Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12. Februar 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/176 7. Wahlperiode 14.02.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Enrico Komning, Fraktion der AfD Gesichtserkennungssoftware zur Erkennung von Mehrfachidentitäten und ANTWORT der Landesregierung Aus der Berichterstattung der Medien war zu entnehmen, dass durch das Berliner LKA eine Software zur Gesichtserkennung und zum Datenabgleich entwickelt wurde. Mit dieser ist es möglich, die Verwendung ein und desselben Passbildes auf mehreren Ausweisen von einreisenden Ausländern (Mehrfachidentitäten) festzustellen. Der zuletzt häufiger öffentlich gewordene Sozialbetrug in verschiedenen Bundesländern könnte damit effektiver verhindert werden. Aufgrund der Überforderung vieler Behörden bei der Registrierung von Asylbewerbern besteht der Verdacht, dass bis heute nicht ausreichend Informationen über viele Leistungsbezieher bestehen. Eine technische Aufrüstung gegen den Missbrauch erscheint daher geboten. 1. Ist der Landesregierung die Entwicklung dieser Software bekannt? Wenn ja, kommt diese Software in Mecklenburg-Vorpommern bereits zum Einsatz? Die Entwicklung dieser Software ist der Landespolizei in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Die Software kommt bislang weder bei der Landespolizei noch in anderen Landesbehörden in Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz. Drucksache 7/176 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Werden in Mecklenburg-Vorpommern generell elektronische Kontrollverfahren zur Überprüfung der Übereinstimmung von Lichtbildern mit den Namensangaben auf Ausweisdokumenten eingesetzt? Bei der Ausstellung eines Ausweises durch die Pass- und Personalausweisbehörden des Landes wird generell eine Überprüfung der Übereinstimmung von Lichtbild und Name auf Ausweisdokumenten vorgenommen, indem persönliches Erscheinen und die Vorlage von Urkunden, die die Identität belegen, verlangt werden. Gegen die Benutzung gefälschter Ausweise könnte eine solche Kontrolle nur durch Abgleich mit einem bundesweiten Ausweisregister vorgenommen werden. Solche Ausweisregister bestehen jedoch nicht, sodass der Nutzen einer solchen Software (die einen Abgleich nur innerhalb eines bestehenden Ausweisregisters einer einzelnen Kommune ermöglichen kann) nur sehr eingeschränkt wäre. Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern nutzt nicht generell, sondern vielmehr im Einzelfall gemeinsam mit anderen Teilnehmern ein seit Juli 2008 im Bundeskriminalamt in den Wirkbetrieb überführtes Gesichtserkennungssystem. 3. Werden in den für die Beantragung von Sozialleistungen zuständigen Landesbehörden Gesichtsmerkmale oder andere biometrische Daten der Antragsteller (Gesichtserkennung durch Vorlage von Ausweispapieren oder Fingerabdrücke) aufgenommen und mit Sozialbehörden anderer Bundesländer abgeglichen? In Mecklenburg-Vorpommern zahlen nur das Landesamt für innere Verwaltung und das Landesamt für Gesundheit und Soziales als Landesbehörden Sozialleistungen aus. Im Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern wird in der Flüchtlingsverwaltung seit März 2016 die Personalisierungsinfrastrukturkomponente (PIK) im Rahmen des Konzeptes „Integriertes Identitätsmanagement mit dem Ankunftsnachweis (AKN)“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingesetzt. Mit der PIK werden biometrische Daten im Rahmen des Identitätsmanagements erhoben, die den Aufnahmebehörden bundesweit zur Verfügung stehen. Dadurch wird einer Doppelerfassung und somit auch einer Doppelauszahlung effektiv entgegengetreten. Vor Einführung der PIK-Systeme war in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern-Buchholz mit Unterstützung der Landespolizei bereits ein Fast- ID-Verfahren (Fast Identification: Mobile Erfassung und Abgleichung von Fingerabdrücken mit dem Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungssystem) im Einsatz. Im Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern werden keine Gesichtsmerkmale oder andere biometrische Daten der Antragsteller aufgenommen und mit Sozialbehörden anderer Bundesländer abgeglichen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/176 3 4. Wenn die Frage 3 verneint wird, wie wird sichergestellt, dass durch die vorsätzliche Angabe mehrerer Identitäten durch eine Person keine Mehrfachzahlungen von Sozialleistungen an die ausländischen Antragsteller erfolgen? Festgestellte Versuche von Mehrfachregistrierungen werden zur Anzeige gebracht. Bei Feststellung einer Mehrfachregistrierung wird die betreffende Person an die ursprünglich zugewiesene Erstaufnahmeeinrichtung zurückverwiesen. Eine Auszahlung von sogenanntem Taschengeld findet in diesen Fällen nicht statt. Sachleistungen werden nur in Form von Unterkunft und Verpflegung für eine Nacht gewährt, wenn die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung am selben Tag nicht mehr erreicht werden kann. Für den Bereich der Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Landesamt für innere Verwaltung wird im Übrigen auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern werden Geldleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz erbracht. Nach dem Opferentschädigungsgesetz können sowohl deutsche Staatsbürger als auch Flüchtlinge, die Opfer von Gewalttaten geworden sind, Ansprüche auf Leistungen haben. Da bei der Sachverhaltsermittlung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten zurückgegriffen wird, ist die Identität des Opfers zweifelsfrei geklärt. Durch das nach dem Gesetz anzuwendende Tatortprinzip kann ausgeschlossen werden, dass in einem anderen Bundesland wegen derselben Angelegenheit nochmals Leistungen erlangt werden. Nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz können deutsche Staatsbürger und Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel für ihr in Deutschland geborenes Kind Elterngeld nur beantragen, wenn sie die Geburtsurkunde oder die Geburtsbescheinigung im Original vorlegen. Für nicht in Deutschland geborene Kinder können Flüchtlinge in Ausnahmefällen den Aufenthaltstitel, auf dem das Kind eingetragen ist, als Nachweis vorlegen. 5. Werden im vorbezeichneten Sinne elektronisch überprüfte Ausweisdokumente mit den Meldedaten anderer Bundesländer abgeglichen? Für die Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die mit der Personalisierungsinfrastrukturkomponente erhobenen biometrischen Daten stehen den Aufnahmebehörden bundesweit zur Verfügung. Dadurch wird einer Doppelerfassung und somit auch einer Doppelauszahlung effektiv entgegengetreten. Für Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz finden keine Abgleiche von Ausweisdokumenten mit den Meldedaten anderer Bundesländer statt. Drucksache 7/176 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 6. Beabsichtigt die Landesregierung - für den Fall, dass diese nicht vorhanden sind - sowohl technische Geräte als auch Software für das vorgenannte Erkennungs- und Prüfverfahren mit der Möglichkeit des länderübergreifenden Datenabgleiches einzuführen? Grundsätzlich ist die Anwendung neuer Erkenntnisse und Methoden zur Erhöhung der Sicherheit im Bereich der Identitätsfeststellung in sicherheitspolitischem Interesse. Daher werden entsprechende Entwicklungen von der Landespolizei fortlaufend beobachtet und sich ergebende Möglichkeiten auf ihre Umsetzbarkeit in der Praxis geprüft. 7. Wie groß ist die Zahl der Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern, bei denen gesicherte biometrische Daten registriert wurden? Jeder Asylbewerber und jede Asylbewerberin wurde bei der Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkennungsdienstlich behandelt, inklusive Fingerabdruck-Scan – mit Ausnahme der Minderjährigen im Alter unter 14 Jahren. In Mecklenburg-Vorpommern wird seit März 2016 die Personalisierungsinfrastrukturkomponente (PIK) im Rahmen des Konzeptes „Integriertes Identitätsmanagement mit dem Ankunftsnachweis (AKN)“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingesetzt. Mit der PIK werden biometrische Daten im Rahmen des Identitätsmanagements erhoben. Aus dem Identitätsmanagement ergeben sich unter anderem folgende Vorteile (zitiert aus der Presseinformation des BAMF vom 5. Februar 2016): - Vermeidung von Doppelanlagen durch mehrfache Erhebung der Personendaten an verschiedenen Stellen des Aufnahme-, Asyl- und Integrationsprozesses bei Bund, Ländern und Kommunen, - Vermeidung von Missbrauch durch Mehrfachregistrierungen (zum Beispiel durch Mehrfachbezug von Leistungen mit verschiedenen Identitäten). Seit März 2016 sind insgesamt 3.046 Asylbewerber und Asylbewerberinnen in der Erstaufnahme in Mecklenburg-Vorpommern registriert worden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/176 5 8. Wie groß ist die Zahl der Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern, bei denen keine gesicherten biometrischen Daten festgestellt werden konnten? Wenn diese Zahl nicht vorliegt, auf wie viele Personen wird diese geschätzt? Vor Einführung der Personalisierungsinfrastrukturkomponente im März 2016 sind biometrische Daten im Zuge des Asylantragsverfahrens von jedem Antragsteller und von jeder Antragstellerin durch das BAMF erhoben beziehungsweise Identitätsdokumente, die vorgelegt werden, einer Prüfung unterzogen worden.