Der Chef der Staatskanzlei hat namens der Landesregierung die Antwort auf die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 26. Februar 2018 übermittelt. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1686 7. Wahlperiode 26.02.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dirk Lerche, Fraktion der AfD Verweigerung des Rundfunkbeitrags in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Gläubiger des Rundfunkbeitrages ist nach § 10 Absatz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages die Landesrundfunkanstalt, in deren Bereich sich die Wohnung oder die Betriebsstätte des Beitragsschuldners oder der Beitragsschuldnerin befindet. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Rundfunkbeitrag daher an den Norddeutschen Rundfunk (NDR) zu entrichten. Rückständige Rundfunkbeiträge werden auf der Basis von Vollstreckungsersuchen im Auftrag der Landesrundfunkanstalten vollstreckt. Der NDR ist eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts, der das Recht der Selbstverwaltung zukommt. Er unterliegt somit keiner Fachaufsicht und darf einer solchen unter dem Blickwinkel der verfassungsrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit auch nicht unterliegen. Die zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen notwendigen Informationen liegen der Landesregierung unter anderem auch aus diesem Grunde nicht vor. Die Staatskanzlei hat den NDR daher um eine Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen gebeten, die in den nachfolgenden Antworten berücksichtigt worden ist. Drucksache 7/1686 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Wie viele Zahlungserinnerungen und Mahnungen wurden jeweils in den vergangenen fünf Jahren an Haushalte in Mecklenburg- Vorpommern versandt? Die Anzahl der vom Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio an private Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern versandten Zahlungserinnerungen und Mahnungen in den Jahren 2013 bis 2017 sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Zahlungserinnerungen und Mahnungen sind Bestandteil eines maschinellen mehrstufigen Verfahrens zur Erlangung rückständiger Beitragsforderungen, bestehend aus Zahlungserinnerung, Festsetzungsbescheid , Mahnung und Vollstreckungsersuchen. MV = Mecklenburg-Vorpommern 2. Wie viele Mahnverfahren wurden in den vergangenen fünf Jahren in Mecklenburg-Vorpommern geführt? Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio setzt ein mehrstufiges maschinelles Mahnverfahren zur Erlangung rückständiger Beitragsforderungen ein. Die Anzahl der Beitragskonten mit einem Mahnstatus Erinnerung, Festsetzungsbescheid, Mahnung oder Vollstreckungsersuchen ändert sich durch laufende Zahlungseingänge in jeder Mahnstufe und durch neue Beitragsschuldner ständig. Insofern kann lediglich zu einem Stichtag angegeben werden, wie viele Beitragskonten einen Mahnstatus aufweisen. Die Anzahl der Beitragskonten mit einem Mahnstatus auf Länderebene steht seit Oktober 2016 zur Verfügung. Daten betreffend die Jahre 2013 bis 2015 liegen nicht vor. MV = Mecklenburg-Vorpommern Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1686 3 3. Wie viele Vollstreckungsersuche wurden in den vergangenen fünf Jahren an die zuständigen Behörden und Gerichtsvollzieher gerichtet? Die Anzahl der vom Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio namens und im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks an die kommunalen Vollstreckungsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern übermittelten Vollstreckungsersuchen stellt sich für die Jahre 2013 bis 2017 wie folgt dar: MV = Mecklenburg-Vorpommern 4. Wie viele Kontopfändungen und Sachpfändungen gab es in den vergangenen fünf Jahren jeweils? Welche Beträge wurden in den vergangenen fünf Jahren gepfändet? 5. Wie viele Personen waren jeweils in den vergangenen fünf Jahren durch das Land Mecklenburg-Vorpommern mit der Eintreibung der nicht gezahlten Rundfunkbeiträge beschäftigt (bitte auflisten nach Jahr, Berufsbezeichnung und Anzahl)? Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend wie folgt beantwortet. Rundfunkbeitragsforderungen werden in Mecklenburg-Vorpommern im Wege der Vollstreckungshilfe durch die zuständigen kommunalen Vollstreckungsbehörden vollstreckt (§ 111 Absatz 2 Satz 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 3 Satz 1 Vollstreckungszuständigkeits - und -kostenlandesverordnung). Statistische Informationen zu Konten- und Sachpfändungen sowie Informationen zu den mit der Vollstreckung von rückständigen Rundfunkbeiträgen befassten Personen liegen dem Norddeutschen Rundfunk daher nicht vor. Auch der Landesregierung liegen die erfragten Informationen nicht vor. Das Ministerium für Inneres und Europa als oberste Rechtsaufsichtsbehörde ist nicht befugt, unter Berufung auf § 80 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern bei den Kommunen Informationen abzufordern, die erforderlich wären, um die Kleine Anfragen vollständig zu beantworten. § 80 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern stellt das Informationsrecht unter die Voraussetzung, dass seine Ausübung zur Erfüllung der Aufgaben der Rechtsaufsichtsbehörde erforderlich ist (§ 80 Absatz 1 Satz 2 der Kommunalverfassung Mecklenburg- Vorpommern). Aufgabe der Rechtsaufsichtsbehörde ist gemäß Artikel 72 Absatz 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und § 78 Absatz 2 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern die Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der (kommunalen ) Verwaltung. Drucksache 7/1686 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Die Bereitstellung von bei den Kommunen vorhandenen Informationen zur Gesetzesvorbereitung und/oder Kontrolle der Landesregierung durch den Landtag ist keine rechtsaufsichtliche Aufgabe. Die Beschaffung derartiger Informationen gehört demzufolge auch nicht zu den Aufgaben der Rechtsaufsichtsbehörden (vergleiche Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. Auflage, Randziffer 811 Punkt 4.1.1.) und findet daher in § 80 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern keine Ermächtigungsgrundlage (vergleiche Gerner in Muth und andere, Potsdamer Kommentar, Randziffer 4 zu § 123; Glaser, Der Überblick 96, 355). 6. Wie viele Klagen gegen den Rundfunkbeitrag sind momentan an den Verwaltungsgerichten anhängig? Wie viele Klagen waren es 2013 (bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Klagen, Gericht und Art der Kläger, unterteilt in Privatperson und Unternehmen)? Im Sendegebiet des Norddeutschen Rundfunks (die Länder Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) sind zum Stichtag 01.02.2018 insgesamt 1.917 Klageverfahren anhängig. Zum Stichtag 31.12.2013 waren 1.842 Klageverfahren anhängig . Eine weitere statistische Aufschlüsselung nach örtlicher und sachlicher Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sowie nach Klägern aus dem privaten oder nicht-privaten Bereich liegt beim Norddeutschen Rundfunk nicht vor. Klagen gegen den Rundfunkbeitrag werden in Mecklenburg-Vorpommern in der bei den Verwaltungsgerichten geführten Statistik unter dem Sachgebiet 020 „Bildungsrecht und Sport (ohne NC-Verfahren)“ zusammen mit anderen, dieses Sachgebiet betreffenden Verfahren geführt. Unter dem Sachgebiet 020 waren am 31.12.2013 bei dem Verwaltungsgericht Greifswald 106 Klagen und bei dem Verwaltungsgericht Schwerin 172 Klagen, am 31.12.2017 bei dem Verwaltungsgericht Greifswald 103 Klagen und bei dem Verwaltungsgericht Schwerin 152 Klagen anhängig. Eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung auch nach Klägern liegt der Landesregierung aufgrund der vorliegenden Statistik nicht vor. Eine händische Auswertung der Akten betreffend das Sachgebiet 020 wäre mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg- Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre. 7. Wurden in den vergangenen fünf Jahren Haftbefehle gegen Zahlungsverweigerer ausgesprochen? Nicht jeder Beitragsschuldner ist zugleich ein Zahlungsverweigerer. Es gibt verschiedene Lebenssituationen und Motive, warum Beitragsschuldner nicht zahlen oder nicht zahlen können und infolge dessen in eine Vollstreckungssituation geraten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1686 5 Die Voraussetzungen für eine eventuelle Erzwingungshaft ist nicht die Verweigerung einer Zahlung, sondern allein die Verweigerung der Vermögensauskunft (§ 802g der Zivilprozessordnung ). Der Landesregierung liegen keine statistisch gesicherten Erkenntnisse über Haftbefehle vor, denen die Verweigerung einer Beitragszahlung zugrunde liegt. Im Jahr 2017 wurden bei den Amtsgerichten des Landes Mecklenburg-Vorpommern 12.892 Anträge auf Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung der Vermögensauskunft registriert, in den vier vorangegangenen Jahren vergleichbar viele Anträge. Angaben, aus denen ein Zusammenhang zum Rundfunkbeitrag hergestellt werden könnte, werden im Rahmen der statistischen Erfassung nicht erhoben. Eine händische Auswertung der Akten wäre mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre.