Der Finanzminister hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. April 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/1888 7. Wahlperiode 04.04.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Ralph Weber, Fraktion der AfD Besoldungsausgleich für Beamte und Richter in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 23. Mai 2017 - Aktenzeichen 2 BvR 883/14 und 2 BvR 905/14 - festgestellt, dass die verzögerte Besoldungsanpassung im Freistaat Sachsen in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts in den Jahren 2008 und 2009 mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar gewesen ist. Das Gericht hat zugleich den sächsischen Gesetzgeber aufgefordert, für die Jahre 2008 und 2009 eine verfassungskonforme Neuregelung hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich der Kläger zu treffen, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. Die verzögerte Anpassung der sogenannten Ost-Besoldung an das sogenannte West-Niveau beruhte auf der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung, die seinerzeit noch auf Grundlage seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz im Besoldungsrecht nach Artikel 74a des Grundgesetzes durch den Bund erlassen wurde. Mit der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen im Zuge der Föderalismusreform I durch Änderung des Grundgesetzes zum 1. September 2006 wurde zwar Artikel 74a des Grundgesetzes und damit auch eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Besoldungsrecht in den Ländern aufgehoben. Die bis dahin vom Bund erlassenen besoldungsrechtlichen Vorschriften galten aber auf Grundlage von Artikel 125a Absatz 1 des Grundgesetzes als Bundesrecht fort und konnten durch Landesrecht ersetzt werden. Nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht in die alleinige Zuständigkeit der Länder hat es in Mecklenburg-Vorpommern wie auch den Ländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen keine ländereigene Regelung zur Anpassung der sogenannten Ost-Besoldung gegeben. Die Zweite Besoldungsübergangsverordnung galt daher in diesen fünf Ländern fort. Drucksache 7/1888 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Nach § 2 Absatz 1 der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung betrugen für Beamte und Richter, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurden, die Dienstbezüge ab dem ab 1. Januar 2004 92,5 vom Hundert der für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge. Die Zweite Besoldungsübergangsverordnung trat mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft, sodass seit dem 1. Januar 2010 eine einheitliche Besoldungshöhe auf dem sogenannten West-Niveau (100 Prozent) gilt. Für die Besoldungsgruppen bis A 9 sah § 12 Absatz 2 der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung eine nach § 2 Absatz 1 abgesenkte Besoldung nur bis zum 31. Dezember 2007 vor, sodass in diesen Besoldungsgruppen bereits ab dem 1. Januar 2008 das sogenannte West-Niveau erreicht wurde. Mit der um zwei Jahre verzögerten Anpassung der Besoldung an das sogenannte West-Niveau in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts übertrug die Zweite Besoldungsübergangsverordnung die bereits zwischen den Tarifvertragsparteien im Bereich des Bundesangestelltentarifvertrages Ost (BAT-O) vereinbarte verzögerte Anpassung der Vergütung an das sogenannte West-Niveau in den Vergütungsgruppen IV b aufwärts zeit- und wirkungsgleich auf den Beamtenbereich. Diese verzögerte Anpassung wurde nach Ablösung des BAT-O durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in den Entgeltgruppen E 10 aufwärts übernommen. Die verzögerte Anpassung der Besoldung wirkte sich auch auf die Höhe der Versorgungsbezüge der betreffenden Versorgungsempfänger aus, da nach § 14 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern sich das Ruhegehalt auf Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Ruhegehaltssatzes ermittelt. Die einheitliche Besoldungshöhe auf dem sogenannten West-Niveau (100 Prozent) seit dem 1. Januar 2010 gilt auch für die Bestimmung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, sodass zu diesem Zeitpunkt auch der Anpassungsprozess beim Versorgungsniveau abgeschlossen worden ist. Mit Beschluss vom 23. Mai 2017 hat das Bundesverfassungsgericht die verzögerte Besoldungsanpassung Ost/West für Beamte ab der Besoldungsgruppe A10 und Richter in Sachsen für verfassungswidrig erklärt. Die sächsische Landesregierung will diese Nachzahlung nicht nur den klagenden , sondern allen betroffenen Beamten und Richtern zukommen lassen. Dieselbe Regelung liegt auch dem Besoldungsgesetz in Mecklenburg- Vorpommern zugrunde. Im Gegensatz zur Aussage von Ministerpräsidentin Schwesig, wonach der Angleichungsprozess Ost-West „eine vordringliche hoheitliche Aufgabe“ darstellt, soll hier laut Finanzminister Brodkorb eine entsprechende Nachzahlung unterbleiben (OZ - Brodkorb will Beamte um Tarif-Nachzahlung prellen). 1. Geht die Landesregierung davon aus, dass die in Aussicht gestellte Einzahlung in den Pensionsfond einen adäquaten Ausgleich der so eingesparten ca. 44 Millionen Euro darstellt? Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1888 3 Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass der Beschluss keine Rechtswirkung für das Land Mecklenburg-Vorpommern entfalten kann und gemäß ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich bei nicht abgeschlossenen Rechtsstreitigkeiten eine entsprechende Rückwirkung greifen würde (siehe gemeinsame Pressemitteilung vom Deutschen Gewerkschaftsbund - DGB Nord, Deutschen Beamtenbund und Tarifunion Landesverband Mecklenburg-Vorpommern - dbb m-v und dem Finanzministerium Mecklenburg- Vorpommern vom 21. Dezember 2017 - https://www.regierung-mv.de/serviceassistent/_php/ download.php?datei_id=1595915). Die Landesregierung beabsichtigt gleichwohl, die seinerzeit zustande gekommenen Minderausgaben grundsätzlich dem Versorgungsfonds zuzuführen. Hiermit können künftige Ausgaben für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten finanziert und Zukunftsbelastungen für den Landeshaushalt somit begrenzt werden. Mit Blick darauf, dass alle rund 22.000 Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger im Jahr 2018 eine zusätzliche Einmalzahlung in Höhe von 9,35 Prozent einer Monatsbesoldung für das Jahr 2017 erhielten, stehen nach Abzug der für diese Zahlung aufzuwendenden 6,5 Millionen Euro noch rund 37,5 Millionen Euro von den genannten 44 Millionen Euro für die Aufstockung des Versorgungsfonds zur Verfügung. Das mit dem Versorgungsfondsgesetz errichtete Sondervermögen „Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ hat die Aufgabe, eine Rücklage zur Finanzierung der Versorgungsaufwendungen für Beamte, Richter und sonstige Amtsträger sowie Beschäftigte, denen eine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet wird, zu bilden. Der Versorgungsfonds verfolgt eine generationengerechte Verteilung der künftigen Versorgungsausgaben . Der für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgebliche Ruhegehaltssatz hängt in erster Linie von den aktiven Dienstjahren ab. Das Ruhegehalt findet damit seine Grundlage in der Zeit, in der die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie sonstigen versorgungsberechtigten Personen ihren aktiven Dienst geleistet haben. Mit den fortlaufenden Zuführungen zum Versorgungsfonds für die aktiven Bediensteten werden die jeweiligen Generationen an den späteren Versorgungsausgaben verursachungsgerecht beteiligt. Der Gesetzgeber hat sich insoweit dagegen entschieden, die künftigen laufenden Versorgungsausgaben aus den jeweils gegenüberstehenden laufenden Einnahmen zu finanzieren. Dies betrifft gemäß § 3 Absatz 1 des Versorgungsfondsgesetzes allerdings nur die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie sonstigen versorgungsberechtigten Personen, deren Dienst-, Amts- oder Beschäftigungsverhältnisse erstmals nach dem 31. Dezember 2007 zum Land Mecklenburg-Vorpommern begründet worden sind. Demgegenüber werden die Versorgungsausgaben für die bis zum 31. Dezember 2007 beim Land ernannten Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie sonstigen versorgungsberechtigten Personen größtenteils aus den allgemeinen Einnahmen zu decken sein, da die bereits 1999 eingeführte Versorgungsrücklage nach § 14a des Bundesbesoldungsüberleitungsfassungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern nur einen Teil der Versorgungsausgaben wird abdecken können. Drucksache 7/1888 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Vor diesem Hintergrund hat sich die Landesregierung aufgrund der aktuellen Haushaltslage des Landes dazu entschlossen, weitere Jahrgänge vor dem Jahr 2008 in den Versorgungsfonds einzubeziehen und damit Rücklagen für eine größere Anzahl von künftigen Versorgungsempfängern zu bilden. Beim möglichen Umfang dieser zusätzlichen Zuführungen hat sich die Landesregierung - auch mit Rücksicht auf weitere Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus aktuellen Haushaltsüberschüssen ergeben - an dem Volumen der Ausgabenminderung orientiert, das sich zurückblickend in den Jahren 2008 und 2009 durch die verzögerte Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge ergeben hat. Demnach stehen für die weitere Zuführung zum Versorgungsfonds 37,5 Millionen Euro zu Verfügung. Zusammen mit der Einmalzahlung nach § 6 des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2018 Mecklenburg-Vorpommern in Höhe von geschätzten 6,5 Millionen Euro macht dies einen Umfang von zusätzlichen 44 Millionen Euro aus. Dies entspricht in etwa dem Volumen, das sich zurückblickend in den Jahren 2008 und 2009 durch die verzögerte Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge ergeben hat. 2. Wie viele Personen, die vom oben geschilderten Sachverhalt betroffen sind, leben aktuell in Mecklenburg-Vorpommern (bitte aufschlüsseln nach Alterskohorten im Abstand von fünf Jahren)? Nach den der Landesregierung zur Verfügung stehenden Zahlen für die Landesverwaltung wurden für den Monat Dezember 2009 an 5.860 Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger sowie 754 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger auf 92,5 Prozent abgesenkte Bezüge gezahlt. Von den 5.860 Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfängern sind seitdem bis Februar 2018 1.651 Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter in den Ruhestand eingetreten oder versetzt worden. Aus der nachfolgenden Tabelle ergibt sich, wie sich die Empfängerinnen und Empfänger von abgesenkten Bezügen für den Monat Dezember 2009 heute auf die Altersgruppen zwischen dem 26. und dem 85. Lebensjahr verteilen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1888 5 Alterskohorte (Stand Februar 2018) Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger (Dezember 2009) davon jetzt mit Stand: Februar 2018 Versorgung (Ruhegehaltempfängerinnen und -empfänger) (Dezember 2009) Summe Besoldung gewechselt von Besoldung nach Versorgung (Ruhegehaltempfängerinnen und -empfänger) 26 bis 30 204 2 206 31 bis 35 123 123 36 bis 40 326 326 41 bis 45 513 3 516 46 bis 50 570 4 574 51 bis 55 932 24 5 961 56 bis 60 1.049 63 9 1.121 61 bis 65 492 675 21 1.188 66 bis 70 776 220 996 71 bis 75 104 360 464 76 bis 80 130 130 81 bis 85 9 9 Summe 4.209 1.651 754 6.614 Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wo diese Bezügeempfängerinnen und Bezügeempfänger heute ihren Lebensmittelpunkt haben. Es wird aber unterstellt, dass ein Großteil der betreffenden Personen ihren Hauptwohnsitz im Land Mecklenburg-Vorpommern hat. Die Ermittlung der Hauptwohnsitze, der nicht mit der dem Landesamt für Finanzen bekannten postalischen Anschrift übereinstimmen muss, oder gar der Lebensmittelpunkte würde einen Aufwand verursachen, der mit der Pflicht der Landesregierung nach Artikel 40 der Landesverfassung zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht vereinbar wäre. Zu den Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern bei den kommunalen Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Die Möglichkeit einer Abfrage bestünde nur, wenn möglicherweise ein Rechtsverstoß vermutet werden würde. Dieser ist jedoch insbesondere unter Beachtung der Ausführungen zur Beantwortung der Frage 3 nicht erkennbar. § 80 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) stellt das Informationsrecht unter die Voraussetzung, dass seine Ausübung zur Erfüllung der Aufgaben der Rechtsaufsichtsbehörde erforderlich ist (§ 80 Absatz 1 Satz 2 KV M-V). Aufgabe der Rechtsaufsichtsbehörde ist gemäß Artikel 72 Absatz 3 LV M-V und § 78 Absatz 2 KV M-V die Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der (kommunalen) Verwaltung. Drucksache 7/1888 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Die Bereitstellung von bei den Kommunen vorhandenen Informationen zur Gesetzesvorbereitung und/oder Kontrolle der Landesregierung durch den Landtag ist keine rechtsaufsichtliche Aufgabe. Die Beschaffung derartiger Informationen gehört demzufolge auch nicht zu den Aufgaben der Rechtsaufsichtsbehörden (vergleiche Gern, Randziffer 881 Punkt 4.1.1.) und findet daher in § 80 KV M-V keine Ermächtigungsgrundlage (vgl. Gerner in Muth u. a., Potsdamer Kommentar, Randziffer 4 zu § 123; Glaser, Der Überblick 96, 355). 3. Wird die Landesregierung abwarten, bis Betroffene gegen ihren Pensionsbescheid wegen der nicht erfolgten rechtzeitigen Bezugsanpassung vorgehen und so ggf. eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern ergeht? a) Wenn ja, von welcher Verfahrensdauer geht die Landesregierung aus? b) Wenn nicht, welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Landesregierung bezüglich des oben genannten Sachverhaltes? Zu 3 Auch wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Mai 2017 formal gesehen nur den Freistaat Sachsen bindet, prüft die Landesregierung von Mecklenburg- Vorpommern, ob insbesondere aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Recht eines anderen Landes oder des Bundes sich für vergleichbare Fallgestaltungen in Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. Neben der festgestellten Unvereinbarkeit der verzögerten Besoldungsanpassung mit dem Grundgesetz und der Aufforderung zur verfassungskonformen Neuregelung für die noch nicht abgeschlossenen Fälle hat das Bundesverfassungsgericht auch darauf hingewiesen, dass eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten ist (siehe Randnummer 124 der Entscheidung). Das Bundesverfassungsgericht hat hierbei auf seinen Beschluss vom 22. März 1990 - Aktenzeichen 2 BvL 1/86, Randnummer 67 ff. nach juris (= BVerfGE 81, 363 <383 ff.>) - abgestellt, in dem das Gericht in einer ebenfalls besoldungsrechtlichen Streitigkeit auf § 79 Absatz 2 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Bezug genommen hat. Diese Vorschrift bestimmt, dass die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen der Verwaltung und der Gerichte, die auf einer vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem benannten Beschluss vom 22. März 1990 entschieden, dass § 79 Absatz 2 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes entsprechend anzuwenden ist, wenn anstelle einer für nichtig erklärten Norm das Bundesverfassungsgericht nur deren Unvereinbarkeit mit der Verfassung feststellt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1888 7 Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in ebenjener Entscheidung vom 22. März 1990 auch den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Bezügeansprüchen, die über das Gesetz hinausgehen, entwickelt, der seitdem ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und der Verwaltungsgerichte ist. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Alimentation des Beamten durch seinen Dienstherrn der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln sei. Der Beamte könne nicht erwarten, dass er aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs komme, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn nicht zeitnah geltend gemacht habe. Ein Anspruch ist nur dann zeitnah geltend gemacht, wenn er während des jeweils laufenden Haushaltsjahres gerichtlich oder aber in dem erforderlichen Vorverfahren nach § 54 Absatz 2 des Beamtenstatusgesetzes geltend gemacht worden ist. Für davorliegende Zeiträume hingegen wäre ein Anspruch nicht mehr zeitnah geltend gemacht worden und bräuchte nicht mehr befriedigt werden. Dies bedeutet, dass - bestandskräftige und damit unanfechtbare Widerspruchsbescheide, mit denen in der Vergangenheit ein wie oben beschriebener Nachzahlungsanspruch für die Jahre 2008 und 2009 abgelehnt worden ist, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Mai 2017 nicht berührt werden, und zwar auch dann nicht, wenn eine solche Entscheidung Mecklenburg-Vorpommern unmittelbar betroffen hätte, und - erstmalig heute erhobene Nachzahlungsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 nicht zeitnah geltend gemacht worden sind. Gegen eine allgemeine rückwirkende Regelung sprechen aus Sicht der Landesregierung auch die folgenden Überlegungen: - Bei der verzögerten Anpassung der sogenannten Ost-Besoldung in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts hat es sich um keine Maßnahme gehandelt, die auf den Beamtenbereich beschränkt gewesen ist. Vielmehr haben auch die einschlägigen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst in den Ländern und Gemeinden für die vergleichbaren Entgeltgruppen E 10 aufwärts in entsprechender Weise eine verzögerte Anpassung an das sogenannte „West- Niveau“ vorgesehen, von der zum Beispiel auch über 10.000 tarifbeschäftigte Lehrerinnen und Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern betroffen waren. Der Besoldungsgesetzgeber hat diese Tarifeinigung - und zwar auch zur Sicherung des Betriebsfriedens in den Dienststellen - auf den Beamtenbereich übertragen. Diese damalige Grundentscheidung ist für die Landesregierung auch heute noch von Belang, wenn nach rückwirkenden Regelungen für die Jahre 2008 und 2009 gefragt wird, zu denen der Besoldungsgesetzgeber aus den dargestellten Gründen von Rechts wegen nicht verpflichtet ist. Drucksache 7/1888 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 8 - Des Weiteren kann auch nicht davon die Rede sein, dass das Land die vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Mai 2017 ergangene Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der abgesenkten Ost-Besoldung wider besseren Wissens ignoriert hätte. Sowohl das Sächsische Oberverwaltungsgericht etwa mit Urteil vom 3. Februar 2011 - Aktenzeichen 2 A 54/09 - als auch das Bundesverwaltungsgericht mit dem dazu ergangenen Revisionsurteil vom 12. Dezember 2013 - Aktenzeichen 2 C 49/11 - haben die abgesenkte Besoldung für sächsische Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 10 aufwärts in den Jahren 2008 und 2009 als verfassungsrechtlich zulässig angesehen. Im weiteren Verlauf hat sogar das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 13. Juli 2016 - Aktenzeichen 2 BvR 840/14 - die Verfassungsbeschwerde gegen die beiden vorgenannten Urteile ohne Angabe von Gründen nicht zur Entscheidung angenommen. - Schließlich kann nicht außer Acht gelassen werden, dass nach dem derzeit bekannten Stand auch die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen keine allgemeine rückwirkende Regelung vorsehen werden. Die Landesregierung beabsichtigt aus den dargestellten Gründen keine Erarbeitung eines Gesetzentwurfs mit einer allgemein rückwirkenden Regelung, die Nachzahlungen aus Anlass der verzögerten Anpassung der sogenannten Ost-Besoldung und Ost-Versorgung in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts in den Jahren 2008 und 2009 vorsieht. Die bei dem zuständigen Landesamt für Finanzen eingehenden Widersprüche wegen einer in den Jahren 2008 und 2009 abgesenkten Besoldung beziehungsweise Versorgung in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts werden auf Grundlage der dargestellten Rechtslage beschieden. Zu den Auswirkungen der verzögerten Bezügeanpassung in den Jahren 2008 und 2009 auf heutige Ruhestandsbezüge (Pensionen) wird seitens der Landesregierung Folgendes richtig gestellt: Soweit in dem bei der Schilderung der Ausgangslage durch den Fragesteller verlinkten Artikel in der Ostsee-Zeitung vom 5. Januar 2018 die Einkommenssituation eines ehemaligen Polizeivollzugsbeamten mit den Worten beschrieben wird: „Bei ihm falle durch ,rechtswidrig vorenthaltene Besoldung‘ noch heute die Pensionszahlung geringer aus.“, muss dem die Landesregierung mit Verweis auf eine anderslautende Rechtslage entgegentreten. Das Ruhegehalt auf der Grundlage des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Mecklenburg- Vorpommern hängt von den im jeweiligen Monat gewährten Dienstbezügen und sonstigen Bezügen nach dem Bundesbesoldungsüberleitungsfassungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern und dem Sonderzahlungsgesetz ab. Das bedeutet, dass für die Berechnung des Ruhegehalts jeweils die Bezüge herangezogen werden, die in den Anlagen zum jeweils geltenden Besoldungs - und Versorgungsanpassungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern ausgewiesen sind. Die verzögerte Anpassung der sogenannten Ost-Bezüge in den Jahren 2008 und 2009 in den Besoldungsgruppen A 10 aufwärts hatte daher auch nur bis zum Jahr 2009 Auswirkung auf die Höhe des Ruhegehalts. Der in dem Presseartikel wiedergegebene ehemalige Polizeivollzugsbeamte empfängt an das sogenannte West-Niveau vollständig angepasste Versorgungsbezüge. Dies gilt bereits seit dem 1. Januar 2010 mit dem Außerkrafttreten der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung . Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/1888 9 Vor diesem Hintergrund dürfte eine gerichtliche Überprüfung von Pensions-festsetzungsbescheiden , die sich auf die Jahre 2008 und 2009 beziehen, nur dann erfolgreich sein, wenn der zugrundeliegende Versorgungsanspruch seinerzeit haushaltsnah geltend gemacht wurde. Zu a) Die Dauer etwaiger Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und dem Bundesverfassungsgericht lässt sich durch die Landesregierung nicht abschätzen. Zu b) Die Landesregierung plant aus den sich aus der Antwort zu Frage 3 ergebenden Gründen keine konkreten Maßnahmen.