antwort der Bundesministerin auf das Schreiben erkennen, dass keine zusätzlichen Maßnahmen für die Schlecker-Beschäftigten vorgesehen sind. Darüber hinaus hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Gespräche mit dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg geführt, um weitere Unterstützungs- möglichkeiten für die von der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker betroffenen Beschäftigte zu erörtern. Die Landesregierung plant gegenwärtig keine weiteren politischen Initiativen auf Bundes- ebene im Zusammenhang mit der Schleckerinsolvenz.