Die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 11. Juni 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2022 7. Wahlperiode 13.06.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Karsten Kolbe, Fraktion DIE LINKE Prekäre Beschäftigung an den Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Landesregierung weist ausdrücklich darauf hin, dass insbesondere im Kontext von Beschäftigungen an Hochschulen zwischen prekären Beschäftigungen und befristeten Beschäftigungen zu differenzieren ist. Befristete Arbeitsverträge sind dem deutschen Wissenschaftssystem immanent. Deshalb ist die Befristung zu Qualifikationszwecken durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz privilegiert. 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung aktuell der Anteil der befristeten Stellen beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern (bitte in Prozent und absoluten Zahlen angeben)? 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung aktuell der Anteil der befristeten Stellen beim wissenschaftsunterstützenden Personal an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern (bitte in Prozent und absoluten Zahlen angeben)? Die Fragen 1 und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 7/2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass keine amtliche Statistik zu befristeten „Stellen“ vorliegt. Hilfsweise wird daher auf die Daten der amtlichen Personalstatistik (Statistischer Bericht B 343, 2016 00) Bezug genommen, die Personen zählt. Weiterhin ist zu berücksichtigen , dass die amtliche Personalstatistik über die Fächergruppe „Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften “ auch das Personal der Universitätsmedizinen erfasst. Zudem gibt es in der amtlichen Personalstatistik die Personalkategorie „wissenschaftsunterstützendes Personal“ nicht. Hier wird daher das „nicht-wissenschaftliche“ Personal ausgewiesen. In 2016 waren gemäß der amtlichen Personalstatistik an den Hochschulen des Landes insgesamt 4.684 Personen unter der Rubrik „hauptberufliches wissenschaftliches und künstlerisches Personal“ verzeichnet. Von diesen waren 1.617 (34,5 Prozent) unbefristet und 3.067 (65,5 Prozent) befristet beschäftigt Die amtliche Statistik für 2016 weist an nicht-wissenschaftlichem Personal (Verwaltungspersonal , technisches und sonstiges Personal) an den Hochschulen des Landes insgesamt 7.391 Beschäftigte aus. 5.720 unbefristet Beschäftigten (77,4 Prozent) stehen dabei 1.671 befristet Beschäftigte (22,6 Prozent) gegenüber (siehe zuvor aufgeführter Bericht). 3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung der Anteil des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern mit befristeten Arbeitsverträgen bzw. mit einer Vertragsdauer von a) zwei Jahren oder weniger, b) einem Jahr oder weniger und c) sechs Monaten oder weniger am gesamten befristet beschäftigten Personal derselben Personengruppe ? Die Fragen 3a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Hauptberufliches befristetes wissenschaftliches und künstlerisches Personal an den Hochschulen (ohne Universitätsmedizinen) (% = Prozent) gesamt befristet Beschäftigte; Stichtag: 31.12.2016 a) zwei Jahre oder weniger b) ein Jahr oder weniger c) sechs Monate oder weniger Anzahl Anteil % Anzahl Anteil % Anzahl Anteil % 1652 461 27,9 211 12,8 190 11,5 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2022 3 4. Wie bewertet die Landesregierung die hohe Zahl von befristeten Arbeitsverträgen an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg- Vorpommern? Befristete Arbeitsverträge sind dem deutschen Wissenschaftssystem immanent. Die Hochschulen sind verantwortlich für die stetige Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses. Dieser soll sich in einem angemessen befristeten Zeitraum qualifizieren. Das heißt, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden für einen befristeten Zeitraum zu Qualifikationszwecken beschäftigt. Dann verlassen sie die Hochschule, damit neue Nachwuchskräfte eingestellt werden können, damit diese die gleiche Chance zur Qualifikation erhalten. Deshalb ist die Befristung zu Qualifikationszwecken durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz privilegiert. Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Erhalt der Innovations- und Erneuerungsfähigkeit in der Wissenschaft in besonderem Maße auf den Zustrom neuer Impulse angewiesen ist. Projekt- und Drittmittelvorhaben treten im Wissenschaftsbereich hinzu; auch ihnen ist die Befristung der Beschäftigungsverhältnisse immanent. Die Landesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf eine Erhebung zu den Arbeitsund Beschäftigungsbedingungen aller staatlichen Universitäten in Deutschland, die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft auf Basisdaten einer von der Max-Traeger- Stiftung geförderten Studie der Humboldt-Universität zu Berlin aufbereitet wurde (https://www.kodex-check.de). In dieser wurde herausgearbeitet, dass im bundesweiten Vergleich der Befristungsquoten des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals die Universitäten im Land Plätze im vorderen Drittel belegen. Die Landesregierung begrüßt dieses Ergebnis. 5. Welche Maßnahmen wurden bereits seitens der Landesregierung unternommen, um die hohe Zahl von befristeten Arbeitsverträgen an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern zu senken? Welche konkreten Ergebnisse wurden erreicht? Wie werden diese seitens der Landesregierung bewertet? 6. Welche Maßnahmen sollen in Zukunft seitens der Landesregierung unternommen werden, um die hohe Zahl von befristeten Arbeitsverträgen an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern zu senken? Die Fragen 5 und 6 werden zusammenhängend beantwortet. Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Drucksache 7/2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Um einer eventuellen missbräuchlichen Befristungspraxis in den Hochschulen zu begegnen, hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur vor dem Hintergrund der Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durch die HIS GmbH bei der Hochschulpolitischen Konferenz 2012 die Debatte über die Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft angestoßen. In der Folge wurde mit den Hochschulen vereinbart, dass diese Grundsätze zur Befristungspraxis im Rahmen von Dienstvereinbarungen mit den örtlich zuständigen Personalvertretungen festlegen. Zwischenzeitlich haben alle Hochschulen entsprechende Dienstvereinbarungen geschlossen oder Leitlinien zur wissenschaftsadäquaten Beschäftigung verabschiedet. Mit dem Landeshaushalt 2018/2019 wurden die Bewirtschaftungsvorgaben weiter flexibilisiert . Die Anzahl unbefristeter Beschäftigungspositionen im Rahmen des verfügbaren Ausgabenansatzes wurde bei den Fachhochschulen erhöht. Gemäß Bewirtschaftungsgrundsatz f) Absatz 3 in den Hochschulkapiteln können Hochschulen zudem bis zum Umfang von fünf Prozent der im dreijährigen Mittel eingeworbenen Drittmittelaufwendungen für Personalkosten zusätzliche unbefristete Beschäftigungsverhältnisse abschließen. Soweit eine nur befristete finanzielle Beteiligung des Bundes für Befristungen ursächlich ist, hat sich die Landesregierung konsequent für eine zu verstetigende Beteiligung des Bundes ausgesprochen. Wie in der Koalitionsvereinbarung 2016 bis 2021 zwischen SPD und CDU für die 7. Wahlperiode des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern unter Nummer 233 vereinbart, wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, den Hochschulpakt in ein dauerhaftes Instrument zur Grundfinanzierung der Hochschulen umzuwandeln. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Landesregierung, dass die Koalitionspartner im Bund die Verstetigung des Hochschulpaktes dem Grunde nach vereinbart haben. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat diesbezüglich zügige Verhandlungen mit den Ländern zugesichert. Die Landesregierung wird sich im Rahmen dieser Verhandlungen dafür einsetzen, dass die Verstetigung der Bundesmittel an den Hochschulen des Landes zu mehr Planungssicherheit führt und damit zu weiteren unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen beiträgt. 7. Welche Hinweise, Daten und Informationen liegen der Landesregierung über die Auswirkungen der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom März 2016 auf Anzahl und Anteil der Befristungen von Arbeitsverträgen für das wissenschaftsunterstützende sowie das wissenschaftliche und künstlerische Personal an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern vor? 8. Welche konkreten Auswirkungen erwartet die Landesregierung durch die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf Anzahl und Anteil der sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen an den Hochschulen des Landes in Mecklenburg-Vorpommern? Die Fragen 7 und 8 werden zusammenhängend beantwortet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2022 5 Gemäß § 8 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes werden die Auswirkungen des Gesetzes im Jahr 2020 evaluiert. Vor diesem Zeitpunkt sind keine belastbaren Aussagen zu konkreten Auswirkungen des Gesetzes möglich. 9. Inwiefern besteht nach Ansicht der Landesregierung ein Zusammenhang zwischen dem wachsenden Anteil von Drittmitteln an den Budgets der Hochschulen und dem hohen Anteil von befristet angestelltem wissenschaftlichen und künstlerischen sowie wissenschaftsunterstützenden Personal? Diesbezüglich wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.