Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. März 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1668 7. Wahlperiode 12.03.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Verhinderte rechte Musikveranstaltung in Neustadt-Glewe und ANTWORT der Landesregierung Hinsichtlich der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage (7/1336) zu einer verhinderten rechten Musikveranstaltung am 11. November 2017 in Neustadt-Glewe ergeben sich weitere Nachfragen. 1. Wie viele der 44 anwesenden und durch die Polizei kontrollierten Personen sind wegen der Straftatbestände a) Körperverletzung nach § 223 StGB, b) Landfriedensbruch nach § 125 StGB, c) Bedrohung nach § 241 StGB vorbestraft? 2. Wie viele der 44 kontrollierten Personen sind wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB vorbestraft? a) Um welche kriminelle(n) Vereinigung(en) handelt es sich hierbei? b) Wann wurde(n) diese verboten? c) Aufgrund welcher Straftaten und mit welcher Begründung wurde(n) diese Gruppierung(en) als kriminelle Vereinigung(en) nach § 129 StGB eingestuft? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Die in der Antwort der Landesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/1336 aufgeführten Zahlen entstammen polizeilichen Informationssystemen und stellen die vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse dar. Drucksache 7/1668 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Informationen zu Vorstrafen werden damit - anders als in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage auf Drucksache 7/1336 dargestellt - nicht abgebildet. Durch einen bedauerlichen Übermittlungsfehler wurden versehentlich Vorerkenntnisse aus dem polizeilichen Informationssystem abgebildet. Diese stellen jedoch keine Vorstrafen dar. Eine weiterführende Beantwortung der Fragen 1 und 2 ist aus rechtlichen Gründen - wie nachfolgend dargestellt - nicht möglich. Die Einholung der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage erforderlichen Registerauszüge ist unzulässig. Unbeschränkte Auskünfte aus dem Bundeszentralregister dürfen nur eingeholt werden, wenn einer der abschließend in § 41 des Bundeszentralregistergesetzes aufgeführten Gründe vorliegt. Nach § 41 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes können Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden Auskünfte allein zum Zweck der Strafverfolgung und des Strafvollzuges abfordern. Die Beantwortung Kleiner Anfragen dient diesen Zwecken nicht. Im Übrigen ist die Zweckbeschränkung über das Abfragemodul des Vorgangsbearbeitungssystems „Mehrländer-Staatsanwaltschaft-Automation“ dadurch technisch umgesetzt , dass Abfragen nur aus eingeleiteten Ermittlungsverfahren erfolgen können. Die Abfrage für eine Person, gegen die bei den Staatsanwaltschaften des Landes kein Ermittlungsverfahren geführt wird, ist bereits technisch ausgeschlossen. Soweit auch die obersten Bundes- und Landesbehörden nach § 41 Absatz 1 Nummer 2 des Bundeszentralregistergesetzes ein Auskunftsrecht haben und dieses nach dem Wortlaut keiner Zweckbestimmung unterliegt, besteht in der Literatur Einigkeit, dass unbeschränkte Auskünfte wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verfassungswidrig wären (Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, 5. Auflage, § 41 Randnummer 27). Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des Auskunftsrechtes aus § 41 Absatz 1 Nummer 2 des Bundeszentralregistergesetzes ist daher ein Verwendungszweck von gleichem Gewicht und gleicher Bedeutung zu fordern, wie er sich aus den anderen Auskunftsrechten in Absatz 1 ergibt. Die Auskunft muss daher auch in diesem Fall der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit in einem Umfang dienen, welcher das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu überwiegen vermag (Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, § 41 Randnummer 28). Das ist hier auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei der Beantwortung der Kleine Anfrage die Auskünfte zumindest in einem gewissen Umfang zu anonymisieren wären, nicht der Fall. Die Beantwortung Kleiner Anfragen dient insgesamt nicht der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit. Eine Kleine Anfrage kann daher unabhängig von der Berücksichtigung berechtigter Datenschutzinteressen der Betroffenen durch Anonymisierungen nicht Grundlage der Einholung von Auskünften aus dem Bundeszentralregister sein. Auch vor dem Hintergrund des in Artikel 40 Absatz 1 der Landesverfassung verankerten hohen Stellenwertes, welchen die Beantwortung Kleiner Anfragen hat, ist festzustellen, dass dieser die an dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung orientierte Zweckbindung des Auskunftsrechtes nicht ersetzen oder überlagern kann. Es liegt ein Fall des Artikel 40 Absatz 3 Landesverfassung vor, wonach der Beantwortung der Kleinen Anfrage, zumindest soweit die Einholung von aktuellen Bundeszentralregister-Auszügen erforderlich ist, die gesetzlichen Vorschriften - hier des Bundeszentralregistergesetzes - entgegenstehen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1668 3 Auch für die drei Personen, gegen die bereits Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften des Landes geführt wurden beziehungsweise noch werden, ist eine Auskunft unzulässig . Aus den vorstehend genannten Gründen können auch in diesen Fällen keine aktuellen Auskünfte eingeholt werden, weil sie nicht der Strafverfolgung dienen sollen, sondern der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Sofern sich Registerauszüge in den Ermittlungsakten befinden, dürfen diese nach § 41 Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes außerhalb des Verwendungszwecks, für den sie übermittelt wurden, nicht zugänglich gemacht werden (Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, § 41 Randnummer 29). Abschließend ist daher festzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der Informationsbeschaffungspflicht der Landesregierung zur Beantwortung Kleiner Anfragen (dazu Zapfe in Classen/Litten/Wallerath, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2. Auflage, Artikel 40 Randnummer 25) Bundeszentralregisterauszüge aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen im Bundeszentralregistergesetz nicht beschafft oder mitgeteilt werden können. 3. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zu den drei benannten Kameradschaften „3-Länder-Jungs“, „Thinghaus-Support Neustadt- Glewe“ und „Aryan Warriors Ueckermünde“ im Einzelnen vor (Gründung , regionaler Schwerpunkt, Mitgliederzahlen, Aktivitäten)? Die Landesregierung rechnet die drei benannten Gruppierungen der neonazistischen Szene zu. Bei den „3-Länder-Jungs“ handelt es sich um einen Zusammenschluss von Rechtsextremisten aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, von dem sporadische Aktivitäten ausgehen. Festgestellt wurden vereinzelte Teilnahmen an Demonstrationen der rechtsextremistischen Szene. Die Gruppierung „Thinghaus-Support Neustadt-Glewe“ ist örtlich verankert und entfaltet ebenfalls nur wenige Aktivitäten. Bei den „Aryan Warriors Ueckermünde “ handelt es sich um eine der am längsten existierenden „Kameradschaften“ im Land. Sie wurde erstmals 2004 im Verfassungsschutzbericht des Landes genannt. Der regionale Schwerpunkt liegt im Großraum Ueckermünde. Nach außen wahrnehmbare Aktivitäten sind nur selten feststellbar. Diese „Kameradschaft“ dient eher dem szeneinternen Zusammenhalt. Eine Veröffentlichung weiterer Erkenntnisse könnte die Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben der Sicherheitsbehörden beeinträchtigen, da dadurch Rückschlüsse auf die eingesetzten Mittel und Methoden der nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung möglich wären. Insoweit wird auf die Zuständigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß §§ 27 fortfolgende des Landesverfassungsschutzgesetzes verwiesen. Drucksache 7/1668 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Verfügen die in Frage 3 benannten Kameradschaften über Verbindungen zu internationalen neonazistischen Netzwerken, wie der „Hammerskin Nation“ und/oder „Blood and Honour“? Wenn ja, welche sind dies im Einzelnen? Eine Beantwortung der Frage könnte die Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben der Sicherheitsbehörden beeinträchtigen, da dadurch Rückschlüsse auf die eingesetzten Mittel und Methoden der nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung möglich wären. Insoweit wird auf die Zuständigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß §§ 27 fortfolgende des Landesverfassungsschutzgesetzes verwiesen. 5. Seit wann wird das Objekt am Rande der Stadt Neustadt-Glewe als Treffpunkt von Mitgliedern der Gruppierung „Thinghaus-Support Neustadt-Glewe“ genutzt? Der Landesregierung ist bekannt, dass das genannte Objekt seit Ende 2014 als gelegentlicher Treffort genutzt wird. 6. Wurde das benannte Objekt bereits mehrfach für Musikveranstaltungen der rechten Szene genutzt? Wenn ja, wann und mit welchen beteiligten Musikgruppen? Im März 2015 und im November 2017 wurden in dem Objekt geplante rechtsextremistische Musikveranstaltungen durch die Polizei verhindert. Eine Veröffentlichung weiterer Erkenntnisse könnte die Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben der Sicherheitsbehörden beeinträchtigen , da dadurch Rückschlüsse auf die eingesetzten Mittel und Methoden der nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung möglich wären. Insoweit wird auf die Zuständigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß §§ 27 fortfolgende des Landesverfassungsschutzgesetzes verwiesen. 7. Kam es - seit Nutzung der Garage als Treffpunkt der rechten Szene - zu Straftaten oder sonstigen Ermittlungen im örtlichen Umfeld der Garage, die im Zusammenhang mit dem Treffpunkt und/oder regelmäßigen Nutzern und Nutzerinnen des Treffpunktes standen? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.