Der Finanzminister hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. April 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2030 7. Wahlperiode 03.05.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Gemeinnützige Verbände und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Nach § 17 Absatz 2 des Finanzverwaltungsgesetzes sind die Finanzämter für die Prüfung der steuerlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sachlich zuständig. Das Finanzministerium führt diese Prüfungen daher nicht durch, sondern übt die Fachaufsicht über die Finanzämter aus. In Hinblick auf die Prüfung durch die Finanzämter unterliegen die erfragten einzelfallbezogenen Informationen dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses nach § 30 der Abgabenordnung . Das Steuergeheimnis erstreckt sich auf die gesamten persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Belange einer natürlichen oder juristischen Person. Es ist zeitlich nicht beschränkt und wirkt über die Lebensdauer der natürlichen oder juristischen Person fort. Eine Offenbarung von Tatsachen, die dem Steuergeheimnis unterliegen, ist nur unter den im § 30 der Abgabenordnung ausdrücklich genannten Voraussetzungen zulässig. Nach Artikel 40 Absatz 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann die Landesregierung die Beantwortung von Anfragen ablehnen, soweit sie damit gegen ein Gesetz verstoßen würde. Dies ist der Fall, soweit sich aus § 30 der Abgabenordnung keine ausdrückliche Offenbarungsbefugnis für die Landesregierung ergibt. Eine solche ausdrückliche Offenbarungsbefugnis allein für parlamentarische Anfragen - auch allein gegenüber dem Fragesteller - existiert nicht. Drucksache 7/2030 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Vor dem Hintergrund des drohenden klaren Gesetzesverstoßes hat die von der Landesregierung vorzunehmende Abwägung zwischen der verfassungsrechtlichen Bindung der Verwaltung an das Gesetz mit dem ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Auskunftsund Kontrollanspruch zu dem Ergebnis geführt, die Frage insoweit nicht zu beantworten. Eine namentliche Benennung der betroffenen Körperschaften ist dementsprechend nur aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 30 der Abgabenordnung zulässig, wenn das vorherige Einverständnis der betroffenen Vereine vorliegt. Dieses müsste von den Finanzämtern in jedem einzelnen betroffenen Fall eingeholt werden. Vereine und Verbände, die die Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschafsteuergesetzes aufgrund Gemeinnützigkeit anstreben, werden unter identischen Steuernummernkreisen geführt. Daher liegt keine gesonderte statistische Erfassung der Anzahl der „gemeinnützigen“ Verbände vor. Zur Verifizierung der gemeinnützigen Verbände wäre somit eine personelle Sichtung aller etwa 9.000 Akten gemeinnütziger Körperschaften notwendig. Anschließend müsste jeder dieser Verbände gesondert hinsichtlich der erforderlichen Zustimmung zur Entbindung vom Steuergeheimnis angeschrieben werden. Die Beantwortung der Frage ist mit einem Verwaltungsaufwand verbunden, der mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Landesverfassung folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht im Einklang stünde. Eine namentliche Benennung der entsprechenden Körperschaften sowie der Nennung der Anzahl der „gemeinnützigen“ Verbände ist somit nicht möglich. Die Beantwortung der gestellten Fragen kann daher lediglich in allgemeiner Form vorgenommen werden. 1. Welche gemeinnützigen Verbände wurden im Zeitraum von 2008 bis 2018 durch das zuständige Finanzministerium auf Grundlage der Gemeinnützigkeit geprüft (bitte jährlich aufschlüsseln nach Namen, Landkreis und kreisfreien Städten)? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Die Anzahl der steuerlich in Mecklenburg-Vorpommern geführten gemeinnützigen Körperschaften in dem Zeitraum 2008 bis 2018 ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht: Finanzamt 2008 2009 2010 2011 2012 Neubrandenburg 608 620 628 637 639 Waren 744 773 802 816 830 Rostock 1.054 1.084 1.114 1.148 1.184 Wismar 477 500 517 538 568 Ribnitz-Damgarten 517 535 567 570 590 Stralsund 802 828 837 850 845 Greifswald 1.394 1.435 1.482 1.520 1.562 Güstrow 499 521 528 545 574 Hagenow 376 376 368 369 377 Schwerin 907 938 973 995 1.032 Summe 7.378 7.610 7.816 7.988 8.201 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2030 3 Finanzamt 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Neubrandenburg 640 651 660 658 656 654 Waren 850 870 879 891 899 895 Rostock 1.198 1.213 1.235 1.256 1.263 1.253 Wismar 586 588 604 610 609 604 Ribnitz-Damgarten 587 592 594 596 600 603 Stralsund 869 893 902 909 917 917 Greifswald 1.557 1.559 1.577 1.579 1.605 1.607 Güstrow 599 603 604 613 618 623 Hagenow 386 419 449 474 491 491 Schwerin 1.073 1.105 1.162 1.195 1.215 1.213 Summe 8.345 8.493 8.666 8.781 8.873 8.860 Das deutsche Steuerrecht kennt keine formelle Anerkennung oder Aberkennung des Gemeinnützigkeitsstatus . Die Gemeinnützigkeit ist eine Steuerbegünstigung, die im Rahmen der Prüfung der Steuererklärung gewährt wird, wenn eine Körperschaft sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung bestimmte im Gesetz vorgegebene steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Häufig handelt es sich bei diesen Körperschaften um Vereine. Sind die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt, stellt das Finanzamt die durch einen Bescheid die „Satzungsmäßigkeit“ gesondert fest. Im späteren Steuerfestsetzungsverfahren prüft das Finanzamt regelmäßig, ob auch die tatsächliche Geschäftsführung den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht und folglich die Steuerbegünstigung gewährt werden kann oder abgelehnt werden muss. Die Häufigkeit der Prüfung der Steuerbegünstigung im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens hängt maßgeblich von den wirtschaftlichen Tätigkeiten der jeweiligen Körperschaften ab. Soweit die steuerbegünstigten Körperschaften keinen oder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Nicht-Zweckbetrieb) unterhalb der Besteuerungsgrenze des § 64 Absatz 3 der Abgabenordnung (Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer unter 35.000 Euro pro Jahr) unterhalten, erfolgt die Prüfung der Steuerbegünstigung in einem bewährten Turnus von drei Jahren. Ansonsten wird die Steuerfestsetzung - inklusive Prüfung der Steuerbegünstigung - aufgrund der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeiten jährlich vorgenommen . Drucksache 7/2030 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 2. Bei welchen Verbänden wurde im Zeitraum von 2008 bis 2018 die Gemeinnützigkeit anerkannt (bitte jährlich aufschlüsseln nach Namen, Landkreis und kreisfreien Städten)? Warum und auf welcher Grundlage ist dieser Bescheid zustande gekommen? 3. Bei welchen Verbänden wurde im Zeitraum von 2008 bis 2018 die Gemeinnützigkeit verweigert oder aberkannt (bitte jährlich aufschlüsseln nach Namen, Landkreis und kreisfreien Städten)? a) Auf welcher Grundlage ist dieser Bescheid zustande gekommen? b) Wie viele Verbände sind in Widerspruch gegangen? c) Wie fiel die Widerspruchsentscheidung aus? Die Fragen 2 und 3 werden zusammenhängend beantwortet. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Die Finanzämter nehmen keine statistische Erfassung der Anzahl der Steuerfälle vor, in denen die Steuerbegünstigung aufgrund der Gemeinnützigkeit gewährt oder aberkannt wurde, da im Rahmen der Veranlagung keine formelle Anerkennung oder Aberkennung des Gemeinnützigkeitsstatus erfolgt. Zur Beantwortung der Fragen wäre zudem eine personelle Sichtung aller etwa 9.000 Steuerakten aus den relevanten Steuernummernkreisen notwendig. Die Beantwortung der Frage würde demnach insgesamt einen Aufwand begründen, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Landesverfassung folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre. Ungeachtet dessen ist grundsätzlich festzustellen, dass die Gründe, die ursächlich für eine „Aberkennung“ der Gemeinnützigkeit sein können, sehr vielfältig sind und sich sowohl auf die Satzungsmäßigkeit (formelle Gründe) als auch auf die tatsächliche Geschäftsführung (materielle Gründe) beziehen können. Die Finanzämter sind sich der Bedeutung einer solchen Entscheidung sehr bewusst und bieten betroffenen Körperschaften in diesen Fällen grundsätzlich ein persönliches Gespräch zur Klärung des Einzelfalls an.