Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. September 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1026 7. Wahlperiode 22.09.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Christel Weißig, Fraktion der AfD Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen bei Erreichen der Volljährigkeit und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge werden mit Stand von heute in Mecklenburg-Vorpommern betreut (bitte aufschlüsseln nach Alter, Betreuungseinrichtung und Zuständigkeit)? Mit Stand des 31. August 2017 befinden sich in Mecklenburg-Vorpommern 930 unbegleitete ausländische Minderjährige und ausländische junge Volljährige in jugendhilferechtlicher Zuständigkeit, bei denen sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Davon sind 697 unbegleitete ausländische Minderjährige. Dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe obliegt gemäß § 42 fortfolgende (ff.) Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) die Pflicht, die durch die Landesstelle zugewiesenen unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in stationären oder teilstationären Einrichtungen der Jugendhilfe unterzubringen, zu versorgen und zu betreuen. Der Landesregierung liegen deshalb hinsichtlich der Fragestellung, wie viele unbegleitete ausländische Minderjährige in welcher Betreuungseinrichtung leben, keine Daten vor. Drucksache 7/1026 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 In den Landkreisen und kreisfreien Städten wird folgende Anzahl von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen zum Stichtag 31. August 2017 betreut: Landkreise/kreisfreien Städte Anzahl der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen Landeshautstadt Schwerin 30 Hansestadt Rostock 69 Ludwigslust-Parchim 102 Mecklenburgische Seenplatte 120 Nordwestmecklenburg 69 Landkreis Rostock 93 Vorpommern-Greifswald 98 Vorpommern-Rügen 116 Summe: 697 Die Altersstruktur der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen verteilt sich auf die Jahrgänge 1999 bis 2015 zum Stichtag 31. August 2017 mit folgenden prozentualen Anteilen (gerundete Werte): Jahrgang in Prozent 1999 11,0 2000 48,0 2001 19,0 2002 8,0 2003 - 2004 6,5 2005 - 2009 6,5 2010 - 2015 1,0 2. Mittels welcher Verfahren und durch wen erfolgt die Feststellung des Alters? Wie hoch schätzt die Landesregierung die Richtigkeit der Ergebnisse dieser Feststellungsmethoden ein? Zur Beantwortung der ersten Frage wird auf die Kleine Anfrage auf der Landtagsdrucksache 7/54 verwiesen. Die Landesregierung schätzt die Richtigkeit des - mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme - eingeschätzten und festgestellten Alters durch die örtlichen Jugendämter hoch ein. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe führen die Altersfeststellungen auf der Grundlage von Standards durch, die in den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen“* beschlossen wurden. Diese Einschätzung resultiert aus den Fachgesprächen zwischen Landesregierung und den Jugendämtern. Statistische Erhebungen dazu gibt es nicht. _____________ * 2. aktualisierte Fassung 2017, beschlossen auf der 122. Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter vom 26. bis 28. April 2017 in Saarbrücken. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1026 3 Sowohl die Fachschaft der Kinder- und Jugendhilfe als auch die Ärzteschaft vertreten die Auffassung , dass eine exakte Bestimmung des Lebensalters weder auf medizinischem, psychologischem , pädagogischem noch auf anderem Wege möglich ist. Alle Verfahren können allenfalls Näherungswerte liefern. Es gibt einen Graubereich von etwa ein bis zwei Jahren. Der 117. Deutsche Ärztetag 2014 hat festgestellt, dass Alterseinschätzungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch Knochenröntgen oder Computertomographie medizinisch nicht vertretbar sind und zu diesem Zweck nicht mehr angewandt werden. Aufgrund des § 42 SGB VIII und der UN-Kinderrechtskonvention muss ein ausreichendes Clearingverfahren durchgeführt werden, das sowohl das psychische, physische und soziale Alter der unbegleiteten Minderjährigen erfasst als auch den daraus resultierenden Jugendhilfebedarf feststellt. Die Landesregierung schließt sich diesen Auffassungen an. 3. Werden volljährige Flüchtlinge weiterhin in Maßnahmen, die für minderjährige Flüchtlinge vorgesehen sind, betreut (wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Anzahl, Betreuungseinrichtung und Zuständigkeit)? Ja. Mit Stand 31. August 2017 erhalten in Mecklenburg-Vorpommern 233 ausländische volljährige Personen Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII, die zuvor als unbegleitete ausländische Minderjährige bereits Leistungen der Jugendhilfe erhalten haben. Hinsichtlich der Betreuungseinrichtungen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. In den Landkreisen und kreisfreien Städten wird folgende Anzahl von ausländischen jungen Volljährigen zum Stichtag 31. August 2017 betreut: Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl ausländischer junger Volljähriger Landeshauptstadt Schwerin 32 Hansestadt Rostock 61 Ludwigslust-Parchim 16 Mecklenburgische Seenplatte 27 Nordwestmecklenburg 19 Landkreis Rostock 24 Vorpommern-Greifswald 39 Vorpommern-Rügen 15 Summe: 233 Drucksache 7/1026 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Wenn die Frage 3 mit ja beantwortet wird, wer entscheidet über den Verbleib der Volljährigen in diesen Maßnahmen (bitte aufschlüsseln nach Art der Begründung)? Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist für die Umsetzung der §§ 27 ff. SGB VIII zuständig. Nach § 36 Absatz 2 SGB VIII soll eine Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfe im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe wird ein Hilfeplan erarbeitet, der die Feststellung über den Bedarf, die zu gewährende Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält. Dieser soll regelmäßig nach den Maßstäben der Notwendigkeit und Geeignetheit überprüft werden. Die Begründung der Weitergewährung einer Hilfe wird aus datenschutzrechtlichen Gründen statistisch nicht erfasst. 5. Wie hoch sind die Fördermittel des Landes, welche pro zu Betreuendem gezahlt werden? a) Gibt es eine pauschale Summe? b) Wie hoch sind die Fördermittel insgesamt, welche zu diesem Zweck an die entsprechenden Vereine, Institutionen oder Einzelpersonen gezahlt werden (bitte aufschlüsseln nach Summe je Empfänger)? Die Höhe der Finanzmittel, die für einen unbegleiteten ausländischen Minderjährigen und gegebenenfalls einen ausländischen jungen Volljährigen seitens des Landes zur Verfügung gestellt wird, kann nicht individuell mitgeteilt werden. Für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen und gegebenenfalls ausländischen jungen Volljährigen ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe entsprechend dem SGB VIII zuständig und bedient sich dazu der freien Träger der Jugendhilfe. Jeder öffentliche Träger schließt in eigener Zuständigkeit und Verantwortung mit den freien Trägern Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach §§ 78a ff. SGB VIII ab, nach denen unter anderem die entsprechenden Tagessätze für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung in voll- und teilstätionären Einrichtungen festgelegt werden. Neben den Tagessätzen können individuelle Aufwendungen für diese Personengruppen entstehen, zum Beispiel Aufwendungen für notwendige ärztliche Behandlungen, für notwendige Dolmetscherleistungen, Fahrtkosten. Diese beiden Kostenbestandteile bilden die Basis für die Kostenerstattung nach § 89d SGB VIII. Die Landesregierung erstattet den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die aufgewendeten Kosten für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen sowie ausländischen jungen Volljährigen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1026 5 Den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe in unserem Land wurden Kosten für das Jahr 2016 in Höhe von 15.994.547,51 Euro erstattet, die für 754 unbegleitete ausländische Minderjährige einschließlich ausländischer junger Volljähriger aufgewendet wurden. Daraus ergibt sich ein landesweiter Durchschnittswert von 21.212,93 Euro pro Fall. Da die Rechnungslegung und/oder Prüfung der Kostenerstattungsvoraussetzungen für Aufwendungen im Jahr 2016 noch nicht abgeschlossen ist, stellt der Durchschnittswert kein abschließendes Ergebnis dar. Zu a) Nein. Zu b) Auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/480 wird verwiesen. Eine Kostenerstattung direkt an Vereine, Institutionen oder Einzelpersonen erfolgt durch die Landesregierung nicht; somit können hierzu auch keine Angaben übermittelt werden.