Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. November 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1158 7. Wahlperiode 07.11.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Peter Ritter und Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Sprengstofffunde im Phänomenbereich „politisch motivierte Kriminalität - rechts“ und ANTWORT der Landesregierung In der Antwort auf die Kleine Anfrage zu „Politisch motivierten Straftaten - rechts 2016“ (vgl. Drucksache 7/37) erklärte die Landesregierung, dass ihr am 17. Mai 2016 ein Fall einer Straftat gemäß § 89a Strafgesetzbuch („Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“) bekannt wurde. Eine der beschuldigten Personen könne nach Angaben der Landesregierung der neonazistischen Gruppierung „Aktionsgruppe Güstrow“ zugerechnet werden. In darauffolgenden Presseartikeln wurde dargelegt, dass ein Ehepaar aus Güstrow 60 Kilogramm Pyrotechnik aus Tschechien bestellt habe. Insgesamt wären sie damit in Besitz von zehn bis zwölf Kilogramm Sprengstoff gewesen (vgl. hierzu: http://www.ndr.de/ nachrichten /mecklenburg-vorpommern/Terror-Ermittlungen-gegen-Duo-aus- Guestrow,bombe 2430.html). 1. Wo, wann und in welchem Ausmaß machten Sicherheits- und Ermittlungsbehörden des Landes Mecklenburg-Vorpommern und des Bundes im Zeitraum von 2006 bis 2016 Sprengstofffunde bzw. Funde von sprengfähigem Material, wie Pyrotechnik, bei Personen, die dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, in Mecklenburg- Vorpommern (bitte tabellarisch nach Datum und Ort des Auffindens, Herkunft, Art und Menge des sprengfähigen Materials)? In dem Zeitraum von 2006 bis 2016 wurden in Mecklenburg-Vorpommern folgende Straftaten gegen das Sprengstoffgesetz registriert. Drucksache 7/1158 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Jahr erfasste Fälle aufgeklärte Fälle 2006 9 6 2007 8 8 2008 12 9 2009 14 13 2010 31 26 2011 67 55 2012 90 80 2013 79 70 2014 106 88 2015 112 96 2016 167 142 Die vollständige Beantwortung der Frage würde die händische Auswertung aller 593 aufgeklärten Straftaten und den Abgleich der Tatverdächtigen mit dem Personenpotenzial des rechtsextremistischen Spektrums erfordern. Für eine solche Recherche wären circa 300 Mannstunden (37 Arbeitstage) erforderlich. Dieser Rechercheaufwand ist im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht zu leisten. Er wäre mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Landesverfassung folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren ist. 2. Bei welchen Straftaten wurden im Phänomenbereich PMK rechts seit 2006 in Mecklenburg-Vorpommern sprengfähige Materialien verwendet und bei welchen Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern, bei denen sprengfähige Materialien verwendet wurden, bestand seit 2006 laut Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden der Anfangsverdacht eines rechtsextremistischen Tatmotivs [bitte tabellarisch nach Datum und Ort der Straftat nach dem Strafgesetzbuch, sowie Kategorie im Themenfeld Hasskriminalität (fremdenfeindlich, antisemitisch, Gewalt gegen Linke, Gewalt gegen sonstige politische Gegner) aufschlüsseln]? Die Beantwortung stützt sich auf die statistischen Angaben zur Politisch Motivierten Kriminalität -rechts (PMK-rechts) mit Stand 18.10.2017, bei denen ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz als hauptverletzte Rechtsnorm erfasst wurde. Alle aufgeführten Straftaten wurden als extremistisch eingestuft. In den Jahren 2006 bis 2009, 2011, 2012 und 2016 wurden keine Straftaten im Sinne der Anfrage registriert. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1158 3 Tatzeit Tatort Strafrechtsnorm Deliktsqualität Themenfeld 06.07.2010 Stralsund § 308 Strafgesetzbuch (StGB) Gewalt gegen sonstige politische Gegner 15.06.2013 Rostock § 40 Sprengstoffgesetz (SprengG) allgemeine PMK gegen sonstige politische Gegner 22.06.2013 Güstrow § 308 StGB Gewalt anderes Themenfeld 15.01.2014 Drögeheide § 40 SprengG allgemeine PMK fremdenfeindlich und weitere Themenfelder 16.09.2015 Parchim § 308 StGB Gewalt fremdenfeindlich und ein weiteres Themenfeld 25.10.2015 Greifswald § 40 SprengG allgemeine PMK fremdenfeindlich und ein weiteres Themenfeld 11.02.2017 18437 Stralsund § 40 SprengG allgemeine PMK andere Themenfelder 11.02.2017 18439 Stralsund § 40 SprengG allgemeine PMK andere Themenfelder 3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob mit den in der Antwort zu Frage 1 genannten Sprengstoffen jeweils Straftaten verübt und/oder Experimente durchgeführt wurden? Wenn ja, welche? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob mit herkunfts- und margengleichen sprengfähigen Materialien, die seit 2006 in Mecklenburg-Vorpommern aufgefunden wurden, rechtsextremistische Straftaten im übrigen Bundesgebiet verübt worden sind? Wenn ja, welche? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 7/1158 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Worauf begründete sich der Anfangsverdacht einer Straftat gemäß §89a StGB, die mit der Antwort auf die Kleine Anfrage zu „politisch motivierten Straftaten - rechts 2016“ (Drucksache 7/37) durch die Landesregierung bekannt gemacht worden ist? Nach Erkenntnissen des Zollfahndungsamtes Hamburg/Sitz Rostock hat ein Tatverdächtiger 60 Kilogramm Pyrotechnik mit einem Nettosprengstoffgehalt von 12,5 Kilogramm in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Darüber hinaus wurden auf der Rechentechnik des Tatverdächtigen Suchtreffer wie „Bombe“, „Rohrbombe“ und „Zündschnur“ nachvollzogen. Aus diesem Grund wurde durch die zuständige Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen § 89a StGB eingeleitet. Die Ermittlungen erbrachten keinen Tatnachweis. 6. Wurden während der Durchsuchungsmaßnahme die 60 Kilogramm Pyrotechnik (oder eine geringere Menge der vermuteten Pyrotechnik) aufgefunden? a) Welche gefährlichen Gegenstände stellte die Polizei darüber hinaus sicher? b) Welche Sprengkraft hat der auf zehn- bis zwölf Kilogramm geschätzte Sprengstoff, welcher in den insgesamt 60 Kilogramm Pyrotechnik enthalten war/ist? c) Welche Erkenntnisse besitzt die Landesregierung über den möglichen Verbleib und Zweck von nicht aufgefundener Pyrotechnik? Die im Tatverdacht geäußerte Menge von 60 Kilogramm Pyrotechnik wurde bei der Durchsuchung nicht aufgefunden. Es wurden geringe Mengen anderer Pyrotechnik aufgefunden. Zu a) Darüber hinaus wurden eine Pistole, zwei Schlagringe und ein grundsätzlich verbotenes, aber defektes Elektroimpulsgerät gefunden. Zu b) Die genaue Spezifizierung der Pyrotechnik ist nicht bekannt. Zu c) Vonseiten der Ermittlungsbehörden wird davon ausgegangen, dass die Pyrotechnik zum Zwecke des finanziellen Profits weiterveräußert worden sein könnte. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1158 5 7. Welche Bewertungsmaßstäbe hinsichtlich der politischen Tatmotivation legte die Landesregierung der Antwort auf die Kleine Anfrage zu „politisch motivierten Straftaten - rechts 2016“ (Drucksache 7/37) zugrunde, die im benannten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 89a StGB einem der Tatverdächtigen einen rechten Hintergrund zuordnet, einen möglichen politischen Hintergrund der zweiten tatverdächtigen Person jedoch unberücksichtigt lässt? Der Tatverdächtige 1 ist allgemeinkriminell, jedoch auch im Bereich der PMK-rechts polizeibekannt . Somit ist eine politisch begründete rechte Motivation nicht auszuschließen. Die Tatverdächtige 2 steht in einer familiären Beziehung zum Tatverdächtigen 1. Hier ist ein politischer Hintergrund nicht belegbar.