Der Finanzminister hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. März 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1748 7. Wahlperiode 06.03.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Schlosskeller Neustrelitz und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das ehemalige Residenzschloss wurde als barocke Dreiflügelanlage nach Plänen von Christoph Julius Löwe 1726 bis1731 erbaut und 1905 bis1909 um eine Vierflügelanlage mit Turm nach Plänen von Albert Geyer erweitert. Während der barocke Ursprungsbau ohne Unterkellerung ausgeführt wurde, erhielt der Neubau von 1909 ein Kellergeschoss. Dieses wurde, wie damals allgemein üblich, in Ziegelbauweise mit auf Stahlträgern aufgelegten Deckengewölben (preußische Kappen) ausgeführt. Die Fußböden bestehen aus Beton und Ziegelmauerwerk und sind in einigen Funktionsräumen gefliest. Die Kellerräume wurden bis 1918 als Lagerräume, Technikräume sowie als Funktionsflächen für die Dienerschaft (Badezimmer und Toiletten), später unter anderem als Lagerraum für die Schlösserverwaltung Mecklenburg-Strelitz verwendet. Nach 1933 wurde der Neubautrakt des Schlosses (und damit auch der Keller) für Zwecke der NS-Führerschule Neustrelitz für Sportlehrer genutzt. Im Jahr 1943 wurden Luftschutzräume in den Keller eingebaut. Unmittelbar nach Kriegsende 1945 wurde das Neustrelitzer Residenzschloss durch Brandstiftung, systematische Plünderung, Teilabbrüche zur Gewinnung von Baumaterial und Sprengungen vollständig zerstört. Lediglich das Kellergeschoss des Neubaus blieb durch die Sprengungen und die damit verbundenen Lastumlagerungen schwer beschädigt erhalten. Nach Beräumung der Ruinenflächen wurden die standfesten Grundstücksteile mit Baracken der Bezirksverwaltung bebaut, Teile der einsturzgefährdeten Kellerräume wurden verfüllt. Drucksache 7/1748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Nach 1990 wurden die Baracken entfernt und die Kellerfläche eingezäunt und so vor unberechtigtem Betreten gesichert. Die noch vorhandenen Kappengewölbe sind auf Grund der hochgradig korrodierten Stahlträger und der nach 70 Jahren Bewitterung nicht mehr tragfähigen Mauerkronen akut einsturzgefährdet. Das Betreten der Kellerräume ist untersagt, es besteht Lebensgefahr. In einigen Räumen wurden Müllablagerungen, überwiegend Elektroschrott, Altreifen, Bauabfälle und Haushaltsmüll festgestellt. Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen des Landes ist abhängig von dem am 07.03.2018 stattfindenden Gespräch zwischen dem Finanzministerium, dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege, dem Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und den Vorsitzenden der Fraktionen der Neustrelitzer Stadtvertretung. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist Eigentümer des denkmalgeschützten Areals Schlossberg Neustrelitz. Vorgesehen ist, finanziell untersetzt mit einem Volumen von 1,2 Mio €, den noch vorhandenen Keller des vormaligen Schlosses Neustrelitz vollständig zu beräumen und mit sogenanntem Fließsand für eine zukünftige Nutzung zu konservieren. In diesem Zusammenhang ist vorgesehen, Teile des Denkmals zu zerstören , die Kellerdecken abzubrechen. Seitens der Landesregierung ist hiermit federführend der Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL) betraut. 1. Auf Basis welchen denkmalrechtlichen Gutachtens wurden die oben genannten Maßnahmen geplant? Den Planungen der genannten Maßnahmen sind denkmalfachliche Gutachten und Fachberatungen vorausgegangen, unter anderem: - Denkmalpflegerische Zustimmung zu den Planungen - Schlosspark Neustrelitz, Umgestaltung Schlossplatz - aus dem Jahr 1998; - Zustimmung des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege (LAKD) zur weiteren Vorgehensweise hinsichtlich des Schlosskellers Neustrelitz am 22.04.2010 - Verfüllung vorhandener Keller; - Bestätigung der Denkmalpflegerischen Zielstellung „Das Residenzschloss Neustrelitz, Denkmalpflegerische Zielstellung für die Entwicklung des Schlossbergareals“ vom 16.11.2016 durch das LAKD am 09.01.2017. Vertreter des LAKD waren regelmäßig an den Vorgesprächen und Auswertungen der Entwürfe zum Planungswettbewerb Schlossbergareal Neustrelitz als Fachgutachter beteiligt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1748 3 2. Wie soll sichergestellt werden, dass die vorgesehene Verfüllung der Kellerräume mit sogenanntem Fließsand keinerlei bauliche Schäden am Denkmal verursacht? Die Verfüllung der Kellerräume soll raumweise durch eine Fachfirma unter Aufsicht eines Ingenieurbüros für Baustatik ausgeführt werden. Durch die gleichmäßige abschnittsweise Verfüllung soll sichergestellt werden, dass keine einseitigen Druck- und Zugbelastungen auf die Mauerscheiben ausgeübt werden, die das Mauerwerksgefüge schädigen könnten. Der feinkörnige Fließsand speichert zudem kein Wasser, sodass durch diesen keine Staunässe an das Mauerwerk herangeführt wird. Um ferner das Risiko des Ansammelns und Aufstauens von Niederschlagswasser zu minimieren , sollen oberhalb der verfüllten Kellerräume Maßnahmen zur Oberflächendrainage vorgenommen und in allen Kellerräumen an der jeweils tiefsten Stelle der Bodenbelag als Grundablass einmal kontrolliert durchbohrt werden. Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. 3. Wie verträgt sich der Denkmalstatus mit der Absicht, die Kellerdecken abzubrechen? Da bei der bisher geplanten Verfüllungstechnik die Grundrissstrukturen erhalten blieben und zudem bei jeder möglichen Art der Sanierung der Kellerdecken die Stahlträger und die geschädigten Auflager ausgetauscht und die Gewölbe neu aufgemauert werden müssten, hätte der Rückbau der einsturzgefährdeten Kellerdecken nach Festlegung des LAKD keine Auswirkung auf den rechtlichen Status des Denkmals Neustrelitz „Schlossanlage mit Resten des Schlosses (Keller), Schlossvorhof mit Achse zum Tiergarten, Resten eines Kavaliershauses auf der Ostseite des Schlossvorhofs (Keller) und Hertelstraße 8 Kavaliershaus“. 4. Welche Kalkulation mit jeweils welchen Kostenblöcken liegt dem oben genannten Vorhaben seitens des BBL zugrunde (bitte detailliert aufschlüsseln nach Arbeitsschritten und Kostenpositionen)? Die Angaben ergeben sich aus nachfolgender Tabelle (Angaben gerundet). Kostenblöcke/Maßnahmen Kosten (in Euro) Beseitigung Bewuchs 13.700 fachgerechte Müllentsorgung und Kellerverfüllung 167.000 Freianlagengestaltung inklusive Einbauten und Entwässerung 712.600 Stromversorgung 2.400 Kunst am Bau 20.000 Baunebenkosten inklusive Honorare 233.900 Drucksache 7/1748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Für welche Positionen sind bereits Ausschreibungen erfolgt? a) Für welche Positionen liegen Submissionsergebnisse vor? b) Welche Beauftragungen gibt es (bitte den Arbeitsschritten zugeordnet darstellen)? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Beseitigung des Bewuchses wurde ausgeschrieben und beauftragt. Zudem wurden folgende Planungsleistungen und Gutachten beauftragt beziehungsweise erstellt. - Begutachtung/Begehung der Schlosskellerruine durch einen Prüfingenieur für Baustatik - Berichte vom 05.03.2009, 10.01.2012 und 15.02.2018; - Baugeschichtliche Studie zum Residenzschloss Neustrelitz vom 06.10.2011, aufgestellt durch den Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V); - Bergung und Dokumentation von Teilen des Bodendenkmals „Neustrelitz, Schlossanlage“ im Rahmen des Projektes „Neustrelitz, Schlossberg - Suchschnitte“, Bericht vom 21.09.2016, aufgestellt durch LAKD; - Bericht zur artenschutzrechtlichen Prüfung vom 27.10.2016; - Baugrundgutachten/Geotechnischer Bericht vom 02.11.2016; - Denkmalpflegerische Zielstellung vom 16.11.2016, aufgestellt durch BBL M-V; - Studie zur Geschichte und Nutzung - Politisch-historische Einführung zum Schloss Neustrelitz und seiner Nutzung nach 1918; - Planung Freianlagen; - Planung Kellerverfüllung; - Elektroplanung; - Beleuchtungsplanung/Lichtdesign; - Tragwerksplanung. 6. Welche Ablaufplanung liegt dem Vorhaben zugrunde (bitte zeitlich konkret darstellen)? Am 19.02.2018 wurde in Abstimmung mit der Stadt Neustrelitz mit der Beseitigung des Bewuchses begonnen. Die Dauer ist mit einer Woche geplant. Der weitere Ablauf der Baumaßnahme ist abhängig von dem am 07.03.2018 stattfindenden Gespräch zwischen dem Finanzministerium, dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege, dem Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und den Vorsitzenden der Fraktionen der Neustrelitzer Stadtvertretung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1748 5 7. Mit welchen Kosten, bezogen auf das heutige Preisniveau, rechnet die Landesregierung für den Fall der Wiederfreilegung der Kellerräume unter Berücksichtigung der Verfestigung und der Durchfeuchtung des Fließsandes? Kosten hierfür liegen nicht vor. Da eine Verfestigung von gleichkörnigem, nicht bindigem Sand (Fließsand) physikalisch nicht möglich ist, es sich also um locker gelagerten Sand handelt, wird der Aufwand der Entfernung des Füllmaterials als vergleichsweise gering eigeschätzt. 8. Welche Kernaussagen trifft ein mutmaßlich vorhandenes ingenieurgeologisches Gutachten hinsichtlich des geplanten Wasserabflusses aus den dann nach oben offenen Kellerräumen? Anfallendes Oberflächenwasser (Niederschlagswasser) wird bereits oberflächennah durch die anzulegende humose Pflanzschicht aufgenommen, in Teilen dort gespeichert und durch die Vegetation veratmet. Überschüssiges Oberflächenwasser, das durch diese Schicht hindurch gelangt, wird dann noch oberhalb der verfüllten Kellerräume durch eine diffusionsoffene Geotextilschicht und durch Teilsickerrohre in einer Schotterschicht aufgefangen und der Platzentwässerung des Schlossbergareals kontrolliert zugeführt. Eventuell bei Starkregenereignissen tiefer eindringendes Oberflächenwasser wird durch den sehr gut wasserableitenden Fließsand und durch die kontrollierten Ablässe in den Kellerfußböden gleichmäßig in den ungestörten Boden abgeführt. Dieser besteht auf und unterhalb der Höhe der Ablässe gemäß Baugrundgutachten ab einer Tiefe von 1,5 Metern unter Geländeoberkante aus anstehendem Fein- bis Mittelsand/grobsandig (trocken) bei mitteldichter Lagerung und ist somit gut wasserableitend. Staueffekte sind nicht zu erwarten.