Der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1037 7. Wahlperiode 09.10.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Bert Obereiner, Fraktion der AfD Windkraft-Studie: Erzeugung und Verbrauch im Widerspruch und ANTWORT der Landesregierung Laut einer Untersuchung durch Michael vom Baur haben die in Mecklenburg -Vorpommern vorhandenen 1.844 Windkraftanlagen „Strommüll“ im Wert von mindestens 150 Mio. € erzeugt (Ostsee-Zeitung vom 06.09.2017). 1. Welche Kraftwerkskapazitäten sollen in Zukunft die 2,5 bis 3 Gigawatt- Spitzenleistung in MV abdecken, wenn durch eine Flaute keine Windstromausbeute vorhanden ist? Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in der Regelzone liegt in der Verantwortung des Übertragungsnetzbetreibers. Mecklenburg-Vorpommern ist Teil des flächendeckenden Verbundnetzes des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission GmbH. Grundsätzlich ist der Stromverbrauch einer Regelzone sehr gut durch Prognosen abbildbar. Für Abweichungen muss der Übertragungsnetzbetreiber Regelleistungen vorhalten, die dieser in Eigenregie akquiriert . Diese Regelleistung wird bisher größtenteils durch konventionelle Kraftwerke bereitgestellt . Für langfristige Prognosen zur Stromversorgung und zur Netzstabilität erarbeiten die vier Übertragungsnetzbetreiber (50Hertz Transmission GmbH, TenneT TSO GmbH, Amprion GmbH und TransnetBW GmbH) die System- und Langfristanalysen. Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen prüft diese Analysen und bestätigt im Anschluss den ermittelten Netzreservebedarf der Erzeugungskapazitäten. Die dafür notwendigen Kraftwerke sind in der von der Bundesnetzagentur erstellten Kraftwerksliste dargestellt . Drucksache 7/1037 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Setzt sich die Landesregierung für den rechtzeitigen Ausbau von Übertragungs - und Speicherkapazitäten ein? a) Wenn ja, wie treibt die Landesregierung diese Entwicklung voran? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 2, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung begleitet aktiv den Ausbau der Stromübertragungskapazitäten. Zuständig für die Planung und deren Umsetzung sind zunächst die Übertragungsnetzbetreiber. Die Planung des Netzausbaus durch die vier Übertragungsnetzbetreiber erfolgt in folgenden Verfahrensschritten : 1. Die vier Übertragungsnetzbetreiber erstellen in enger Zusammenarbeit mit den Ländern, Verbänden und nachgelagerten Netzbetreibern einen Szenariorahmen, der in mehreren Varianten die wahrscheinliche Entwicklung der Stromerzeugungskapazitäten und des Stromverbrauchs in den jeweiligen Zieljahren unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen beschreibt. Der erarbeitete Szenariorahmen wird von der Bundesnetzagentur zur Konsultation veröffentlicht. Die Ergebnisse der Konsultationsbeiträge werden geprüft sowie gegebenenfalls in den Szenariorahmen eingearbeitet und im Anschluss von der Bundesnetzagentur genehmigt. 2. Auf der Grundlage des Szenariorahmens erstellen die vier Übertragungsnetzbetreiber den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans. Dieser wird der Bundesnetzagentur und der Öffentlichkeit zur Konsultation vorgelegt. Im Zuge der Prüfung der Stellungnahmen wird der Netzentwicklungsplan überarbeitet. Der überarbeitete Netzentwicklungsplan wird wiederum der Bundesnetzagentur und der Öffentlichkeit zur Konsultation übergeben. Unter der Berücksichtigung der Konsultationsbeiträge bestätigt die Bundesnetzagentur den Netzentwicklungsplan . 3. Der jeweilige regional tätige Übertragungsnetzbetreiber steht bei der Erarbeitung in engem fachlichem Austausch mit den Ländern. In den einzelnen Konsultationsprozessen prüfen die Länder, ob Maßnahmen und Vorhaben von Landesinteresse berücksichtigt und mit der entscheidenden Priorität zur Umsetzung vorgesehen sind. Die Planung der Speicherkapazitäten erfolgt momentan nicht zentral, sondern marktgetrieben. Ein Beispiel ist der Batteriespeicher der WEMAG AG in Schwerin, der in der ersten Ausbaustufe vom Bund gefördert und 2014 in Betrieb genommen worden ist. Der Batteriespeicher wurde bereits 2017 in seiner Kapazität auf nunmehr 15 Megawattstunden erweitert und ist damit aktuell europaweit der größte hybride Lithium-Batterien-Verbund. Die Leistung des Batteriespeichers wird auf dem Regelenergiemarkt angeboten und leistet so einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes. Durch die präqualifizierte Leistung von 10 Megawatt liefert das Batteriespeicherkraftwerk das Regelpotenzial einer Gasturbine mit 100 Megawatt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1037 3 3. Befürwortet die Landesregierung Sondergenehmigungen nach Zielabweichungsverfahren , auch wenn kein hinreichender Markt für den Windstromabsatz vorhanden ist? a) Wenn ja, aus welchen Gründen? b) Wenn nicht, warum gibt es dann die Möglichkeit dieses Ausnahmeverfahrens ? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Möglichkeit, von den Zielen der Raumordnung abzuweichen, und das anzuwendende Verfahren sind im Raumordnungsgesetz und im Landesplanungsgesetz geregelt. Nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes können Abweichungen von den Zielen eines Regionalen Raumentwicklungsprogramms zugelassen werden (Zielabweichungsverfahren), wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Im Allgemeinen werden Zielabweichungsverfahren für Windenergieanlagen durchgeführt, die der Förderung von Innovationen dienen oder zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation beziehungsweise zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Mecklenburg -Vorpommern beitragen. Auch der Aspekt der Erzielung einer besonderen regionalen Wertschöpfung durch eine weitreichende Beteiligung der Kommunen und Bürger an dem jeweiligen Projekt kann die Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens begründen. 4. Welche Pläne hat die Landesregierung, ein grundlastfähiges Energieversorgungssystem ohne konventionelle Kraftwerke aufrechtzuerhalten ? 5. Welche Energieerzeugungsanlagen sollen in Zukunft die Grundlastfähigkeit des Stromversorgungssystems in Mecklenburg-Vorpommern sichern? Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit erfolgt nach den in den Antworten zu den Fragen 1 und 2 dargestellten Kriterien. Durch den physikalischen Stromaustausch der Übertragungsnetzbetreiber mit den nationalen und europäischen Partnern ist die Grundlast über konventionelle Kraftwerke auf absehbare Zeit gesichert, da auch in den übrigen Übertragungsnetzen diese Kraftwerke angeschlossen sind und weiterhin betrieben werden. Für die Zukunft wird allerdings angestrebt, dass es zu einer immer besseren Verbindung von erneuerbaren Energien und Speicherkapazitäten kommt. Ein weiterer Weg zur Systemstabilisierung ist die Kopplung der Sektoren von Strom, Wärme und Verkehr. Das zentrale Ziel sind dabei die stärkere Nutzung des hier im Lande produzierten regenerativen Stroms und die Etablierung dieser Energie auf dem Markt.