Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. März 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1846 7. Wahlperiode 27.03.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt und Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Probleme der Kindertagespflege in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Der Bundesverband der Kindertagespflegepersonen beanstandet seit längerer Zeit die Einziehung der Elternbeiträge durch die Kindertagespflegepersonen . Eine solche Risikoverlagerung sei problematisch, da die Einziehung der Beiträge nicht zu den Aufgaben der Kindertagespflegepersonen gehört und diese neben dem Aufwand an Zeit und Bürokratie auch das finanzielle Prozessrisiko tragen würden. Zudem wird darauf hingewiesen , dass Kindertagespflegepersonen im Falle der Staffelung der Elternbeiträge Kenntnis über die Einkommenssituation der Eltern erhalten und dies aus datenschutzrechtlichen Gründen bedenklich sei. Diese Position wird auch vom Landesverband der Kindertagespflegepersonen geteilt. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeit zum Beispiel in der Landeshauptstadt Schwerin gängige Praxis des Einzugs des Kostenbeitrags gegenüber den Eltern durch die Kindertagespflegepersonen vor dem Hintergrund, dass sich nach überwiegender Expertenauffassung der Anspruch auf die volle Geldleistung gemäß § 23 Absatz 1 SGB VIII gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe richtet? Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichtes Schwerin hat in mehreren Urteilen vom 11. Oktober 2017 zu dieser Frage ausgeführt, dass Inhaber des Anspruches auf die laufende Geldleistung nach § 23 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch die Tagespflegeperson ist. Schuldner des Anspruches auf Zahlung der Elternbeiträge sind die Eltern. Auf die veröffentlichten Entscheidungsgründe in dem Verfahren 6 A 835/16 SN wird verwiesen. Drucksache 7/1846 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang nach Auffassung der Landesregierung das im Dezember 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz - KiföG)? Mit der Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a des Gesetzes vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2403 - Kinderförderungsgesetz) wurde ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf klargestellt, dass der Anspruch auf das Tagespflegegeld nach § 23 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch der Tagespflegeperson, also nicht den Eltern, zusteht. Auf die Begründung in der Bundestagsdrucksache 16/9299, Seite 16, wird verwiesen. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die den „Fakten und Empfehlungen zu den Regelungen in der Kindertagespflege“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ zu entnehmende Feststellung , dass „die Zahlungswege Jugendamt Tagespflegeperson und Eltern - Jugendamt strikt zu trennen und eine Verrechnung der Elternbeiträge mit der laufenden Geldleistung dergestalt, dass das Jugendamt an die Tagespflegeperson nur die Differenz auszahlt und der Restbetrag durch die von den Eltern an Tagespflegepersonen zu zahlenden Elternbeiträge abgedeckt wird, unzulässig ist? Der Landesregierung ist bekannt, dass die Zahlungswege kontrovers diskutiert werden. Auf die Ausführungen in der oben genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Schwerin wird verwiesen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zur derzeitigen Praxis in den Landkreisen und kreisfreien Städten? Nach Erkenntnissen der Landesregierung besteht insoweit eine einheitliche Praxis in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes, als die Elternbeiträge direkt von den Eltern an die Tagespflegepersonen gezahlt werden. 5. Inwieweit hat die Landesregierung in der Vergangenheit versucht, auf eine einheitliche Praxis in den Landkreisen und kreisfreien Städten hinzuwirken ? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1846 3 6. Inwieweit sieht die Landesregierung auch vor dem Hintergrund aktuell anhängiger gerichtlicher Auseinandersetzungen (siehe Urteil des Verwaltungsgerichtes Schwerin vom 11.10.2017) die Möglichkeit bzw. die Notwendigkeit, im Sinne einer Klarstellung zur Ausgestaltung der Finanzierung, landesrechtliche Veränderungen herbeizuführen? Welche Auswirkungen sind durch das Schweriner Urteil zu erwarten? Das Verwaltungsgericht Schwerin hat in seinen Urteilen vom 11. Oktober 2017 wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen. Nach Erkenntnissen der Landesregierung sind gegen die gerichtlichen Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt worden. Die Landesregierung bewertet im Rahmen von Kleinen Anfragen grundsätzlich keine laufenden Gerichtsverfahren. 7. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeit vielfach anzutreffende Praxis mit Blick auf den zu gewährleistenden Datenschutz (siehe auch Vorbemerkung oben)? Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht, als die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Tagespflegepersonen nach § 61 des Achten Buches Sozialgesetzbuch dem Sozialdatenschutz verpflichtet sind. 8. Wie beurteilt die Landesregierung das Rechtsgutachten des Deutschen Institutes für Jugendhilfe und Familienrecht, das „einen landesrechtlich normierten, generellen Übergang der Kostenbeitragsforderung an die Tagespflegepersonen für rechtswidrig“ hält, weil damit der bundesrechtlich uneingeschränkt eingeräumte Anspruch der Tagespflegeperson in unzulässiger Weise verkürzt würde? Das zitierte Gutachten des Deutschen Institutes für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e. V. stammt aus dem Jahr 2006. Der Zahlungsweg in der Kindertagespflege von den Eltern an die Tagespflegepersonen wird weiterhin unterschiedlich bewertet. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Drucksache 7/1846 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 9. Welche Ergebnisse haben die landesweiten Regionalkonferenzen zur Kindertagespflege hervorgebracht? Wie wird die Landesregierung mit den erarbeiteten Handlungsempfehlungen und Handlungsnotwendigkeiten weiter verfahren? Die Regionalkonferenzen zur Kindertagespflege wurden von der Landesregierung, den Landkreisen und der Landeshauptstadt Schwerin gemeinsam durchgeführt. Die Regionalkonferenzen haben unter Einbeziehung der Akteure vor Ort, zu denen neben den Tagespflegepersonen , dem Landesverband der Kindertagespflege Mecklenburg-Vorpommern und den Jugendämtern auch Mitglieder von Jugendhilfeausschüssen gehörten, gezeigt, dass umfassende Vertretungsregelungen gewünscht werden. Die Landesregierung wird den mit den Regionalkonferenzen angeschobenen Prozess beobachten. Es ist Aufgabe der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Erkenntnisse aus den Regionalkonferenzen bezogen auf die örtlichen Gegebenheiten umzusetzen. Hierzu wurden auf den Regionalkonferenzen Beteiligungsangebote unterbreitet und Verfahrensschritte diskutiert. 10. Welche Fördermittel, aus welchen Haushaltstiteln, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe werden den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten für die Erprobung und Einführung von Vertretungsmodellen zur zukünftigen Sicherstellung von Vertretungen bei Ausfall von Tagespflegepersonen, z. B. wegen Krankheit, zur Verfügung gestellt? a) Nach welchen Kriterien werden die Mittel an die Landkreise und kreisfreien Städte ausgereicht? b) Wenn nicht alle Landkreise und kreisfreien Städte anteilig Fördermittel für die Umsetzung des Vertretungsmodells erhalten, warum nicht? c) Welcher Zeitplan liegt seitens der Landesregierung für die Einführung von Vertretungsmodellen zur zukünftigen Sicherstellung von Vertretungen bei Ausfall von Tagespflegepersonen vor? Zu 10 Für die Entwicklung, Erprobung und Einführung von praxistauglichen Vertretungsmodellen in der Kindertagespflege wurden der Landeshauptstadt Schwerin sowie den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte, Nordwestmecklenburg, Rostock, Vorpommern-Greifswald und Vorpommern-Rügen im Haushaltsjahr 2017 Landesmittel in Höhe von jeweils 78.000 Euro aus dem Einzelplan 10 Kapitel 1027 Titel 684.03 (Modellvorhaben in der Kindertagesförderung) im Rahmen eines Zuweisungsvertrages gewährt. Die Verträge wurden jeweils für die Zeit vom 18. Dezember 2017 bis zum 31. Dezember 2019 geschlossen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1846 5 Zu a) Die Mittel des Landes wurden in gleicher Höhe allen Landkreisen und kreisfreien Städten gewährt, die bisher keine Fördermittel für denselben Zweck erhalten haben. Zu b) Die Hansestadt Rostock hat im Zeitraum 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2014 und der Landkreis Ludwigslust-Parchim im Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 31. Juli 2015 von der Landesregierung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds geförderte Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege entwickelt, erprobt und verstetigt. Sie erhalten daher nicht erneut Landesmittel . Zu c) Die Landesregierung unterstützt die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei ihrer Aufgabe , Vertretungsmodelle in der Kindertagespflege einzurichten. Der Landesregierung sind dazu keine konkreten Zeitpläne von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen.